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PROGRAMMATIC

Programmatic erreicht Wendepunkt

Torben Heimann, 10. Januar 2018
Bild: Stihl024 - Adobe Stock

Wir blicken nun schon auf ein Jahrzehnt programmatischer Werbung zurück. Das letzte Jahr war besonders spannend: Wir sahen, wie die Branche mit althergebrachten Problemen rund um Nachhaltigkeit kämpfte, die im Jahr 2017 besonders zu Tage getreten sind. Dieses Jahr war inspirierend, da wir sahen: wenn diese Probleme gemeinsam angepackt werden, können wir den Weg für künftiges Wachstum in unserer Branche ebnen. Mit dem Jahr 2018 erreichen wir einen Wendepunkt, an dem eine langfristige Nachhaltigkeit endlich Hand in Hand mit kurzfristigen Geschäftszielen gehen kann.

Eine reifere, nachhaltige Industrie

Ein Jahrzehnt Adtech ist eine lange Zeit - lang genug für uns, um die steigenden Erwartungen einer strahlend glänzenden programmatischen Zukunft zu sehen, aber auch die Tiefen der Desillusionierung in einer Branche, die immer noch mit dem alten Restplatzvermarktungs-Image und betrügerischen Praktiken zu kämpfen hat. Dies sind alles natürliche Ups und Downs eines jeden Tech-Produkt-Lebenszyklus, und nun erleben wir endlich den Beginn einer Bewegung hin zu einer stabilen, reifen Industrie.

Viele große Akteure in unserer Branche, von Supply über die Demand-Seite bis hin zur Regierungen, haben dies erkannt - von der US-Regierung, die Twitter und Facebook wegen gefälschter Nachrichten zur Verantwortung zieht, bis hin zu Procter & Gamble's Budget-Challenge für das gesamte digitale Ökosystem. Ebenso die harte Linie der GroupM hinsichtlich der Viewability, die Klage von The Guardian gegen einen großen Programmatic Player - die Message ist deutlich: Dinge müssen sich ändern, und sie müssen sich schnell ändern. Viele Akteure haben bereits mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen, die die Branche in eine nachhaltigere Zukunft führen. Dazu gehören die Offenlegung von Black Boxes, die Forderung nach Sichtbarkeitsmesswerten, Erstellung von MRC-zertifizierten Berichten, Fraud-Bekämpfung, Kontrolle über das Inventar sowie die Überarbeitung von Prozessen und Vorschriften.

In dieser chaotischen Welt der Vorwürfe, Vorschläge und Lösungen sehen wir Transparenz und Konsolidierung als die beiden größten Treiber echter Nachhaltigkeit in der programmatischen Werbung.

Wenn Transparenz mehr Umsatz bedeutet

Ein Trend, der zu mehr Nachhaltigkeit beitragen wird, ist das Bewusstwerden, dass transparente Geschäftsmodelle positiven Einfluss auf die Branche haben. Zwei interessante Beispiele der Idee, dass mehr Transparenz gleichzeitig mehr Umsatz bedeutet, sind die Umsetzung von Ads.txt und die Einführung der First Price Auction.

Im Fall von Ads.txt sehen wir, dass Käufer und Verkäufer klar darüber entscheiden möchten, mit wem sie weiter handeln werden. Der Zusammenhang zwischen Transparenz und Umsatz könnte nicht klarer sein: Anbieter von Inhalten, die sich weigern, Betrugsabwehrmechanismen einzuführen, werden dies auf eigene Kosten tun. Wenn wir davon ausgehen können, dass der aktuelle Markt immer noch mit betrügerischem Inventar durchsetzt ist, dann werden Programme zur Fraud-Bekämpfung, Sichtbarkeit und Offenlegung von Daten einen bedeutenden Teil des Gesamtmarktes eliminieren und die Dollars zu den verbleibenden transparenten und verantwortungsbewussten Inventarbesitzern drängen.

Ein anderes Beispiel, das eine direkte Verbindung zwischen Transparenz und Umsatz zeigt, ist die Einführung der First-Price-Auction. Hier wird der höchste Gebotspreis, ähnlich wie bei einem klassischen IO-Kauf, vom Werbetreibenden festgelegt. Dies erhöht die Chancen des Werbetreibenden, die Impression zu gewinnen (insbesondere beim Header Bidding), während es gleichzeitig technischen Partnern weniger Spielraum für versteckte Margen lässt. Das liegt daran, dass sowohl der Werbetreibende als auch der Publisher am Ende den höchsten Gebotspreis kennen, sodass sie die Gebühren für die Vermittlungspartner leicht einsehen können.

Wenn Werbetreibende mehr Impressions für einen berechenbareren und transparenteren Preis erhalten, wird Programmatic zu einem attraktiveren Kaufmechanismus. Das bedeutet, dass Publisher, die Erstpreis-Auktionen anbieten, neue oder größere Budgets bekommen werden.

An beiden Beispielen sehen wir, dass in einer sicheren Handelszone zwischen Käufer und Verkäufer die Ausgabenvolumina steigen werden.

Eine abgespeckte Wertschöpfungskette: weniger Parteien, mehr Vertrauen

Die Konsolidierung ist auch ein Zeichen dafür, dass die Branche reifer wird und sich einer Struktur annähert, die mehr Vertrauen und damit höhere Budgets für die Programmplanung bietet. Im letzten Jahr haben wir eine Zunahme von Fusionen und Übernahmen sowohl bei Adtech-Anbietern als auch bei Inhaltsanbietern verzeichnet, und dieser Trend wird sich 2018 fortsetzen. Es gibt drei Gründe, warum die Konsolidierung in unserer Branche in Zukunft mehr Programmatic unterstützen wird.

Erstens bedeuten weniger Parteien in der Adtech-Wertschöpfungskette, dass weniger Mittelsmänner ein Stück vom Kuchen nehmen. Für Publisher bedeutet dies einen besseren Überblick über den exakten Wert, den jeder Player auf dem Markt für sich beansprucht. Für die Industrie bedeutet dies, dass weniger Budgets in Gebühren fließen und mehr Liquidität im gesamten Ökosystem herrscht. Durch die Erhöhung des Anteils an Media-Budgets, die letztlich an Publisher gelangen, steigt auch der Wert, den Werbetreibende von ihren Kampagnen erhalten.

Zweitens vereinfacht sich mit der zunehmenden Anzahl von Medienallianzen auch der Markt. Vereinfachung ist der Schlüssel, und die Konsolidierung erleichtert dies offensichtlich. Publisher-Allianzen bieten Werbetreibenden großartige Alternativen zum digitalen Duopol. Das stärkt die Position jedes Einzelnen und fördert die Integrität in der Branche, denn für diejenigen, die im Wettbewerb stehen, steht viel auf dem Spiel. Verantwortung für das zu übernehmen, was man kauft oder verkauft, wird immer wichtiger, um seine Position am Markt zu behalten.

Letztendlich werden weniger Parteien, die in das Ad-Ökosystem involviert sind, auch Integrationen vereinfachen und eine stärkere Automatisierung zwischen verschiedenen Akteuren ermöglichen. Mehrere Studien haben bereits gezeigt: Es ist nicht effizient, hunderte Partner zu integrieren. Sich auf eine kleine, ausgewählte Anzahl zu beschränken, die nicht so klein ist, dass ein einzelner Spieler den Markt dominieren und diktieren kann, wird einen großen Beitrag dazu leisten, tiefe und vertrauenswürdige Verbindungen effizient aufzubauen.

Alles in allem wird die Konsolidierung Qualität, Verantwortung, Liquidität und Automatisierung im programmatischen Handel stimulieren.

The Future is now

Die Kräfte erhöhter Transparenz und Konsolidierung arbeiten zusammen, um das Ende der Praktiken der Restplatz-Ära zu erreichen, die vor über einem Jahrzehnt begonnen haben. Ihre Auswirkungen werden letztendlich zu nachhaltigeren Praktiken führen, die eine großartige programmatische Performance in einer sicheren Handelszone unterstützen. Sobald dies gewährleistet ist, bekommen Werbetreibende die Sicherheit, größere Budgets in den programmatischen Handel zu verlagern. Aber Zugang zu diesen Budgets werden nicht alle bekommen. Wenn man in unserer Branche tätig ist, muss man sich spätestens jetzt um ein nachhaltiges Business bemühen oder man wird bald ganz aus dem Geschäft sein.

Bild Torben Heimann Über den Autor/die Autorin:

Torben Heimann ist erfahrener Online- und Programmatic Experte mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in Digital Marketing, Sales und Management. Seit Oktober 2012 ist Torben Heimann Managing Director DACH von Improve Digital, Europas führendem Anbieter von Monetarisierungstechnologie für Premium Publisher. Er verantwortet die enge Zusammenarbeit mit Publishern, Agenturen und Technologie Partnern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vor Improve Digital war er über sechs Jahre bei Tradedoubler u.a. als Market Unit Leader für DACH-BENELUX sowie für Payback, AOL/CompuServe und die Deutsche Bank tätig. Er ist in der Branche ausgezeichnet vernetzt, aktiv gestaltend im BVDW und pflegt langjährige Geschäftskontakte zu Publishern und Agenturen.

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