Im klassischen Marketing spielt die Regionalwerbung seit jeher eine enorme Rolle. Mit zunehmender Nutzerakzeptanz, größeren Bandbreiten und technischem Fortschritt wird nun auch das Internet für "nahe liegende" Marketingaktionen immer lukrativer. Vor allem die lokale Suche - Yahoo und Google lassen grüßen - erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Einfach Postleitzahl und gesuchte Dienstleistung in den Suchschlitz gehämmert und schon spuckt das schlaue Internet beispielsweise die Adresse eines Fleurop-Ladens im Kiez aus, in dem man den Blumengutschein vom vergangenen Jahr endlich einlösen kann. Wer will da noch in dicken gelben Büchern nach Adressen und Telefonnummern wälzen?
Um ihr Telefonbuchgeschäft gegen die ungeliebte Online-Konkurrenz zu verteidigen, haben sich verschiedene Gelbe-Seiten-Verlage nun zusammengetan und basteln neuerdings an einer eigenen Internetsuchmaschine für lokale Informationen. Neomo heißt die neue Suche, die sich in der Testphase befindet. Der Suchindex soll anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die ihn in ihr Portal integrieren können. Nicht zuletzt durch die Internetauskunft GoYellow bläst den klassischen Print-Anbietern seit geraumer Zeit der Gegenwind kräftig ins Gesicht. Der Kampf um die Bereitstellung lokaler Informationen - mit den entsprechenden Werbeflächen - wird nun im Internet ausgefochten.
Content, Region und Suche im Dreiklang
Auch Stadtportale profitieren vom Regionaltrend. "Fast alle menschlichen Interessen haben einen lokalen Fokus und lassen sich mittlerweile mit Hilfe des Internet einfach beantworten", sagt Annette Stegger, Marketing-Chefin der allesklar.com AG. Das Siegburger Unternehmen betreibt unter anderem das Portal meinestadt.de, welches für rund 12.500 Städte und Gemeinden eigene Seiten bietet. Im November vergangenen Jahres verzeichnete das Städteportal 11,2 Millionen Visits sowie mehr als 268 Millionen Page-Impressions - so viele wie noch nie seit dem Start vor fünf Jahren.
Insgesamt liegt meinestadt.de auf Platz acht von 617 bei der IVW gemeldeten Internetangeboten. Rund die Hälfte der grafischen Werbung auf dem Portal hat einen regionalen Fokus. Werbetreibende können definierte Regionen belegen und zusätzlich einen thematischen Schwerpunkt wählen. Zudem ist es bei lokalen Suchabfragen möglich, mit einer Textanzeige auf sich aufmerksam zu machen. Werbeumfelder sind unter anderem ein Stellenmarkt, Stadtinfos, Reiseführer oder Veranstaltungshinweise.
Geschäfte, die bisher wenig Werbung treiben und von ihren Stammkunden leben, wie der Tante Emma Laden ums Eck, werden auch im Netz nicht werben. "Aber der clevere Lebensmittelhändler an der anderen Ecke wird das Web nutzen, um seine besonderen Angebote, seinen Lieferdienst und vielleicht auch sein Stellenangebot für eine Samstagsaushilfe vorzustellen. Denn lokale Werbung ist besonders für Dienstleister interessant", meint Stegger. Reizvoll sei die Online-Werbung aber auch für Filialisten, die mit ihrer Filiale 'vor Ort' präsent sein wollen. "Selbst bundesweite Anbieter nutzen die Möglichkeit, lokal zu werben und auf diese Weise ihren Kunden näher zu kommen."
Erste Zeitungsverleger reagieren
Die Regionalisierung des Internets lockt nun auch große Verlage an, die sich frühzeitig ihren Platz beim digitalen Anzeigengeschäft im Netz sichern wollen. Ende 2005 beteiligte sich die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck mit einem Minderheitsanteil an allesklar.com. "Die Beteiligung an der allesklar.com AG ist ein wichtiger Baustein im Rahmen unserer Internetstrategie. Wir sind von der Weiterentwicklung dieses Zukunftsmarktes überzeugt", erklärte der Vorsitzender der Geschäftsführung der Stuttgarter Verlagsgruppe Dr. Stefan von Holtzbrinck.
Management und Mehrheitsverhältnisse bleiben bei allesklar.com die alten und konkrete Zusammenarbeitspläne oder Absprachen gäbe es noch nicht, heißt es aus Siegburg. "Wir werden weiterhin lokalen Content integrieren und durch den weiteren Ausbau der lokalen Suchfunktionen und eine geschickte Navigation dafür sorgen, dass die vielfältigen Inhalte auch gefunden werden können. Hierin liegt die große Herausforderung", sagt Stegger.
Lokale Werbung dank IP-Erkennung
Die Lokalisierung des globalen Internets wird weiter voranschreiten und Werbenden neue Möglichkeiten bieten, da sind sich Experten einig. In Zukunft kann der Suchende die passende Werbung oder Informationen zu Angeboten in seiner Nähe sogar eingeblendet bekommen, ohne dass er seinen Standort aktiv preisgibt. Der amerikanische Anbieter digital envoy hat unlängst eine Technologie patentiert, mit der dafür die IP-Adressräume weltweit gescannt werden und sich geografisch zuordnen lassen.
Auch die etracker GmbH in Hamburg hat diese Lösung lizenziert und kann damit fast jeden Websitebesucher lokalisieren. Die geografische Information lässt sich bis auf die Stadt genau herunterbrechen. "Auf Landesebene erreicht dieses so genannte Geo-Location eine Genauigkeit von 99,7 Prozent, auf Bundeslandebene sind es 95 Prozent und auf Stadtebene liegt die Genauigkeit noch bei rund 90 Prozent", erläutert etracker-Geschäftsführer Christian Bennefeld. In der Regel werden solche Infos heute genutzt, um nachzuvollziehen, aus welchem Ort der User kommt, der ein bestimmtes Werbebanner anklickt. So erhält das Marketing wichtige Informationen, wie sich Kundenpotenziale räumlich verteilen.
"In Zukunft könnten den Internet-Besuchern auch automatisch Services angeboten werden, die für diese auf Grund ihrer geografischen Herkunft interessant sind - und das alles, ohne dass die User irgendwo aktiv ihre Daten hinterlegen müssen", ist Bennefeld überzeugt.
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