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ONLINE VERMARKTUNG

Starke Medienmarken als Fundament der deutschen Werbelandschaft

Karsten Zunke, 12. September 2024
Bild: Nmann77 – Adobe Stock Bild: Nmann77 – Adobe Stock

Die deutsche Vermarkter-Landschaft ist mit ihrer heterogenen Struktur und ihren Qualitätsreichweiten im internationalen Vergleich etwas Besonderes. Das scheinen auch die Advertiser zu erkennen, denn die Werbeumsätze steigen kontinuierlich. Wir haben bei Björn Kaspring, Vice President Product Management Digital von Ströer Media Solutions und stellvertretender OVK-Vorsitzender, nachgefragt, was deutsche Vermarkter ausmacht, wo Herausforderungen liegen und inwiefern Vermarktung etwas mit Verantwortung zu tun hat.

Bild: Raimar von Wienskowski Björn Kaspring, Ströer & OVK / Bild: Raimar von Wienskowski

ADZINE: Björn, wie schätzt du die aktuelle Lage in der digitalen Vermarktungslandschaft hierzulande ein?

Björn Kaspring: Anfang dieses Jahres hatte der OVK ein Wachstum von 8 Prozent für den Online-Display-Werbemarkt prognostiziert. Damit würden wir bei einem Umsatz von rund 5,94 Milliarden Euro im Jahr 2024 liegen. Zwar werden wir die aktuellen Zahlen erst zur Dmexco verkünden, aber so viel sei verraten – wir können diese positive Prognose bestätigen. Der Markt entwickelt sich erfreulich und das, obwohl die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen eher ungünstig sind. Umso wichtiger ist es, dass die Herausforderungen vom Markt gemeistert werden.

ADZINE: Vor welchen Herausforderungen stehen deutsche Vermarkter aktuell?

Kaspring: Vermarkter haben ihr Geschäft sehr gut im Griff. Andererseits sind viele Themen wichtig, die drumherum passieren. Das sind Themen, die nicht nur Vermarkter, sondern auch die Werbetreibenden und Agenturen betreffen. Während zum Beispiel die Third-Party-Daten langsam verschwinden, wird die Verfügbarkeit von First-Party-Daten immer wichtiger. In diesem Spannungsfeld die richtigen Datenmodelle zu finden, ist sicher eine Herausforderung. Die Vermarkter im OVK haben in den letzten zwei Jahren ihre Datenbasis bereits dahingehend erweitert und neue Produkte entwickelt, die schon jetzt für die Aussteuerung von Kampagnen genutzt werden können.

Eine andere Herausforderung sind die passenden Technologie-Lösungen. Tech ist der Motor für die Weiterentwicklung unserer Geschäftsmodelle. Insbesondere in Zeiten von Künstlicher Intelligenz geht es zunehmend auch um das Vertrauen in Technologie. Tech-Lösungen sind kein Selbstzweck und kein Selbstläufer. Hier müssen wir als Branche schauen, dass wir auf der einen Seite unser Business mit Technologien weiterentwickeln, aber auf der anderen Seite an die Nutzer und Verbraucher denken, die man kommunikativ abholen muss. Vermarkter müssen Technologien und ihr Vorgehen immer wieder erklären und transparent machen. Gelingt dies, wird sich das auch positiv auf die digitale Werbebranche in unserem Land auswirken.

ADZINE: Das Motto eures Online Ad Summit am 17. September in Köln lautet dieses Jahr passenderweise “Digital Advertising Made in Germany”. Was zeichnet Digitalwerbung in oder auch aus Deutschland aus?

Kaspring: Das sind meines Erachtens vier wesentliche Merkmale. Das Wichtigste sind die reichweitenstarken nationalen Medienmarken, die inhaltlich eine hohe Qualität liefern und für sichere, vertrauenswürdige Umfelder stehen. Das ist die Basis von allem. Eng damit verknüpft sind die Menschen dahinter. Auf Vermarkter-Seite gibt es eine hohe Produkt-Expertise – von Programmierern über die Produktmanager bis zu den Marketing-, Kommunikations- und Vertriebsprofis. Insbesondere können Vermarkter auf Produkt-Experten mit einer unglaublich langen Erfahrung zurückgreifen, die in der Lage sind, beispielsweise hochwirksame High-Impact-Formate zu entwickeln. Außerdem beobachten wir eine bemerkenswerte Management-Kultur. Die Führung der Medienunternehmen ist in der Lage, sich immer wieder auf neue Gegebenheiten und Entwicklungen einzustellen, das eigene Geschäft neu zu justieren und es mit Kunden und Agenturen weiterzuentwickeln.

Nicht zuletzt sind Adtech-Lösungen ein weiteres wichtiges Qualitätsmerkmal. Wir haben leistungsstarke Plattformen im deutschen Markt, die teilweise Made in Germany und teilweise Made in Europe sind. Charakteristisch für unseren Markt ist, wie gut die verschiedenen Systeme miteinander funktionieren. Die verschiedenen Lösungen effektiv zusammenzuschließen – auch das macht ‚Advertising Made in Germany‘ aus.

ADZINE: Aber laut der OMG wandern in Deutschland dennoch fast zwei Drittel der digitalen Werbebudgets in die Kassen von Google, Amazon und Meta. Wie passt das zusammen?

Kaspring: Nicht wir treffen die Media-Entscheidungen, sondern die Kunden gemeinsam mit ihren Agenturen. Die Werbetreibenden möchten bestimmte Zielgruppen erreichen, die sie in besonderen Nutzungssituationen vorfinden – beispielsweise auf den großen Plattformen oder in Social-Media-Netzwerken. Das ist nachvollziehbar. Aber die Werbewirkung lässt sich in Social-Media-Umfeldern über die bloße Steigerung der Kontakte nicht in gleichem Maße skalieren, wie Studien herausgefunden haben. Für uns als Vermarkter geht es hierbei daher nicht um ein ‚Entweder-oder‘, sondern vielmehr um ein ‚Sowohl-als-auch‘. Klassische Medienmarken bieten auch in Social-Media-Umfeldern nutzungsintensive und reichweitenstarke Werbeumfelder. Sie schaffen damit die perfekte Basis für die Verlängerung von Social-Media-Kampagnen für eine deutlich breitere Kampagnenwirkung.

Deshalb will ich abschließend einen Gedankenanstoß geben: Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und Themen sollten bei der Entscheidung, wo Mediabudgets investiert werden, zwei Aspekte berücksichtigt werden. Zum einen die Nachhaltigkeit des Mediums und zum anderen der Wertbeitrag des Mediums für die Gesellschaft. Hier geht es also um Responsible Media.

ADZINE: …was genau ist darunter zu verstehen?

Kaspring: Dabei geht es unter anderem darum, was ein Medium für die Gesellschaft leistet. Die Medien in unserem Land sind unabhängig, handeln verantwortungsbewusst und liefern Qualitätsjournalismus mit markensicheren Umfeldern. So stellen sie die Meinungsvielfalt sicher. Gleichzeitig erfüllen sie damit auch die Anforderungen vieler Advertiser sowie die Erwartungen der Content-Nutzer. Darüber hinaus findet auch das Streben nach Nachhaltigkeit und Klimaschutz immer stärker Gehör in Medienunternehmen und wird in Taten umgesetzt. Diese Klima- und Nachhaltigkeitsaspekte gehören ebenfalls zu einem verantwortungsbewussten Handeln der Medien und ihrer Vermarkter. Als OVK sind wir in diesem Bereich übrigens sehr engagiert, unter anderem im Sustainable Digital Advertising Lab des BVDW. Über die Arbeit im Lab, in Abstimmung mit dem IAB Europe, wollen wir dem Markt mehr Transparenz und Handlungsempfehlungen an die Hand geben.

ADZINE: Du hast jetzt für die Vermarkter-Seite gesprochen. Aber sind sich auch die hiesigen Advertiser ihrer Verantwortung in diesem Kontext bewusst? Es heißt ja, man muss immer dort mit seiner Marke präsent sein, wo die Zielgruppe ist…

Kaspring: Aus den Gesprächen, die wir führen, wissen wir, dass den Werbetreibenden ihre Verantwortung bewusst und wichtig ist. In diesem Zusammenhang muss aber betont werden, dass die eigentliche Währung für Advertiser die Wirkung ihrer Medienkampagnen ist. Diese lässt sich durch eine bewusste, anhand von Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtete Mediaplanung sogar nachweislich steigern. Wir sind der festen Überzeugung, dass Nachhaltigkeitsdimensionen in Zukunft von Werbetreibenden immer stärker bei Media-Entscheidungen berücksichtigt werden. Gemeinsam mit den Advertisern kann die Vermarkter-Seite diese strategischen Entscheidungen sehr gut in die Praxis überführen.

ADZINE: Wie “responsible” kann Werbung in Deutschland werden?

Kaspring: In Deutschland haben wir dafür eine exzellente Basis. Ein Grund dafür ist, dass es eine sehr große und aktive Szene von Verbänden gibt, die untereinander sehr gut vernetzt sind und worüber sich die Marktteilnehmer intensiv austauschen. Alle deutschen Verbände in unserer Branche arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen. Das ist eine wichtige Grundlage, um Themen wie Verantwortung, Nachhaltigkeit oder Technologie-Vertrauen in allen Teilen der digitalen Werbebranche voranzutreiben – von Werbetreibenden über Agenturen und Tech-Anbietern bis hin zu Publishern und Vermarktern. Der Anspruch der Branche muss daher sein, dass Deutschland Vorbild und zugleich Treiber ist.

ADZINE: Danke für das Gespräch, Björn.

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