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Werbewirkungsforschung in Zeiten der Multiscreen-Nutzung

Kristina Kobilke, 6. Mai 2013

Marketing- und Mediaentscheider sind in diesen Tagen nicht zu beneiden. Die mühsame, teilweise über Jahrzehnte entwickelte Rezeptur eines effizienten Mediamix hält den heutigen Anforderungen einer vernetzten Welt nicht mehr Stand. Die Digitalisierung der klassischen Kommunikationskanäle, Social Media, Smartphone und Tablet haben das Mediennutzungs- und Kaufverhalten ihrer Zielgruppen nachhaltig verändert.

Frühere Erkenntnisse darüber, welches Medium welchen Beitrag zum Gelingen einer Gesamtmediastrategie leistet, sind in Zeiten der Multiscreen-Nutzung überholt. 90 % unserer Mediennutzungszeit entfallen inzwischen auf Bildschirme, ermittelte Google in seiner Studie „The New Multiscreen World“. Das Smartphone ist dabei das Device, das am häufigsten als Startpunkt unserer Digital Journey dient oder simultan mit anderen Medien genutzt wird.

Mediaverantwortliche stehen heute vor der Mammutaufgabe, ihre Kommunikation in einer kaum noch überschaubaren Medienlandschaft und in einem Meer unzähliger Botschaften zielsicher auf ihre Konsumenten auszurichten und sich gleichzeitig an einem höheren Return on Invest (ROI) messen zu lassen. Das erfordert einen ganzheitlichen Blick auf das Zusammenspiel sämtlicher Kommunikationskanäle und ein tieferes Verständnis davon, welche Wirkung Interaktionen zwischen den Medien auf den Abverkauf ihrer Produkte entfalten.

Was Werbekunden sich von ihren Agenturen wünschen, ist eine Multiscreen-Kampagne mit maximaler Reichweite und maximaler Effizienz“, beschreibt Stephan Knäble, Global Director Advanced Business Solutions bei der GfK, eines der Hauptanliegen seiner Kunden, zu denen Topwerbespender wie Nestlé, Ferrero, Amazon oder OTTO zählen.

Diese Anforderung prallt allerdings auf eine fragmentierte teils konkurrierende Medien- und Vermarktungslandschaft, die es Agenturen nahezu unmöglich macht, die Aufgabenstellung ihrer Kunden zu lösen. „Sind wir wirklich von altem Denken befreit?“, lautete denn auch die eher rhetorisch gemeinte Frage von Manfred Kluge, CEO der Omnicom Media Group Germany (OMD/PHD), auf dem diesjährigen TV-Wirkungstag. Das bisher vorherrschende Silodenken aller Beteiligten mache es schwer, von den Chancen der derzeitigen Entwicklungen zu profitieren.

Dr. Alexander Preuss

Seine Agenturgruppe begegnet den steigenden Effizienzanforderungen ihrer Kunden unter anderem mit der eigenständigen Forschungsunit BrandScience, die fast 20 fest angestellte Mitarbeiter umfasst. „Getreu dem Motto ‚You can’t manage what you can’t measure’ müssen Marketing- und Mediaentscheidungen in einem stetig komplexeren und wettbewerbsintensiven Umfeld auf Basis von beweisbaren ökonomischen Erkenntnissen getroffen werden“, erläutert Dr. Alexander Preuss, Director OMD  BrandScience, den Stellenwert der hauseigenen Forschung. „Kunden möchten wissen, was ihre Kommunikationsmaßnahmen geleistet haben. Werbung ist ja kein Selbstzweck, deshalb ist ein Wirkungsbeleg zwingend erforderlich.“

Die Messung von ROI ist nach Ansicht von Preuss ein kompliziertes Geschäft, das man nur mit viel Erfahrung seriös betreiben kann. Mit BrandScience habe die Agenturgruppe deshalb eine eigene Abteilung, die sich unter anderem auf die Bestimmung des Wirkungsbeitrages (ROI) auf Basis von ökonometrischen Modellings spezialisiert hat. Die Forscher arbeiten dabei mit 15 hauseigenen Tools, die den gesamten Kommunikations-Lifecycle abdecken – von den ersten Markt- und Zielgruppenanalysen über die optimale Mediaselektion und Kampagnenarchitektur bis hin zur Evaluierung der realisierten Kommunikationsmaßnahmen.

„Diese Werbewirkungsforschung betreiben wir seit über 15 Jahren sehr erfolgreich. Seit 2000 haben unsere Forschungsspezialisten beinahe 700 ROI-Projekte realisiert“, resümiert Preuss. Die Düsseldorfer verfügen damit über langjährige Erfahrungen auf allen Gebieten der Konsumenten-, Markt-, Media- und Werbewirkungsforschung.

Als Sparringspartner von Werbetreibenden und Mediaagenturen diesbezüglich ebenfalls genutzt wird die GfK. Mit ihrem Media Efficiency Panel (MEP) bieten die Nürnberger einen weltweit einzigartigen „Single Source“-Ansatz, der sowohl die gemessene Mediennutzung sämtlicher Screens als auch das gemessene Kaufverhalten der Konsumenten aus einer Quelle kombiniert.

Die GfK zeichnet dabei die Internetnutzung von 15.000 Panelhaushalten inklusive deren Interaktionen mit Online-Werbung mithilfe einer Softwareapplikation auf dem Computer der Panelteilnehmer auf. Mittels eines Subpanels, in dem ebenfalls über eine Softwareapplikation die mobile Internetnutzung auf Android-Smartphones erfasst wird, sind inzwischen Nutzerdaten von 4.500 Panelisten verfügbar. Eine Erweiterung auf iOS-Smartphones sowie auf Tablets erfolgt im Juni dieses Jahres. Parallel dazu wird der TV-Konsum, insbesondere die gesehene Werbung, durch die Aufnahme von TV-Audiosequenzen in den Haushalten der Panelteilnehmer kontinuierlich erfasst. Von allen Panelisten liegt darüber hinaus die Nutzung von mehr als 250 Printtiteln vor, die einmal pro Jahr mittels einer Befragung eruiert wird. Der Abgleich dieser Mediennutzungsdaten mit den GfK-Verbraucherdaten, insbesondere den Kaufdaten der Panelisten, macht es möglich, den Einfluss crossmedialer Werbekampagnen auf den Abverkauf zu evaluieren.

Stephan Knäble

Mediaentscheider können somit unter anderem die Wirkung von Interaktionseffekten zwischen den Medien, etwa TV und Social Media oder TV und Online, auf den Kauf quantifizieren oder auch die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Kommunikationskanals beurteilen. In diesem Zusammenhang entstand beispielsweise die viel beachtete gemeinsame Fallstudie der GfK und Nestlé Ende des letzten Jahres. Mithilfe des MEP ermittelte Nestlé die Wirkung seiner Crossmedia-Kampagne für Maggi. Eines der spannenden Ergebnisse war der 2,5-mal höhere ROI von Facebook im Vergleich zu TV-Werbung.

„Die zentralen Fragestellungen unserer Kunden sind ROI-zentriert“, bestätigt Stephan Knäble das große Interesse seiner Kunden an seinem Produkt. Im Zuge der aktuellen Veränderungen in der Mediennutzung sei dabei mit Blick auf Paid Media relevant, welche Kanäle wie effizient und in welcher Zielgruppe für eine Marke funktionieren und – besonders spannend – welche crossmedialen Effekte auf den Kauf wirken.

Ulrike Hefter

"Das MEP bietet vor allem den Vorteil, crossmediale Vergleiche zwischen On- und Offline-Kontaktpunkten durchzuführen und das für die komplette Customer Journey. So lassen sich direkte ROI-Vergleiche ziehen und das sowohl kurz- als auch mittelfristig", beschreibt Ulrike Hefter, Managing Director Optimedia Frankfurt und dort verantwortlich für den Kunden Nestlé, den Nutzen des MEP.

Mit der kompletten Customer Journey ist laut Hefter „die Konsumentenansprache zu jedem Zeitpunkt der Bindung an eine Marke“ gemeint. „Die Customer Journey beginnt klassischerweise mit der Bekanntheit bzw. Awareness, geht dann über Stationen wie Kauferwägung, Kaufabsicht, Kauf, Verwendung oder Nutzung, Wiederkauf bis hin zur Weiterempfehlung bzw. zum Markenbotschafter.“ Je nach Zielsetzung der Kampagne – etwa der Steigerung der Markenbekanntheit oder der Stärkung der Loyalität von bereits vorhandenen Käufern – variieren die Mediaexperten die Kontaktpunkte zur optimalen Zielgruppenansprache. Und das können an jeder Station der Customer Journey On- und Offline-Touchpoints sein. Das MEP ermögliche es, diese in ihrer Wirkung zu vergleichen.

Mit den Simulationstools der GfK können Agenturen und Kunden die perfekte Mixtur ihrer crossmedialen „Zutaten“ bestimmen, um den größtmöglichen ROI zu erreichen, bestätigt Stephan Knäble dieses komplexe Vorgehen.

An die grundsätzlichen ROI-Betrachtungen der Kunden schließen sich nach seiner Erfahrung häufig konkrete planungsrelevante Überlegungen an. In Bezug auf digitale Medien sei Mobile beispielsweise für viele seiner Kunden noch weniger als separater Kanal interessant, sondern eher als integraler Bestandteil ihrer Multiscreen-Strategie.

Nils Hachen

„Das hängt von den Inhalten, Motiven und der Zielsetzung der Kampagne ab. Es gibt weiterhin Maßnahmen, die als Stand-alone Sinn machen und funktionieren. Bei integrierten Kampagnen wird sich der Multiscreen-Ansatz auch aufgrund der positiven Studienergebnisse mehr und mehr durchsetzen“, ist Nils Hachen, Executive Managing Director von ZenithOptimedia, überzeugt.

Laut Stephan Knäble beschäftigten sich Unternehmen vielfach erst jetzt mit Online intensiver – etwa ob eine Online-Kampagne Sinn mache und, wenn ja, mit welchem Budget und mit welchen Inhalten. Allein daran knüpfe sich eine Reihe weiterer Fragen: Wie viel effizienter arbeiten Video-Ads versus Banner? Verkaufe ich über meine Kommunikation auf Facebook auch FMCG-Produkte? Wie wichtig ist Search? Macht ein Facebook-Link in meinem TV–Spot Sinn?

Die GfK hat eigens für die Klärung dieser Vielzahl von Fragen ein „Learning Laboratory“ eingerichtet, in dem Aufgabenstellungen priorisiert und strukturiert abgearbeitet werden. „Um die Effizienz eines Kanals zu messen, gehen Mediaentscheider äußerst planvoll vor. Es gibt einige Kunden, die digitales Inventar systematisch durchtesten, um das Rezept für die Zukunft zu finden“, so Knäble. Stellt sich heraus, dass ein Kanal tatsächlich zusätzliche Reichweite schaffen kann, schließt sich die Frage an, welchen Customer Value die erreichten Menschen bieten. Ist es unter ROI-Gesichtspunkten überhaupt sinnvoll, diese Zielgruppe anzusprechen? Denn nicht jede Zielgruppe tätigt auch den erwünschten Kauf.

Letzteres ist ein Verdacht, den Mediaentscheider offenbar in Bezug auf Mobile hegen. Kann der mobile Kanal wirklich zusätzliche kaufrelevante Kontakte im Rahmen der Gesamtmediastrategie liefern oder sind die ohnehin meistens vorhandenen Mehrfachkontakte mit der Zielgruppe über das stationäre Internet ausreichend, um einen Kauf auszulösen? Darunter mischt sich die Skepsis der Entscheider, ob insbesondere der Smartphone-Screen eine ausreichende Wirkung auf den Kauf entfalten könne.

Die kürzlich veröffentlichte gemeinsame Studie der Agentur Zenith und IP Deutschland zur Wirksamkeit von Multiscreen im Rahmen einer crossmedialen Kampagne von O2 bescherte dem mobilen Kanal in diesem Punkt schon einmal Bestnoten. O2 spielte dabei in einer geräteübergreifenden Multiscreen-Rotation eine 20-sekündige Videobotschaft sowohl Online als auch auf dem Smartphone und Tablet-PC aus. Parallel waren die TV-Spots on air. Neben einer deutlich erhöhten Aufmerksamkeit, konnte der Wert für die Kaufbereitschaft von 28 % bei TV-Mono-Nutzern auf 57 % bei Multiscreen-Nutzern von TV, Online und Mobile gesteigert werden. Das waren noch einmal 3 % mehr als bei Nutzern, die die Botschaft nur über TV und Online wahrgenommen hatten.

Nachhaltig aufschlussreich werden laut Stephan Knäble die diesjährigen Tests sein, die viele Unternehmen, darunter auch die First Mover der FMCG-Branche, mit dem Mobile-Kanal durchführen. Analog zu Online werden die hieraus generierten Learnings über die Wirkungsparameter von Mobile -und Multiscreen-Kampagnen von den übrigen Unternehmen für zukünftige Kampagnen genutzt werden. Es bleibt also spannend!

Bild Kristina Kobilke Über den Autor/die Autorin:

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