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Beacons – Technologie der Zukunft oder Hype ohne Substanz?

Evgenij Tovba , 8. April 2015

Alle reden derzeit von Beacons als dem nächsten großen Wurf im Marketing und in der Werbung. Beacons sollen endlich die Brücke zwischen Offline und Online, Mobile und stationärem Handel schlagen und die Verbraucher nicht nur nahtlos auf ihrer Customer Journey begleiten, sondern auch direkt am Point of Sale erreichen. Besonders seit bekannt ist, dass Apple womöglich seine eigene Hardware auf den Markt bringen will, erhalten die Beacons einen weiteren Schub. Aber wieviel steckt eigentlich wirklich dahinter? Um richtig zu verstehen, was die Technologie hergibt, sollten wir zunächst untersuchen, welche Elemente und Bauteile dabei zum Einsatz kommen und wo mögliche Störfaktoren liegen könnten.

Technischer Hintergrund:

Das Beacon selbst, also das Bauteil, das drahtlose Informationen sendet, besteht aus einem Bluetooth Low Energy Chipsatz (BLE), einer Batterie oder einer kabelgebundenen Stromquelle sowie der Firmware für den Chipsatz. Die BLE Chipsätze können, bei einem vernünftigen Kompromiss hinsichtlich der Sendeleistung, mit geringem Stromverbrauch und langen Laufzeiten aufwarten. Die Beacons des Herstellers kontakt.io weisen beispielsweise bei einer geringen Sendeleistung und langen Signalintervallen durchaus Laufzeiten bis zu 60 Monaten mit nur einer 1000 mAh Knopfzelle auf. Ebenfalls sehr beliebt sind Beacons von Estimote mit einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten. BLE Chipsätze sind zudem bis zu 80% günstiger in der Anschaffung als klassische Bluetooth Chipsätze. Diverse Hersteller bieten hier fertige und einfach per App oder Desktop-Software konfigurierbare Beacon-Bausätze an.

Da Bluetooth bereits die Funktechnologie und somit den Träger der Daten definiert, geht es nun um das Format, in dem die Daten übertragen werden. Das aktuell prominenteste Datenformat wurde von Apple unter dem Markenzeichen „iBeacon“ entwickelt. Lediglich drei Parameter werden in diesem Format festgelegt, wobei die Entfernung zum Beacon über die Stärke des Sendesignals bestimmt wird.

Die Daten-Parameter, die bei den Beacons gesendet werden, sind folgende:

  • UUID – Ein Identifikator des Beacons
  • Major – Weitere Eingrenzung der Region oder des Standortes (z.B. Shop A in Berlin)
  • Minor – Genauere Eingrenzung des Standortes (z.B. Abteilung Videospiele)

Google entwickelt derzeit in einem offenen Projekt namens „Physical Web“ ein weiteres Format, bei dem es allerdings um eine abstraktere, weniger konkrete Definitionsform von Beacons geht. Vielmehr ist das Projekt an das Konzept des „Internet of Things“ angelehnt. Dabei wird mit sogenannten UriBeacons gearbeitet, die sowohl URN als auch URI Informationen senden.

Der Uniform Resource Name (URN) definiert auch hier den Identifikator eines Beacons. Der Uniform Resource Identifier (URI) hingegen, gibt dem Beacon die Möglichkeit, das empfangende Gerät auf eine beliebige Ressource zu verweisen. Die URIs sind erstaunlich flexibel und finden heute bereits interessante Anwendung wie zum Beispiel beim „Mobile Deep-Linking“, das den User auf eine bestimmte Location in einer Mobile Apps verweist, dem Erzeugen einer E-Mail, dem Triggern eines Telefonanrufes oder auch beim Aufrufen einer bestimmten URL.

Die Vorteile dieser Herangehensweise liegen darin, dass der Nutzer bzw. die Werbetreibenden nicht mehr darauf angewiesen sind, dass die entsprechenden Apps oder Komponenten auf dem anvisierten Gerät installiert sein müssen, um das Signal verarbeiten zu können. Ein URI-Signal kann de facto durch jedes Internet-fähige Gerät interpretiert werden.

Werfen wir einen Blick auf die Empfänger der Daten, zum Beispiel dem Smartphone in der Hosentasche oder dem Tablet im Handgepäck. Apple startete im Zuge der Veröffentlichung von iBeacon die Verbreitung eines speziellen Frameworks, das den App-Entwicklern ermöglichte den Empfang von Beacon-Signalen in ihre Apps zu integrieren. Neben dem Apple-eigenen Framework gibt es weitere zahlreiche Varianten von Frameworks und fertigen SDKs anderer Beacon-Hersteller wie kontakt.io oder Estimote, samt offener Quellcodes und Beispielen im Internet.

Sobald ein Gerät das Signal eines Beacons empfängt, müssen die Daten von einer entsprechenden App korrekt interpretiert und eingesetzt werden. Die „Intelligenz“ bzw. Fähigkeit zur Verarbeitung der Signale liegt damit außerhalb der Beacons. Diese fungieren demnach als einfache „Wegpunkte“.

  • Ein Beacon strahlt in regelmäßigen Abständen (zum Beispiel alle 100 Millisekunden) eine definierte Information per Bluetooth aus
  • Ein beliebiges Bluetooth-fähiges Gerät empfängt diese Informationen
  • Eine Software / App im Gerät nimmt diese Information als Grundlage für eine bestimmte Aktion (zum Beispiel das Anzeigen von Informationen)

Das Beacon Konzept ist vom Prinzip her identisch mit der „Bluetooth-Säule“, die vor einigen Jahren einen kurzen Erfolgsmoment erlebte. Die Säulen waren allerdings recht kosten- und platzintensiv sowie kompliziert in der Konfiguration. Häufige Anwendungsfälle waren die Verteilung von Informationen und Goodies, wie z.B. Klingeltöne oder Wallpaper.

Einige Herausforderungen der Beacon-Technologie müssen für einen flächendeckenden Einsatz noch adressiert werden. Die wichtigsten drei Themenkomplexe dabei sind:

Akzeptanz bei den Verbrauchern: In Sachen Akzeptanz haben die Beacons besonders bei den eher skeptischen deutschen Verbrauchern noch die eine oder andere Hürde zu überwinden. Um sich auf diese Form der Werbung einzulassen, muss der Mehrwert der Beacon-Technologie für den Verbraucher nachvollziehbar sein: Zum Beispiel Geld sparen durch individuelle Angebote aufs Handy. Hilfestellung im Alltag durch Indoor-Navigation in Gebäuden oder großen Geschäften. Die Herausforderung dabei bleibt jedoch die Frage nach der Privatsphäre, wenn der Nutzer standortbasierte Push-Benachrichtigungen auf seinem mobilen Endgerät erhält.

Signalstärke und Sendeleistung: In der Regel erreichen die streichholzschachtelgroßen Beacons mit ihren Signalen jeden Empfänger im unmittelbaren Umfeld. Trotzdem kann es innerhalb von Gebäuden zu Signalstörungen kommen, da die Bluetooth-Technologie durchaus sensibel auf bestimmte Gegenstände bzw. Materialien (Holz, Glas, Stahl etc.) und nicht zuletzt auch Menschen im Senderadius reagiert. An stark besuchten Locations, wie es große Einkaufszentren, große Supermärkte oder Kaufhäuser nun einmal sind, könnte das Worst-Case-Scenario bedeuten, dass die Signale der Beacons gar nicht erst beim Verbraucher ankommen.

Relevanz und Frequency Capping: Nicht nur der konkrete Mehrwert, also der Nutzen für den Verbraucher, ist einer der zentralen Punkte beim Einsatz von Beacons, sondern auch die Frequenz. Auf die Dauerbeschallung, der die User auf den verschiedenen Werbekanälen heutzutage ausgesetzt sind, reagieren diese zunehmend mit „Werbeblindheit“. Im schlimmsten Fall resultiert die Überbeanspruchung in genervten Verbrauchern und einer negativen Assoziation mit einer Marke. Durchdachtes Frequency Capping muss daher eine der Grundlagen für den Einsatz der Beacons sein, so dass der User mit seinen Bedürfnissen schon bei der Konzeption von Kampagnen im Fokus steht.

Anwendungsfälle: Beacons im Advertising

Da das größte Hindernis für eine flächendeckende Marktdurchdringung der Beacon-Technologie deren sinnvoller Einsatz ist, der einen klar erkennbaren und relevanten Mehrwert für den User erkennen lässt, liefern bisherige Test-Kampagnen mit Beacons wertvolle Erkenntnisse. barcoo hat bereits verschiedene spannende Mobile Advertising-Kampagnen mit der Beacon-Technologie durchgeführt.

In Zusammenarbeit mit einem namhaften FMCG-Brand wurden Beacons nahtlos in den Marketing-Mix integriert. Auf einem Out-of-Home Plakat wurde eine Loyalty Kampagne beworben („Kaufe drei Produkte, lade den Kassenbon hoch und erhalte ein Geschenk“). Unterstützt wurde diese Kampagne durch die barcoo Smartphone-App. Durch ein auf der Werbetafel befindliches Beacon sollten die Verbraucher über ihre barcoo App zur Interaktion animiert werden. Die barcoo App registrierte, sobald sich ein Nutzer in der Nähe des Plakates befand, woraufhin diesem eine konkrete Handlungsaufforderung und Informationen zur Aktion auf das Smartphone gesendet wurden. Nach dem Hochladen des fotografierten Kassenbons in der barcoo App, erhielten die User das versprochene Geschenk zugeschickt.

Ein weiterer überzeugender Anwendungsfall ist die Couponing Aktion einer bekannten Supermarktkette. Hat der Nutzer die barcoo App installiert und Bluetooth auf seinem Smartphone eingeschaltet, erhält er beim Besuch des teilnehmenden Supermarktes automatisch Coupons auf sein Smartphone zugestellt. Diese können sofort an der Kasse eingelöst werden.

Laut Locationinsider erarbeitet Shazam aktuell mit der Medienagentur Mood Media ein vergleichbares Konzept. Dieses schließt z.B. auch Augmented Reality („AR“) in Form von Mobile Ads im 360 Grad Look sowie die Shazam-eigene Klangerkennungstechnologie mit ein, die Anhand der Hintergrundmusik in den jeweiligen Geschäften den standortbasierten Versand von Coupons auslöst.

Fazit

Ob und wie stark sich die Beacon-Technologie wirklich durchsetzen wird, hängt also von einer ganzen Reihe noch zu lösender Fragestellungen ab. Inwiefern der derzeitige Hype rund um die Beacons tatsächlich langfristig gerechtfertigt ist, lässt sich nur anhand von weiteren Erfahrungswerten und Rückschlüssen auf das Nutzerverhalten aus konkreten Anwendungsfällen beurteilen. Obgleich Mobile Couponing ein prominenter und nach wie vor funktionaler Anwendungsfall ist, so deckt er doch nur einen Bruchteil der notwendigen Bandbreite an Möglichkeiten ab.

Bild Evgenij  Tovba Über den Autor/die Autorin:

Evgenij Tovba leitet in der Position des Director of Technology bei YOC die Bereiche Technologie- und Produktentwicklung sowie IT-Operations auf nationaler und internationaler Ebene. Seine Schwerpunkte sind die Umsetzung innovativer Produktlösungen für Advertiser und Publisher sowie die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung der YOC internen Tag- und SDK-Infrastruktur.

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