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MEDIA

Brand Safety: AGOF-Titel die bessere Wahl?

Jens von Rauchhaupt, 3. Mai 2017
Adobe Stock Thomasz Zajda

Nachdem Advertiser ihre Werbebanner neben Fake News aufpoppen sahen und Google auf YouTube gehörige Brand Safety Probleme hatte, fragen sich Advertiser, wie sie sicherstellen können, dass ihre Werbebotschaft auch programmatisch auf 100-prozentig markensichere Umfelder ausgespielt wird. Ein drastische Variante wäre auf Google und Facebook ganz zu verzichten und nur auf AGOF-Titeln zu buchen. Die Idee kommt aber nicht überall gut an.

Die AGOF ist bekanntlich ein Zusammenschluss deutscher Vermarkter, der mit einer einheitlichen Online-Reichweitenwährung stationäres und mobiles Internet planbar macht. Über das AGOF Auswertungs- und Planungstool TOP können die Mediaplaner ihre Zielgruppen nach soziodemografischen und psychografischen Merkmalen identifizieren und so die passenden Werbeträger für ihre Umfeldplanung berücksichtigen. Mit dem programmatischen Mediahandel hat dies zunächst nichts zu tun. Die AGOF repräsentiert allerdings derzeit 56 Vermarkter mit über 650 deutschsprachigen Online-Angeboten (Titeln). Insofern steht die AGOF für die deutschen Premiumangebote, jenseits von Google und Facebook, und die meisten dieser Vermarkter bieten ihr Inventar auch programmatisch an.

Um den Werbetreibenden ein hohes Maß an Brand Safety gewährleisten zu können, bündelt beispielsweise das Unternehmen Advertising Alliance nur unverkaufte Premiumwerbeflächen deutscher AGOF-Webseiten und bietet dieses Inventar programmatisch an. Begründung: Gerade im Bereich Adtrading und Restplatzvermarktung spielten Vertrauen und langjährige Geschäftsbeziehungen eine besondere Rolle.

Stefan Husemann, Geschäftsführer von Advertising Alliance. „Dadurch dass wir mit den meisten Verlagen und Top-AGOF-Vermarktern bereits seit vielen Jahren zusammenarbeiten, konnten wir wertvolle Geschäftsbeziehungen aufbauen und haben vollstes Vertrauen in die Umfeld- und Inventarqualität.“ Obwohl Advertising Alliance voll auf Programmatic setzt, kritisiert Husemann die zunehmende Intransparenz im Markt und unterstreicht, dass eine hundertprozentige Sicherheit bei Brand Safety durch technologische Lösungen nach heutigem Stand der Technik unmöglich sei.

Foto: Advertising Alliance / Stefan Husemann Stefan Husemann

Husemann: „Die Herausforderungen bei Brand Safety und Ad Fraud sind im Programmatic Advertising Symptome einer zunehmenden ‚Automatisierung‘ bestehender Geschäftsbeziehungen. Bisher bestand zwischen Mediaeinkäufer und Werbeplatzvermarkter eine über Jahre gewachsene, auf gegenseitigem Vertrauen basierende Geschäftsbeziehung. Jetzt soll durch das Aufsetzen von Deal-IDs oder die Verwendung von URL-Whitelists im automatisierten Werbeeinkauf für eine gleichermaßen sichere und zuverlässige Umgebung gesorgt werden. Mediaeinkäufer außerhalb von sogenannten 'Private Deals' wissen teilweise nur bedingt, bei wem sie das Werbeinventar tatsächlich erworben haben. Letzteres wird durch immer mehr technische und kaufmännische Zwischeninstanzen in die Marktplätze geleitet. Dadurch wird das programmatische Ökosystem zunehmend intransparenter. Eine hundertprozentige Sicherheit bei Brand Safety und Ad Fraud durch Technologie ist nach heutigem Stand der Technik jedoch schlicht unmöglich.“ sagt Husemann.

AGOF-Titel haben tatsächtlich eine bessere Brand Safety

Auch die Mediaagentur Pilot bestätigt, dass der Anteil an markensicheren Werbeumfeldern bei AGOF-Titeln signifikant höher sei als auf Non-AGOF-Webseiten. Allerdings relativiert Matthias Oschatz, Direktor Technology Programmatic Advertising bei der Hamburger Mediaagentur Pilot, den Ansatz von Advertising Alliance. Oschatz würde AGOF-Titeln nicht per se absolute Brand Safety attestieren. Nur weil AGOF draufsteht ist nicht zwangsläufig immer Brand Safety drin.

„Bereits nach dem marktweit üblichen Verständnis von Markensicherheit, also keine Inhalte aus den Bereichen Alkohol, Gewalt, Rassismus, Kriminalität u.ä., eignen sich einige AGOF-Webseiten bzw. einige der dort vorhandenen Werbeumfelder nicht uneingeschränkt für Werbetreibende mit dem Anspruch auf 100% Markensicherheit. Ein Beispiel dafür sind Nachrichtenportale, die gelegentlich auch über Themen berichten, mit denen Marken nicht in Verbindung gebracht werden wollen. Sollte der Werbetreibende eine vom Standard abweichende bzw. striktere Definition von Markensicherheit haben, kann sich die Reichweite geeigneter AGOF-Websites auch noch weiter reduzieren.“

Foto: Pilot/Matthias Oschatz Matthias Oschatz

Mensch und Maschine

Zur Sicherstellung von Markensicherheit arbeitet man bei Pilot unabhängig von öffentlichen Inventardeklarationen, wobei im programmatischen Mediaeinkauf auch auf den menschlichen Sachverstand gesetzt wird. Man könnte also sagen: Mensch und Maschine sorgen gemeinsam dafür, dass die Werbung des Kunden in ausschließlich markensichere Umfelder gelangt. „Wir kombinieren eine manuelle fortlaufende Analyse des verfügbaren Mediainventars mit statischen und dynamischen Filteransätzen. Voraussetzung dafür ist der URL-transparente Zugriff auf das Inventar“, sagt Oschatz. Aufgrund dieses Ansatzes könne Pilot grundsätzlich mit jeder Inventarquelle zusammenarbeiten und so seine programmatische Reichweite aufbauen, die auch Googles Netzwerk berücksichtige. „Ohne Schutzmaßnahmen kaufen wir generell kein Inventar ein, da unabhängig von der vermeintlichen Qualität immer ein Restrisiko vorhanden ist“, erläutert der Programmatic-Spezialist Oschatz.

AGOF only: Zu starke Limitierung

Eine Beschränkung auf AGOF-Seiten, um Sicherheit und Brand Safety zu gewährleisten mag vielleicht auf den ersten Blick – aber nur auf den ersten Blick – sinnvoll erscheinen. Das meint jedenfalls Richard Kidd, VP Head of Business Development EMEA des Marktplatz- und SSP-Anbieters OpenX. „Der größte Vorteil von Programmatic ist Skalierbarkeit und die Weiten des Internets zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Warum sollten Werbungtreibende dies nicht tun, wenn sich die User sowieso ohne Grenzen bewegen? Es gibt ohne Frage viele hervorragende AGOF-zertifizierte Webseiten, aber lohnt sich überhaupt ein Ansatz, der sich schon im Start limitiert?“, fragt Kidd und fordert einen Schritt weiterzudenken: „Sonst können wir genauso gut gleich wieder zu einer Analogleitung zurückkehren, ein Faxgerät entstauben oder neu kaufen und uns ausschließlich auf den guten alten Direktverkauf konzentrieren.“ Die Herangehensweise von Advertising Alliance bezeichnet Kidd als „populistische
Version im Programmatic Advertising“

Foto: OpenX / Richard Kidd Richard Kidd

Im automatisierten Anzeigenhandel existieren heute genügend unterschiedliche Modelle nebeneinander, die sich unter Programmatic Direct zusammenfassen lassen und die notwendige Sicherheiten gewährleisten, glaubt Kidd: „Von Privaten Marktplätzen über Automated Guaranteed oder Real-Time Guaranteed. Außerdem gibt es zeitgemäße, technische Möglichkeiten um Brand Safety zu garantieren und Sichtbarkeit zu pushen. Kombiniert mit einer menschlichen Kontrollinstanz, Stichwort Man & Machine, werden so qualitative Premium-Umfelder entdeckt, die mit einer optimalen Kampagnenauslieferung einhergeht."

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