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„Für Vermarkter ein Nischenthema“

Karsten Zunke, 4. April 2012

Trading-Plattformen werden immer wieder kontrovers diskutiert. Auch erste Vermarkter setzen für bislang unverkauftes Inventar auf die neue Technologie. Adzine sprach mit Christian Schmidt, Geschäftsführer Unister Media, über die ersten Erfahrungen des Vermarkters, zu dessen Netzwerk unter anderem Portale wie „ab-in-den-Urlaub.de“, „auto.de“ und „fluege.de“ zählen.

Adzine: Herr Schmidt, welche Rolle spielen für Unister Media automatisierte Trading-Plattformen wie Ad Exchanges oder Supply Side Platforms in der Vermarktung?

Christian Schmidt: Seit Mitte vergangenen Jahres nutzen wir die Google Ad Exchange, Yieldlab und Admeld. Dieses Geschäft ist für uns jedoch nur eine kleine Ergänzung unserer Vermarktungsaktivitäten.

Adzine: Was versprechen Sie sich von den Trading-Plattformen?

Christian Schmidt

Christian Schmidt: Über die Supply Side Platforms und die Ad Exchange wollen wir unser C-Inventar besser vermarkten. Wir bieten dort Inventar für die Standardwerbemittel Super Banner und Skyscraper an. Die Umsätze sind aber sehr gering, da wir dort sehr wenig Inventar zur Verfügung stellen und die erzielbaren TKPs noch sehr niedrig sind.

Adzine: Warum stellen Sie nur wenig Inventar zur Verfügung?

Christian Schmidt: Wir vermarkten nur einen Teil unseres unverkauften Inventars über solche Trading-Plattformen. Ein großer Teil bleibt für interne Kampagnen reserviert. Und unser Hauptgeschäft ist nun einmal die klassische Vermarktung. Trading-Plattformen helfen uns lediglich dabei, die verbleibenden Restplätze effektiver zu vermarkten.

Adzine: Wird das auf absehbare Zeit so bleiben?

Christian Schmidt: Ja, auch in Zukunft werden wir A- oder B-Inventar nicht über automatisierte Plattformen handeln, sondern im Direktgeschäft verkaufen. In den USA und auch in UK tickt der Online-Markt etwas anders. Dort wird bereits heute viel stärker über Trading-Plattformen gehandelt. Aber hierzulande hat die exklusive Vermarktung einen anderen, viel höheren Stellenwert. Realtime Bidding wird in Deutschland auch in Zukunft nicht das klassische TKP-Geschäft ersetzen können. Es ist jedoch denkbar, dass generell C-Inventar, welches heute häufig an Drittvermarkter gegeben wird, künftig verstärkt über RTB-Plattformen gehandelt wird. Vor allem Ad Networks und klassische Media-Marktplätze könnten das zu spüren bekommen.

Adzine: Beim Realtime Bidding sollen Advertiser und Publisher bekanntlich in gleichem Maße vom automatisierten Matching zwischen Angebot und Nachfrage profitieren. Wie realistisch ist das?

Christian Schmidt: Das hängt immer davon ab, wer bei diesen Auktionen mitbietet. Automatisierte Werbung birgt für Werbungtreibende auch immer die Gefahr, dass sie nie wissen, wer die Ad Impression letztlich ersteigert und auf welcher Publisher-Site diese ausgeliefert wird. Das Gros der Werbungtreibenden möchte wissen, auf welchen Websites ihre Werbung zu sehen ist. Es ist zwar möglich, mit Ausschlusslisten zu arbeiten, aber wirklich sicher ist das Umfeld nur, wenn man es direkt bucht.

Adzine: Dass Vermarkter irgendwann überflüssig werden, weil Publisher in Eigenregie voll automatisiert über entsprechende Plattformen verkaufen, befürchten Sie also nicht?

Christian Schmidt: Nein. Es ist auf den ersten Blick für Werbungtreibende zwar sehr attraktiv, einzelne Nutzer gezielt anzusprechen, aber diese Ansprache nützt nichts, wenn unklar ist, in welchem Umfeld sich der User aufhält. Wer einen potenziellen Reisebucher mit Werbung anspricht, während dieser in anderen Inhalten vertieft ist, wird ihn wahrscheinlich nicht erreichen. Denn es nützt wenig, den richtigen Nutzer zum falschen Zeitpunkt anzusprechen. Zudem sind die erzielbaren TKPs zu gering, um damit qualitativ hochwertige Website-Inhalte komplett zu finanzieren. Wir sehen diese Technologien daher auch nicht als Wettbewerb, sondern als Hilfsmittel, um unser C-Inventar besser an den Mann zu bringen.

Adzine: Generell ist Performance-Marketing Aufschwung. Erwarten Sie als Vermarkter künftig eine stärkere Nachfrage nach Performance-Platzierungen?

Christian Schmidt: Nein. Zum einen spielt das Umfeld eine sehr große Rolle und zum anderen die Werbewirkung. Meiner Meinung nach geht der Trend nicht in Richtung mehr Performance-Marketing, sondern hin zu aufmerksamkeitsstärkerer Online-Werbung. Die Werbewirkung ist der Schlüssel zum Erfolg, nicht die Technologie. Und großflächige, innovative Online-Werbung wird auch künftig nicht über automatisierte Plattformen oder Trading-Modelle verkauft werden.

Adzine: Welche Rolle werden Technologien in der Vermarktung künftig generell spielen?

Christian Schmidt: Ein guter Adserver bleibt das A und O. Wichtig ist, nicht auf grob umschriebene Zielgruppen targeten zu können, sondern zum Beispiel auf jene Nutzer, die nach China fliegen möchten. Auch im Retargeting sehe ich großes Potenzial. Die Automatisierung wird insgesamt zunehmen – beispielsweise um in der Mediaplanung freies Inventar besser abzufragen. Das geht aber nicht in Richtung automatisierte Vermarktung, sondern eher in Richtung einer Automatisierung in der Mediaplanung. Realtime Bidding wird für die klassischen Premiumvermarkter ein Nischenthema bleiben.

Adzine: Herr Schmidt, vielen Dank für das Gespräch!

Bild Karsten Zunke Über den Autor/die Autorin:

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