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ADTECH

„Die digitale Zukunft ist das Ende der Werbung, wie wir sie kennen“

Frederik Timm, 13. März 2018
Bild: Adverserve Presse Michael Jiresch und Thomas Zant

Der Wiener Adtech-Spezialist Adverserve und die Österreichische Post haben zu Beginn des Jahres ein gemeinsames Forschungsprogramm zur Zukunft der Werbung gestartet. In der neu gegründeten Business Unit „Enterprise“ laufen alle Fäden zusammen – vom Trendscouting bis hin zu völlig neuen Werbekonzepten.

Die neue Abteilung kümmert richtet ihre Sicht dabei in die Zukunft: Was sind die wichtigsten digitalen Trends der nächsten fünf bis zehn Jahre? Welche neuen Geschäftsmodelle entstehen daraus? Welche Auswirkungen haben neue Technologien auf den Online- und Offline-Werbemarkt und auf deren Integration?

Im ersten Schritt beschäftigt sich die neue Unit dafür mit den internationalen Entwicklungen in der gesamten digitalen Landschaft und kategorisiert und bewertet diese. Im zweiten Schritt soll die Praxistauglichkeit im Mittelpunkt stehen, also welche Innovationen dem Kunden einen Mehrwert bringen und ab wann sie einsatzbereit sind.

Nach Abschluss des Proof of Concept sollen schließlich die neuen Ideen und Konzepte in die Geschäftsplanung von Adverserve und dem digitalen Servicebereich der Österreichischen Post einfließen. Die Unternehmen planen aus den Resultaten neue Serviceangebote sowie einen klar messbaren und validierten Mehrwert für ihre Kunden abzuleiten.

Im Interview erklären Thomas Zant, Geschäftsführer der Adverserve Holding, und Michael Jiresch, Leiter Digital Services der Österreichischen Post AG, wie sie die digitale Zukunft als Ganzes sehen.

ADZINE: Sie haben es mit der digitalen Zukunft zu tun – was haben Sie sich vorgenommen?

Bild: Thomas Zant

Thomas Zant: Wir sind an einem Wendepunkt angelangt: Digitale Innovationen und neue Technologien werden zum Mainstream. Ich habe vor kurzem gelesen, dass der japanische Mobilfunkbetreiber NTT DoCoMo eine fliegende Werbedrohne entwickelt, die mit einem Netz von LED-Leuchten ausgestattet ist und sich mit wechselnden Anzeigen in der Luft dreht. Das sind aus meiner Sicht nicht die entscheidenden Fragen der digitalen Zukunft, sondern elektronische Spielereien. Entscheidend wird vielmehr sein, wie wir Werbung intelligent in den Alltag der Menschen integrieren und Werbung an ihrem digitalen Nutzungsverhalten ausrichten. Ich möchte den Begriff Ambient Advertising reaktivieren: Werbung sollte subtil, nicht störend sein. Sie muss einen Mehrwert bieten und darf den Anwender nicht ablenken. Aus diesem Grund müssen wir massiv an der Qualität der Werbung arbeiten, um die User Experience zu maximieren. Und aus Sicht der Werbetreibenden bleibt in Sachen Transparenz noch viel zu tun: Wie Werbung funktioniert und wie sie messbaren Mehrwert für das Unternehmen generiert.

ADZINE: Marktforscher von GlobalWebIndex beobachten eine steigende Nachfrage nach Adblocking-Tools. Fast jeder vierte Online-Nutzer in den USA nutzt inzwischen Adblocker, in Deutschland sieht es ähnlich aus. Was sagt das über den Stand der Werbung aus?

Zant: Adblocking ist ein Symptom, das wir sehr ernst nehmen müssen. Wir müssen uns fragen, warum so viele Internetnutzer von Werbung so genervt sind, dass sie sie lieber ganz ausblenden. Wir müssen zugeben, dass Werbetreibende und Publisher sowie die großen Plattformen wie Google und Facebook in den letzten Jahren einfach nicht genug getan haben, um Werbung besser zu machen. Wahrscheinlich haben wir uns in das technisch Machbare verliebt – und zu wenig darauf geachtet, was für die Nutzer tatsächlich relevant ist.

ADZINE: Wie könnte eine bessere Werbeform aussehen?

Zant: Mein Freund und Geschäftspartner George Nimeh sagte einmal in einem TEDx Talk: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein User auf einen Online-Banner klickt, ist nur unwesentlich größer als das Risiko, vom Blitz getroffen zu werden. Das ist natürlich eine provokante Aussage, aber sie weist uns in die richtige Richtung: Wir sollten uns von der Vorstellung verabschieden, dass Werbung nur durch Benutzerinteraktion funktionieren kann, z.B. durch Klicken auf etwas. Das können wir von Menschen in einer Welt, in der wir mit Hilfe von Alexa, Siri und Google Assistant schon bald einen Großteil unseres Alltagslebens bewältigen werden, nicht erwarten. Auf der einen Seite wird die Werbung subtiler, auf der anderen wird sie stärker integriert – und vielleicht verschwindet der Begriff Werbung früher oder später ganz. Die digitale Zukunft signalisiert das Ende der Werbung, wie wir sie kennen.

ADZINE: Welche Rolle wird die Österreichische Post in dieser digitalen Zukunft spielen?

Bild: Michael Jiresch

Michael Jiresch: Wir sind seit jeher ein wichtiger Geschäftspartner für Unternehmen aller Größen und Branchen. Es kann sein, dass nicht jeder spontan digitale Inhalte mit unserer Marke in Verbindung bringt. Richtig ist jedoch, dass sich unsere Kunden seit vielen, vielen Jahren an uns wenden, wenn es darum geht, neue Strategien und Lösungen für Wachstum durch Innovation zu entwickeln. Ich glaube, dass wir mit unserer 500-jährigen Geschichte für Nachhaltigkeit in der Geschäftsinnovation stehen – und damit ein solides Sprungbrett für den Beginn der digitalen Zukunft sind.

ADZINE: Die digitale Zukunft mit der Österreichischen Post klingt tatsächlich erst mal seltsam – ist die Post nicht dafür bekannt, mehr offline als digital zu sein?

Jiresch: Natürlich steht unsere Marke traditionell für Logistikdienstleistungen, die Briefe und Pakete ausliefern, was in hohem Maße Offline-Geschäft ist. Aber auch im Online-Geschäft sind wir seit vielen Jahren sehr erfolgreich und helfen unseren Geschäftskunden, ihre Kunden mit hybriden Werbelösungen zu erreichen, die Offline und Online intelligent miteinander verbinden. Es gehört zu unserem Leitbild, ehrgeizige Ziele zu setzen, langfristig zu denken und mit neuen Technologien Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen. Wenn Sie möchten, ist Technologie für uns ein Mittel zum Zweck. Helfen digitale Innovationen uns dabei, die Wertschöpfung für unsere Kunden und deren Kunden zu steigern? Dann setzen wir sie natürlich konsequent um. In adverserve haben wir nun einen kompetenten Partner an Bord, der uns hilft, diese Reise weiter zu beschleunigen.

ADZINE: Was können wir von der Partnerschaft zwischen Adverserve und der Österreichischen Post in den kommenden Jahren erwarten?

Zant: Mittelfristig denke ich, dass der Punkt, den Michael gerade erwähnt hat, eine der spannendsten Herausforderungen sein wird. Wie kombinieren wir Offline- und Online-Welten zu einem universellen Kundenerlebnis? Wenn wir in den nächsten fünf Jahren eine intelligente Lösung für dieses Problem finden, ist das ein großer Schritt nach vorn – sowohl aus Sicht unserer Werbekunden als auch vor allem für Endkunden, die zu Recht eine höhere Werbequalität erwarten. Mit unserer neuen Business Unit Enterprise gehen wir genau das an.

ADZINE: Meine Herren, vielen Dank für das Gespräch!

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