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MOBILE

Wer trägt die Verantwortung für die Bekämpfung von Mobile Ad-Fraud?

Andreas Naumann, 10. Juli 2017
Quelle: Cartoonsource / Adobe Stock

Digitale Werbung und insbesondere programmatische Werbung machen einen immer größeren Anteil der weltweiten Werbeetats aus. Gleichzeitig macht diese Entwicklung den digitalen Werbemarkt auch attraktiv für betrügerische Aktivitäten, die sich beispielsweise durch gefälschte Werbe-Interaktion ein möglichst großes Stück des Kuchens sichern wollen.

Nach einer Studie des Interactive Advertising Bureau (IAB) und Ernst & Young kostet der sogenannteMobile Ad Fraud die US-amerikanische Werbebranche jährlich ca. 8,2 Milliarden US-Dollar. Alleine wir bei Adjust lehnen am Tag weltweit die Attribution von ca. 200.000 Installs aufgrund von Fraud ab. Die Zahlen zeigen eindeutig, dass mit steigenden Budgets im App-Marketing auch gleichzeitig die Fälle von Ad-Fraud steigen.

Eine ganze Branche steht also vor einem Problem, das keinen Marktteilnehmer verschont: Auf der einen Seite stehen die Werbetreibenden (Advertiser), die ihre Budgets zu gewissen Teilen in scheinbar hochwertigen Traffic investieren und dadurch nicht unwesentliche Anteile ins Nichts schicken. Auf der anderen Seite stehen die Plattformen, die genau diesen betrügerischen Traffic ermöglichen und deren Dienstleistung damit qualitativ schlechter wird. Es ist klar, dass beide Seiten ein Interesse daran haben müssen, Ad Fraud wirksam und nachhaltig zu bekämpfen.

Wer hat die Kontrolle über den Traffic?

Jedoch herrscht bei dem Thema große Uneinigkeit, wer letztlich für die Bekämpfung von Ad Fraud verantwortlich ist und die Initiative übernehmen soll. Die Werbetreibenden sehen die Verantwortung für die Qualität des Traffics bei den Werbeplattformen, da sämtlicher Traffic auf ihren Kanälen generiert wird. Nach dieser Argumentation sollten Netzwerke mehr Transparenz in ihr Publisher-Portfolio bringen und zeigen, welche Advertiser, App-Publisher oder Supply-Side-Partner in welchem Maße Fraud-Traffic über Sub-Sources bereitstellen.

Die Plattformen hingegen sehen die Verantwortung in erster Linie bei den Advertisern, die die Kampagnen schalten, da sie die vollen Einblicke über die Aktivitäten innerhalb ihrer Apps haben und somit erkennen müssten, wenn der Traffic Fraud-Aktivitäten aufweist. Dieser Argumentation nach sollten Sie untereinander die Verantwortung für ihre Budgets übernehmen, anstatt zu erwarten, dass ihre Plattformanbieter die Nutzer nach dem Werbeklick weiterhin in der Tiefe analysieren, um schwarze Schafe im Traffic zu identifizieren.

Beiden Denkweisen liegt eine grundlegend falsche Annahme zugrunde, nämlich die, dass betrügerisches Verhalten erst dann erkannt werden kann, nachdem der Werbetreibende für eine Installation bereits bezahlt hat. Wird der Kampf gegen Fraud erst dann aufgenommen, wenn er bereits geschehen ist, so führt das zusätzlich zu längeren und kostenintensiven Chargeback-Prozessen von investiertem Budget. Der Prozess ist nicht nur sehr kostspielig, sondern auch völlig ineffektiv. In der Regel bestehen keine Regressansprüche für Werbetreibende, wenn sie im Nachhinein feststellen, dass mit ihrem Traffic während der Kampagne etwas nicht gestimmt hat. Werbenetzwerke handeln dann in der Regel aus “Goodwill”, ob Sie den finanziellen Schaden ersetzen oder ob sie sich weigern.

Die zentrale Frage lautet also:

Wer übernimmt die Verantwortung für die Kontrolle des Traffics und somit auch die Verantwortung für den Kampf gegen Ad Fraud?

Alle müssen Verantwortung übernehmen

Zunächst ist es wichtig, dass jeder Mitwirkende in der Wertschöpfungskette seinen eigenen Traffic validiert und Fraud somit identifiziert. Um jedoch Ad Fraud nachhaltig und wirksam zu bekämpfen, müssen alle Parteien zusammenarbeiten und sich das Ziel stecken, Fraud bereits dann zu bekämpfen, bevor er entsteht. Dazu gilt es, existierende Präventions-Tools für Fraud zu implementieren und Fraud Prevention in der Organisation zentral und konsequent umzusetzen. Nur so können Betrugsfälle drastisch reduziert werden, bestenfalls sogar beseitigt.

Eric Seufert, Founder of Heracles and former VP of User Acquisition bei Rovio, meint dazu: „Fraud ist auf eine erschreckende Weise ein wirklich gutes Beispiel dafür, dass das Ökosystem erwachsen geworden ist. Die Mechanismen von Ad Fraud sind so ausgefallen, dass es keinen Weg mehr gibt, dass ein Werbetreibender damit alleine fertig wird."

Dritte Vermittler-Lösungen haben den Vorteil unvoreingenommenen zwischen dem Werbetreibenden und Werbenetzwerk zu vermitteln. Sie haben die Möglichkeit, als Regulator zu handeln und die nötigen Tools und Funktionen bereitzustellen, um die Auswirkungen von Fraud zu mildern. Heute ziehen Advertiser nur vereinzelt Stichproben, um betrügerische Aktivität zu identifizieren und investieren nicht wirklich in Fraud-Prevention-Technologie.
Werbetreibende und Werbenetzwerke müssen jeder für sich Verantwortung für Fraud übernehmen. Das tun sie nicht, indem sie den Schaden nach Fraud-Fällen regulieren, sondern indem sie vorher in Fraud Prevention investieren und somit Schaden im Vorfeld abwenden. Findet diese Investitionsbereitschaft nicht statt, wird die Mobile-Advertising-Branche weiter Milliarden verscherbeln. Das hätte die Folge, dass programmatische Werbung nie wirklich ihr Marktpotenzial erreichen wird.

Bild Foto: Adjust / Andreas Naumann Über den Autor/die Autorin:

Andreas Naumann ist versiert in groß angelegten Datenanalysen und seit Januar 2016 als Leiter der Anti-Fraud-Initiative bei adjust. In den vorgegangenen acht Jahren war er bei vielen führenden europäischen Marketing-Netzwerken wie Zanox, Trademob und Glispa für die Betrugsbekämpfung verantwortlich. Zusammen mit adjust arbeitet Naumann an einem Algorithmus mit dem in Echtzeit Fraud erkannt und herausgefiltert werden kann, sodass adjust’s Kunden saubere Daten erhalten, die den Erfolg der Kampagne realistisch widerspiegeln.

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