Der Video-Outstream-Vermarkter Teads hat in den letzten Wochen wichtige Kooperationen mit Apple News, BBC und The Economist abschließen können. Inzwischen versteht sich das Unternehmen als 'globale Mediaplattform'. 1,2 Mrd. User würde man überschneidungsfrei nun im eigenen Netzwerk erreichen können, und das vor allem programmatisch. Strategisch spielt Teads dabei immer wieder die Qualitätskarte. Schließlich soll Outstream-Werbung für Premium-Publisher eine feste Größe in der Vermarktung werden. Aus diesem Grund hängen die Franzosen die Themen Qualität, Transparenz und auch Messbarkeit ganz oben auf. Das bestätigt auch das Gespräch mit Michael Möller, dem Saleschef in Deutschland. Er fordert selbst von den Werbetreibenden mehr Bereitschaft, an der Qualitätsschraube zu drehen.
ADZINE: Wenn Sie sich jetzt mal laut über die anderen Marktteilnehmer ärgern dürften, was würde Ihnen das meiste Rot ins Gesicht treiben?
Michael Möller: Die Intransparenz, die im Markt herrscht. Gleichzeitig scheinen einige Marktteilnehmer fast schon unfähig zu sein, den Werbetreibenden wirklich bei ihren Marketingzielen zu helfen.
ADZINE: Das müssen Sie näher erklären.
Möller: Jedes Jahr veröffentlicht die Organisation Werbungtreibende im Markenverband ihren Anforderungskatalog und de facto scheint der OWM in seinen Ansprüchen immer genügsamer zu werden, da letztlich das Gewünschte und Geforderte nicht erfüllt wird. Wenn wir zum Beispiel auf die neueste Ausgabe schauen, sehen wir in den Anforderungen vor allem eins: viel Raum zur Auslegung. Aber andererseits liegt vielleicht genau darin die Hoffnung, dass die Marktteilnehmer durch solche ungenau definierten Parameter mehr Bereitschaft signalisieren dürfen, Dinge zu verändern.
ADZINE: Wie kann das sein? Wir reden hier über Unternehmen, die sehr viel Geld für Werbung ausgeben. Warum schlucken die dann eine solche Intransparenz? Am Ende geht es doch um deren Geld.
Möller: Das ist eine wirklich berechtigte Frage. Es mangelt an technischen Gegebenheiten, die es den Kunden und Agenturen ermöglichen, die vordefinierten KPIs umzusetzen. Die Alternative wäre der Verzicht auf werbliche Präsenz. Dies kann und will sich kein Werbungtreibender leisten. Demnach sind sie gezwungen, sich dem rückständigen technischen Marktstandard zu unterwerfen. Auch bei dieser Frage kommen wir wieder auf den Faktor Intransparenz zu sprechen. Aktuell ist es beispielsweise immer noch nicht möglich, für den gesamten Markt eine Viewability-Rate auszuweisen.
Gerade Videowerbung kann logischerweise aber nur wirken, wenn sie gesehen wird und dies auch technisch messbar ist. Wir können nicht mehr mit dem MRC-Standard von einer 50-Prozent-Sichtbarkeit in den ersten zwei Sekunden arbeiten. Der ist nicht mehr zeitgemäß. In diesen zwei Sekunden kann ich absolut null transportieren: weder eine Markenbotschaft, eine Kommunikationsstrategie noch irgendeine Form von Emotionalität.
ADZINE: Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?
Möller: Der Markt muss sich gemeinsam Gedanken machen. Wie schaffe ich es, einen gemeinsamen Standard für meine Kunden zu definieren, der die Ziele der jeweiligen Kampagnen misst – und das wirklich transparent und flächendeckend im gesamten Markt? Aber das kann aus technischen Gründen nicht jeder Marktteilnehmer realisieren. Dadurch wird Vertrauen zum bedeutendsten Gut.
ADZINE: Entbehrt es dann nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet Vertrauen der wichtigste Faktor sein soll, wenn es ums Geld geht?
Möller: Absolut. Das passt eigentlich nicht zusammen. Auf der einen Seite wird Vertrauen eingefordert. Doch auf der anderen Seite verschließen sich einige Player gegen Messdienstleister, die eine möglichst große Transparenz garantieren können und auch das geschenkte Vertrauen bestätigen könnten.
ADZINE: Wenn Transparenz der richtige Weg ist, welche Transparenz bietet Teads?
Möller: Wir arbeiten mit unterschiedlichen Messdienstleistern zusammen. Bei der Entscheidung für einen Drittanbieter richten wir uns ganz nach den Wünschen und Anforderungen der Kunden. Transparenz beschränkt sich bei Teads nicht nur auf die Sichtbarkeit der Werbemittel. Auch die Themen Brand Safety und Fraud sind bei uns nicht nur Buzzwords, sondern gehören zu unserem standardisierten Kampagnen-Setup. Wir bei Teads sind der Meinung, dass wir als Dienstleister Lösungen anbieten müssen, die auf die jeweiligen Anforderungen der Kunden einzahlen und diese auch messbar machen. An dieser Stelle unterscheiden wir uns schon sehr stark von den anderen.
ADZINE: Beim Play Summit am 18. Oktober 2018 werden Sie an dem Panel „Media Buying Instream und Outstream“ teilnehmen. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der perfekten Vernetzung von Angebot und Nachfrage und was fehlt. Also was meinen Sie, was fehlt?
Möller: Einheitliche KPIs. Wenn ich Instream und Outstream miteinander vergleiche, ist das einzige Verbindende, dass es sich um Videos handelt. Mehr Übereinstimmungen gibt es aktuell nicht. Wenn ich also nicht flächendeckend messen kann, ob ein Instream-Spot zu einem gewissen Prozentsatz durchgeschaut wurde und das auch im sichtbaren Bereich, dann kann ich das einfach nicht mit Outstream vergleichen, bei dem ich eine völlig transparente Messung habe, zu wie viel Prozent ein Video im sichtbaren Bereich lag.
ADZINE: Des Weiteren sagen Sie aber auch, dass Vergleichbarkeit und Planbarkeit nur Buzzwords sind, hinter denen sich der Markt verstecke, damit wir keine Entwicklung nehmen müssen. Heißt das, dass der Markt stagniert?
Möller: Der Markt stagniert sehr stark. Wenn wir uns offizielle IAB-Europe-Zahlen anschauen, dann wächst Outstream um mehr als 60 Prozent und Instream gerade um 6 Prozent. Leider ist Outstream in Deutschland kein Bestandteil von offiziellen Budgetausweisungen, zum Beispiel des OVK, was eine lokale Vergleichbarkeit erschwert. Man muss aber kein Prophet sein, um ähnliche Wachstumsraten auf lokaler Ebene zu erkennen. Mit Instream und Outstream haben wir zwei Gattungen und streiten uns noch immer, welches das bessere Format ist. Wir sollten vielmehr darüber reden, wie man die beiden sinnvoll kombinieren kann. Dabei geht es um Planbarkeit. Aber die gibt es nur, wenn man Vergleichbarkeit hat. Eine Vergleichbarkeit kann es aber nur geben, wenn es einheitliche KPIs gibt, die auch transparent und flächendeckend messbar sind. Wie Sie sehen, drehen wir uns also die ganze Zeit im Kreis, ohne einen Lösungsansatz zu definieren. Die Leidtragenden sind am Ende die Kunden und die Agenturen, für die es schlichtweg nicht möglich ist, eine einheitliche Bewertung vorzunehmen.
ADZINE: Wir haben mit dem Ärger angefangen, versuchen wir einen versöhnlichen Abschluss. Was muss passieren, dass dieses Sich-im-Kreis-Drehen durchbrochen wird?
Möller: Hier kann ich mich nur wiederholen. Wir brauchen einheitliche KPIs, die grundsätzlich für Videowerbung gelten und die auch wirklich marktübergreifend messbar und transparent ausweisbar sind. So lassen sich einzelne Videogattungen und Marktteilnehmer vergleichen und ihre Stärken und Schwächen so steuern, dass sie der Kommunikationsstrategie entsprechen.
ADZINE: Wird es gelingen?
Möller: Es wird klappen, wenn sich alle auf einen Standard, wie zum Beispiel VAST 4.0 einigen. Das ist aber lediglich der erste Schritt. Der sehr viel wichtigere Schritt wird die tatsächliche Umsetzung sein. 80 Prozent aller Marktteilnehmer sollen bis Ende 2018 auf VAST 4.0 umgesattelt haben. Dies entspricht zumindest dem Wunschdenken des BVDW. Aber leider sind wir von dieser Wunschvorstellung noch sehr weit entfernt. Und somit werden wir auch in das Jahr 2019 mit intransparenter Videomessung starten.
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