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Multi-Channel-Netzwerke im Umbruch

Frederik Timm, 7. April 2016
Bild: momentscatcher Dollarphotoclub.com Bild: momentscatcher Dollarphotoclub.com

Die Betreiber von den sogenannten Multi-Channel-Netzwerken (MCN) denken um. Die Bündelung und Vermarktung von vielen YouTube-Kanälen gilt zwar weiterhin als lukratives Businessmodell, jedoch müssen sich die Netzwerke den wachsenden Bedürfnissen ihrer Stars und Contenlieferanten anpassen. Die Ansätze können dabei sehr verschieden sein. So werden zum Beispiel eigene Kreativ-Units gegründet oder größere Kooperationen mit anderen Plattformen als YouTube angepeilt.

Die Big Player entwickeln sich in unterschiedliche Richtungen, um sich den wandelnden Anforderungen anzupassen. So bestand die Finanzierung eines MCN anfänglich allein darin, Werbeeinnahmen durch Pre-Roll-Ads zu generieren. Doch der noch junge Markt entwickelt sich rapide und längst reichen die Einnahmemöglichkeiten durch das Schalten von Werbung über YouTube nicht mehr aus. Nicht allein die Netzwerke möchten einen größeren Gewinn erzielen, auch die Künstler, die über YouTube teils ihren Lebensunterhalt verdienen, verlangen nach mehr Möglichkeiten der Monetarisierung.

YouTuber als Influencer

Aus diesem Grund gehen die Finanzierungsmodelle längst über einfache Pre-Roll-Ads hinaus, man strebt größere Kooperationen zwischen Marken und Künstlern an. Produktplatzierungen stellen dabei nur die Spitze des Eisbergs dar. Mittlerweile gibt es auch umfassendere Kooperationen, in denen die YouTube-Akteure Teil einer größeren Kampagne sind oder Content für einen angelegten Markenkanal liefern. Die Kompatibilität zwischen YouTuber und Brand ist bei dieser Art der Zusammenarbeit besonders wichtig.

Wie wichtig es ist, auf die Bedürfnisse der Künstler einzugehen, zeigt sich am Beispiel Simon Unge. Dieser stand bei dem MCN Mediakraft unter Vertrag. Unter dem Hashtag „freiheit“ hat sich der 25-Jährige damals öffentlich von dem MCN getrennt und aufgehört, Content für die Kanäle zu liefern, die dem Netzwerk vertraglich gehörten. Als Grund nannte er die mangelnde Betreuung durch Mediakraft. Das Video mit einem ausführlichen Statement kann hier angesehen werden.

Bild: Divimove Presse Philipp Bernecker

Divimove verfügt über ein Netzwerk, das bei YouTube monatlich mehr als 1,6 Milliarden Videoabrufe verbuchen kann und über 130 Millionen Abonnenten hat. Das Unternehmen arbeitet mit 1.300 Social Influencern aus Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, den Niederlanden und Polen zusammen. Philipp Bernecker, Co-Founder und Chief Marketing Officer von Divimove, erklärt: „Wir achten darauf, dass unsere Künstler zu der jeweiligen Marke passen und authentisch mit der Marke zusammenarbeiten können. Gemeinsam mit dem WWF (World Wide Fund for Nature) Deutschland arbeiten wir an der strategischen und inhaltlichen Weiterentwicklung des YouTube-Kanals des NGOs. Im vergangenen Jahr haben wir den WWF mit Simon Unge, einem der wohl bekanntesten deutschen Social Influencer zusammengebracht. Simon hat seitdem für den Kanal des WWF sowie auf seinem eigenen Kanal Inhalte für den WWF produziert. Mit Hilfe seines Engagements verzeichnete der YouTube-Kanal des WWF Deutschland ein Abonenntenwachstum von 180 Prozent.“

Bild: Studio 71 Presse Ronald Horstman

Neben bereits bekannten Youtube-Stars betreut Divimove auch heranwachsende Künstler, die erst dabei sind, ihre Reichweite auszubauen. Einen anderen Ansatz verfolgt die ProSiebenSat.1-Tochter Studio 71. Hier konzentriert man sich auf bereits bekannte Größen, wie Ronald Horstman, Geschäftsführer von Studio 71, erklärt: „Wir setzen auf wenige, aber dafür große und besondere Talente und konzentrieren uns dann voll und ganz auf diese. Es geht eben nicht nur um Quantität, sondern gerade um Qualität, die sich auch in der Reichweite der Künstler zeigt. Im Vergleich zu anderen Netzwerken haben wir im Schnitt deutlich größere Kanäle bei uns.“

Studio 71 ist ein MCN mit mehr als 1.400 Kanälen und 3,5 Milliarden Videoabrufen im Monat. Im Gegensatz zu Divimove ist es mit Standorten in Los Angeles, New York, Toronto, London, Berlin und Wien global aufgestellt. Erst kürzlich erwarb Studio 71 das Collective Digital Studio aus den USA. Gerade dort konzentriert man sich auf umfassende Zusammenarbeit mit Marken. Horstman führt aus: „Studio 71 generiert weltweit viel Umsatz mit Branded Entertainment-Projekten. Das erfordert eine sehr intensive Zusammenarbeit mit den Marken. Es gibt mehrere Varianten des Branded Entertainments: Die Zusammenarbeit mit Marken beginnt bei einfachen Product Placements bis hin zu kompletten Markenkanälen, Content Produktion und Channel-Management. Natürlich gibt es noch viele zusätzliche Varianten zwischen diesen beiden Formen der Zusammenarbeit.“

Mehr als einfache Multi-Channel-Netzwerke

Weder bei Divimove noch bei der ProSiebenSat1-Tochter Studio71 möchte man von einem Multi-Channel-Netzwerk reden. Die Netzwerke haben sich über die letzten Jahre weiterentwickelt. Jedoch geht es in verschiedene Richtungen. Bei Divimove konzentriert man sich mehr auf den werblichen Aspekt und versteht sich als Digital-Native-Medienunternehmen. Neben dem Management der Künstler hat das Unternehmen mit brandBoost auch eine Kreativagentur gegründet. „Brandboost by Divimove ist unsere Inhouse-Kreativagentur. Hier bieten wir Social Influencern attraktive Vermarktungsmöglichkeiten und bringen diese mit passenden Markenpartnern zusammen. Die Nachfrage nach Kampagnen im Bereich Online-Video und Social-Influencer-Marketing ist höher denn je, da sich mit dieser Form des digitalen Marketings insbesondere die junge Zielgruppe besser erreichen lässt“, erklärt Philipp Bernecker.

Bei Divimove soll Künstlern die Möglichkeit geboten werden, über YouTube und darüber hinaus ihre Prominenz auszubauen und Kontakte zu Werbetreibern herzustellen. „Als Joint-Venture haben wir im Bereich Musik zusammen mit Sony einen Musikverlag gegründet, um den musikinteressierten Social Media Stars eine Möglichkeit zu geben in dieser Welt Fuß zu fassen“, sagt Bernecker. Ähnliche Kooperationen gibt es für Live-Events und mit Buchverlagen. Zudem bietet die Zusammenarbeit mit der Fremantlemedia-Tochter UFA Lab den YouTube-Stars Unterstützung bei professionelleren Videoproduktionen. Fremantlemedia, eine Tochter der RTL Group, ist seit Januar 2015 Mehrheitsgesellschafter bei Divimove.

Im Gegensatz zu Divimove ist bei Studio 71 der Bezug zur TV-Welt deutlicher sichtbar. Neben den YouTube-Stars werden auch Serienkanäle über das Netzwerk angeboten. Zudem schafft das Unternehmen Synergien zwischen TV und YouTube. So gibt es Gastauftritte von Stars der verschiedenen medialen Kanäle im jeweils anderen Medium. Wie bei Divimove hat auch bei Studio 71 ein Umbruch stattgefunden. Die Beweggründe sind jedoch andere. Für Ronald Horstman liegt die Zukunft in der Erschließung anderer Medienangebote: „Wir entwickeln uns immer mehr in Richtung Multi-Plattform-Netzwerk. Das Geschäft wird immer internationaler und geht über mehrere Plattformen hinweg. Dadurch professionalisieren sich auch die Inhalte. In den USA haben wir gerade einen Film im Kinoformat mit dem Namen ‚Natural Born Pranksters‘ produziert und veröffentlicht. Während Netzwerke derzeit vor allem auf Social Media-Plattformen wie Youtube, Facebook oder Snapchat agieren, gewinnen Aktivitäten für Premium-Content-Plattformen, wie Netflix oder Maxdome künftig an Bedeutung.“

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