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DATA

Interview mit einem Datenhändler

Jens von Rauchhaupt, 1. Februar 2017
dollarphotoclub.com / Adobe Stock

Q division ist seit Januar 2016 am Markt und vermarktet offenbar erfolgreich sogenannte Intentdaten, also Kaufabsichten, die Q division aus Kooperationen mit Online-Shops aggregiert und über eine DMP Werbetreibende für den programmatischen Einkauf anbietet. Q division ist ein Tochterunternehmen von Kupona. Wir sprachen mit dem Co-Founder Gerald Banze, der gemeinsam mit Melanie Vogelbacher die Geschäfte führt.

Adzine: Herr Banze, salopp gesagt ist Q division doch ein Datenhändler, oder etwa nicht? Wie kam es zum Start von Q division?

Gerald Banze: Wir nennen uns selbst lieber Digitaldatenvermarkter, aber im Grunde genommen trifft das zu. Wir setzen die Daten zwar ein, besitzen sie aber nicht. So gesehen sind wir ein Datenhändler. Die Idee zu Q division kam aus der täglichen Arbeit von Kupona, die ja seit vielen Jahren sehr erfolgreich Retargeting betreiben. Kupona wollte diese Closed-Shop-Beziehung zwischen User und Online-Shop aufbrechen. Mit Q division öffnen wir dieses Innenverhältnis für die Advertiser, die bisher in der Beziehung Shop zu User Zaungäste waren.

Adzine: Sie handeln also nur mit Daten und kaufen nicht selbst Media für einzelne Kunden ein?

Banze: Nicht ganz. Für einige große Direktkunden arbeiten wir als Managed Service und platzieren für sie die Kampagnen, ähnlich wie es eine digitale Mediaagentur tut.

Adzine: Von wie vielen Online-Shops erhalten sie die Intentdaten und sind da auch Preissuchmaschinen dabei?

Banze: Um die 120 Onlineshops und Ratgeberseiten sind bei uns angeschlossen und auch Preissuchmaschinen kommen nun zunehmend dazu. Nutzer von Preissuchmaschinen sind in der Customer Journey sehr nah am Kauf und ihre Daten sind daher für uns sehr gut zu vermarkten. Bei Shops ist das alles etwas sensitiver, weil die Shopanbieter auch oft die Befürchtungen hegen, dass wir mit ihren Daten auch den Wettbewerb befeuern, was wir natürlich vertraglich ausschließen können.

Adzine: Was sind eigentlich die Einstiegshürden, um als Online-Shopbetreiber bei Q division mitzumachen?

Banze: Es gibt keine Beschränkungen, denn auch kleine Nischenshops können Advertisern bedeutsame Daten liefern. Die monatlichen Besucherzahlen müssen gar nicht so hoch sein, sofern man sich mit seinem Angebot in einem für Werbetreibenden sehr interessanten Segment bewegt. Das Gegenbeispiel ist der Fashion-Bereich. Hier gibt es mit Amazon, Zalando Media und der Otto Group Media bereits große Anbieter und viele Daten. Bei uns geht es um situative Daten, aus denen sich Bedürfnisse der Nutzer ableiten lassen und die kein anderer Datenanbieter so liefern kann.

Adzine: Welche Branchen deckt Q division mit seinem Datenportfolio am besten ab?

Banze: Wir haben große Datenpools in den Bereichen Consumer Electronics, Finanzen, Pharma & Gesundheit und den ganzen Markt an Babyartikeln.

Adzine: Geht es eigentlich bei den Daten immer um Intentdaten und damit um performancebasierte Zielsetzungen, also Abverkauf?

Foto: Q-Division/Gerald Banze Gerald Banze

Banze: Kaufabsicht ist unsere DNA. Das bedeutet aber nicht, dass man über diese Daten nicht auch andere Zielsetzungen haben kann. Wenn beispielsweise ein Advertiser die Zielgruppe „schwangere Frauen“ hat, können wir diesem Werbetreibenden mit unseren Daten sofort helfen, nicht nur für Kampagnen mit Kaufabsichten. Daten zu dieser Zielgruppe sind ein rares Gut. Zu unserem Portfolio gehören Online-Apotheken, Gesundheitssites und Ratgeberseiten. In diesen Umfeldern lassen sich einwandfrei schwangere Frauen erkennen. Solche Informationen bekommen Sie von einer AGOF, YouGov oder Lightspeed nicht. Und unsere Daten sorgen nachweislich für ein hohes Engagement auf den Landing Pages.

Adzine: Sie nannten gerade die AGOF, für sie also ein Auslaufmodell?

Banze: Auch wir steuern programmatische Mediakampagnen über die Reichweite der AGOF aus. Insofern ist sie ein Urmeter der Branche. Ihre Stärke ist dennoch die soziodemografische Einordnung.
Soziodemografie ist ein Zombie der Werbewirtschaft und die Mediaplanung vertraut noch immer erstaunlich häufig bei der Zielgruppenauswahl nur auf Alter, Geschlecht und Einkommen. Dabei lassen sich aus Daten so viel mehr Erkenntnisse über die Sehnsüchte, Ängste und Vorhaben der Nutzer ziehen. Für die klassische Mediaplanung mag Soziodemografie weiterhin ihre Berechtigung haben, aber wenn wir schon digital unterwegs sind, sollten wir auch situativer und relevanter die Nutzer ansprechen.

Adzine: Klingt ja fast nach dem berühmten Micro-Moment in der mobilen Werbung. Welchen Stellenwert nimmt eigentlich Mobile für Q division ein?

Banze: Mobile ist Tagesgeschäft. Im Schnitt ist nur jeder zweite von uns markierte User am Desktop unterwegs. Die mobile Nutzung variiert aber je nach Publisher ganz erstaunlich, ein Großteil dieser markierten Nutzer wird auf dem Smartphone und 15% auf dem Tablet wiedererkannt. Dabei handelt es sich aber nur um Mobile Enabled Websites und Android-Nutzer. Safari-Nutzer sind außen vor. Apps haben ihre ganz eigenen Logiken. Bisher engagieren wir uns nicht in App-Traffic. Im Moment sehe ich hier noch keinen Kosten-Nutzen-Faktor für uns. Das kann aber in einem Jahr schon ganz anders aussehen.

Adzine: Wie sieht es eigentlich insgesamt mit der Nachfrage nach Data für datengetriebene Kampagnen – also dem Programmatic Advertising – aus?

Banze: Bei Google und Facebook werden Nutzerdaten für die Zielgruppenansprache ganz offensichtlich im großen Stil eingesetzt. Neben diesen zwei großen Playern gibt es in Deutschland ein wahnsinniges Wachstumspotenzial, was auch in Verbindung mit dem Programmatic Advertising steht. Die Digitalunits befinden sich gerade in einem rasanten Aufbau, ein wahnsinniges Momentum. Die Mediaagenturen werden neu geschmiedet und neu strukturiert, neues Personal eingestellt. Es besteht bei allen Beteiligten eine Bewusstseinslage, dass es jetzt mit Programmatic in Deutschland erst richtig losgeht.

Adzine: Herr Banze, vielen Dank für das Gespräch!

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