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ONLINE VERMARKTUNG - Aus der Praxis für die Praxis

10 Fails, die Publisher bei der Monetarisierung immer wieder zurückwerfen

Ulf Heyden, 12. November 2025

Aus der Praxis für die Praxis

Bild: Paul Königer Bild: Paul Königer

Viele Publisher haben ihre Reichweite im Griff, ihre Inhalte sind stark, und die Adserver laufen stabil. Doch am Monatsende klafft oft eine Lücke zwischen redaktionellem Erfolg und wirtschaftlichem Ergebnis. Der Grund liegt selten in der Technik allein – sondern in der fehlenden Monetarisierungs-Denke. In vielen Häusern ist die Redaktion auf Relevanz und Reichweite fokussiert, Produkt auf Usability, Sales auf Volumen. Was fehlt, ist der gemeinsame Nenner: ein Bewusstsein dafür, dass Monetarisierung ein Teil des Produkts ist – kein nachgelagerter Prozess.

Fail 1: Bauchgefühl statt Messlogik

Zu viele Entscheidungen werden aus Meinung statt aus Daten getroffen. Ohne stabile KPI-Systematik – etwa Revenue per Visit als Leitmetrik – optimieren Teams kosmetisch statt kausal. Hypothesen, kontrollierte A/B-Tests, Segmentierung nach Device und Browser und ein konsistenter Mess-Stack (Consent, Adserver, Analytics) sollten Basisarbeit für Produkt- und Monetarisierungs-Teams sein und kein Luxus. Der regelmäßige Blick auf Dashboards hilft dabei.

Fail 2: Desktop-Denke statt Mobile-First

Die meisten Umsätze entstehen längst auf dem Smartphone – doch viele Layouts werden in den Redaktionen weiterhin am großen Monitor geplant. Das Ergebnis: schöne Desktops, aber schwache Monetarisierung auf sechs Zoll. Entscheidend ist die Performance des ersten Screens: stabile Slot-Höhen ohne Layoutsprünge (CLS), schnelle Ad-Response unter einer Sekunde Time to First Byte (TTFB) und klare Daumenpfade für Interaktion. Wer seine Templates regelmäßig auf echten Geräten testet, mit Lazy Loading experimentiert und mobile Above-the-Fold-Flächen gezielt optimiert, hebt Viewability, eCPM und Nutzerakzeptanz zugleich.

Fail 3: iPhone-Bias statt Android-Realität

Viele Produktteams entwickeln und testen auf ihren iPhones – doch die Mehrheit der User surft auf Mid-Range-Android-Geräten mit völlig anderen Bedingungen. Unterschiedliche Rendering-Engines, RAM-Limits und Battery-Saver-Mechanismen beeinflussen Ladezeiten, Script-Ausführung und Ad-Rendering teils massiv. Wer seine Monetarisierung ernst nimmt, braucht eine feste Cross-Device-Testmatrix (Android-Chrome, Samsung Internet, Firefox) auf realen Geräten statt Emulatoren. Kleine technische Routinen zahlen sich direkt aus: Script-Diät, asynchrones Laden und angepasste Bildgrößen senken Bounce-Rates und steigern Viewability und Füllrate deutlich.

Fail 4: Adblocking unterschätzen

Rund ein Drittel der deutschen User blockt Bannerwerbung – sei es per Browser-Extension, oder via DNS oder Private Relay. Ohne Telemetrie verschwinden Impression-Requests unbemerkt. Re-Blocking mit UX-freundlichen Value-Exchange-Flows (Ad-Opt-in, Membership-Optionen) und sauberer Differenzierung von „geblockt” vs. „No-Fill” kann die verlorene Reichweite zurückholen. Hier gibt es spannende Lösungen und Methoden, diese Reichweiten wieder in die Monetarisierung zurückzuholen.

Fail 5: Commerce nur als Peak-Event denken

Wer Content-Commerce nur rund um Black Friday oder Prime Day aktiviert, lässt den Großteil seines Umsatzpotenzials ungenutzt. Nutzer suchen das ganze Jahr über nach Orientierung, Preisen und Bewertungen – nicht nur im November. Erfolgreiche Publisher bauen deshalb Evergreen-Strukturen: Produktvergleiche, Preisalarm-Widgets und Kaufberater mit saisonal aktualisierten Empfehlungen. So entsteht eine dauerhafte Suchintention-Abdeckung, die RPM und Partnerumsatz stabilisiert. Wer zusätzlich Merchant-Mix, Deeplink-Tracking und Conversion-Funnels regelmäßig testet, erreicht planbaren Ertrag statt Volatilität.

Viele behandeln Consent-Banner als juristisches Häkchen – dabei steuern Texte, Design und Timing direkt die Opt-in-Rate und damit den messbaren Umsatz. Ein klares, verständliches Interface und saubere Signalweitergabe an Adserver und DSP sind kein „Privacy-Add-on“, sondern handfeste Monetarisierungsarbeit. Wer Consent-Optimierung als Performance-Thema denkt, sichert steigende Erlöse.

Fail 7: Falsche KPIs für unterschiedliche Produkte

Wer alle Erlösquellen mit derselben Kennzahl misst, verliert den Überblick. Der eCPM ist zwar bequem, sagt aber zu wenig aus. Ein Branding-Format lebt von Sichtbarkeit und „Viewable Time“, Native-Kampagnen müssen über Klickrate und Conversion (EPC/CTR) bewertet werden, und Content-Commerce zeigt seine Wirkung erst im Umsatz pro Sitzung (RPM per Session). Nur mit differenzierten KPI-Sets lassen sich programmatische Optimierung, Pricing und Sales-Prognosen wirklich steuern und optimieren.

Fail 8: Vernachlässigte Owned Channels – besonders Web-Push als unterschätzter Umsatzhebel

Newsletter, Onsite-Recirculation und Web-Push – alle drei sind günstige Traffic-Retainer. Doch oft fehlen Segmentierung, Frequency-Caps und KPI-Ownership. Wer sie wie Produkte führt, senkt Akquisekosten und erhöht den Anteil wiederkehrender Sessions signifikant. Besonders Web-Push ist zunehmend relevant: stabil in Chrome und Safari, ohne Login-Hürde, mit bis zu 8 Prozent zusätzlichem Umsatz durch wiederkehrende Sessions. Entscheidend sind ein klarer Opt-in, gute Segmentierung und Frequenzsteuerung.

Fail 9: KI-Trafficverlust als Schicksal sehen

Search Generative Experiences, Chatbots und Zero-Click-Suchergebnisse verringern organischen Traffic – doch das ist kein unabwendbares Schicksal. Wer den Wert jeder Session steigert, nützliche Tools und interaktive Inhalte sichtbar platziert und Onsite-Discovery stärkt, macht sich unabhängiger von Google und stabilisiert den Ertrag pro Besuch. Praktisch heißt das: interne Suchsysteme wie echte Discovery-Engines behandeln, nicht als Navigationshilfe – und kommerzielle Übergänge (zum Beispiel Produktvergleiche, Preisrechner, Themen-Hubs) dort positionieren, wo Nutzer aktiv sind, statt am Seitenende zu verstecken.

Fail 10: Silos ohne gemeinsamen Takt

Produkt, Redaktion, Sales und Ad Ops optimieren oft nebeneinanderher – mit unterschiedlichen KPIs, Prioritäten und Zeithorizonten. Das kostet Tempo und Wirkung. Ein wöchentliches „Monetization Board“, in dem alle Teams gemeinsam auf dasselbe Dashboard schauen – etwa Erlös pro Visit (RPS), Fill-Rates, Latenz und Viewability –, wirkt Wunder. In 30 Minuten pro Woche entstehen Fokus, Transparenz und messbare Fortschritte, die kein einzelnes Projekt liefern kann.

Nicht das Potenzial fehlt, sondern die Präzision

Monetarisierung ist kein einmaliges Projekt, sondern eine Frage von Prozessdisziplin und technischem Verständnis. Wer Mobile-First denkt, saubere Datenpfade etabliert und mit klaren, produktspezifischen KPIs arbeitet, gewinnt Kontrolle zurück – und wandelt Traffic Schritt für Schritt wieder in Wert um.

Hinweis in eigener Sache: In den kommenden Kolumnen dieser Reihe – „Aus der Praxis für die Praxis“ – wird Ulf Heyden regelmäßig für ADZINE über genau diese Stellschrauben schreiben: von Web-Push-Strategien über Reblocking und Attention-KPIs bis hin zu praktischen Setups für Consent, Commerce und Onsite-Discovery.

Bild Ulf Heyden Über den Autor/die Autorin:

Ulf Heyden ist Gründer und Geschäftsführer von Heyden.Net Internetservices und arbeitet als Digital Consultant und Sparringspartner für Publisher und digitale Unternehmen. Nach 25 Jahren in Medien, Produkt und Commerce in verschiedenen Verlagen (u.a. lange Zeit bei Burda) unterstützt er Unternehmen dabei, ihr digitales Potenzial in profitables Wachstum zu übersetzen.

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