Ein Blick aus dem Cockpit für Mediaeinkäufer
Anton Priebe, 25. March 2024Obwohl Programmatic im digitalen Werbeökosystem seit Jahren fleißig wächst, bleiben manche Bereiche des Mediageschäfts bei der Automatisierung scheinbar auf der Strecke. Dazu gehört das I/O-Business, das insbesondere in Deutschland einen hohen Stellenwert hat. Dabei ginge es besser, weiß Gunnar Neumann, Geschäftsführer von Mercury Media Technology. Er blickt aus der Vogelperspektive auf die Medialandschaft, denn seine Lösung führt die Informationen aus der Vielzahl an verwendeten Tools zusammen. Im Interview spricht Neumann über das ungenutzte Potenzial von Automated I/O und seine Mission, Excel aus Media zu verbannen.
ADZINE: Hallo Gunnar, magst du Mercury kurz beschreiben, bitte?
Gunnar Neumann: Mercury ist eine Media Operations Platform im weiteren Segment Marketing-Resource-Management. Unsere Kunden reichen von kleinen Media-Agenturen bis hin zu globalen Bluechip-Brands, die inhousen. Sie erhalten einen gesamtheitlichen Überblick sowie ein Steuerungselement, beispielsweise für Freigaben, über alle Media-Maßnahmen sowie Gattungen hinweg. Mercury selbst bietet eine breite Palette an wählbaren Modulen, Konfigurations- sowie Integrationsoptionen mit relevanter Peripherie-Technologie.
ADZINE: Eines eurer Steckenpferde ist das Marketing Mix Modelling ganz am Anfang. Wie schafft man Vergleichbarkeit zwischen den Marketingmaßnahmen der einzelnen Kanäle? Wie also kommt eine gemeinsame Währung zustande?
Neumann: Die Vergleichbarkeit stellen wir über die Spendings, meistens in Euro und vorzugsweise netto, sicher. Immer mit dem Gedanken, dass jeder Euro, den ich tatsächlich am Ende ausgebe, auch in einem anderen Kanal ausgegeben werden könnte. Deswegen wird in der Budgetallokation immer auch mit den Spends gearbeitet.
ADZINE: Bewegt ihr euch im Bereich der programmatischen Buchungen oder des I/O-Geschäfts?
Neumann: Beide Formen der Buchungen werden bei uns abgebildet. Wir sind aber keine übersteuernde DSP, sondern die Plattform, die alle Informationen, auch zum notwendigen Prozess wie SOX-Compliance, sauber zusammenführt und dabei beispielsweise mit der DSP zusammenarbeitet.
ADZINE: Kann man in letzterem Fall von Automated I/O bzw. Direct sprechen?
Neumann: Jein. Unser Ziel ist es, dass wir unsere nachhaltigen Integrationen mit Publishern und ihren Systemen weiter ausbauen. Und damit eine effiziente und sehr kostensensible Alternative zum recht komplexen, aufwendigen und teuren Programmatic-Setup aufbauen.
Für uns ist das echte SPO, da wir die Zwischentechnologien auf ein absolutes Minimum reduzieren können und keine der Parteien – Vermarkter, Agentur, In-House-Team – weitere Tech aufbauen oder verwalten muss. Den Adserver lassen wir mal außen vor.
ADZINE: Dabei ist die Automatisierung des I/O-Geschäfts dringend nötig. Wie ist Deutschland in Sachen Automated I/O aufgestellt?
Neumann: Mangelhaft.
ADZINE: Wo hakt’s denn?
Neumann: Es herrscht ein brutaler Fokus auf Programmatic auf der Einkaufs- und Verkaufsseite, veraltete Verwaltungstech und zu wenig Klarheit auf der Einkaufsseite, dass dieser Weg auch gewünscht ist.
ADZINE: Eine Initiative in die Richtung ist das Digital Booking Communication Austauschformat (DBCFM). Was hältst du davon?
Neumann: Wir verfolgen einen anderen Weg. Wir möchten ja grundsätzlich vermeiden, dass weitere Player in die Mitte rücken. Als Verwaltungsinstrument und insbesondere als Treiber weiterer Kosten und Komplexität. Dann ist aus meiner Sicht Programmatic der deutlich etabliertere und gelernte Weg.
Im Endeffekt müssen Vermarkter die Möglichkeit erhalten, Angebote direkt in Mercury zu erstellen, sofern von der Einkaufsseite explizit gefordert. Diese Angebote müssen natürlich nicht manuell erstellt, sondern können über API übermittelt werden. Hier stellt sich die Frage, ob Vermarktersysteme diese Info übermitteln und für Nachfolgendes auch empfangen können. Sofern ein Kunde dann „einkaufen“ möchte, reicht ein Knopfdruck und wir geben diese Info per API zurück. Ebenso können Tag & Co. über diesen Weg übermittelt werden. Doch damit hört es nicht auf. Es geht auch um Übermittlung und Abgleich der Auslieferungszahlen sowie natürlich final auch der abrechnungsrelevanten Zahlen, sowie der Rechnung.
Wir haben schon vor einiger Zeit angefangen, diese Perspektive vorsichtig mit den Vermarktern in DACH anzugehen und viele positive Rückmeldungen erhalten. Mit einigen sind wir bereits einige Schritte vorangekommen, sodass wir bald auch mehr hierzu sagen können. Aber ich würde im Allgemeinen weiterhin sagen, dass dieser Bereich eher noch ein unentdecktes Potenzial im DACH-Raum ist.
ADZINE: Wie kann man das Thema Automated I/O deiner Meinung nach vorantreiben?
Neumann: Fokus und weniger Standardisierung in der Mitte, sondern bessere, flexiblere Systeme, die auf beiden Seiten interagieren können.
ADZINE: Abschlussfrage – warum braucht man heutzutage diese Meta- bzw. Makro-Sicht auf Media überhaupt, die ihr bietet?
Neumann: Das ist eine tolle Frage, die wir uns jeden Tag stellen. Und vor diesem Hintergrund auch unsere Software weiterentwickeln.
Informationen aus sauberen Daten sind die Basis für Entscheidungen. Die möchte man idealerweise gut nachverfolgen und vor allem auch in die Umsetzung bringen, und zwar über alle Gattungen und Märkte hinweg. Zusammengeführt, in der richtigen Art und Weise, also nach eigener Konfiguration. Das ermöglichen wir.
By the way. Wir arbeiten an vielen Stellen an KI-basierten Features und Modulen, die den Workflow noch stärker optimieren können, beziehungsweise die Nutzung vereinfachen können. Nichts ist so flexibel wie Excel. Nicht ist gleichzeitig so fehlerhaft. Aber trotzdem ist Excel immer noch ein sehr häufig genutztes Mittel im Bereich Media. Das wollen wir, wo wirklich sinnvoll, minimieren. Und Mercury als das Backbone der Media-Prozesse bei unseren Kunden etablieren.
ADZINE: Danke für das Gespräch, Gunnar.
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