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VIDEO - Eindrücke vom Play Summit

Wegweisende Entwicklungen im Video Advertising

Anton Priebe, 15. November 2019

Videowerbung beschränkt sich schon längst nicht mehr darauf, den klassischen Spot im TV zu schalten. Digitale Medien sind fester Bestandteil eines jeden Mediaplans für Bewegtbild. Im Herzen Hamburgs kamen im Rahmen des dritten Play Summit knapp 300 Video-Experten und 30 hochkarätige Speaker aus den unterschiedlichsten Lagern zusammen, um über aktuelle Herausforderungen in der Bewegtbildwerbung und deren Lösungsansätze zu diskutieren. Agenturen verrieten Strategien für die Kampagnenplanung und Content-Konzeption, Tech-Unternehmen stellten Innovationen vor, TV-Häuser präsentierten ihre Pläne für die Zukunft und Werbetreibende gestatteten einen Blick in ihre Trickkiste.

Die gute Nachricht schickt Lisa Poggenpohl von Nielsen vorweg: Drei Viertel der Deutschen können sich nicht vorstellen auf lineares TV zu verzichten. Jeder zweite schaut noch immer mehr als zwei Stunden pro Tag klassisches Fernsehen. Jedoch bricht diese Statistik ein, je jünger die zu erreichende Zielgruppe wird. Bei den unter 24-Jährigen sieht nur noch ein Drittel täglich fern, über 80 Prozent nutzen mindestens einen Streamingdienst, der sich in den meisten Fällen bekanntlich (noch) nicht für Werbung öffnet. Dabei ist die Werbeakzeptanz bei dieser Zielgruppe groß, insbesondere digital, was sich auch in dem entgegengebrachten Vertrauen in Online-Videowerbung widerspiegelt.

Das Problem ist also klar. Dieses schwierig über TV zu erreichende Publikum wächst nach und wird das Nutzungsverhalten im Alter sicherlich nicht noch einmal zurück zum TV schwenken, wie Sepita Ansari von der Beratung Syzygy erklärt. Wohin also mit den TV-Spots, wenn nicht ins lineare Programm? Das ist die Kernfrage, die auf dem Play Summit beantwortet werden sollte.

Substitute für TV

Outstream, unabhängige Publisher, Youtube, Facebook, Mediatheken oder andere Streamingdienste – es gibt viele Wege, Videospots an TV-Wenigseher auszuspielen. So präsentiert Henning Ehlert der Mediaagenturgruppe JOM diverse Targeting-Möglichkeiten und unterstreicht: “Die Optionen sind da, die Frage ist nur, ob das die richtige Strategie ist.” Vielleicht sollten Marken stärker in den Content-Kosmos eindringen und Inhalte anbieten?

Etwas weicher formuliert es Sepita Ansari: Ergeben klassische Push-Werbespots noch Sinn oder müssen Werber nicht viel mehr kanalabhängige Formate spielen? Mit Disney+, Apple+ und den anderen Streamingriesen kommt jedenfalls bald neue Dynamik in den Markt. Spannend ist seiner Meinung nach auch, wie sich Samsung als Gatekeeper für die Smart TVs weiterentwickeln wird. Audi generiert beispielsweise schon 250.000 Views monatlich in Samsungs Brandworld. Es geht eben um die Frage, wohin sich die Aufmerksamkeit der Konsumenten verlagert.

Kreativer Content als Schlüssel?

Aufmerksamkeit im Netz ist schwer zu bekommen, weiß auch Nicolas Poppitz von Teads. Wenn sich ein User etwa durch einen Artikel scrollt, möchte er eigentlich nur weiterlesen und sich keinen Spot ansehen. Teads Ansatz: innovative Werbemittel. Aus technologischer Sicht macht laut der Outstream-Werbeplattform die Integration von Voice, Augmented Reality, Chatbots oder Dynamic Creative Optimization in die Werbemittel Werbung interessant. Die Experience spielt dabei eine entscheidende Rolle. So bricht auch Ilhan Sengin von Showheroes eine Lanze für die Nutzererfahrung und gibt zu bedenken, wie viele Videos bereits auf mobilen Geräten konsumiert werden. Neben der Distribution in die Kanäle muss also stets die Rezeption des Konsumenten berücksichtigt werden.

Sixt geht sogar noch einen Schritt weiter. Laut dem Social-Media-Verantwortlichen Matthias Stock kommt Reichweite maßgeblich durch die smarte Konzeption von Videos zustande. Dabei baut Sixt auf Emotionalität für eine höhere Viralität – Spielregeln, die im Social-Media-Kosmos sehr gut funktionieren und sich vielleicht auch als Werbeunterbrechung auf dem Smart TV bewähren können. Für Sixt Ride wurden etwa Influencer mit ins Boot geholt: „Da erzählt Cathy Hummels zwei Minuten lang vollgas über unser Produkt. Das hat wunderbar funktioniert”, lacht Stock. „Das geht aber nur mit einem guten Produkt“, gibt er dann zu bedenken. Unterschiedliche Plattformen erfordern allerdings verschieden lange Clips. Für die Kürzung der Spots für Youtube beispielsweise setzt Sixt auf Googles eigene Spezialisten und lässt Videos von den Ignition Labs nach einem Prüfschema analysieren sowie entsprechend zuschneiden. Boris Wöhlecke von Unruly führte derweil exemplarisch vor, wie nach ihrem hauseigenen Ansatz aus einem langen Werbespot das jeweils richtige Format für digitale Kanäle wird.

Crossmediale Kampagnenplanung und Messbarkeit

Doch es bleibt Fakt: Ohne intelligente Distribution hilft auch die beste Kreation nicht weiter. Die Forschungsergebnisse von Tanja Boga von Facit Research legen nahe, dass TV-Werbung im Block immer noch am besten bei der Werbeerinnerung abschneidet, insbesondere im oberen Teil des Funnels. Youtube kommt am ehesten an das gute Ergebnis von TV ran, während ein Video auf Facebook im Gegensatz dazu deutlich abgeschlagen ist. Laut Boga läuft es bei der Planung auf crossmediale Kampagnen hinaus. Dabei sind Sonderwerbeformen als Ergänzung unbedingt zu empfehlen. Beruhigend: Der doppelte Werbekontakt kann formatübergreifend immer noch die nahezu doppelte Wirkung entfalten.

Bei dieser Strategie taucht jedoch eine Schwierigkeit auf, die auf dem Play Summit mehr als deutlich wird. Die Messbarkeit der Videokampagnen bleibt eine Herausforderung, die noch gelöst werden muss. Neue Nutzungsgewohnheiten führen unweigerlich zu neuen Kennzahlen, denn die Metriken aus TV gewährleisten kanalübergreifend keine Vergleichbarkeit. So weist jede Agentur den Erfolg der Kampagnen mit verschiedenen Metriken aus und gewichtet die einzelnen Kanäle unterschiedlich, was aber auch auf die uneinheitlichen Kennzahlen der Plattformen zurückzuführen ist. Ein Standard muss her, eine convergente Metrik, da sind sich die Teilnehmer einig. Aber eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Was aber klar ist: „Reichweite ist eine Währung aus einer alten Welt, die nicht mehr passt!“, so Henning Ehlert.

Allianzen unter Konkurrenten

Der Weg der TV-Platzhirsche, mit der sich ändernden Mediennutzung umzugehen, zeigt sich in D-Force. Das “D” steht dabei für Demand, verrät Jens Pöppelmann von IP Deutschland. Die Allianz aus Prosieben und RTL widmet sich dem Themen Online-Video sowie Addressable TV und baut eine gemeinsame Infrastruktur für den bequemen Mediaeeinkauf auf. Die Konkurrenz aus Übersee kann schonmal die größten Konkurrenten auf dem heimischen Markt zusammenschweißen. Auf der technologischen Basis, die die Demand-Side-Plattform Active Agent liefert, werden Produkte auf einen gemeinsamen Nenner gebracht und harmonisiert. Der Fokus des Services liegt dabei auf dem technischen Support, erläutert Alen Nazarian von Sevenone Media. Der Service-Level im heutigen DSP-Markt ist seiner Meinung nach stark ausbaufähig.

Das derzeit größte Projekt der D-Force ist ein gemeinsamer Graph für geräteübergreifendes Targeting. Die Bereiche Datenschutz und Zuständigkeit gestalten sich dabei als besonders schwierig. Doch es lohnt sich, wie Dr. Oliver Vesper von Smartclip betont: “Addressable TV ist die größte Innovation der letzten Jahre!“ In Kombination mit Online-Video auf einer Infrastruktur ergibt sich eine reiche Datenquelle, die zukünftig sehr wichtig sein wird, für Medienhäuser zu besitzen. Außerdem bietet Addressable TV die Chance an neue Budgets von Kunden zu kommen, die zuvor noch nie Werbung im Fernsehen geschaltet haben, so Vesper.

Maßgeschneiderter Content für spezielle Zielgruppen

Ein Beispiel für die Content-Erstellung für eine sehr schwer zu erreichende Zielgruppe stellt abschließend Jan König von Wavemaker vor. Mit Vodafone hat er sich E-Sports genähert, seit 2018 ist der Telko-Riese globaler Partner der Electronic Sports League.

„E-Sports ist das anspruchsvollste Feld, in das wir jemals hineingegangen sind“, erklärt der Agenturchef. Denn man bucht nicht einfach ein Logo wie auf einem Bundesligatrikot. “Man braucht Inhalte, die die Zielgruppe interessieren, sonst hören die dir überhaupt nicht zu.” So baut Vodafone in Kooperation mit dem Spitzenteam Mousesports eigene Content-Formate in Bewegtbild, die über Prosieben Maxx, Owned- und Mousesports-Kanäle distribuiert werden. In den Kanälen verbreitet Vodafone etwa Dokumentationen über das Team, Spieltipps von den Profis für den Shooter CS:Go oder die Tore des Monats von Wolfsburg im EA-Klassiker FIFA. E-Sports bietet laut König momentan eine Reichweite, die Marken sonst im Sport-Sponsoring nicht mehr bekommen – und es ist noch viel Platz für weitere Player. „Eins ist aber klar: Wir machen das nicht, weil es von Nielsen geprüfte Zahlen gibt, die uns sagen, dass das extrem viele Leute gucken. Wir machen das, weil wir daran glauben.“

Inwiefern Mediaagenturen im Endeffekt mit Glauben bei ihren Kunden punkten können, sei dahingestellt. Es zeigt jedoch, dass das Ende der Fahnenstange im Video Advertising noch lange nicht erreicht ist.

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