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NEW WORK

Steht uns ein Fachkräftemangel im Programmatic Advertising bevor?

Anton Priebe, 12. Februar 2020
Bild: Elli Academy Ina Krock und Anna Petrushkina (vlnr)

Programmatic Advertising ist ein komplexes Ökosystem mit einem komplizierten Regelwerk. Sogar die Marktteilnehmer selbst haben oftmals ein Problem damit, das Feld komplett zu überblicken, und fordern laufend mehr Transparenz voneinander. Wie soll hier ein Neueinsteiger Fuß fassen? Und warum sollte er das überhaupt wollen? Anna Petrushkina und Ina Krock sprechen mit ihrer Elli Academy junge Talente an und bilden sie für den programmatischen Mediahandel aus. Im Interview erklären die beiden ihre Motivation dahinter, geben einen Überblick über den Markt und verraten, wie es die Branche schaffen kann, neue Fachkräfte für sich zu begeistern.

ADZINE: Hallo Anna & Ina, ihr habt einen Tech- beziehungsweise Agenturhintergrund und bildet im Rahmen eurer Elli Academy nun Spezialisten für Programmatic Advertising, genauer gesagt Trader, aus. Wie kommt man auf die Idee?

Anna Petrushkina: Nach wie vor gestaltete es sich extrem aufwändig, neue Mitarbeiter für die digitalen Medien – und insbesondere für den programmatischen Bereich – zu gewinnen. Entweder muss man sie selber ausbilden oder oft überteuert einkaufen. Da wir das in den vergangenen Jahren immer wieder schmerzhaft selber erlebt haben, lag es für uns nahe, sich diesem Thema einmal genauer zu widmen, woraus letztendlich die Idee der Elli Academy geboren wurde.

ADZINE: Wie funktioniert das und was lernen eure Absolventen genau?

Ina Krock: Die Elli Academy ist eine Weiterbildung für Studenten, Neu- und Quereinsteiger gemeinsam mit den relevanten Marktteilnehmern und zielt auf das anschließende Vermitteln in den Markt ab. Mit anderen Worten: Wir liefern frische Talente für die digitale Branche mit dem Schwerpunkt Programmatic.

Unsere Weiterbildung setzt sich von bekannten Programmen ab, da sie im Klassenverband und Realbetrieb in Hamburg stattfindet. Die Gesamtdauer beträgt drei Monate. Der erste Monat ist Theorie, der zweite und dritte reine Praxis an vier unterschiedlichen DSPs.

Dabei legen wir besonderen Wert darauf, dass die Studenten zuerst das Basiswissen für Programmatic Advertising, wie das programmatische Ökosystem, Pixel, Cookie, Ad Call et cetra, erlernen und verstehen. Nur so sind sie für den späteren praktischen Teil gewappnet und können eigenständig die programmatischen Kampagnenpläne erstellen, diese in den DSPs aufsetzen, monitoren und optimieren.

ADZINE: Wird der Bedarf an fähigem Nachwuchs auf diesem Sektor in Zukunft denn größer? Wenn ja, warum?

Petrushkina: Diese Frage freut uns besonders, da wir gerade erst eine Umfrage bei zahlreichen Marktplayern platziert haben. Die Ergebnisse sind eindeutig.

So antworteten beispielsweise alle Befragten, dass sie in 2020 planen, neue Mitarbeiter für den Bereich Programmatic Advertising einzustellen. Besonders interessant war dabei die Aussage für uns, dass über 70 Prozent der Unternehmen mehr als fünf neue Mitarbeiter suchen. Letztlich kann man also sagen, dass das Wachstum des Marktes, und die damit einhergehende Zunahme an operativem Aufwand im Programmatic Advertising, durch die Ergebnisse der Umfrage widergespiegelt wird.

ADZINE: Kann die Nachfrage überhaupt gedeckt werden? An welchen Talenten mangelt es speziell?

Krock: Momentan nicht, wenn man die Ergebnisse der Umfrage betrachtet. So suchen beispielsweise 57 Prozent der Unternehmen Mitarbeiter mit Erfahrungswerten von null bis drei Jahren. Weitere 29 Prozent wünschen sich Mitarbeiter mit drei bis fünf Jahren Erfahrung, und 14 Prozent der Unternehmen mit mehr als fünf Jahren. Schwerpunkte sind dabei nicht nur das Aufsetzen und Optimieren von Kampagnen, sondern auch die Fähigkeit, Kunden zu akquirieren und die zu betreuen.

ADZINE: Welche Skills müssen Absolventen mitbringen, die im Bereich Programmatic Advertising Fuß fassen wollen?

Petrushkina: Wenn man unsere Branche ansieht, merkt man schnell, dass wir eine Art Melting Pot sind. Talente kommen aus den unterschiedlichsten Ausbildungen und Berufszweigen zu uns und lernen oft erst im Daily Business das Handwerk. Bis dato gab es keine konkrete Ausbildung im programmatischen Bereich.

Natürlich ist es schwer, ein klares Profil zu zeichnen, weil jedes Unternehmen andere Anforderungen an seine Mitarbeiter stellt. Um aber ein genaueres Bild zu erhalten, was definitiv auch für uns relevant bei der Studentenakquise ist, haben wir uns nicht nur auf unsere eigenen Erfahrungswerte verlassen, sondern auch unterschiedliche Marktteilnehmer befragt.

Dabei sind folgende Skills scheinbar die relevantesten:

  • Macher und Macherinnen, die bereit sind, sich mit innovativen Technologien auseinander zu setzen.
  • Entdecker und Entdeckerinnen, die neugierig und offen für neues Wissen und für Veränderungen sind.

Und zudem sollten sie Spaß am Umgang mit Zahlen sowie an der Gestaltung kreativer Konzepte und Kommunikation haben und ebenfalls sehr gute Deutsch- und Englischkenntnisse mitbringen.

ADZINE: Wie blicken die Absolventen auf die Branche? Wollen die überhaupt als Programmatic-Spezialisten arbeiten?

Krock: Das ist eine sehr gute Frage, denn wir haben bei Vorträgen an Universitäten und Fachhochschulen festgestellt, dass nur wenig bis gar kein Wissen zu Berufsbildern und Karrieremöglichkeiten in unserer Branche vorhanden sind. Und sofern doch etwas Grundahnung besteht, wird Programmatic Advertising als trocken, langweilig und technisch betrachtet. Mit anderen Worten, und darauf legen Studenten besonders viel Wert, macht es vermeintlich keinen Spaß.

Daraus lässt sich recht einfach ableiten, dass kaum einer sich vorstellen kann, als Programmatic-Spezialist zu arbeiten. Hier gilt es also noch eine Menge Aufklärungsarbeit zu leisten, was nicht nur wir uns zur Aufgabe machen wollen, sondern auch die gesamte Branche machen muss, damit wir dem Fachkräftemangel entgegenwirken können.

ADZINE: Wie sieht eure Lösung für dieses Problem aus? Was muss man tun, damit künftig der Gap zwischen Nachfrage und Talenten geschlossen werden kann?

Petrushkina: Wie zuvor schon erwähnt, ist es unablässig, dass die Branche anfängt intensiver nach Außen zu kommunizieren, was es für Berufsbilder gibt, welche Zukunft diese haben und dass diese durchaus auch Spaß machen. Einige Unternehmen sind darin schon gut und haben verstanden, dass nur durch Präsenz und Aufklärung der zukünftige Bedarf an neuen Talenten gedeckt werden kann. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn noch mehr Unternehmen diesem Vorbild folgen würden. So könnte man sich beispielsweise das Ziel setzen, mindestens zweimal im Jahr bei entsprechenden Veranstaltungen oder an studentischen Einrichtungen Vorträge zu halten. Was wir brauchen, ist es, die Kräfte der gesamten Branche zu mobilisieren und gemeinsam die Aufklärung zu gestalten.

Wenn wir alle an einem Strang ziehen und zunehmend mehr Unternehmen sich daran beteiligen, die Mitarbeiter von morgen früher aufzuklären und abzuholen, und Weiterbildungsprogramme anbieten, die einen echten Mehrwert schaffen, könnten wir es zusammen schaffen, ein lang bekanntes und stetig wachsendes Problem lösen.

ADZINE: Anna, Ina, vielen Dank für das Interview!

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