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DISPLAY ADVERTISING

Konsistente Kommunikation mit dem Nutzer

Jens von Rauchhaupt, 5. Juli 2012

Die Bestrebung, digitale Kanäle zu bündeln, ist derzeit überall in der Branche zu beobachten. Neben Search und Display Advertising lohnt sich daher vielleicht auch eine gemeinsame Betrachtung von E-Mail-Marketing-Maßnahmen und dem Display Advertising. Laut ECC Konjunkturindex des IFH Köln setzt der Onlinehandel zurzeit in erster Linie auf Suchmaschinenmarketing, um auf die eigenen Produkte aufmerksam zu machen und an neue Kunden heranzukommen. Kann das ausreichen?

Schließlich muss der Nutzer auch wissen, womit er die Suchmaschine füttern will. Das ifH hat daher in seinen Befragungen unter 700 Webshops und 1700 Online-Einkäufern herausgefunden, dass bei den Shopanbietern unter allen Werbemaßnahmen die Displaywerbung in der Beliebtheitsskala nach SEM, den Produktvergleichsseiten und den Newslettern an vierter Stelle steht. Auch in der Nutzerwahrnehmung spielt Displaywerbung eine wichtige Rolle. 25 Prozent der befragten Nutzer sind durch Displaywerbung erst auf einen Online-Shop aufmerksam geworden.

Roland Markowski

Ob der E-Commerce dem Display-Kanal bereits den richtigen Stellenwert beimisst, ist fraglich. Denn noch herrscht das Last-Click-Modell vor, das in der Kampagne nur den letzten Kontaktpunkt aus der Kontaktstrecke berücksichtigt. „Last Click bedeutet immer, dass das gesamte User-Verhalten vor dem entscheidenden Klick entwertet wird. Darum hat sich zum Beispiel die landläufige Meinung verbreitet, dass Display-Werbung nichts einbrächte. Auch ein Newsletter, der möglicherweise den gesamten Vorgang erst angestoßen hat, wird bisher kaum oder nicht berücksichtigt“, sagt Roland Markowski, geschäftsführender Gesellschafter von advertzoom, einer Plattform für die Planung und Steuerung kanalübergreifender Online-Kampagnen.

Markowski glaubt, dass sich das schon sehr bald ändern wird, nämlich dann, wenn sich eine Gesamtbetrachtung aller Maßnahmen mithilfe von Customer-Journey-Analysen am Markt durchgesetzt hat. „Es geht um die richtige Verteilung des Budgets, dem Budget-Shifting. Daraus wird sich eine deutliche Aufwertung des Display- und des E-Mail-Marketing-Kanals ergeben“, prognostiziert Markowski.

Jörg Land

Kunden halten

Für Jörg Land, Marketingverantwortlicher des Online-Marktplatzes Quelle.de, sind neben der eigenen Conversionsstärke des Shops Kundenbindungsmaßnahmen wertvoller denn je: „Es kostet ja auch ein Vielfaches, einen Nutzer wiederzugewinnen, als ihn zu halten.“ Aus diesem Grund steigt die Bedeutung von E-Mail-Marketing im E-Commerce wieder, berichtet Land. „Egal wo man sich umhört, E-Mail-Marketing ist in aller Munde, hier geben sich derzeit alle besonders viel Mühe.“ Jakob S. Gomersall, General Manager von RedEye Deutschland, sieht in Display-Werbung zwar ein erprobtes Instrument, um Traffic zu generieren und Branding-Effekte zu erzielen, aber „die E-Mail ist ein Kundenbindungsinstrument und, so wie wir es betreiben, der Königsweg zur Conversion-Optimierung. Displays kommen in der Regel zuerst, aber größere Bedeutung für Umsatz und Kundenwertsteigerung haben eindeutig E-Mails.“

Das Versenden von Newslettern als Instrument der Kundenbindung ist im E-Commerce also mindestens so modern wie der eigene  Facebook-Auftritt. Damit rückt das Customer-Relationship-Management (CRM) wieder in den Fokus.. Erst diese Woche gab zum Beispiel draftfcb bekannt, ihre Kompetenzen im Bereich Digital CRM noch stärker in den Vordergrund zu rücken. Erklärtes Ziel: Draftfcb München will im laufenden Geschäftsjahr um 20 Prozent wachsen und seinen Kundenstamm weiter ausbauen. „Die neue Organisationsstruktur erlaubt es uns, die Kernkompetenzen Digital, CRM und Analytics besser zu verzahnen und somit Insights für alle Units schneller verfügbar zu machen“, so Stephan Horvath von draftfcb. „Dabei haben wir immer die gesamte Customer Journey im Auge. So können wir die Bedürfnisse der Zielgruppe an jedem Punkt des Kaufprozesses bedienen und Kommunikationsmaßnahmen auch wirklich an sie adressieren. Erst dadurch können CRM-Konzepte unserer Kunden erfolgreich wirken.“

Ein CRM, das alles aussteuert?

Möchte man nun E-Mail-Marketing mit Display Advertising und vielleicht später mit dem Social Media verknüpfen, liegt es nahe, dass für beide Maßnahmen das CRM-System als gemeinsames Steuerungsinstrument einzusetzen. Diese Idee einer übergreifenden Zusammenführung von Kundeninformationen und die Steuerung dazu passender Kommunikation in den verschiedenen Kanälen ist nicht neu, weiß Stefan von Lieven, Geschäftsführer des E-Mail-Marketing- und CRM-Spezialisten artegic: „Tatsächlich entwickeln sich unterschiedliche Disziplinen auf genau dieses Konzept hin und das konkrete Kundeninteresse steigt angesichts der potenziellen Ergebnisse. Wir haben das Thema als spezialisierter Anbieter im Bereich Customer Intelligence Online schon lange verfolgt und können dies nur unterstreichen. E-Mail-Marketing hat mitunter den Vorsprung, weil im E-Mail-Marketing die Idee der Datenzusammenführung und der automatisierten Response – zumindest für einen Kanal – bereits etablierte Praxis ist“, erläutert von Lieven.

Von diesem Punkt aus sei die Steuerung anderer Kanäle sowie vor- und nachgelagerter Stufen – z. B. Lead-Generierung oder Retargeting über Display – nicht weit. Allerdings zeigen sich auch Grenzen zwischen E-Mail- und Display-Werbung, wie von Lieven meint: „Der Performance-Display-Markt ist ein anderer als der Markt für digitales CRM oder für E-Mail-Marketing. Insbesondere umfasst Display nicht nur die selbstbeeinflussten Kontaktpunkte mit dem Kunden, sondern bestenfalls eine große Anzahl von Sites und Diensten. Insofern ist die technische Möglichkeit für Dienstleister weder ausreichend noch der zwingende nächste Schritt."

Von personalisierten E-Mails zu personalisierter Display-Werbung?

Den Inhalt der E-Mails und Newsletter vom vorherigen Verhalten eingeloggter Shop-Besucher zu verknüpfen, das wird im angelsächsischen Raum bereits praktiziert. Solche personalisierten E-Mails können zweistellige Konversionsraten erzeugen. Doch in Deutschland ist das ohne ein aktives Einverständnis in Form eines Opt-ins des Kunden nicht möglich. Unternehmen wie RedEye praktizieren das aber datenschutzkonform in Deutschland und speichern neben der E-Mail-Adresse auch das Newsletter-, Web- und Kaufverhalten der Empfänger. „Damit erweitern wir CRM zu Engagement-CRM. Und zweitens laufen dank der nahtlosen Integration von Webanalyse und E-Mail-Marketing in einer Lösung Segmentierung und Versand individuell relevanter E-Mails automatisch ab“, erläutert Gomersall.

Ließe sich diese Methode also nicht auch für das Display Advertising übertragen und über Retargeting die Ads als Kundenbindungstool einsetzen? So ein personalisiertes Retargeting mithilfe von Informationen aus dem E-Mail-Marketing ist auch für Jörg Land ein interessantes Thema. Allerdings sieht er hier noch gehörig Hürden für den Marketer. „Das machen wir noch nicht. Um das zu realisieren, müsste man prüfen, welche Informationen zum Kunden aus dem Newsletter oder anderen CRM-Maßnahmen sich mit den Cookies fürs Retargeting sinnvoll verbinden lassen. Da sehe ich heute datenschutzrechtlich durchaus noch offene Fragen.“ Gomersall hält daher wenig von einer Adaption dieser Methode auf die Bannerwerbung: „Es geht immer um maximale individuelle Relevanz in der Kommunikation, und zwar mit Einwilligung des Empfängers. Also macht Display Advertising für uns keinen Sinn. RedEye steht für Remarketing, nicht Retargeting.“

Und auch Markowski glaubt nicht, dass Display als Kundenbindungs-Tool eingesetzt werden sollte. „Sicher, technisch mag es möglich sein, dass Displaywerbung auch als Kundenbindungsmaßnahme eingesetzt wird. Es wird bei den Nutzern aber nicht gut ankommen. Die Hälfte der User ist doch schon vom Retargeting ohne Frequency Capping genervt. Displaywerbung und speziell das Retargeting ist für mich eher ein Mittel für den Anstoß einer Konversion oder einem Upselling.

Karin Libowitzky

Konsistente User-Kommunikation

Bei der Mediaagentur mediaby verbindet man derzeit die Kanäle E-Mail-Marketing mit Display Advertising „in mehreren Zusammenhängen“, wie uns Geschäftsführerin Karin Libowitzky erläutert. Das übergeordnete Ziel sei „eine konsistente User-Kommunikation“. Neben der Betrachtung der gesamten Customer Journey spiele „die Verbindung von Display Advertising und E-Mail-Marketing im Rahmen der Evaluierung des Impacts eines Newsletterkontakts auf das Konsumentenverhalten eine Rolle – immer mit dem Ziel, Conversions zu generieren und Effizienz zu steigern. „So werden beispielsweise aus den gewonnenen Erkenntnissen Implikationen für die Auslieferung der Display-Werbemittel abgeleitet. Diese umfassen u. a. Bereiche wie Kontaktfrequenz, Art der Aktivierung, Motive und Inhalte. „Sobald eine Wiedererkennung der interessierenden Inhalte aus dem Onsite-Verhalten (Klick- und Nutzungsverhalten der User im Newsletters und auf der Shopseite) innerhalb des Offsite-Bereichs (Display Advertising) sichergestellt wird, erleben User Kommunikation als konsistent und von größerer Relevanz“, sagt Libowitzky.

Dieses Prinzip funktioniere laut Libowitzky übrigens auch, wenn es um die Anwendung von Erkenntnissen aus Display-Kontakten und etwaigem Shopbesuch auf konkreten Inhalten des Newsletters geht: „Auch diese Vorgehensweise ist technisch möglich und in unserem System implementiert. Vorgabe dafür ist natürlich, dass der Newsletter eine für Retargeting geeignete Fläche bereit hält."

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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