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Was bleibt nach dem Branchentreffen?

Karsten Zunke, 25. September 2008

"Wie soll es schon werden - wie immer". Im Bus-Shuttle vom Flughafen Düsseldorf zur Messe waren sich diese Besucherinnen über den Ausgang der omd schon während der Anreise einig und klärten auch gleich eine Erstbesucherin auf: "Das ist wie ein Klassentreffen." War es auch, nur gesellen sich zu den vielen Altschülern immer mehr neue mit neuen Ideen, Unternehmen und Produkten. Folge: Ausstellerrekord, Besucherrekord, neue Kontakte, viele Termine und jede Menge gute Laune. Allerdings kam auch bei den Damen im Bus das Gespräch schnell auf die neue Konkurrenzveranstaltung dmex (Digital Marketing Exposition), war aber nach der Ankunft in den Düsseldorfer Messehallen mit Sicherheit genauso schnell wieder vergessen. Da hieß es nämlich, sich einen Weg zu den Terminen bahnen und nicht die thematische Orientierung verlieren.

Während der omd-Veranstalter Igedo noch seine Veranstaltung "als eine Messe der Superlative" lobpreiste, präsentierte "Ex-Mister-omd" und dmex-Mitinitiator Frank Schneider - nur einen Tag nach Torschluss in Düsseldorf - eine Liste mit mehr als 30 Ausstellern, die ihre Teilnahme zur dmex 2009 in Köln bereits zugesagt haben. Fragte man allerdings auf der omd die Aussteller nach der Messeteilnahme 2009, wollte sich das Gros der Branchenvertreter nicht festlegen, sondern harrt der Dinge, die da kommen. Viele Unternehmen können sich auch weiterhin die Präsenz auf der omd vorstellen, selbst wenn die Vermarkterschwergewichte des Online-Vermarkterkreises (OVK) fehlen werden. Noch immer herrscht unter BVDW-Mitgliedern Unverständnis über die Entscheidung der führenden Verbandsakteure eines Standortwechsels und damit der Gefährdung eines funktionierenden Veranstaltungskonzeptes.

Was bleibt hängen?

Aber zurück zum Thema: Was bleibt nun von der omd 2008 inhaltlich zurück? Die Trends und Megatrends, wie Bewegtbildwerbung oder das Mobile Advertising, beherrschten zumindest nicht das Geschehen. In den vollen Messegängen war stattdessen eine gewisse Bodenständigkeit zu spüren. Denn es ging schließlich vor allem um eines: das tägliche Geschäft, da darf es zwar mittlerweile überall etwas mehr "digital" sein, aber es wird auf bewährte Instrumente in Sachen Reichweite und Performance gesetzt denn auf Fancy-Trends.

Das Geschäft brummt, auch wenn die Wachstumsraten etwas niedriger ausfallen als in der jüngeren Vergangenheit. Erstmals seit Jahren musste nämlich der Online-Vermarkterkreis im Vorfeld seine Prognose der Online-Werbeumsätze nach unten statt nach oben korrigieren. Da es sich um eine Wachstumsprognose handelt, ist das eher ein Luxusproblem, aber das mittlerweile stattliche Niveau macht den Wachstumsraten zu schaffen. Die Unternehmen suchen daher nach Geschäftsfeldern, wo auch weiterhin überproportionale Zuwachsraten erwartet werden können. Es werden munter neue Parolen ausgegeben, zugekauft und Geschäftsfelder eröffnet.

Branding schielt auf Performance

Dennoch lässt sich auch der digitale deutsche Werbemarkt nicht komplett vom globalen Wirtschaftsgeschehen abkoppeln und schon gar nicht vom allgemeinen Werbemarkt. Es gilt die alte Regel: Bekommt ein Unternehmen die Order zu sparen, werden Marketing-Budgets gestutzt, die Vertriebstöpfe bleiben aber oft unangetastet. Hier könnten die Performance-Marketing-Anbieter profitieren, die einen großen Teil ihrer Einnahmen schon heute aus den Vertriebsbudgets der Werbetreibenden einspielen. Daher schielen die Anbieter digitaler Reichweite und Branding-Umfelder auch zunehmend auf den Performance-Sektor, da sie bei der Entwicklung nur ungern Zuschauer bleiben.

Einige große Online-Vermarkter sind darum bestrebt, ein Vollsortiment anzubieten. Tomorrow Focus hat sich zum Beispiel kürzlich an dem "Online Werbemarktplatz" Adjug beteiligt und bietet dort mittlerweile Rest-Inventar an, insbesondere für responseorientierte Werbetreibende.
Neben dem manuellen Vertrieb von besonders hochwertigen Umfeldplatzierungen zu Listenpreisen dürften künftig Marktplätze und Media-Auktionsplattformen den Nerv der Werbungtreibenden auch hierzulande treffen. Hier sind insbesondere Google mit dem Content-Network à la AdSense und die Mediamarktplätze AdScale und Adjug zu nennen. Aber auch der nach Google in den USA bedeutendste Exchange, die Yahoo-Tochter Right Media, hatte auf der diesjährigen omd seinen ersten offiziellen Messe-Auftritt in Deutschland. Und dies räumlich weit entfernt vom Mutterschiff Yahoo, ein Signal?
Erst gestern gab Lynda Clarizio, Platform-A's Präsidentin auf der New Yorker Advertising Week bekannt, dass auch die Platform-A einen Exchange namens BidPlace starten wird, in der ersten Hälfte des kommenden Jahres. BidPlace wird Zugang bieten zu allen Mediaprodukten der Platform-A, vom AOL-Portal über Seiten in der Drittvermarktung bis hin zum Advertising.com Network.

Sie gehören aber doch zusammen

Studien zeigen jedoch, dass Branding und Performance sich bestens ergänzen. Laut einer Yahoo-Studie kommt es zu Performance-Steigerungen, wenn Nutzer Kontakt sowohl zu Display- als auch zu Search-Kampagnen haben. Gegenüber der Kontrollgruppe wurde in dieser Untersuchung eine Steigerung der Conversion um zwei Prozentpunkte erreicht. Bei Suchanfragen suchten die Testpersonen sogar um mehr als 350 Prozent häufiger nach den Suchbegriffen der Kampagne als Personen ohne Display-Kontakt.

Eine Studie des Adserving-Anbieters Mediaplex (ValueClick Gruppe) hat zudem kürzlich ergeben, dass 70 Prozent aller Conversions im Internet mindestens zwei oder mehr Werbemittelkontakte innerhalb weiterer Online-Marketing-Kanäle vorausgehen und 45 Prozent der Nutzer, die auf Paid-Search-Anzeigen klicken, vorher bereits mindestens ein entsprechendes Werbebanner gesehen haben. Wohl dem, der seinen Kunden das aus einer Hand bieten kann. Kein Wunder, dass "One-Stop-Shop" auch auf der omd schon fast inflationär zu hören und zu lesen war.

Google hatte sich in Düsseldorf gleich den gewaltigen Slogan "(Marke+Abverkauf)² = Google" auf seine Fahnen geschrieben. Das lässt keine Fragen offen und mit diesem Selbstverständnis ist das ursprünglich als Suchmaschine gestartete Online-Imperium für jede Art von Budgetverschiebungen zwischen Marketing und Vertrieb gerüstet. Glaubt man der jüngsten Google-Studie, so funktioniert die Rückkopplung von Display und Search auch umgekehrt. Die Studie, die den Branding-Effekt von Suchmaschinen-Werbung untersucht hat, kommt zu dem Schluss, dass Werbung mit Google AdWords die Markenbekanntheit um über 20 Prozent steigert. So oder so: Marketing und Vertrieb dürfen sich jetzt nicht länger davor drücken, ihre über Jahrzehnte gewachsene Hund-Katze-Beziehung neu zu überdenken.

Mehr veredelte Reichweite

Auf Reichweite und Targeting setzt man bei United Internet Media (UIM), dazu hat das Unternehmen seine Targetingtechnologie Target Group Planning (TGP), die das Nutzerprofil und weniger das Umfeld im Visier hat, nun für Wettbewerber geöffnet. Unter dem Namen TGP Open soll so der Markt belebt werden. Erster Partner von UIM ist der ebenfalls zu United Internet gehörende Vermarkter Adlink Media. Zusammen erreicht man circa zwei Drittel der jetzigen Internetnutzer in Deutschland. Weitere Partner sollen folgen. Ob TGP Open die etablierte Umfeldvermarktung im Premiumsegment im großen Stil ergänzen oder sogar verdrängen kann, bleibt abzuwarten. Letztlich sind auch andere Anbieter bestrebt, ihre Targeting-Lösungen auf ein möglichst breites Portfolio auszudehnen. Auch InteractiveMedias Targetingsystem UCA soll auf das Gesamtportfolio ausgerollt werden. Die Bertelsmann Unternehmen Lycos, RTL und Gruner+Jahr haben auch längst das gruppenweite Targetingprojekt ausgerufen, bisher allerdings ohne erkennbares Ergebnis. Je mehr Seiten man zusammenschließt, desto mehr Profile und Profildichte, und nicht zu vergessen eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass man einen bekannten Nutzer wiederfindet, um ihn mit relevanter Werbeinformation zu versorgen.

Ob Reichweite, Umfelder, Response, Behavioral Targeting oder der Mix, was künftig für die individuellen Bedürfnisse der Werbetreibenden die Lösung ist, müssen Agenturen und Unternehmen austesten - reichlich Ideen und Vorschläge wird es nächstes Jahr nach Aussagen der Veranstalter sowohl in Düsseldorf wie auch in Köln geben.

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