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SOCIAL MEDIA

Neue Kennzahlen fürs Social Media Marketing

Jens von Rauchhaupt, 27. Juni 2012

Das Web Excellence Forum (WebXF), eine Initiative von Web- und Social Media-Verantwortlichen aus DAX- und anderen Großunternehmen, hat gemeinschaftlich Kennzahlen und drei Verfahren entwickelt, um den Erfolg im Social Web messen, vergleichen und verbessern zu können. Wir sprachen mit Michael Heine, Gründer des WebXF über Erfolgsmessungen von Social Media Maßnahmen.

Adzine: Herr Heine, wie bewerten Sie das derzeitige Engagement der großen Unternehmen im Bereich Social Media, machen die eigentlich noch immer zu wenig?

Michael Heine: Nein, das würde ich so nicht sagen. Die Unternehmen haben die wesentlichen Potenziale, die Social Media Kommunikation bietet, bereits angezapft. Nun geht es darum, die Aktivitäten und Investments auch in messbare Erfolge zu verwandeln.
 
Adzine: Das Potenzial ist also nicht völlig ausgeschöpft?

Michael Heine: Ja das ist richtig. Das hängt damit zusammen, dass die Erfolgstreiber nicht bekannt sind und man nicht weiß, an den welchen Stellen man wie auf das Gaspedal drücken muss.

Adzine: Und welche sind die richtigen Stellen?

Michael Heine: Bei Großunternehmen, wie denen im Web Excellence Forum, geht es beispielsweise um Fragen der Organisation der eigenen Social Media Aktivitäten. Wo sollen die Verantwortlichen sitzen? Im Marketing oder in der Unternehmenskommunikation? Wenn Marketing, dann im Produkt- oder im Brand Marketing? Oder eher im Vertrieb? Um solche Fragen final beantworten zu können, braucht es seine Zeit.

Adzine: Anfang des Monats führte das Web Excellence Forum (WebXF) mit der Aktivierungsrate eine neue Kennzahl für den Kommunikationserfolg von Social Media Maßnahmen für Facebook Fanpages, Youtube-Kanäle und Twitter- Accounts ein. Bevor wir zu dieser Kennzahl kommen. Sind diese drei genannten Social Media Kanäle das, was für ihre Mitglieder Social Media ausmacht?

Michael Heine: Es sind zumindest heute die relevanten Plattformen. Natürlich gibt es noch zahlreiche Blogs und Dienste wie etwa Flickr oder gar chinesische Social Netzworks, die allesamt eine wichtige Rolle für einzelne Unternehmen spielen. Aber das WebXF schafft Standards. Dazu benötigen wir einen gemeinsame Nenner.

Adzine: Der Wunsch nach Standards auf diesem Gebiet scheint ja recht groß zu sein, auch McKinsey misst den Erfolg im Social Web mit einem Social-GRP und hat dazu gar eine Studie rausgebracht. Gibt es gerade einen Wettbewerb, wer die Kennzahlen im Social Media Marketing definiert?

Michael Heine: Das mag für einen Aussenstehenden vielleicht so aussehen. Ich würde das aber nicht als Wettbewerb bezeichnen. Was hat man von den Definitionen für sich allein, wenn man damit nichts anfängt? Man muss das immer einbetten in die Unternehmensaktivitäten, die zu einem Erfolg führen sollen. WebXF ist ja eine Vereinigung von Unternehmen für Unternehmen und ist in dieser Form einzigartig. Wir konkurrieren also weder mit McKinsey noch mit Comscore.

Adzine: Wie überpüfen Sie nun diese drei besagten Social Media Kanäle, um daraus Kennzahlen für die Unternehmensaktivitäten auszuarbeiten? Ist das ein Monitoring?

Michael Heine: Monitoring liefert in der Regel Informationen, was über ein Unternehmen in unternehmensfremden Kanälen gesprochen wird. Unsere Verfahren bieten Klarheit darüber, wie erfolgreich die eigene Social Media-Kommunikation ist. Unsere Social Media Steuerungstools, drei Messverfahren, die wir mit wissenschaftlicher Begleitung entwickelt haben, entstanden anhand von Fragen, die die Unternehmen intern selbst an Social Media stellten, um die Leistung ihrer Aktivitäten bewerten zu können.

Adzine: Zum Beispiel?

Michael Heine: Zum Beispiel die Frage nach der Wirkung von Social Media. Da reicht Monitoring allein nicht aus. Dazu braucht es ein Wirkexperiment, das wir Impact Messung nennen. Hier werden Probanden nach einem Mediakontakt zu ihrer Erinnerung an die Marke befragt und das Ergebnis dann mit einer Kontrollgruppe, die keinen Mediakontakt hatte, verglichen. Desweiteren kommt  das WebXF Brand Effects Cockpit zum Einsatz, das Daten zur Nutzung der Facebook Fanpage, des YouTube Kanals und zu Twitter in einem Frontend zusammenführt und dabei bekannte Kennzahlen zu neuen verdichtet. Auf Basis dieser Kennzahlen finden Benchmarks statt.Und das ist eben das Spezielle am WebXF, die Mitglieder können sich innerhalb eines geschützten Milieus „von Unternehmen für Unternehmen“ offen austauschen.

Adzine: Die Unternehmen definieren also alle ihre Kennzahlen selbst und gemeinsam?

Michael Heine: Das ist richtig und eben das Besondere an WebXF, die Detailabstimmung geschieht in den Arbeitsgruppen. Die Entscheidung fällt zwischen den Mitgliedern, im WebXF e.V. Aber lassen Sie mich bitte kurz meine  Ausführungen zu Ende bringen: Als drittes Messverfahren kommt eine Inhaltanalyse, der WebXF Fanpage Kompass, zum Einsatz. Damit analysieren wir die komplette Fanpage auf die Fragen: Wer spricht? Was posten die Nutzer? Wie ist die Tonalität? Werden die Fragen der Nutzer beantwortet? Was sind die Topthemen und wie können diese Themen wiederum welcher Abteilung im Unternehmen zugeordnet werden. Wenn das alles erfasst wurde, setzten wir das mit quantitativen Zahlen in Bezug. Also z.B. wie viele Likes und Kommentare wurden zu welchem Thema abgegeben.

Adzine: Und was kann das Unternehmen mit diesem Wissen anfangen?

Michael Heine: Daraus kann man direkt ableiten, wie und worüber das Unternehmen innerhalb der Fanpage kommunizieren sollte, um mehr Likes oder auch Kommentare zu erhalten.

Adzine: In welchen Zeiträumen werden nun diese Messmethoden angwendet?

Michael Heine:  Bisher stellen wir den Mitgliedern unsere Berichte quartalsweise zur Verfügung. Die Inhaltsanalyse haben wir einmalig bei den Fanpages der Mitglieder gestartet, sehr bald ziehen wir regelmäßig Stichproben, mit denen wir dann die  Unternehmensredaktionen versorgen können.

Adzine: Und die Aktivierungsrate ist dabei die zentrale Kennzahl um den Kommunikationserfolg in Social Media zu beschreiben. Was besagt diese Kennzahl nun genau aus?

*Michael Heine: * Es geht um die Frage, wie ein Nutzer zur Response bewegt werden kann. Das ist eine klassische Fragestellung aus dem Direktmarketing. Diese Frage wurde in Social Media bisher nicht ausreichend beantwortet. Reichweitenähnliche Daten wie die Anzahl der Fans werden zwar gezählt, was aber durch die gesendete Botschaft bei den Nutzern passiert und ob sie reagieren, das wurde noch nicht als Erfolgskriterium erfasst. Die Aktivierungsrate tut das.

Adzine: wie hoch muss so eine Aktivierungsrate pro Botschaft (Posting, Tweet etc.) ins Sociale Netzwerk sein?

*Michael Heine: * Menschen bleiben Menschen. Die Beteiligungsraten in Social Media verhalten sich genauso wie woanders im Netz. Man sollte meinen, es wäre in den Social Media Kanälen anders als beispielsweise bei den Klickraten auf Werbebanner, die bei circa 0,02% liegen. Dem ist aber nicht so. Wir haben im Durchschnitt exakt die gleichen Werte. Ob beim Liken, dem Kommentieren oder Retweeten. Das Niveau der Interaktion verhält sich in Social Media genauso wie im sonstigen Web. Das bedeutet natürlich auch, dass es je nach Fanpage sehr unterschiedlich ausfallen kann.

Adzine: In der Summe: Was wären nun die wichtigsten Kennzahlen für Social Media Maßnahmen?

Michael Heine: Vereinfacht gesagt: Reichweite und Resonanz

Adzine: also kein Social-GRP wie von McKinsey empfohlen?

Michael Heine

Michael Heine: GRP ist natürlich eine wichtige und hilfreiche Kennzahl – auch für Online Display Werbung, weil sie Anknüfungspunkte zu klassischen Medien schafft. Im Bereich Social Media bleibt die Frage, wie man die Zielgruppeninformationen erheben möchte. Anhand der vorliegenden Profildaten wird das Ergebnis eher unsauber. Es bliebe die Möglichkeit einer repräsentativen Befragung. Das gestaltet sich gerade auf Facebook mangels Akzeptanz und Resonanz ausgesprochen schwierig. Da haben wir auch schon unsere Erfahrungen machen müssen. Man braucht also eine mittelschwere Panelumgebung. Ich weiß wirklich nicht wie man das bewerkstelligen will.

Adzine: Warum denkt man beim WebXF noch gar nicht über Messungen und Analysen in Google+ nach?

Michael Heine: Ausschließen sollte man nichts. Aber im Moment ist Google+ noch keine für deutsche Unternehmen bedeutsame Social Media Plattform.

Adzine: Was sind die Anforderungen, um die Verfahren zu nutzen? Ist das WebXF ein geschlossener Kreis von Großunternehmen?

Michael Heine: Ganz und gar nicht! Das Web Excellence Forum lebt von der Teilnahme möglichst Vieler und steht genau wie die Nutzung der Social Media Steuerungstools allen interessierten Unternehmen offen.

Adzine: Herr Heine, vielen Dank für das interessante Gespräch!

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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