Bei der Entwicklung von Konzepten und Strategien im Kundenmanagement mit unseren Auftraggebern zeigt sich eines sehr deutlich: Das Bild des Kunden als König hat ausgedient. Der Nachfolger ist auf Augenhöhe mit den Marken. Die Distanz ist weg bzw. nicht mehr gefragt. Während der König Audienzen hielt (in der Werbepause), mal wohlwollend nickte, mal den Daumen senkte (im Ladengeschäft) und dabei immer weit entrückt schien, ist der heutige Kunde always on. Smartphone, Spartensender, Streaming-Dienste, soziale Netzwerke – der Kunde ist gleichzeitig ein ätherisches Wesen und ein offenes Buch. Und eigentlich nur ein Mensch, der als solcher behandelt werden möchte.
Es etabliert sich das Bild des Kunden als Partner. Wir, als Marketer oder Händler, begleiten ihn. In privaten und beruflichen Momenten, wenn es stressig ist und in Mußestunden. Es geht um Geben und Nehmen anstatt um Senden und Empfangen, um Win-win-Situationen anstatt „Kauf, du Sau“, um Begegnung auf Augenhöhe, um ein offenes Ohr, um das Gespür, was der Kunde gerade braucht – und womit wir ihn jetzt mal in Ruhe lassen.
Consumer Centricity am Point of Sale
Hört sich das im ersten Moment recht kryptisch an, lässt sich das anhand einer fiktiven Customer Journey gut plastisch darstellen. Unsere Protagonistin, nennen wir sie Paulina, bummelt auf dem Heimweg durch die Stadt. Eine Push-Notification benachrichtigt sie darüber, dass ein kürzlich auf die Wishlist gesetzter Artikel im Store in nächster Umgebung vorhanden ist. Sie betritt den POS, findet den gesuchten Artikel und möchte wissen, wie der Artikel von anderen Kunden bewertet wurde. Ein Aufsteller weist sie auf die Funktionalitäten der App hin. Sie öffnet die App und stellt fest, dass sich der Screen von dem Screen unterscheidet, den sie zuvor noch im Bus gesehen hatte. Wie ein Partner oder Freund reagiert die Consumer-zentrische Kommunikation auf die Situation – und spielt genau das aus, was Paulina jetzt benötigt.
Sie scannt den Barcode des Produkts und landet auf einer besonderen POS Produktansicht. Dort hat sie die Möglichkeit, Informationen zum Material und Reinigungshinweise einzusehen, andere verfügbare Farben und Größen online als auch in nahegelegenen Stores abzurufen, Bewertungen des Produkts zu lesen, passende im Store verfügbare Produkte empfohlen zu bekommen – selbstverständlich in der richtigen Größe. Paulina ist sowohl vom Produkt als auch vom Service begeistert, kann sich aber noch nicht für den Kauf entscheiden.
Situativer Fokus auf die Bedürfnisse im Kaufprozess
Paulina macht es sich am Abend auf dem Sofa gemütlich und öffnet unsere Tablet App. Als erstes wird sie gefragt, ob sie eine tagsüber abgebrochene Session vom Smartphone auf dem Tablet fortsetzen oder die Startseite erreichen möchte. Aus unserer übergreifenden Customer Journey Analyse leiten wir ab, dass Paulina sich abends auf dem Tablet gerne inspirieren lässt. Wir kommen ihr also entgegen und zeigen ihr die aktuellen Fashion Themen, die Bestseller sowie einen persönlichen Feed mit Last Seen (Product Views), Recently Scanned (gescannte Produkte am POS), New Arrivals recommended (Produktempfehlungen aus den New Arrivals), Your Wishlist, Now back in stock (ehemals ausverkaufte Produkte wieder auf Lager). Dabei nutzen wir den gesamten Screen für eine möglichst großflächige Anzeige der Produkte und setzen Elemente, die platt die Conversion pushen, bewusst in den Hintergrund. Nichtsdestotrotz nutzen wir Kundenattribute aus Data Intelligence wie Affinitäten zu Sale, Preis, Produktkategorie etc. für eine entsprechende Sortierung nach Kaufwahrscheinlichkeit. Paulina bestellt.
1:1 Service und getriggerte Kommunikation statt Gießkannen-Werbung
Auch auf dem Weg zur Arbeit ist Paulina offen für Inspiration. Deshalb erhält sie wenige Tage nach der Bestellung morgens eine Push-Notification „Persönlicher Tipp zu deiner Bestellung!“ aufs Smartphone: In unserer App empfehlen unsere Designer Artikel, die perfekt zur Bestellung passen. Dieser tolle Service und die Outfit-Empfehlungen verkürzen Paulina die Busfahrt. Das gefällt ihr.
In der Mittagspause besucht Paulina den Online-Shop und wird mit dem Einloggen erkannt. Sie sieht ihre persönliche Outfit-Empfehlung auf der Startseite. Mit wenigen Klicks hat sie die Hose zum Shirt bestellt.
Wertschätzung statt Verkaufen
Paulina hat sich durch die letzten Einkäufe viele Status-Punkte verdient – sie steht kurz vor dem nächsten Level, der ihr noch mehr Vorteile bringen würde. Paulina freut sich über die Wertschätzung als Kundin, als sie per E-Mail darauf aufmerksam gemacht wird. Bereits jetzt erhält sie exklusive Vorankündigungen, Services, die ihr das Shoppingerlebnis verschönern, sowie Einladungen zu Veranstaltungen.
Wir wissen, dass Omni-Channel-Kunden die treuesten und wertvollsten sind. Deshalb werden der bislang nur online shoppenden Kundin Paulina zusätzlich eine Filiale in ihrem Einzugsbereich und New Arrivals in diesem Store empfohlen, die auf Basis der historischen Daten von Paulina ein hohes Kaufinteresse vermuten lassen.
Fazit
Der Kunde war einmal König. Das distanzierte Verhältnis zwischen Unternehmen und ihren Kunden, das Hierarchiegefälle, die generischen Höflichkeitsformeln, die ausreichten, um den Kunden zufriedenzustellen, das gehört alles der Vergangenheit an. Heute stehen Unternehmen mit ihren Kunden im permanenten Austausch auf Augenhöhe. Unternehmen bemühen sich um ein fürsorgliches Miteinander, es geht um ein andauerndes Kennenlernen und eine ständige Weiterentwicklung des Verhältnisses. Consumer Centricity holt den einzelnen Kunden in seiner spezifischen Situation ab und spielt in der Kommunikation Content und Incentives aus, die auf eine optimale Customer Experience abzielen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass diese immer nur eine Momentaufnahme spiegeln und dass immer wieder neue Insights, die im Kundenkontakt an allen Touchpoints generiert werden, das Verhältnis und damit auch den Dialog stetig weiter entwickeln. Paulina signalisiert uns ihre Herausforderungen (im Kaufprozess), ihre Bedürfnisse und ihre Wünsche – unsere Kommunikation reagiert darauf und die Consumer Intelligence wird zur kundenzentrischen Ausrichtung des Unternehmens genutzt.
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