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ADTECH - Just Premium-Gründer Eric Visser im Interview

“Endlich sind wir ein echter globaler Player”

Anton Priebe, 10. Mai 2022
Bild: Gum Gum Eric Visser, Gum Gum

Just Premium wurde 2012 in Amsterdam gegründet und leistete neun Jahre lang Pionierarbeit für High-Impact-Werbung in Europa, bevor es im vergangenen August vom US-amerikanischen Adtech-Unternehmen Gum Gum übernommen wurde. Eric Visser, Gründer und CEO von Just Premium, ist jetzt EMEA-Präsident von Gum Gum und spricht im Interview über die Verschmelzung von Kontext und Creatives, die Bedeutung einer „Mindset-Matrix“ und seinen Plan, ein globaler Player zu werden.

ADZINE: Wo liegen die Wurzeln von Just Premium?

Eric Visser: Ich bin Unternehmer, habe den Aufstieg von Programmatic Advertising miterlebt und wollte eine Programmatic-Lösung entwickeln, um die besten und kreativsten Werbeformate auf den Markt zu bringen. Wir wissen, dass Kreativität in Anzeigen letztlich der wichtigste Erfolgsfaktor für eine Kampagne ist. 50 Prozent des Erfolgs einer Kampagne liegt im Creative selbst, verglichen mit 25 Prozent in der Platzierung – wo es geliefert wird – gefolgt von den Daten, um die richtige Person anzusprechen.

Also haben wir eine Plattform für den Handel mit Rich-Media-Werbemitteln, sogenannte High-Impact-Formate, aufgebaut und sie konsequent weiter ausgebaut, zuerst in Europa, dann in den USA. Wir haben nie Gelder eingesammelt oder Investoren an Bord geholt, sondern sind immer aus eigener Kraft gewachsen. Letztes Jahr fragten wir uns nach dem logischen nächsten Schritt für das Unternehmen und es kristallisierten sich zwei Optionen heraus: Entweder beschaffen wir Kapital oder wir finden einen attraktiven Partner. Der Partner sollte unseren Technologie-Stack oder die Regionen, in denen wir tätig sind, ergänzen und eine ähnliche Unternehmensphilosophie verfolgen.

ADZINE: Es wurde offensichtlich Gum Gum. Inwiefern passen die Unternehmen zueinander?

Visser: In den USA sind wir ein kleiner Player – wir haben etwa 20 Mitarbeiter in New York, Los Angeles und Miami. Auf dem US-Markt konkurrierten wir mit einigen anderen, darunter Gum Gum. Die beiden Unternehmen sind sich zwar sehr ähnlich, aber der Unterschied liegt in Gum Gums Fokus auf kontextbezogene Werbung und der Tatsache, dass sie hauptsächlich in anderen Märkten als wir tätig sind, sodass wir uns kaum überschneiden.

Mein Traum mit Just Premium war ursprünglich, es globale Relevanz zu schaffen, also ein echtes globales Unternehmen zu sein. Als unabhängiges Unternehmen hatte ich dazu letztlich nie die Gelegenheit, aber mit Gum Gum ändert sich das. Das ist es, was mich so begeistert – diesen Traum wirklich zu erreichen, ein Global Player und damit Teil von etwas Größerem zu sein. Wir mischen die Kontextdaten von Gum Gum mit unserer Kreativität, um das Resultat an die besten Publisher der Welt auszuliefern.

ADZINE: Mit Gum Gum kommt auch dessen „Mindset-Matrix“ aus Creative, Kontext und Aufmerksamkeit ins Spiel – was steckt dahinter?

Visser: Ein Werbetreibender muss die Aufmerksamkeit einer Person auf sich ziehen, um den ROAS zu steigern. Und um diese Aufmerksamkeit zu bekommen, muss er ein gutes Creative haben. Damit das Creative Wirkung entfalten kann, muss es an die richtige Person ausgeliefert werden. Aber wie findet man die richtige Person? Ist die richtige Person diejenige, die eine Marke schon einmal gesehen hat oder auf deren Website war? Oder ist es eine Person, die ein bestimmtes Mindset mitbringt, wenn sie Online-Content konsumiert?

Ich habe eine einjährige Tochter, die jeden Morgen aufwacht und sich im Bett einen Youtube-Film ansehen will – jeden Tag denselben Film. Jeden Tag, wenn ich den Film auf meinem Gerät starte, bekommt sie eine Anzeige ausgeliefert. Rate mal, auf wen diese Anzeige zugeschnitten ist – auf mich. Sie ist nicht auf meine Tochter zugeschnitten. Youtube weiß natürlich nicht, dass sie den Film anschaut, aber Youtube weiß, dass es sich dabei um einen Kinderfilm handelt. Warum also schaltet die Plattform eine Anzeige für eine Reise auf die Bahamas, anstatt eine Anzeige zu schalten, die sich auf den angesehenen Inhalt bezieht?

Das ist die Stärke der kontextbezogenen Werbung. Wenn man Menschen mit dem richtigen Creative in dem Moment anspricht, in dem sie sich in dem richtigen Mindset befinden, sichert man sich ihre Aufmerksamkeit und diese Aufmerksamkeit steigert wiederum den ROAS. Dies nennt Gum Gum die Mindset-Matrix und sie ist unsere Blaupause für die Zukunft der digitalen Werbung. Wir glauben, dass Werbetreibende in der Lage sein werden, ansprechende und effektive Werbekampagnen ohne die Verwendung personenbezogener Daten zu liefern, wenn Creative, Kontext und Aufmerksamkeit zusammenarbeiten.

ADZINE: Sollte sich das Werbe-Ökosystem also von der Idee, personenbezogene Daten für das Targeting zu verwenden, vollständig verabschieden?

Visser: Die kurze Antwort lautet: Ja. Wir haben bewiesen, dass wir keine persönlichen Daten brauchen, um relevante, ansprechende und effektive Werbung zu liefern. Mit der Verschärfung der Datenschutzbestimmungen werden immer mehr Marken damit anfangen, das Risiko und den Nutzen abzuwägen, wenn es um den Einsatz personenbezogener Daten geht – je früher Marken sich also von Strategien mit personenbezogenen Daten verabschieden, desto besser.

ADZINE: Wie sollten sich Unternehmen auf die Zukunft der Digitalwerbung vorbereiten?

Visser: Ich sehe die Veränderungen als eine Chance, unsere Vorgehensweisen und unsere Einstellung zu Daten neu auszurichten. Viele der Probleme aus der heutigen Werbewelt ergeben sich aus der Tatsache, dass Menschen nicht online verfolgt werden wollen. Und während verschiedene Ansätze entwickelt werden, um Marken bei der Bewältigung der Veränderungen zu helfen, steht bei einer der wichtigsten – IDs – immer noch die Verfolgung von Personen im Mittelpunkt.

Wir müssen wir uns alle grundlegend von den derzeitigen Geschäftsmodellen verabschieden und sensibel auf die Bedürfnisse der Verbraucher eingehen. Dazu gehört es, Lösungen zu finden, die den Datenschutz an erste Stelle setzen. Obwohl Veränderungen immer schwierig sind, ist es eine spannende Zeit. Mit zunehmenden Datenschutzregulierungen und dem Abschied vom Cookie hat die Branche eine reelle Chance, ihre Art zu werben, komplett neu auszurichten, um Werbung relevanter sowie ansprechender zu machen und gleichzeitig das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen.

ADZINE: Was wäre der erste Schritt für Unternehmen in der Praxis, um sich neu auszurichten?

Visser: Ich denke, der erste Schritt besteht darin, sich Gedanken zu machen und zu versuchen, zu verstehen, mit welchem Mindset dein Kunde am ehesten mit deiner Marke in Kontakt tritt – und dann zu identifizieren, welcher Content dazu passt. Wenn du eine Beauty-Marke bist, richtest du dich intuitiv auf Beauty-Inhalte aus, aber vielleicht ergibt es auch Sinn, sich auf Körperpflege oder auf Reiseinhalte zu konzentrieren. Mein zweiter Ratschlag ist, mit einem kontextbezogenen Partner zusammenzuarbeiten, um zu testen, welche Umgebungen für deine Marke am besten geeignet sind, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu gewinnen.

ADZINE: Vielen Dank für das Interview, Eric!

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