Velux' Strategiewechsel im Marketing führt zu Learnings im Programmatic Advertising
Frank Puscher, 18. April 2019Die Hamburger Velux GmbH will sich in Zukunft stärker auf den Endkunden fokussieren. Das stellt Marketingleiter Klaus Gollwitzer gleich vor eine ganze Reihe an Herausforderungen. Eine der größten ist die Neuausrichtung von Programmatic-Kampagnen.
Velux ist das Synonym für hochwertige Fenster. Die Marke ist eine gesetzte Größe bei Architekten und Bauherren, wenn es um die Bestückung von Bauprojekten mit „Glasbausteinen“ geht. Ein klassischer B2B-Account, bei dem die Kunden höhere Volumina kaufen und individuelle Preise verhandeln. Die Hamburger sind preislich im gehobenen Segment unterwegs, bieten dafür aber auch hohe Qualität.
Wie kommuniziert man die Notwendigkeit eines digitalen Wandels, während es einem noch gut geht? Der deutsche Marketingleiter Klaus Gollwitzer steht vor einer schweren Aufgabe. Die Verkaufsabteilungen melden stabile Umsätze. Das Handelsblatt schreibt dem dänischen Familienunternehmen drei Viertel des Weltmarkts zu. Drei große Übernahmen im letzten Jahr haben die Vormachtstellung der Fensterbauer aus dem Norden gefestigt.
Aber Gollwitzer ist aufmerksam. In seinen Analytics-Systemen glaubt er einen Trend zu erkennen, der weg von Velux gehen könnte. Die Endkunden – also Wohnungskäufer und Hausbauer – wollen immer häufiger selbst entscheiden, welche Fenster verbaut werden. Und bei den Endkunden ist die Marke Velux längst nicht so populär wie B2B. Kaum jemand kennt den „Dachbalkon“, eine Klapplösung für Schrägdächer. Und dass Velux schon seit Jahren Lichtleitsysteme anbietet, mit denen auch Kellerräume mit Tageslicht versorgt werden können, ist nur den Eingeweihten bekannt.
Außerdem treibt der neue Velux-Chef David Briggs das Unternehmen vor sich her. „Da geht noch mehr“, lautet sein Credo und sucht permanent nach neuen Geschäftsfeldern. „Die Digitalisierung bedeutet für die Menschen Indoor-Arbeit. Da braucht es doch noch viel mehr Frischluft“, sekundiert Gollwitzer auf der Content Marketing Conference in München.
Siebenstellige Investition in Programmatic mit Problemen
Die aktuelle Kampagne von Velux arbeitet mit Abschreckung. Wenn Licht und Luft fehlen, werden Menschen und Haustiere krank, die Leistungsfähigkeit sinkt und ohne Frischluft ist die Luftverschmutzung in geschlossenen Räumen zuweilen höher als in Stadtzentren, die eben Dieselfahrverbote ausgesprochen haben.
Diese Botschaft soll an die Endkunden gelangen, damit sie ihre Bauherren beauftragen, bei Velux zu bestellen. Oder damit sie neue Um- und Einbauten planen. Einer der wichtigsten Kanäle für Klaus Gollwitzer ist Programmatic. Und zwar für Video, Display und Native Advertising.
2018 gab Gollwitzer einen siebenstelligen Betrag aus. Die beauftragte Agentur für die programmatische Buchung war die Mediacom und die erledigte ihren Job aus Sicht von Gollwitzer nicht zufriedenstellend. „Man muss leider sagen, dass 2018 für uns kein besonders gutes Jahr bezüglich der Betreuung im Mediabereich war“, beklagt sich der Advertiser. Es hat recht lange gedauert, bis die Mediacom überhaupt die anvisierte Zielgruppe traf. „Wochenlang haben die uns Traffic geliefert, der extrem schlecht konvertierte. Als wir das geprüft haben, stellte sich heraus, dass es sich um Zielgruppen zwischen 18 und 25 handelte“, erläutert der Hamburger.
Dass dies möglicherweise auf ein Missverständnis in der Vorbereitung zurückzuführen sein könnte, lässt er nicht gelten. „Wir haben drei Monate vor Kampagnenstart begonnen, gemeinsam mit der Agentur die Zielgruppen sehr sauber auszudefinieren. Mehr können wir als Kunde nicht tun.“
Agenturwechsel und Hybridlösung als Folge
Den Absprung nahm Gollwitzer, als auch der zweite Flight nur mäßig performte. Die Inhouse gesteuerten Ausspielungen auf den Sozialen Plattformen funktionierten zum Glück dafür umso besser. Und das, obwohl nach dem ersten Flight klare Worte gesprochen worden waren und auch ein Wechsel im Account-Management gefordert und umgesetzt worden ist. „Ich musste erneut Mediacom den Vertrag kündigen, mittlerweile das zweite Mal. Das erste Mal wegen einer ähnlichen Situation bei meinem vorherigen Arbeitgeber. Schade!“.
Die Düsseldorfer Agentur wollte sich zu den konkreten Vorwürfen nicht äußern. Dennis Goetze, Managing Director antwortete auf Anfrage der Redaktion: „Basierend auf der Beratungskompetenz unserer Teams und unserer programmatischen Technologien setzen wir nachhaltig erfolgreiche Kampagnen für viele unserer Kunden um. In diesem herausfordernden Umfeld gehören Misserfolge auf dem gemeinsamen Weg in die technologische Zukunft ebenso dazu wie Branchen Best Cases, die wir zusammen mit unseren rund 300 Kunden immer wieder realisieren“.
Inzwischen setzt Velux Deutschland auf ein hybrides Modell. Gollwitzer beschäftigt sich mit seinem Team damit, sowohl eine DSP als auch eine DMP aufzubauen. Und das, obwohl er mit den Leistungen seiner aktuellen Agentur Jom aktuell sehr zufrieden ist: „Neulich kam die Agentur aktiv auf uns zu, um uns ein Werbemittel vorzuschlagen, das in den Bildern eines redaktionellen Artikels Schrägdächer erkennt und darüber Werbeelemente von uns einblendet. Ich hielt das zuerst für eine kleine Spielerei, aber die Konversionsraten sind hervorragend“, freut sich der Hamburger.
Klaus Gollwitzer im Interview!
Im New Marketing Tech Journal spricht der deutsche Marketingleiter von Velux über die Ignoranz der Digitalszene und den Vorteil von Cloud-Lösungen.
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