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Dynamic Creatives: Noch nicht alles Routine

Jens von Rauchhaupt, 14. Juni 2017
Bild: unsplash.com Alice Achterhof; CC0

DCO steht für Dynamic Creative Optimization. Damit können Advertiser an Targeting-Kriterien angepasste Werbemittel dynamisch in skalierbarer Reichweite ausliefern. Der Erfolg solcher Dynamic Creatives steht und fällt mit den passenden Datensätzen und dem Willen der Werbetreibenden, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Viele Brand-Werbetreibende befinden sich auf diesem Gebiet noch in der Experimentierphase während sich im E-Commerce DCO bereits auf breiter Front durchsetzt. Und nun sollen auch Videospots dynamisch und personalisiert ausgeliefert werden, eine technologisch ungleich schwierigere Aufgabe.

Werbetreibende noch in der Testphase

Ein Creative mit einem Pkw-Modell in dezenter Farbe, für die ältere Zielgruppe, der richtige Startflughafen für die passende Region des Nutzers, der eine Reise plant, oder einfach an Geschlecht oder Familienstand angepasste Werbemotive, all das ist eigentlich schon möglich und wird vor allem im E-Commerce auch praktiziert. So können Online-Shop Besucher in Abhängigkeit ihres Warenkorbes oder angeschauter Produkte passende Werbemittel erhalten. Zusätzlich lassen sich Produkte, Lieferstatus, Incentivierungen wie Rabattaktionen oder Markenpräferenzen in die dynamischen Display-Werbemittel einbauen.

Das Ziel: für die Zielgruppe besonders relevante Werbemittel, die für eine höhere Awareness, mehr Engagement und letztlich höhere Conversion sorgen sollen. Dynamic Creatives sind ein großes Thema, auch bei den Brand-Advertisern. Arne Kirchem, Unilevers Mediadirektor DACH, sieht in Dynamic Creatives große Chancen, um Werbebotschaften „wirklich reichweitenstark mit unterschiedlichen Werbeansprachen“ an Subzielgruppen heranzubringen. „Wenn Menschen auf für sie angepasste Werbebotschaften besser ansprechen, weil sie situativer ist, dann sehe ich ein großes Potenzial in Dynamic Creatives“, so Kirchem in einem ADZINE-Interview.

Viele Werbetreibenden testen aber erst noch den Umgang mit Dynamic Creatives. Das Problem ist dabei weniger die Technik als die fehlende Erfahrung auf diesem Gebiet. „Es gibt Fälle, da testen die Werbetreibenden 50 verschiedene Creatives aus, die zunächst händisch erstellt worden sind, erst dann machen sie sich Gedanken über DCO. Dabei ist es mit einer guten DCO-Funktionalität eines Adservers möglich, gleich von vornherein alle unterschiedlichen Assets eines Werbemittels über A/B-Testing auf Conversion und Engagement zu überprüfen“, sagt Hendrik Herdemerten, Operations Manager DACH vom Third-Party-Adserver Adventori.

Hendrik Herdemerten / Adventori Hendrik Herdemerten

Über ein DCO-Tool lassen sich tausende Variationen eines Werbemittels messbar testen und ausliefern. Das Ausgangs-Creative kommt von der Kreativagentur. Zusätzliche Visuals und Texte werden als Assets mitgeliefert und dann über ein Template im Adserver angelegt. „Die Daten für das passende Zielgruppen-Targeting kommen dann vom Kunden, diese können beim Programmatic Advertising auch über eine DMP einfließen. Wir bauen dann mit dem Kunden Szenarien auf. Dafür werden Regeln für die Zusammensetzung der Creatives für die Auslieferung festgelegt“, beschreibt Herdemerten das DCO-Procedere bei Adventori.

Programmatic ist dabei keine Voraussetzung, um DCO umzusetzen. „Der Mediaeinkauf kann auch klassisch erfolgt sein. Allerdings verringert Programmatic die Schnittstellenproblematik und kann dadurch die gesamte Umsetzung von DCO vereinfachen“, so Herdemerten. Adition, AdForm, DoubleClick, Sizmek und viele weitere Adserver und auch DSPs bieten von Haus aus solche DCO-Funktionalitäten an. „Weil es einfach zum Leistungsangebot dazugehört, aber keiner der Anbieter ist – von einigen Ausnahmen abgesehen – wirklich gut darauf spezialisiert. DCO ist der letzte Schritt, um eine relevante Werbebotschaft zum Konsumenten zu bringen, mit einem unglaublichen Optimierungspotenzial, dem leider noch viel zu wenig Beachtung geschenkt wird“, sagt Herdemerten.

Die Digitalagentur Echte Liebe hat sich Dynamic Creatives bereits auf die Fahnen geschrieben und verbindet es mit dem Programmatic Buying. „Grundsätzlich kein schwieriges Thema“, wie Geschäftsführer Siamac Rahnavard meint, soweit sich der Werbetreibende zuvor dazu ausreichend Gedanken gemacht hat. „In erster Linie bedarf es eines vernünftigen Konzeptes, einer Strategie, und selbst das ist, unabhängig von Programmatic, in vielen Unternehmen nicht vorhanden. Es werden nach wie vor Werbebudgets ausgegeben – wie dabei die Wirkung beim Konsumenten ist, spielt keine Rolle“, bemängelt Rahnavard.

Foto: Echte Liebe / Siamac Rahnavard Siamac Rahnavard

Die Technologie und die Daten seien für Dynamic Creatives schon lange vorhanden. Echte Liebe setzt verschiedene Tools dafür ein, u. a. AppNexus, AdForm, Brightroll, TabMo, TheTradedesk. Doch was hilft das beste Tool, wenn die Unternehmen „noch nicht damit begonnen haben, die Daten aufzubereiten?“, fragt Rahnavard. Er sieht daher die Datensegmentierung für Dynamic Creatives als eine ureigene Agenturaufgabe. Der Agenturchef wundert sich, wie „dilettantisch“ selbst sehr bekannte E-Commerce-Unternehmen ihre datengetriebenen Maßnahmen bisher umsetzen. Dazu zählt er speziell solche Unternehmen, die auch immer wieder als Musterbeispiel für Data Driven Marketing oder als Data Source dienen, „die also wissen sollten, was sie da tun.“

Dynamic Creatives in der Videowerbung

Auch in der Videowerbung gibt es inzwischen die ersten Beispiele, bei denen Instream-Spots dynamisch an die Zielgruppe angepasst wurden. Wirklich kreative Lösungen sind im Bereich Video-DCO aber eher rar gesät. Echte Liebe arbeitet dazu eigens mit einer Bewegtbildagentur zusammen, um basierend auf den Daten des Kunden entsprechenden Content produzieren zu lassen. „Emotionen stehen im Vordergrund, die Kreativleistung ist jedoch um ein Vielfaches komplexer, entsprechend höher auch die Kosten“, sagt Siamac Rahnavard.

Foto: Adition /Jörg Klekamp Jörg Klekamp

Für Instream Ads gilt es zu unterscheiden zwischen vorgerenderten Videos und echten Dynamic Creatives. „Vorproduzierte Videos, die dann nach Targetingkriterien passend ausgeliefert werden, haben keine technische Restriktion. Ausschlaggebend für den Erfolg ist hier eine hochwertige Datenbasis des Advertisers“, sagt Jörg Klekamp, Vorstand von Adition. Beim deutschen Adserveranbieter Adition und dessen Creative Solutions Team sind Dynamic Creatives bereits seit mehreren Jahren ein Thema und viele Retailer liefern darüber dynamisch Display- wie auch Videowerbemittel für Performance-Kampagnen und Brand-Kampagnen aus. Laut Klekamp wäre es keine Seltenheit, dass bis zu 500 unterschiedliche Variationen der Videospots vorgerendert zur Verfügung stehen. Anders sähe es mit Videospots aus, deren Inhalt - vornehmlich Texte - tatsächlich in Echtzeit aus dem Adserver dynamisch zusammengestellt und ausgeliefert werden „Das ist zumindest bei den Adserver-Anbietern weniger verbreitet, da es eine riesige Serverleistung erfordert. Schließlich müssen die Videos in Echtzeit gerendert werden“, erläutert Klekamp.

Ein recht neuer Anbieter auf dem Gebiet der "echten" DCO-Videowerbung ist das schwedische Unternehmen AdLayer, das beispielsweise bereits für TUI Creatives in einem Videospot dynamisch angepasst hat. Allerdings handelt es sich hierbei weniger um eine kreative Meisterleistung als vielmehr um ein Beispiel massentauglicher Effizienz. Für die TUI-Kampagne wurden 14.000 Videospots automatisiert zum Standort des Nutzers verändert, in dem Startflughafen und der Preis je nach Region individuell ausgespielt wurden. Dadurch konnte TUI seine Conversion verdoppeln und in einigen Regionen sogar um das Dreifache steigern. AdLayer nennt seine Lösung „Auto Video Technology“. AdLayer ist kein Adserver, sondern eine reine DCO-Plattform, mit der Mediaagenturen oder Kunden die Videospots je nach Zielgruppe dynamisch anpassen und ihre Kampagnen optimieren können.

Foto: Anders Björling / Adlayer Anders Björling

Der Grund, warum selbstständige DCO-Lösungs- und Produktionsplattformen ihre Daseinsberechtigung haben, liegt laut Gründer und CEO Anders Björling in der Serviceleistung vieler Adserver-Anbieter. „Die meisten Adserving-Anbieter wollen sich nicht mit der Produktion von Werbemitteln beschäftigen und sich deshalb auch nicht weiter mit den Problemen, die Kreativteams haben, auseinandersetzen. Normalerweise kümmert man sich mehr um Retargeting und nimmt an, dass die Daten für die Personalisierung bereitliegen. Letzteres kommt jedoch nur selten vor, weswegen unsere Lösung einen klaren Beitrag zur Marketingautomatisierung leistet. Unsere Agenturkunden, die viele verschiedene Adserver wie AdForm, DCM, Sizmek usw. nutzen, wollen jedoch mit nur einem Interface für DCO und skalierbare Produktion arbeiten“, erklärt Björling. Laut Björling spielen bei der Videowerbung auch die Videoplayerstandards eine wichtige Rolle für die Realisierung echter dynamischer Creatives. „Will man Video-DCO außerhalb von VAST nutzen, hat man schnell ein Reichweitenproblem, da viele Player die Technologie nicht unterstützen. VAST hingegen wird von allen Videoplayern unterstützt, bietet jedoch nicht die Möglichkeit, DCO einzusetzen. Wir haben hier eine Lösung entwickelt, um die Vorteile von VPAID zu nutzen und trotzdem die Reichweite zu generieren.“

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