Adzine Top-Stories per Newsletter
BRANDING - Podvertising

Podvertising bekommt langsam Struktur

Helge Denker, 18. August 2006

Nicht nur Angela Merkel, sondern auch immer mehr Firmen lassen Podcast-Sendungen für das Internet produzieren und setzen auf das junge Medium zur Imageförderung. Jetzt wurden die ersten der knapp 3.000 deutschen Internet-Sendungen erstmals mit Audiowerbung gesendet. Einer der ersten Werbetreibenden in Podcasts ist ein alter Bekannter im Netz: der Online-Musikdienst Napster.

"Sie haben sich einen Podcast runtergeladen", sagt eine sympathisch-dunkle, weibliche Stimme. "Sie hätten sich natürlich auch bei Napster.de soviel Musik runterladen können, wie sie wollen. Aber Sie haben sich für den Podcast entschieden. Viel Spaß damit." So klingt einer der ersten Audiospots, die speziell für das junge Medium Podcast produziert und seit Anfang Juli gesendet werden.

"Der Napster-Spot wurde an 20 verschiedene Audio-Podcasts in einer Pilotgruppe verteilt und rund 70.000 Mal gehört", berichtet Ad On-Media Geschäftsführer Sebastian Kreinau. Der Ad On-Dienst Audioads (www.audioads.de) platzierte die Podcasts-Werbespots im Auftrag von Napster. Die ersten Erfahrungen sind positiv - für beide Seiten. "Zu der bestehenden Suchmaschinen- und Bannerkampagne sind Podcasts für uns ein interessantes Ergänzungsmedium", erklärt Bettina Maul, Marketing Director von Napster Deutschland. Den überwiegend privaten Hobby-Podcastproduzenten bringt der erste Napster-Werbespot im Schnitt mehrere hundert Euro, abgerechnet wird per Download. Das bisher höchste Werbehonorar der Napster-Kampagne lag über 1.000 Euro, berichtet Kreinau. Eine spezielle Vorauswahl der Podcast-Programme durch die 2004 gegründete Agentur gab es nicht, bei den Reaktionen der Hörer auf die in diesem Medium noch ungewohnte Werbung halten sich negative und positive Meinungen die Waage.

Allein in Deutschland werden heute zwischen 2.500 und 3.000 Podcasts produziert, mit täglichem bis monatlichem Rhythmus. Nur ein geringer Teil (rund 3 Prozent) davon sind Video-Downloads. Die Audio- oder Videobeiträge lassen sich von Webseiten oder über Apples iTunes-Software herunterladen, abonnieren und können einfach auf mobile MP3-Player, wie den Apple iPod, übertragen werden.
Unterschieden wird zwischen kommerziellen "corporate podcasts", die zum Beispiel für BMW, Mercedes oder dem neuen Bond-Film "Casino Royale" werben, und "educational podcasts", die der Fortbildung und Wissensvermittlung oder der internen Unternehmenskommunikation dienen. Doch den überwiegenden Teil der On-Demand-Sendungen bilden "private podcasts", die bislang keine kommerziellen Interessen verfolgen. Das könnte sich bald ändern, denn die Werbung hat ein Auge auf dieses jüngste Netz-Medium geworfen. "Große Markenartikler interessieren sich bereits für die Schaltung von Image-Kampagnen", berichtet Kreinau von Audioads. Er verzeichnete nach der Napster-Kampagne verstärkt Anfragen nach Podcast-Spots, von Firmen, die nicht aus dem Online-Bereich kommen. Zwar liegen die technischen Hürden für Video-Podcast-Werbung etwas höher als im Audio-Bereich, langfristig seien Videopodcasts aber auch als Werbemedium sehr interessant.

In den USA ist Podcasting längst auf dem Weg zum Massenmedium: Noch in diesem Jahr soll die Anzahl der Podcast-Sendungen im Internet die 10 Millionen-Grenze knacken. Die Zielgruppe in Deutschland, so ergab die erste Podcast-Umfrage im Herbst 2005, ist für Werbetreibende durchaus interessant. "Sie ist über 30, eher männlich, gebildet, technikaffin und verdient gut", so Marc Schmidt vom Podcastclub (www.podcastclub.de). Der deutsche Podcast-Kulturverband mit Sitz in Neuwied bei Koblenz, könnte sich zu einem der führenden Verbände der jungen Branche entwickeln. Seit November letzten Jahres kümmern sich Georg Schneider und Marc Schmidt um die Interessen und die Vernetzung der stark wachsenden Podcast-Szene. Über eine Kooperation sind die Podcaster mit eco, dem Deutschen Verband der Internetwirtschaft, verbunden. Mit der steigenden Verbreitung des Mediums werde die Zielgruppe zwar zunehmend breiter, dennoch sei Podcasting ein Spartenmedium und kein Massenmedium, erklärt Schmidt. Die Streuverluste seien dementsprechend gering, der Hörer müsse sich aktiv für den Download entscheiden und könne die Folgen auch weiter verteilen. Neue Statistik-Tools könnten diese für die Werbewirtschaft wichtigen Daten messen. Bisher konnte nur gemessen werden, wie oft ein Podcast geladen wird.

Eine der beliebtesten, privaten Podcasts ist derzeit "Schlaflos in München" von Larissa Vassilian (www.schlaflosinmuenchen.com). Die freie Journalistin erreicht mit ihrer Podcast-Sendung im Schnitt 7.000 Hörer. Keine der rund 380 Folgen der Hobby-Radiosendung wurde geschnitten, alles geht so ins Netz, wie Vassilian es sagt. Das macht den authentischen Charme der Sendung aus. "Schlaflos in München" gewann dieses Jahr einen Award des Podcastclubs. "Es gab bereits mehrere Werbeangebote. Bislang konnten wir uns aber noch nicht auf die Konditionen einigen", erklärt die Autorin. Für sie kommt bei der Kürze des Formats nur Werbung in Form eines Sponsors Frage, der zu Beginn der Sendung kurz erwähnt wird. Für Warner Music präsentiert die schlaflose Münchenerin jeden Freitag das Magazin "Trackcast" -natürlich als Podcast (http://trackcast.podspot.de). Im Vor- und Nachspann der Musiksendung wirbt bereits die Firma G-Shock für ihre Uhren.

Mit Podvertising betritt die Werbeindustrie Neuland. Die Claims sind noch nicht abgesteckt, die Preise noch nicht fix, doch die ersten Anbieter stehen bereit. Das junge Werbemedium mag im Vergleich zu den anderen noch in den Kinderschuhen stecken, doch das Potential ist enorm. Das Internet hat als Werbemedium schließlich auch mal ganz klein angefangen - und das ist noch keine zehn Jahre her.

Über den Autor/die Autorin:

Events

Whitepaper