Videowerbung im Wandel: Nicht überall präsent, aber immer relevant
Anton Priebe, 15. Juli 2025
Die Fragmentierung digitaler Videoangebote stellt Werbetreibende vor technologische Herausforderungen. Unterschiedliche Ökosysteme mit verschiedenen Standards und Plattformlogiken machen die Kampagnensteuerung komplex. Kontextuelle Intelligenz, Brand Suitability und ein neuer Blick auf Performance-Metriken sollen dabei helfen, Werbewirkung nicht nur zu sichern, sondern aktiv zu steigern. Patrick Edlefsen, DACH-Chef von Channel Factory, spricht im Interview über die Rolle von Youtube und CTV im neuen Mediamix, den effektiven Einsatz von First-Party-Daten in der Videowerbung und plattformübergreifende Erfolgsmessung.

ADZINE: Bei der Planung von Videokampagnen stehen Werbetreibende vor einem fragmentierten Ökosystem aus Plattformen, Publishern und Endgeräten. Wie lassen sich diese Fragmente heute sinnvoll zusammenführen, um maximale Reichweite zu erzielen?
Patrick Edlefsen: Der Schlüssel liegt in intelligenten, kontextbasierten Platzierungen, die durch Technologie gestützt werden, um die Fragmentierung zu überwinden. Wir verbinden dazu Brand Suitability, Nutzerverhalten und Performance. Indem wir relevante Umfelder identifizieren und präzises kontextuelles Targeting einsetzen, ermöglichen wir es Marken, ihre Kampagnen plattformübergreifend strategisch auszuspielen. Es geht dabei nicht darum, auf jeder Plattform präsent zu sein, sondern zur richtigen Zeit am richtigen Ort die passende Zielgruppe zu erreichen.
ADZINE: Welche Kanäle nehmen dabei eine zentrale oder eher unterstützende Rolle ein?
Edlefsen: Youtube spielt weiterhin eine führende Rolle. Die Plattform vereint Reichweite, Nutzerintention und vielfältiges Inventar auf einzigartige Weise. Gleichzeitig gewinnt Connected TV zunehmend an Bedeutung, besonders in datenschutzsensiblen Märkten, in denen eingeloggte und zurückgelehnte Nutzungssituationen besonders wertvoll sind.
Kurzform-Plattformen wiederum eignen sich hervorragend für kurze Aufmerksamkeitsspitzen, erfordern aber eine sorgfältige strategische Einbindung. Jede Plattform erfüllt eine spezifische Rolle im übergeordneten Mediamix, daher liegt die Chance in der durchdachten Integration statt im Vergleich.
ADZINE: Wie können Werbetreibende ihre eigenen Daten weiterhin effektiv zur Personalisierung einsetzen?
Edlefsen: First-Party-Daten bleiben ein zentrales Asset, wenn sie gezielt genutzt werden. Wir unterstützen Marken dabei, ihre Daten in Segmente zu unterteilen und diese mit kontextueller Relevanz sowie interessenbasierten Ansätzen zu kombinieren. Ein Gesundheitsunternehmen kann so nicht nur Fitness-affine Zielgruppen ansprechen, sondern gezielt Nutzer, die sich aktiv mit Wellbeing-Inhalten in markenkonformen Umfeldern beschäftigen. Es geht längst nicht mehr nur um die direkte Eins-zu-eins-Kommunikation, sondern darum, relevante Inhalte skalierbar und zielgerichtet auszuspielen.
ADZINE: Video Advertising war lange ein klassisches Branding-Tool, rückt aber zunehmend in Richtung Performance. Reicht dieser datenbasierte Ansatz aus, um Kampagnen tatsächlich performanceorientiert zu steuern?
Edlefsen: Video ist nach wie vor ein starkes Branding-Format, entwickelt sich jedoch zunehmend zu einem Kanal mit klar messbaren Performance-Ergebnissen. Daten allein reichen zwar nicht aus, aber in Kombination mit Tools wie kontextuellem Targeting und dynamischer Optimierung werden sie zum Performance-Treiber. Unsere Erfahrung zeigt, dass Brand Suitability nicht nur der Reputationssicherung dient, sondern die Kampagnenleistung aktiv verbessert. Videoanzeigen, die in emotional passenden und thematisch relevanten Umfeldern ausgespielt werden, fördern nicht nur das Markenengagement, sondern unterstützen zugleich die Performance entlang des gesamten Marketing-Funnels, wie Studien belegen.
ADZINE: Welche KPIs stehen dabei im Fokus?
Edlefsen: Klassische Kennzahlen wie Viewability und Completion Rate bleiben weiterhin relevant. Gleichzeitig rücken Metriken wie der eCPM, Attention Metrics, Brand Lift und Post-View Engagement stärker in den Fokus. Bei Performance-getriebenen Kampagnen spielen auch Click-Through-Rate, Cost per Acquisition und Conversion Rate eine wichtige Rolle. Kontextuelle Relevanz wird zunehmend selbst als KPI betrachtet. Wir setzen gezielt auf Brand Suitability und Sentiment-Analysen, um sowohl kurzfristige Performance-Potenziale als auch die langfristige Markenwirkung datenbasiert messbar zu machen.
ADZINE: Ist eine einheitliche Systematik zur Erfolgsmessung in der vielfältigen Videolandschaft absehbar?
Edlefsen: Ein solches System wäre wünschenswert und ist in Ansätzen bereits in Entwicklung. Fortschritte sehen wir insbesondere in Bereichen wie plattformübergreifender Attribution und der Messung von Aufmerksamkeit. Wir liefern hierzu konsistente Benchmarks für Youtube und arbeiten eng mit akkreditierten Mess- und Analysepartnern zusammen. Eine echte Standardisierung wird jedoch nur durch gemeinsames Handeln der gesamten Branche möglich sein. Bis es so weit ist, empfehlen wir Marken, Erfolg im jeweiligen Kontext zu definieren, basierend auf Klarheit, Relevanz und individuellen Kampagnenzielen.
ADZINE: Der Kontext hat einen Einfluss auf die Performance von Kampagnen. Könnte Generative AI zur Herausforderung für die Qualität der Inhalte werden, in denen Werbung erscheint?
Edlefsen: Die Sorge ist berechtigt und wächst zunehmend. Generative KI führt zu einer Flut synthetischer Inhalte, von denen viele qualitativ fragwürdig, irreführend oder nicht markenkonform sind. Für Werbetreibende stellt das eine echte Herausforderung dar, wenn es darum geht, die Markenreputation zu schützen. Wir begegnen diesem Risiko mit einem zweistufigen Ansatz: Unsere Technologie prüft Inhalte automatisiert auf Relevanz und Brand Suitability, zusätzlich sichert unser Expertenteam durch manuelle Kontrolle die Qualität des Werbeumfelds. Inmitten KI-generierter Inhalte werden echte Relevanz und menschliche Werte zum entscheidenden Erfolgsfaktor für starke Markenkommunikation.
ADZINE: Danke für das Interview, Patrick!
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