Wie weit ist Facebook überhaupt in Deutschland wenn es um das Cross Device Advertising geht? Welche Technologien stellt Facebook bereits zur Verfügung und welche Ergebnisse konnte man bereits erzielen? Was wird aus der Facebook FBX und welche Rolle spielt Programmatic im Zusammenhang mit Atlas, dem Adserversystem von Facebook? Wir sprachen dazu mit Brian Boland, VP Advertising Technology bei Facebook, den wir auf der dmexco 2015 nach seinem Vortrag "Solving the Marketers Latest Cross-Everything Dilemma" trafen.
Adzine: Herr Boland, in ihrer Päsentation hier auf der dmexco sprachen Sie von einem Cross-Device Dilemma, in der sich die Werbeindustrie befindet. Aber ist es wirklich ein Dilemma? Noch nie konnten doch die Werbetreibenden so viele Kontaktpunkte der Verbraucher für ihre Werbeansprache nutzen, ist es nicht eher eine Chance?
Brian Boland: Sofern sich der Nutzer nur im stationären Internet bewegt, pflichte ich ihnen bei. Da ist es schon eine Chance. Aber in der Cross-Device Welt sieht das anders aus. Hier muss das Werbeerlebnis über verschiedene Endgeräte relevanter und zählbarer gemacht werden. In der Praxis geschieht das fast gar nicht. Marketingverantwortliche müssen in einer Cross-Device-Welt eine komplett neue Sichtweise auf die Dinge entwickeln. Sie müssen mit neuen Tools arbeiten, neue Arbeitsprozesse erlernen und sich vor allem neue Ziele setzen. Wenn man es richtig machen will, geht es nicht mehr nur um CPCs und CTRs oder den Einkauf von möglichst günstigem Traffic. Es geht um das, was danach kommt: die Steigerung von Abverkäufen und Conversions,. Und zwar dort, wo sie wirklich stattfinden – online und offline. Und das ist gerade die große Veränderung mit der sich das Marketing auseinandersetzen muss. Das Dilemma ist, dass Unternehmen Strategien für einzelne Kanäle haben, aber keine für die mobile und Cross Device Realität. Sie müssen eine komplett neue Strategie entwickeln, die alle Kontaktpunkte berücksichtigt, die Kunden im Entscheidungs- und Kaufprozess durchlaufen.
Adzine: Welche Rolle könnte dabei die Facebook User ID spielen, taugt sie gar als eine Art Cross-Device-Währung?
Brian Boland: Es geht um echte Menschen. Das Marketing von heute muss sich an den Bedürfnissen echter Menschen orientieren, nicht an Cookies. Mit unserem People-based Marketing Ansatz schaffen Marken den Wechsel von der Umfeldplanung zur Zielgruppenplanung. Mediaplaner werden damit in die Lage versetzt, ihren Medienplan für eine Cross-Device-Welt zu verbinden und ihre Zielgruppen genauer anzusprechen.
Adzine: Wie viele Agenturen nutzen eigentlich schon Atlas in Deutschland und kommen so in den Genuss die Facebook ID für eine Cross-Device Kampagnenausspielung zu nutzen?
Brian Boland: Wir veröffentlichen solche Zahlen nicht. Nur so viel: Wir haben für Europa dazu Verträge mit allen großen Agentur-Holdings.
Adzine: Und wann kommen alle, auch die kleineren Agenturen, in den Genuss Atlas einzusetzen?
Brian Boland: Das kann ich zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Wir arbeiten daran, Mediaagenturen auf Atlas zu schulen. Dazu bauen wir mit Simon Köpp unser Team in Deutschland aus. Unser Ziel ist es nicht, möglichst schnell in viele Märkte vorzudringen. Wir konzentrieren uns erst einmal darauf, unsere Teams nachhaltig aufzubauen. Deutschland ist dabei ein äußerst wichtiger Markt.
Adzine: Viele deutsche Publisher fürchten aber durch Atlas, LiveRail und der Facebook ID um ihre eigene Zukunft, weil sie ihre Vermarktungshoheit verlieren, können sie diese Ängste nachvollziehen?
Brian Boland: Zusammen mit LiveRail und dem Audience Network ermöglichen wir Publishern, die Vorteile von People-based Marketing und dem gesamten Facebook Advertising System für sich zu nutzen und ihre Monetarisierung zu verbessern. Publisher verstehen es, mit ihren Inhalten dem Publikum eine gute Nutzer-Experience zu bieten. Mit LiveRail können sie diese Qualität auch bei Werbeanzeigen sicherstellen. Auch Atlas hat viele Vorteile für Publisher. Atlas macht Werbung relevanter, indem es Werbetreibenden zeigt, welche ihrer Anzeigen funktionieren und welche nicht. Relevante Werbung wird die Verweildauer der Nutzer erhöhen. Publisher werden Atlas und LiveRail daher lieben. Aber natürlich ist das ein Lernprozess, in dem sie sich gerade befinden.
Adzine: Wie steht es eigentlich mit dem Gerücht, dass Facebook die FBX einstellen wird?
Brian Boland: FBX wurde als Produkt für Retargeting auf Facebook entwickelt. Allerdings lassen sich heute über verschiedene bessere Ergebnisse erzielen. Die FBX hat nur eine begrenzte Anzahl an Targetingkriterien innerhalb von Facebook. Seit ihrem Launch haben wir eine ganze Menge neuer Produkte entwickelt, wie zum Beispiel die Dynamic Product Ads oder die Conversion und Custom Audiences Pixel für den Einsatz von Retargeting und Remarketingkampagnen. Diese funktionieren alle Cross-Device und sind daher die interessanteren Produkte.
Adzine: Atlas hat bisher aber auch nur einige wenige Targetingkriterien wie Alter, Geotargeting und Geschlecht.
Brian Boland: Ja, das stimmt. Aber wir befinden uns hier noch am Anfang. Es geht jetzt noch darum, dass die Unternehmen mit Atlas Erkenntnisse sammeln sollen, was mit ihren Kampagnen Cross-Device wirklich passiert. Die Advertiser lernen mit Atlas gerade, dass sie ihre Reichweite um durchschnittlich 58 Prozent überschätzt haben und die Frequenz, also die Kontaktzahl pro Nutzer, um etwa 141 Prozent zu niedrig ist. Erst im nächsten Schritt kommt die Optimierung und die Anpassung der Kampagnenauslieferung. Die jetzt zur Verfügung stehenden Targetingkriterien sind aber für Marken bereits sehr effizient. Nehmen wir zum Beispiel die angesprochene Kombination von Alter und Geschlecht. In der Cookiewelt liegt die Genauigkeit hier nur bei etwa 47 Prozent. Jede zweite Impression wird an die falsche Zielgruppe ausgeliefert. Über Atlas und mit unserem People-based Marketing liegt die Genauigkeit der ausgespielten Anzeigen bei über 90 Prozent.
Adzine: Stimmt es eigentlich, dass für Atlas eine Demand Side Platform (DSP) geplant ist?
Brian Boland: Wir entwickeln und optimieren mit unseren Kunden die Produkte, die sie für ihren Erfolg benötigen. Ich kann ihnen dazu keine genauen Ankündigungen geben.
Adzine: Aber die Gerüchte sind ganz konkret, die Rede ist sogar von einem DSP
Launch in Q1 2016?
Brian Boland: Zuerst ist es uns wichtig, dass unsere Werbekunden mit Atlas arbeiten können. Sie sollen ihre Kampagnen über alle Geräte hinweg verstehen und Erfahrungen mit der Plattform sammeln können. Bevor wir also über eine DSP Lösung sprechen, geht es erst einmal um die Anwendung von Atlas. Nehmen wir zum Beispiel den Case von Tommy Hilfiger in Deutschland. Sie haben mithilfe von Atlas ihre Kampagnen in einem Zeitraum von drei Monaten ausgewertet. Die Cross-Device-Analyse konnte belegen, dass die digitale Kampagnenstrategie 13 Prozent der Verkäufe im Store treibt. Das sind die interessanten Insights, die wir den Werbetreibenden hier auf der dmexco präsentieren wollen.
Adzine: Aber welche Rolle wird Programmatic Buying für Atlas und Facebook spielen?
Brian Boland: Ich bin absolut von Programmatic überzeugt, es ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie und wir kooperieren ja schon bei Atlas mit vielen DSP Anbietern. Mit LiveRail und dem Audience Network arbeiten wir auch selbst schon in vielen Bereichen programmatisch. Programmatic ist Teil der Zukunft.
Adzine: Ein letztes Wort zu Cookies - Werden Cookies Bestand haben?
Brian Boland: People-based Marketing ist die Zukunft für eine Cross-Device Werbeansprache. Cookies verlieren immer mehr an Bedeutung.
Event-Tipp: Erste Facebook Insights auf dem Tracks Cross Channel Advertising Summit
Besucher des TRACKS Summit erhalten zudem erste Insights zum Einsatz von Atlas und der Facebook User ID. Hansjörg Blase, Geschäftsführer des Social Media Advertising Spezialisiten esome wird in seinem Vortrag „The Beauty of Social Network-IDs“ erstmals bisher unbekannte Insights zu Cross Channel Kampagnen, die auch mithilfe von Atlas ausgesteuert wurden, einer breiten Öffentlichkeit präsentieren.
Versäumen Sie also nicht die TRACKS und holen Sie sich ein Ticket für den 11.11.2015!
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