Tracking-Chaos im Affiliate-Marketing: Warum defekte Daten alle Beteiligten Geld kosten
Kristina Gärtner, 21. November 2025Wenn Klicks nicht gezählt werden, geht Umsatz verloren: Im Affiliate-Marketing brechen derzeit an vielen Stellen die Datenketten. Unternehmen investieren Rekordbudgets in Performance-Kanäle – doch fehlerhaftes Tracking sorgt dafür, dass Erfolge nicht mehr eindeutig messbar sind. Die Folge: Millionenverluste, Misstrauen und falsche Budgetentscheidungen. Fehlende oder fehlerhafte Daten führen zu Doppelvergütungen, und bilden die falsche Grundlage für strategische Entscheidungen. Lösungen für mehr Transparenz und faire Vergütung sind vorhanden, erfordern aber ein Umdenken und anfängliche Investitionen. Kristina Gärtner von uppr erklärt, wie man das anstellt.
Das Dilemma der falschen Attribution
In der Praxis sieht eine getrackte Customer Journey beispielsweise folgendermaßen aus: Ein Kunde klickt zunächst auf eine Affiliate-Anzeige, recherchiert später über Google und kauft schließlich über eine Retargeting-Kampagne. Ohne eine klare, zentral gesteuerte Tracking-Logik – etwa durch eine saubere Attribution oder eine konsistent eingesetzte Trackingweiche – kann der Sale nicht sauber zugeordnet und vergütet werden. Je nach Modell wird der Sale von allen Systemen, also dem Affiliate, Google Ads und der Retargeting-Kampagne als eigene Conversion beansprucht. Im schlimmsten Fall erhalten alle drei Kanäle die Vergütung. Problematisch wird es dabei vor allem, wenn Unternehmen gar keine gemeinsame Steuerung der Kanäle einsetzen und zum Beispiel auf der Danke-Seite einfach mehrere Pixel (sei es Google Ads, Meta oder Affiliate) parallel aussteuern, anstatt eine Container-Logik zu verwenden oder serverseitig zu arbeiten. Hierbei entstehen nicht nur unnötige Mehrkosten, sondern auch massiv verzerrte Daten.
Besonders kritisch wird es, wenn Marketingverantwortliche Budgets auf Grundlage verzerrter Daten verteilen. Eine strategische Steuerung wird so unmöglich. Entscheidungen werden auf Basis von Zufall in der Conversionbetrachtung statt Realität getroffen und die Folgen sind fatal: Es werden mehr Mittel in Kanäle gegeben, die scheinbar überdurchschnittlich performen, obwohl diese oft nur von der Vorarbeit anderer Touchpoints profitieren. Effektive Kanäle bleiben dagegen unterfinanziert und verlieren an Sichtbarkeit. Und das ist alles andere als kostenlos.
Wer trägt die Kosten des Tracking-Chaos?
Die Auswirkungen unklarer Tracking-Systeme und -Regeln treffen alle Akteure im Affiliate-Ökosystem, jedoch in unterschiedlichem Maße. Auf der einen Seite stehen die werbetreibenden Unternehmen. Sie zahlen oft mehrfach für denselben Sale und verlieren gleichzeitig den Überblick über die tatsächliche Performance ihrer Marketing-Kanäle. Das führt zu künstlich aufgeblähten Marketing-Budgets und suboptimalen Investitionsentscheidungen. Auf der anderen Seite haben es Partner und Affiliates oft mit mangelndem Vertrauen seitens der Advertiser zu tun. Stimmen die Tracking-Daten nicht, zweifeln viele Advertiser die Zusammenarbeit an, kürzen Provisionen oder beenden die Kooperation ganz. Besonders kleinere Partner leiden unter solchen Konsequenzen: ihnen fehlen häufig die technischen Ressourcen, um Tracking-Probleme eigenständig zu identifizieren und zu beheben.
Verstärkt wird diese Situation durch viele Agenturen, die eine Lücke hinterlassen: Oft fehlt das Know-how oder (sauberes) Tracking wird schlicht nicht als ihre Aufgabe verstanden. Statt aktiv gegenzusteuern, werden fehlerhafte Setups hingenommen und strukturelle Probleme bleiben bestehen, wodurch weder Advertiser noch Partner die notwendige Transparenz erhalten.
Zuletzt verlieren auch die Netzwerke selbst Glaubwürdigkeit, wenn ihre Attributionsmodelle intransparent oder unzuverlässig sind. Das schadet nicht nur einzelnen Geschäftsbeziehungen, sondern im Zweifelsfall der gesamten Branche, da das Vertrauen in Performance-Marketing als Ganzes leidet.
Durch den Einsatz von Technologien wie beispielsweise einer sogenannten Trackingweiche sind im Vergleich 30 Prozent Einsparung des Budgets realistisch. Diese Einsparungen oder anders gesagt dieses freigewordene Budget kann effizient neu verteilt werden, um daraus neuen Impact zu generieren. Doch wie funktionieren solche Weichen?
Mit Trackingweichen machen Unternehmen Conversions transparenter
Eine Trackingweiche fungiert als zentraler Knotenpunkt, der alle Marketing-Touchpoints erfasst und nach einheitlichen Regeln zuordnet. Statt verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Attributionslogiken parallel laufen zu lassen, richten Projektverantwortliche eine übergeordnete Instanz ein, die für alle Kanäle dieselben Regeln anwendet.
Der Hauptvorteil liegt dabei in der Eliminierung von Mehrfachvergütungen. Die Trackingweiche erkennt anhand eines klar definierten und über alle Online Marketingmaßnahmen konsistenten Regelsets, wenn ein Sale einem Kanal zugeordnet wurde und kann so verhindern, dass andere Kanäle für denselben Kauf provisioniert werden. Das spart Kosten und schafft darüber hinaus auch Klarheit darüber, welcher Touchpoint tatsächlich für den Verkauf verantwortlich war.
Zusätzlich ermöglicht eine Trackingweiche einen vollständigen Blick auf die Customer Journey. So geht gerade Google Ads Sales oftmals ein Affiliate-Klick voraus, der aber als sogenannter Introducer-Touchpoint nicht nur nicht vergütet, sondern erst gar nicht beachtet wird. Durch eine Trackingweiche können Marketingverantwortliche nachvollziehen, welche Kanäle den Erstkontakt herstellen, welche die Botschaft verstärken und welche schließlich den Kaufabschluss auslösen. Diese Transparenz ist die Grundlage für eine faire Vergütung aller beteiligten Partner und eine zielgerichtete Budgetverteilung.
Die technische Implementierung einer solchen Trackingweiche erfordert zwar einen initialen Aufwand, zahlt sich aber schnell aus. Moderne Trackingweichen lassen sich in bestehende Systeme integrieren und bieten detaillierte Reporting-Funktionen, die weit über das hinausgehen, was einzelne Netzwerke oder Kanäle liefern können.
So gelingt Tracking, das strategische Wirkung entfaltet
Tracking ist mehr als nur Technik. Ein sauberes Tracking ist die Grundvoraussetzung für Fairness, Transparenz und Performance im Affiliate- und Partnership-Marketing. Einer der wichtigsten Punkte für ein funktionierendes Tracking ist die Definition eindeutiger und nachvollziehbarer Attributionsregeln, noch bevor eine Trackingweiche zum Einsatz kommt. Dazu werden Conversion-Fenster einheitlich definiert und die Gewichtung der einzelnen Touchpoints festgelegt. Entscheidend ist dabei, dass alle Beteiligten dieselben Spielregeln akzeptieren. Nur so entstehen faire Vergütungen, valide Daten und echte Steuerungsmöglichkeiten. Marketing- und Datenteams kommunizieren diese Regeln transparent an alle Beteiligten und sorgen dafür, dass sie konsequent angewendet werden.
In der Praxis gibt es für klare Attributionsregeln unterschiedliche Modelle, mit jeweils eigenen Vor- und Nachteilen:
- Last Touch Wins inklusive 30 Tage Cookie-Lifetime: Alle bezahlten Werbemittel-Touchpoints der User Customer Journey werden von der Trackingweiche aufgenommen. Bei Kaufabschluss entscheidet die Trackingweiche anhand der vereinbarten Regel, welche(r) Conversion Pixel ausgeführt werden. Im klassischen Last Touch Modell ist das dann der letzte bezahlte Werbemittelkontakt vor Kaufabschluss.
- Post View Modelle für Retargeting / Display Partner: Hierbei wird eine zusätzliche Regel festgelegt, bei der das eindeutige “Wahrnehmen” eines Werbebanners ohne direkten Klick auf das Werbemittel als Touchpoint gewertet werden kann. In der Regel wird dieser Post View Touchpoint geringer gewertet als ein Klick Touchpoint und erhält eine geringere Cookie Lifetime. Das führt dazu, dass der Klick immer den View Touchpoint überschreibt, egal wann er entlang der Customer Journey stattgefunden hat.
- Das Badewannenmodell mit First and Last Touch: Hier bekommen beispielsweise der erste und letzte Touchpoint der Customer Journey den Zuschlag. Vorab wird dafür eine prozentuale Gewichtung – zum Beispiel 30 % für den ersten und 70 % für den letzten Touchpoint – vereinbart. Dadurch sollen auch Partner und Kanäle, wie Content und Display Partner, die es im Lower Funnel schwerer haben, im Upper Funnel berücksichtigt und vergütet werden.
Doch selbst die besten Regeln entfalten ihre volle Wirkung nur in einem kompletten Setup. Dafür müssen technische, organisatorische und kommunikative Aspekte zusammenspielen:
- Enge Zusammenarbeit von Marketing- und IT-Teams: Die technische Umsetzung erfordert, dass alle relevanten Systeme an die Trackingweiche angebunden werden. Damit die Daten verlässlich bleiben, sollten die Verantwortlichen die Datenflüsse regelmäßig prüfen. Automatisierte Monitoring-Systeme unterstützen sie dabei, Probleme frühzeitig zu erkennen und direkt zu beheben, bevor diese zu größeren Verzerrungen führen.
- Transparente Kommunikation mit Partnern: Alle beteiligten Partner – von Affiliates bis hin zu Netzwerken – sollten genau nachvollziehen können, nach welchen Regeln die Attribution erfolgt und wie sich diese Regeln auf ihre Vergütung auswirken. Dazu gehört auch, Cookie-Laufzeiten klar zu definieren und transparent zu kommunizieren, wie einzelne Touchpoints gewichtet werden. Wenn die Verantwortlichen diese Punkte offenlegen, lassen sich Missverständnisse und Konflikte vermeiden. Gleichzeitig fördert diese Transparenz das Vertrauen in die Zusammenarbeit und erleichtert die Akzeptanz neuer Prozesse.
- Realistische Modelle statt beschönigter Attribution: Einige Anbieter akzeptieren bewusst kurzfristige Umsatzeinbußen, um langfristig mit ehrlichen und realistischen Attributionsmodellen Vertrauen aufzubauen. Für alle Beteiligten ist es wertvoller, wenn Zahlen den tatsächlichen Beitrag einzelner Kanäle widerspiegeln, auch wenn dies im Einzelfall zu geringeren Provisionen führt. So bleibt die Zusammenarbeit stabil und nachhaltig.
- Regelmäßige Audits und Optimierungen: Die digitale Landschaft verändert sich kontinuierlich. Neue Technologien, Datenschutzbestimmungen oder Kanalstrategien können bestehende Setups schnell veralten lassen. Regelmäßige Audits stellen sicher, dass das Tracking-System auch langfristig zuverlässig funktioniert. Wo nötig, können Anpassungen vorgenommen werden, um weiterhin akkurate Daten zu gewährleisten.
Ein vollständiges Setup aus klaren Regeln, technischer Umsetzung, enger Zusammenarbeit und transparenter Kommunikation sorgt dafür, dass Tracking nicht nur Kosten spart, sondern auch strategischen Mehrwert schafft. Wer Attribution als strategisches Steuerungstool versteht, kann Partnerprogramme auf Realität statt auf Zufall optimieren. Denn Kontrolle entsteht nicht durch Tools selbst, sondern durch Prinzipien, die durch Tools weitergetragen werden.
Fazit: Investition in Transparenz zahlt sich aus
Fehlerhaftes Tracking ist teuer und riskant. Die Kosten für Mehrfachvergütung, ineffiziente Budgetverteilung und beschädigtes Vertrauen wiegen deutlich schwerer als der Aufwand für eine saubere Lösung.
Unternehmen, die in saubere Attribution investieren, gewinnen die Kontrolle über ihre Kosten zurück, das Vertrauen ihrer Partner und zusätzlich eine Basis für datengetriebene Optimierungen. Transparentes Tracking wird damit zur zentralen Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg im Performance-Marketing. Denn wer über Transparenz Vertrauen aufbaut und damit langfristige Partnerschaften pflegt, hat auch in schwierigen Zeiten Partner an seiner Seite, die nicht vorschnell abspringen. Und genau aus solchen Partnerschaften entsteht eine Win-Win-Win Situation, von der am Ende alle profitieren: Endkunde, Publisher und Advertiser.
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