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No Click Deals, please!

Karsten Zunke, 4. August 2006

Es ist wie mit dem Huhn und dem Ei: Niemand weiß ganz genau, was zuerst da war - die Abrechnungsmodelle oder die Diskussion darüber. Aber eines ist sicher. Seit etwa einem Jahr bewegen Click-Deals und Tausender Kontaktpreis (TKP) wieder verstärkt die Gemüter. Denn während überall von Performance die Rede ist, besinnt sich so manch klassischer Online-Vermarkter auf die gute alte Zeit. Verständlicherweise, denn wer will heutzutage angesichts stets neuer Rekordmeldungen vom Online-Werbemarkt noch das Risiko für die Klicklust der User tragen? Die Folge: Weniger performanceorientierte Abrechnungsmodelle liegen im Trend.

"Wir bieten unsere Werbeplätze ausschließlich auf TKP-Basis an und machen keine 'Click-Deals', weil einerseits immer die Gefahr des Klickbetrugs gegeben ist und andererseits der Brandingeffekt dabei nicht berücksichtigt wird", sagt Thilo Burgey, Vorstand Ad2Net AG. Das sei auch den Vermarktern gegenüber unfair. Plakatwerbung werde schließlich auch nicht danach abgerechnet, wie viele Kunden eine auf dem Plakat eventuell abgebildete Telefonnummer anrufen, so Burgey. Der Branding-Effekt muss auch im Internet vergütet werden, lautet eine häufige Forderung auf Vermarkterseite.

Der Klick sei demnach lediglich ein Ad-On in der klassischen Online-Werbung. "Vermarkter haben schließlich keinen Einfluss auf das Produkt, auf dessen Preis und auch nicht auf die Gestaltung des Werbemittels. Warum sollte ein Vermarkter dafür das Risiko übernehmen? Die Verantwortung dafür liegt eindeutig beim Werbenden", so Burgey. "Nichtsdestotrotz haben auch Klick-Modelle ihre Berechtigung - beispielsweise ist die Klickvergütung in sehr großen Netzwerken ohne Premium-Werbeflächen häufig sinnvoller als eine TKP-Abrechnung."

Während einige Anbieter wie Ad2Net oder Web.de sich schon immer gesträubt haben, Click-Deals zu realisieren, geht bei anderen Vermarktern für viele vormals CPC-orientierte Kampagnen nun die Entwicklung in Richtung TKP. "Auch bei AdLINK geht der Trend vermehrt in Richtung TKP über, da die größere Zahlenbasis auf Kunden-, Agentur- und Vermarkterseite den Marktteilnehmern die Sicherheit gibt, den Marketing-ROI einer Kampagne immer besser im Vorfeld abschätzen zu können", sagt Christoph Wilke, Director Sales AdLINK Group Germany. Dadurch würden sich völlig neue Einsichten ergeben. "So sind die häufig als überteuert abgestempelten Fixplatzierungen oder Werbemittel mit einem sehr hohen TKP, beispielsweise Flash Layer, in der Endabrechnung für die Kunden meist wirkungsvoller für das Kampagnenziel als ein Einkauf auf CPC-Basis es jemals sein könnte" so Wilke.

Und der Sales-Chef hat noch einen Grund für diese Entwicklung ausgemacht. Denn zunehmend leben viele große Kampagnen heute von der interaktiven Verlängerung des Markenerlebnisses auf einer Website. Damit der Medienbruch, zum Beispiel zwischen Print und Web, nicht eine gute Kampagnen-Idee ausbremst, werde unterstützend zu den Offline-Medien auf zielgruppenaffinen Umfeldern im Internet für solche Kampagnen geworben. "Da diese hochwertigen Zielgruppenumfelder nicht auf CPC-Basis buchbar sind, geht auch deshalb die relative Verteilung der Budgets immer mehr in Richtung TKP, wobei die besten Umfelder sogar eine so hohe Nachfrage haben, dass sie für längere Zeit auf TKP-Basis ausgebucht sind", so Wilke.

No Risk, more Fun

"In den vergangenen Jahren war die Online-Werbekonjunktur relativ schwach, so dass Media-Agenturen gute Verhandlungsmöglichkeiten hatten, um ihre Vorstellungen von der Einkäuferseite her durchzusetzen. Dementsprechend haben sich CPX-Modelle entwickelt, bei denen zum Beispiel nach generierten Clicks, Adressen oder Abverkäufen abgerechnet wird. Diese Modelle sind aus dem Markt nicht mehr wegzudenken. Ihr Anteil am Markt ist aber etwas rückläufig, da die Online-Werbekonjunktur anzieht und die Vermarkter in vielen Fällen nur noch die interessantesten Aufträge annehmen", erläutert Ralf Scharnhorst, Geschäftsführer von Media Contacts Deutschland (MPG/Havas) und Vorsitzender des Arbeitskreises Media im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), seine Erfahrungen.

Und auch wenn generell die alte Weisheit gilt, dass es immer leichter ist, sich auf jedes Geschäft einzulassen, kann eine solche Flexibilität auch zu Unschärfen bei der Abgrenzung gegenüber dem Wettbewerber führen. Doch genau das wollen viele Vermarkter verhindern. Ein konsequentes Abrechnungsmodell hilft auch bei der Positionierung im Markt. Bestes Beispiel: Mediasquares. "Auch wenn es manchmal schmerzt - wir verkaufen keine CPX-Kampagnen mehr. Sonst würde unsere Glaubwürdigkeit, unsere Positionierung und unser Image leiden", sagt Christian Griesbach, Geschäftsführer des Online-Vermarkters. "Vor etwa drei Jahren haben auch wir noch versucht, alles anzubieten", so Griesbach. Doch dann habe sich die Werbekonjunktur verbessert und immer mehr lukrative Werbetreibende seien ins Internet zurückgekehrt.

Also hat sich der Vermarkter zunehmend auf qualitativ hochwertige Website-Partner konzentriert und sich konsequent in diese Richtung entwickelt. "Mittlerweile haben wir uns ganz klar in diesem hochpreisigen TKP-Segment positioniert", erläutert Griesbach. Der Vermarkter ist momentan für 15 ausgewählte Seitenbetreiber exklusiv aktiv. Der Löwenanteil der Buchungen sind hochpreisige TKP-Einzelbelegungen. Für Restplätze gibt es zwar Rotationen zu günstigeren Konditionen - aber ebenfalls stets auf TKP-Basis. "Ob auf CPX oder TKP abgerechnet wird, ist seitens der Vermarkter in erster Linie kein kurzfristiger Trend, sondern eher eine langfristige Positionierungsfrage", meint Griesbach.

Vorteile für alle Beteiligten

Martin Lütgenau, Geschäftsleiter Sales bei Tomorrow Focus, sieht sogar Vorteile für alle Beteiligten. Die TKP-Abrechnung sei sowohl für Vermarkter als auch für Agenturen eine deutlich besser planbare Messgröße als die Abrechnung nach CPC. Die Klickraten von Motiven würden zudem noch immer einer hohen Schwankungsbreite unterliegen. Und die TKP-Abrechnung bringe auch den Werbenden Vorteile. "Die Kunden erhalten beispielsweise Garantie auf Sichtkontakte, Laufzeiten, Platzierungen und relevante Zielgruppen in redaktionell passenden Umfeldern. Aber auch Targeting-Möglichkeiten, wie Behavioral Targeting sind nur als TKP-Buchung verfügbar", erläutert Lütgenau. Selbst viele performanceorientierte Kunden würden inzwischen diese Vorteile nutzen und die Motive in dem gebuchten Inventar so geschickt optimieren, dass eine TKP-Abrechnung ebenso effizient sein könne wie eine Kampagne auf Basis von CPC.

Und auch nach Lütgenaus Ansicht wird es weiterhin Kunden geben, die nach variablen Abrechnungsmodellen einkaufen werden. "Diese Kunden müssen aber die Einschränkungen und Auflagen der Vermarkter akzeptieren, wie beispielsweise unspezifische Laufzeit, keine Garantie auf Platzierung oder Werbeform, keine Garantie auf Auslieferung oder eine automatische Optimierung", meint Lütgenau. Auch in der grafischen Bannerwerbung könnten seiner Meinung nach CPC-Modelle wirtschaftlich auf applikations- und kommunikationsgetriebenen Seitenabrufen laufen, abhängig von der Höhe der CPCs und der Klickraten.

"Den Trend zum TKP gibt es seit etwa ein bis zwei Jahren, aber in diesem Jahr hat sich diese Entwicklung enorm beschleunigt", sagt Dominik Heck, Group Head Planning der Agentur add2 GmbH. Es ist ein übergreifenden Trend hin zu weniger performanceorientierten Modellen, der in seinem breiten Schweif auch Abstufungen vorweist. Denn was für CPC und TKP gilt, ist auch für CPO und CPC zu beobachten. "Für uns Agenturen wird es immer schwieriger CPO-Deals zu verhandeln. Wir merken beispielsweise jetzt schon, dass das vierte Quartal im Bereich Automobil oder Versicherungen schon nahezu ausgebucht ist", so Heck. Zum einen sei die Nachfrage sehr hoch und zum anderen greife gleichzeitig der allgemeine Effekt, dass die performanceorientierten Deals nicht mehr im Trend liegen. "Das ist sicher sehr gut für die Medien, macht es den Advertisern aber nicht leichter", so Heck.

"Aber diese Entwicklung zeigt auch, dass Online-Werbung erwachsen ist." Dadurch, dass die Medien besser ausgelastet seien und sich die Buchungssituation insgesamt verbessert habe, hätten viele Vermarkter es nicht mehr nötig, das Risiko einer performanceorientierten Abrechnung zu tragen. "Die Kunden haben Verständnis dafür. Schließlich ist es ein übergreifender Markttrend, den einzelne Agenturen nicht beeinflussen können. Trotzdem können wir dank ausgereifter Inhouse-Ad-Serving-Lösungen in den meisten Fällen auch auf TKP-Basis erstklassige CPOs und ROIs für unsere Kunden erwirtschaften", sagt Heck.

Über den Autor/die Autorin:

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