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DATA

Data Creativity Score - Der Wirkung von Kreativität auf der Spur

Frederik Timm, 10. August 2016
Sergey Nivens - Adobe Stock

In den Zeiten von Big Data und schier endloser Analysemöglichkeiten sind die Kreativen die Letzten, die keine nackten Zahlen zur Messbarkeit vorstellen konnten. Seit Anfang 2016 möchte das Beratungsunternehmen Trommsdorff und Drüner in Zusammenarbeit mit Medienunternehmen, wie SevenOne und Google, diesen Zustand ändern und die Wirkung von Kreativleistung messbar machen. Den Schlüssel zur Messbarkeit soll der Data Creativity Score (DCS) liefern. Die Messmethode analysiert digitale Reaktionen auf jegliche Art von Kampagnen. Als Quelle für die Analyse dienen Google-Suchen, Foren- und Blogeinträge, Facebook Insights sowie Twitter und YouTube Analytics.

Der Data Creativity Score

Der DCS setzt sich aus verschiedenen Werten zusammen. Die drei Hauptwerte befassen sich mit dem kreativen Konzept („Concept“), der kreativen Umsetzung („Activation“) und der kreativen Wirkung („Impact“). Für die Messung dieser Werte kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. So wird zum Beispiel auf Natural Language Processing (NLP) zurückgegriffen, um Kommentare auf die inhaltliche Ausrichtung zu analysieren. Schreibt der Nutzer begeistert über den neuen Werbespot oder ist er verärgert? Auch Sarkasmus versucht das Programm zu erkennen. Die benötigten Informationen ziehen sich Crawler in Echtzeit aus dem Internet. Als Quelle für die Analyse dienen Google-Suchen, Foren- und Blogeinträge, Facebook Insights sowie Twitter und YouTube Analytics. Daraufhin werden zur quantitativen Analyse Likes, Shares sowie die Anzahl von Suchen und Kommentaren herangezogen. Die Sprachanalyse mittels NLP dient zur qualitativen Auswertung von Inhalten, Wortwahl und Tonalität von Kommentaren.

Concept: Der DCS weist den Erfolg des kreativen Konzepts anhand der Reaktionen im Internet aus. Je stärker die positive Resonanz ist, desto kreativer wird die Kampagne bewertet. Bleiben dagegen die Reaktionen im Netz aus, wird davon ausgegangen, dass die Kampagne auch außerhalb des Internets keinen Eindruck hinterlassen hat. Der DCS unterscheidet jedoch nicht nur zwischen positiven und negativen beziehungsweise gar keinen Kommentaren. Zwei Unterkategorien geben zudem Aufschluss über die Quantität der Kommentare (Involvement) sowie über die Qualität der Kommentare (Endorsement). Nach dem aktuellen Bericht von SevenOne Media schaffen es die meisten Kampagnen zwar, einen positiven Tenor zu haben, jedoch weisen sie häufig nur geringes Involvement auf. Die Verbindung der beiden scheint schwierig.

Activation: Durch die Messung von Google-Suchen stellt der DCS den Erfolg der Umsetzung fest. Dabei wird ein gewisses Grundrauschen in den Google-Suchen berücksichtigt und analysiert, ob sich über den Zeitraum der Kampagne die Suchen zu dem Artikel oder der Kampagne im Generellen vermehrt haben. Je mehr Suchen nach der spezifischen Kampagne, desto höher der Wert im DCS.

Impact: Um zu messen, wie ausschlagekräftig die kreative Wirkung ist, werden für den DCS die Anzahl von Likes, Shares, Suchen und Kommentaren zusammengefasst. Hierbei steht jedoch nicht die Intensität, sondern die Länge des Engagements der Nutzer im Vordergrund. Eine besonders starke kreative Wirkung haben Kampagnen, die noch lange über ihre Mediaphase hinaus Engagement haben.

Was kann der DCS?

Der ProSiebenSat1-Vermarkter SevenOne Media hat den DCS erst kürzlich neben anderen Messmethoden in seiner Publikation „Kreative Werbung“ vorgestellt. Das Unternehmen nutzt mehrere Methoden, um den Erfolg von Kampagnen zu messen. Der DCS soll nun eine weitere Möglichkeit bieten, um die Kreativität von Werbespots im Fernsehen besser zu messen.Bisher diente der standardisierte Spottest, eine Kundenbefragung, als Mittel der Wahl.

Bild: SevenOne Media Presse Gerald Neumüller

Ein Vergleich zwischen den verschiedenen Testmethoden ist schwer, wie der Director Research von SevenOne Media, Gerald Neumüller, erklärt. Bei SevenOne hat man jedoch festgestellt, dass die Ergebnisse von anderen Tests mit dem DCS korrelieren. Neumüller berichtet: „Es gibt Kampagnen, die wir mit dem DCS und dem standardisierten Spottest getestet haben und die bei beiden Methoden ähnlich gute Ergebnisse erzielten. Das zeigt uns, dass die Ergebnisse, die der DCS zutage fördert, letztendlich auch plausibel sind.“

Als Rundumlösung zur Spotanalyse beziehungsweise als vollständiger Ersatz von anderen Tests dient der DCS wohl nicht. Bei SevenOne Media wird er ergänzend anstatt als alleinige Lösung angeboten und eingesetzt. Für Neumüller bringt die anonyme Analyse des Nutzerverhaltens im Internet Vor- und Nachteile mit sich: „Da zum Beispiel für den DCS keine Nutzer befragt werden, bringt das Verfahren eine hohe Objektivität mit sich. Es wird nur das analysiert, was Konsumenten freiwillig im Netz mitgeteilt haben. Auf der anderen Seite können die Ergebnisse dadurch nicht bevölkerungsrepräsentativ sein.“

Der DCS ist in seinem Kern dafür gemacht, um Kreativität und nicht zwangsläufig Erfolg zu messen. Dies sollten sich Werbetreibende immer wieder ins Gedächtnis rufen. Damit wird er einigen Kampagnen und TV-Spots nicht gerecht. So merkt Gerald Neumüller an: „Nicht jede Kampagne ist geeignet, um mit dem Tool gemessen zu werden. Da diese Methode nur Reaktionen im Netz misst, bietet sie sich nur für Kampagnen an, die eine gewisse digitale Resonanz hervorrufen. Das bedeutet jedoch nicht sofort, dass der Spot schlecht ist, sondern, dass es auch Produktgruppen gibt, über die per se wenig im Netz diskutiert wird. Dazu gehören zum Beispiel Low-Interest-Produkte wie Artikel des alltäglichen Bedarfs. Diese Kampagnen laufen zwar erfolgreich im TV, erzeugen jedoch nicht zwangsweise Reaktionen im Internet.“

Diese Art von Kampagnen fallen durch das Raster des DCS.

Wirklich kreativ oder einfach clevere Mediaplanung?

Der DCS soll nicht nur Fernsehspots, sondern auch digital ausgesteuerte Kampagnen auswerten können. In den Zeiten von Programmatic Advertising, das für die gezielte Nutzeransprache bestens geeignet ist, stellt sich die Frage, ob der DCS tatsächlich nur die Kreativität der Kampagne misst oder ob die Werte nicht auch durch eine gute Mediaplanung positiv beeinflusst werden. Zudem offenbart der DCS in Bezug auf kanalübergreifende Kampagnen einen Schwachpunkt. Es fehlt die Möglichkeit einer differenzierten Betrachtung der verschiedenen Kanäle.

Bild: Shanghai Berlin Presse Alexander Hauser

Alexander Hauser, Executive Technology Director bei der Agentur Shanghai Berlin, gibt zu bedenken: „Es ist sicherlich nicht eins zu eins nachvollziehbar, welche Nutzerkontakte aus welchem Kanal stammen. Das ist ein Punkt, den man sicherlich kritisch bewerten muss.“ Hauser begrüßt jedoch besonders die Neutralität, mittels der beim DCS gewertet wird: „Grundsätzlich ist der DCS eine gute Herangehensweise, um die Bewertung von Kreation neutraler zu gestalten und von Bewertungen durch Jurys oder Mediasales wegzubewegen.“

Fazit

Mit dem Data Creativity Score wurde von Trommsdorff und Drüner ein Tool vorgestellt, das Kreativität von TV-Spots auf Grundlage von Metriken, gewonnen aus dem Internet/Social Web, in Daten zusammenfasst. Für alleinstehende Werbevideos, wie dem Werbeclip "Is mir egal" der BVG, funktioniert diese Messmethode scheinbar recht zuverlässig. Allerdings können groß angelegte Multichannel-Kampagnen die Messmethode des DCS verfälschen, sodass viele TV-Spots, wie sie nun auf der Webseite des DCS zu finden sind, gar nicht isoliert betrachtet werden können.

Für Alexander Hauser ist es jedoch eine gute Möglichkeit, den Brands die Datenanalyse näherzubringen. Er sieht in diesem Bereich noch viel Nachholbedarf: „Die Themen Social Media, Digital und Mobile sind noch viel zu wenig bei den Brands angekommen. Sie tun sich teils noch recht schwer, von den Daten Erkenntnisse abzuleiten und darauf die nächste Kampagne basieren zu lassen. An dieser Stelle ist auch noch mehr Arbeit von uns als Agentur gefragt, um das Verständnis herzustellen.“

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