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WeChat-Marketing für Mittelständler: Wie vermeide ich Fallstricke?

Stephan Mayer, 8. Dezember 2017
andrew_rybalko, adobestock

Wer in China als Unternehmen aktiv werden möchte, kommt um eine Präsenz auf WeChat praktisch nicht mehr herum. Nicht nur Großunternehmen, sondern auch viele klein- und mittelständische Betriebe nutzen inzwischen die App fürs Online Marketing. Damit WeChat zu einer Erfolgsgeschichte wird, gilt es einige Dinge zu beachten.

Wer als mittelständisches Unternehmen auf sich aufmerksam machen möchte, sieht sich meist mit zwei Herausforderungen konfrontiert: Einerseits der Notwendigkeit, soziale Medien zu nutzen, andererseits der Schwierigkeit, das Budget hier so gering wie möglich zu halten. Damit Social-Media-Marketing Erfolg hat, benötigt man daher außergewöhnliche Ideen und Konzepte, die sich zu einem überschaubaren Preis realisieren lassen.

Das gilt insbesondere für den chinesischen Markt, der sich stark vom deutschen unterscheidet und bei dem einige Marketing-Aktivitäten, wie zum Beispiel der Einsatz von Influenzern, preislich schnell außer Kontrolle geraten können. Westliche Netzwerke, wie Facebook oder Twitter, spielen in China keine Rolle. Stattdessen dominiert WeChat mit über einer Milliarde privater Accounts und 963 Millionen aktiven Nutzern pro Monat.

Fallstrick Nummer 1: „WeChat is everything“

Den meisten deutschen Unternehmen ist längst klar: Wer Zulieferer auf sich aufmerksam machen möchte, qualifiziertes Personal sucht oder die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung erhöhen möchte, kommt um den Aufbau einer wirkungsvollen Online-Reputation nicht herum. Dabei begehen viele Unternehmen den Fehler, die Andersartigkeit des chinesischen Markts zu unterschätzen.

In einem Beitrag titelte Socialmedia-Blog.Net bereits Anfang 2014: „WeChat is everything“. Der Leitsatz gilt heute stärker denn je. Für Unternehmen mit einem geringen Marketing-Budget bedeutet das, wenn nicht anders möglich, auf andere Kanäle wie Sina Weibo zu verzichten, und ihre Mittel bevorzugt in die Eröffnung und das Management eines WeChat-Accounts zu stecken.

Für einige Unternehmen mag es sogar sinnvoll erscheinen, sich zunächst gegen eine Webseite und für einen WeChat-Account zu entscheiden. 95% aller Chinesen nutzen mittlerweile ihr Smartphone, um online zu gehen und beinahe jeder von Ihnen hat einen WeChat-Account.

Fallstrick Nummer 2: Einsatz von Multiplikatoren

Von Influencer-Marketing haben die meisten Online-Marketing-Manager gehört. Welche Bedeutung Multiplikatoren fürs China-Geschäft haben, wird jedoch von vielen deutschen Unternehmen immer noch unterschätzt. Aufgrund des Misstrauens gegenüber unbekannten Marken spielen Meinungsführer in China eine noch größere Rolle als in Deutschland.

Das zeigt sich nicht zuletzt an deren hohen Followerzahlen auf Sina Weibo, dem chinesischen Äquivalent zu Twitter. Sängerin Xie Na hat über 90 Millionen Follower, der Schauspieler He Jiong 83 Millionen und selbst 阿福Thomas, ein in Deutschland beinahe unbekannter Kölner, kommt dort auf 585.000 Follower.

Für Mittelständler sind die Budgets der Weibo-Superstars, von denen viele auch für Unternehmen auf WeChat aktiv werden, unerschwinglich. Wer dennoch nicht auf Multiplikatoren verzichten möchte, wird oft im Branchenumfeld fündig. Bei einem Messeveranstalter, der eine Messe für Baumaterialien veranstaltet, kann dies zum Beispiel ein berühmter Architekt sein, bei einem Finanzdienstleister auch ein Wirtschaftsprofessor.

Unternehmen sollten darauf achten, dass Meinungsführer in die Digital-Strategie eingebunden werden: Zum Beispiel, indem sie über ihren Einsatz für ein Unternehmen auf ihren privaten und öffentlichen WeChat-Accounts (und gegebenenfalls weiteren Social-Media-Kanäle) berichten.

Fallstrick Nummer 3: Verbreitung von Inhalten

Bei WeChat handelt es sich um ein weitgehend geschlossenes System. User kommunizieren hauptsächlich Peer-to-Peer über private Nachrichten und folgen offiziellen Accounts nur, wenn sie sich daraus einen konkreten Nutzen versprechen. Wer als Unternehmen möchte, dass viele User (und potentielle Kunden) auf den WeChat-Account aufmerksam werden, muss sich eine gute Strategie zurechtlegen.

Neben dem Einsatz von Multiplikatoren sollten Unternehmen sich auch intensiv Gedanken zum Content machen und die Frage stellen, zu welcher Tageszeit und an welchem Wochentag welche Inhalte für User besonders interessant sind und diese dann ensprechend über den WeChat-Account publizieren.

Zudem sollten Unternehmen sicherstellen, dass relevante Inhalte in die entsprechenden Gruppen gepostet werden und der QR-Code, der zum WeChat-Account verlinkt, auf allen Werbeträgern (Prospekte, Booklets, Roll-ups etc.) erscheint. Ebenso sollte der QR-Code auf der Webseite des Unternehmens erscheinen.

Beispiel Linde Hydraulics: Wertvoller Content und hohe Klickzahlen

Das Aschaffenburger Unternehmen Linde Hydraulics ist an elf Standorten in China vertreten. Der Hersteller von hydraulischen Antriebssystemen betreibt einen für ein B2B-Unternehmen äußerst erfolgreichen, gut strukturierten offiziellen Account, auf dem die Produkte, aber auch Produktionsprozesse WeChat-Nutzern in verschiedenen Tabs veranschaulicht werden (siehe Beispiel unten).

Linde Hydraulics gibt WeChat-Nutzern ebenfalls Einblick ins Unternehmen, einen Überblick über seine chinesischen Partner sowie die über hundertjährige Firmengeschichte. Es findet sich ebenfalls eine Auflistung der verschiedenen Produkte sowie Herstellungsprozesse. Die Beliebtheit des Accounts zeigt sich anhand hoher Klickzahlen – teilweise bis zu über 800 Aufrufe pro Post und damit mehr als bei manchem Großunternehmen.

ROI China: H5-Kampagne zur Bewerbung der Industry 4.0 Awards

Der chinesische Partner des Münchner Beratungsunternehmens ROI Management Consultants betreibt seinen offiziellen WeChat-Account seit Juni 2017. Um die für Oktober 2017 geplanten China 4.0 Awards besser zu bewerben, entschied man sich im Juli 2017 für die Einrichtung einer H5-Seite. Dabei handelt es sich um eine in HTML5 programmierte, über WeChat aufrufbare Webseite, die meist Spezialeffekte, wie Flash oder Hintergrundmusik enthält.

In der H5-Page stellt ROI aktuelle Projekte vor, gibt WeChat-Nutzern einen Überblick über die Firmengeschichte und eröffnet ihnen die Möglichkeit, einen Raumfeld-Lautsprecher zu gewinnen - wenn sie an einem Assessment teilnehmen, wo es um Automatisierungsprozesse in Unternehmen geht.

WeChat-Marketing ist kein Selbstläufer, sondern bedarf guter Planung

Was WeChat-Marketing angeht, stellt sich für deutsche Mittelständler in China heute nicht mehr die Frage nach dem “ob” sondern nur noch nach dem “wie”. Dennoch: Bei Weitem treten nicht alle mittelständische Unternehmen so überzeugend wie Linde Hydraulics oder ROI Management Consultants auf. Anfang 2017 belief sich die Zahl der offiziellen Firmen-Accounts bereits auf mehr als 12 Millionen, bis Jahresende soll sie auf mindestens 14,1 Millionen ansteigen.

Bild Stephan Mayer / Sinophilia Consulting Über den Autor/die Autorin:

Stephan Mayer ist WeChat-Experte und Gründer von Sinophilia Consulting Ltd. Mayer unterstützt deutsche Unternehmen bei ihrem Eintritt in den chinesischen Markt. Zu seinen Kunden zählen u. a. die Bertelsmann Stiftung, die Voxeljet AG und die Messe München. Aufgrund seiner langjährigen China-Erfahrungen ist er eng mit deutschen und chinesischen Regierungsbehörden vernetzt. Auf Socialmedia-Blog.Net schreibt er seit 2012 zum Thema „Online Marketing in China“.

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