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Fakten für alle

Jens von Rauchhaupt, 15. September 2006

Keine Frage, die Markt-Media-Studie der AGOF internet facts schafft für Werbetreibende und ihre Mediaplaner Fakten. Sie dienen als Planungsgrundlage, verhelfen dem Online-Medium zu Glaubwürdigkeit und dienen als Verkaufsargument, wie die AGOF verlauten lässt: "Ihre Mitgliedschaft in der AGOF ist also der Schlüssel zu Ihrem Vermarktererfolg!" Die Mitgliederliste liest sich wie das who is who der großen Provider, Portale und Verlagsvermarkter, ein erlauchter Kreis.

Unter den Lizenznehmern findet man dann aber auch unabhängige und "kleinere" Online-Vermarkter. Auffallend ist nur, dass gerade diese Anbieter nur einen kleinen Teil, oft nur einen einzigen Werbeträger ihres Portfolios bei den internet facts gelistet haben. Mal ganz abgesehen von den Kosten für die Sites, fragt man sich doch, ob es für Werbetreibende nicht wünschenswert wäre, dauerhaft ein viel breiteres Angebot vorzufinden. Sozusagen eine Währung für alle, oder werden wir in Zukunft mit unterschiedlichen Tauscheinheiten operieren?

Wegen dieser und anderer teilweise kritischer Fragen spricht ADZINE mit Claudia Dubrau, der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der AGOF, die uns Rede und Antwort steht.

Adzine: Im Internet sind wir "realtime" gewohnt, die internet facts sind aufgrund ihrer Komplexität eine Planungsgrundlage hinsichtlich von Reichweiten, die älter als 6 Monate sein können. Ist eine Verschlankung der Methoden zu Gunsten der Aktualität denkbar?

Claudia Dubrau: Im Vergleich zu bspw. Radio- oder Print-Media-Studien, die im Gegensatz zu unserer Studie auf nur einer einzigen Erhebungssäule beruhen und trotzdem nur einmal im Jahr mit wesentlich älteren Daten veröffentlicht werden, sind wir doch schon recht schnell und aktuell. Uns ist aber auch klar, dass man von uns aufgrund der Dynamik des Internets kürzere Abstände zwischen Datenerhebung und -ausweisung erwartet. Insofern arbeitet die AGOF auch daran, in Zukunft das Datenmaterial noch zeitnaher zum Ausweisungszeitraum zu liefern. Allerdings sind uns hier - nicht zuletzt aufgrund des Methodendesigns - auch natürliche Grenzen gesetzt. Und Verschlankungen oder andere Anpassungen der Methode werden wir immer nur unter dem Primat der Sicherung der hohen Qualität der Daten vornehmen. Da gibt es keine Kompromisse.

Adzine: Zur OMD werden Sie die ersten Daten (internet facts) für 2006 vorlegen. Werden die Zeiträume zwischen Erhebung und Veröffentlichung der Reichweitendaten mit wachsender Routine immer kürzer?

Claudia Dubrau: Das ist keine Frage der Routine. Wie gesagt sind uns hier methodisch bedingt natürliche Grenzen gesetzt. Und fünfeinhalb Monate zwischen Erhebungsende und Ausweisung wie bei der zur OMD erscheinenden internet facts 2006-I sind schon eine Verbesserung.

Adzine: Welcher Teil der regelmäßigen Reichweitenstudie nimmt bei der Erhebung und Auswertung besonders viel Zeit in Anspruch?

Claudia Dubrau: Es liegt weniger daran, dass Teilbereiche der Studie besonders viel Zeit in Anspruch nehmen würden, als vielmehr daran, dass die Datenverarbeitungsprozesse zur Generierung von Datensatz 1 und Datensatz 2 methodisch bedingt sukzessive erfolgen müssen. Wir können hier Prozesse nicht einfach parallel aufsetzen, um Zeit zu gewinnen.

Adzine: Die AGOF gibt mit den internet facts sehr detaillierte Informationen zu der Reichweitenverteilung und der Nutzerprofile auf einzelnen Werbeträgern. Die Frage der Nutzungszeit bzw. des PI-Volumens ist jedoch weitgehend unbeantwortet. Reichweitenrelevant sind Unique User, die ab einem Sichtkontakt für einen Zeitraum gezählt werden. Birgt das nicht einige Unschärfen für die praktische Anwendung der Daten?

Claudia Dubrau: Die Ausweisung der Leistungswerte Nutzungs- und Verweildauer hat in der AGOF einen hohen Stellenwert. Auch wenn diese Kennziffern in der Online-Mediaplanung derzeit noch keine relevante Rolle spielen, denken wir an dieser Stelle schon in die Zukunft. Und was das PI-Volumen der Werbeträger betrifft, so weisen die internet facts diese in Form der Werbeträgerkontakte eines Nutzers mit einem Angebot bzw. einer Belegungseinheit in einem bestimmten Zeitraum bereits aus. Insofern herrscht hier planerische Transparenz.

Adzine: Halten Sie es für umsetzbar, neben der qualitativ bestimmten Reichweite, ein Quantitätsmerkmal zu ergänzen, entweder hinsichtlich Nutzungszeit oder aber auch Impressionvolumen pro Nutzer? (Bsp.: Ein Nutzer ist erst ab einer bestimmten Verweildauer oder einer def. Impressionanzahl als relevant einzustufen)

Claudia Dubrau: Die Frage nach Relevanz kann man in diesem Zusammenhang so nicht stellen. Mit den internet facts geben wir eine kontinuierliche quantitative Reichweitenstudie für die Online-Nutzung heraus. Die Frage nach qualitativen Interpretationen - was ist relevant und was nicht? - kann nur schwer allgemein beantwortetet werden. Sie muss immer in Zusammenhang mit dem betrachteten Angebot und der jeweiligen Fragestellung gesehen werden.

Adzine: Als Marktbeobachter gewinnt man so etwas den Eindruck, als wären die internet facts schon noch eine geschlossene Veranstaltung einiger weniger Websites und Vermarkter. Gibt es jetzt schon eine Zwei-Klassengesellschaft bei den Display-Ads und, wenn ja, ist das beabsichtigt?

Claudia Dubrau: Ich sehe nicht, dass im Markt der Eindruck herrscht, die internet facts seien eine geschlossene Veranstaltung einiger weniger Websites und Vermarkter. Die AGOF hat sich von Anfang an als offene Organisation verstanden und es steht allen Online-Werbetreibenden frei, der AGOF als Mitglied beizutreten oder die internet facts zu lizenzieren, um sie in der Vermarktung zu nutzen. Dass sich eine Nichtausweisung durch die AGOF in der Vermarktung inzwischen als ein Nachteil erweisen kann und wir derzeit einen anhaltend hohen Zustrom neuer Lizenznehmern verzeichnen können, zeigt, wie sehr sich unsere Studie bereits als Planungsgrundlage für Online etabliert hat. Und es ist, wie gesagt, jedem unbenommen, sich als Mitglied oder Lizenznehmer in der AGOF zu engagieren und davon zu profitieren. Was das Gewicht der AGOF betrifft: Mit unseren derzeit 15 Mitgliedern und 19 Lizenznehmern werfen wir in der anstehenden Welle über 250 gemessene Online-Angebote in die Waagschale, die über 92 Prozent der Internetnutzer in Deutschland erreichen. Eine noch höhere Relevanz und Marktabdeckung vermag keine andere Markt-Media-Studie im Bereich Online aufzuweisen.

Adzine: Die AGOF-Mitglieder und -Lizenznehmer haben laut internet facts mit ihren Sites eine Reichweite von 92,1 Prozent. Das ist ohne Zweifel sehr beeindruckend. Haben Sie auch Zahlen darüber, wie viel Prozent das am gesamten für Display-Ads relevanten Traffic in Deutschland ausmacht?

Claudia Dubrau: Das können wir aus methodischen Gründen leider nicht erheben und ausweisen. Da im Rahmen der internet facts nur die Seiten gemessen werden können, die durch ihre Teilnahme an der AGOF-Erhebung auch eine entsprechende Verpixelung vorgenommen haben, und uns über den "Rest" keine Daten vorliegen können, fehlen uns Vergleichszahlen. Zudem gibt es bspw. auch keine Informationen darüber, inwieweit Page Impressions bei Nichtteilnehmern an der internet facts wie z.B. Google und Ebay überhaupt für Display-Werbung genutzt werden. Hier einen Wert anzugeben, wäre also reine Spekulation und würde auf einem Abgleich methodisch nicht vergleichbarer Datenquellen beruhen.

Adzine: Unter den AGOF-Lizenznehmern gibt es Vermarkter, die gerade mal mit einer Website in den internet facts vertreten sind. Wo sehen Sie die Hürden gerade bei den kleineren Vermarktern und Sites für eine zahlreichere Beteiligung?
und
Wäre es nicht wünschenswert und der Sache, der sich die AGOF verschrieben hat, dienlich, die Internet Facts auf ein möglichst breites Fundament zu stellen?

Claudia Dubrau: Die internet facts stehen auf einem unglaublich breiten Fundament. Für Agenturen und Werbetreibende sind die internet facts die Planungsgrundlage für Online. Nicht zuletzt die enorme Erweiterung der in der AGOF gemessenen Angebote auf derzeit über 250 zeigt, welche große Bedeutung den internet facts zugesprochen wird. Dies gilt auch und gerade für die zahlreichen kleineren Online-Angebote in der AGOF. Was deren Beteiligung an den internet facts angeht, so ist dies auch vor dem Hintergrund des jeweiligen Geschäftsmodells zu sehen. Diese Entscheidung muss jeder Online-Anbieter für sich selbst treffen.

Adzine: Der BVM zeichnete die internet facts als "Studie des Jahres 2006" aus. Obwohl niemand der AGOF die Leistung, nämlich die Schaffung einer Online-Reichweitenwährung, in Abrede stellen will, was ist eine solche Auszeichnung wert, wenn die Köpfe der beiden Verbände identisch sind? Verursacht das nicht ein Glaubwürdigkeitsproblem?

Claudia Dubrau: Warum? Zunächst einmal wurde die Entscheidung, sich um diesen Preis zu bewerben, zu einem Zeitpunkt getroffen, zu dem Wolfgang Dittrich, auf den Sie ja abzielen, noch gar nicht Vorstandsvorsitzender der AGOF war. Und die Auszeichnung wäre doch auch nur dann als problematisch anzusehen, wenn Wolfgang Dittrich an der Entscheidung zur Prämierung beteiligt gewesen wäre. Das war er aber nicht. Die Wahl wurde von einer unabhängigen Jury aus Vertretern aus betrieblicher und Instituts-Marktforschung, Hochschule, Beratung und der Fachpresse getroffen. Insofern sehe ich da keinen Interessenkonflikt.

Adzine: Auch in den USA wenden sich vermehrt Markenartikler, also Werbetreibende, an das IAB, damit Standards in der Reichweiten- und Volumenmessung bei Online-Werbeträgern etabliert werden. Weshalb ist man dort Ihrer Meinung nach so lange ohne "facts" ausgekommen?

Claudia Dubrau: Ich denke, das ist eine Mentalitätssache. Wir Deutsche gehen, anders als die Amerikaner, an Neues, wie es das Thema Online-Werbung sicherlich mal war und in Teilen noch ist, konservativer ran. Wir schauen weniger auf schnelle Umsetzbarkeit als vielmehr auf gesteuerte, nachprüfbare Methoden. Insofern haben wir eben auch ein anderes Sicherheits- und Qualitätsverständnis, was Planungen und Investitionen betrifft. Der Umstand, dass in den USA der bereits hohe Anteil der Online-Werbespendings jetzt mit harten Daten und Fakten quasi valide unterlegt wird, und das rege Interesse des Auslandes an unserem AGOF Methodenmodell - Italien und Österreich sind da ja bereits gefolgt - zeigen jedoch, dass wir mit unserem Ansatz den richtigen Weg gegangen sind.

ADZINE: Frau Dubrau, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

Über den Autor/die Autorin:

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