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SOCIAL MEDIA

Der größte Facebook Irrtum kommt aus Princeton

Frederik Timm, 8. Februar 2017
Bild: adobe Stock glynspencer

Totgesagte leben länger. Facebook feiert seinen dreizehnten Geburtstag und beweist der Wissenschaft, dass seine Zeit noch nicht abgelaufen ist. Tatsächlich prophezeiten Wissenschaftler aus Princeton dem Social-Media-Riesen bis zu diesem Jahr den Exitus. Die kürzlich veröffentlichten Abschlusszahlen für 2016 sprechen jedoch eine ganz andere Sprache. Der 2014 herangezogene Vergleich zur früheren Hype-Plattform Myspace scheint sehr weit hergeholt, bis man sich die Datengrundlage ansieht.

2014 haben Wissenschaftler aus Princeton eine steile These aufgestellt: Facebook verliert 80 Prozent seiner Nutzer bis 2017. Im Jahr 2017 angekommen, zählt Facebook an seinem dreizehnten Geburtstag mehr Nutzer denn je zuvor. 1,23 Milliarden Nutzer sind täglich in dem sozialen Netzwerk unterwegs. Auch finanziell läuft es gut. Das Unternehmen konnte 2016 ein Umsatzplus von 54 Prozent verbuchen. Wie kommt es also dazu, dass die Wissenschaftler so falsch liegen?

Google-Suche kein Indikator für Erfolg

Das Problem liegt an den zugrundeliegenden Messdaten. Für die Vorhersage haben die Wissenschaftler Googles Trendanalyse der Suchanfragen verwendet. Hier ließ sich um 2014 ein Rückgang an Suchanfragen nach dem Netzwerk feststellen. Allein auf dieser Grundlage stimmt die Prognose des Papers aus Princeton mit den aktuellen Daten überein. Die Suchanfragen sind mittlerweile auf das Niveau von 2009 abgesunken.

Der vermeintliche Fehler tritt erst im Vergleich zu dem Facebook-ähnlichen, aber gescheiterten Netzwerk Myspace auf. Im Fall von Myspace ging der Rückgang der Google-Suchanfragen auch mit dem Nutzerschwinden des Netzwerks einher. 2014 zeigte Facebook leicht sinkende Suchanfragen bei Google und indizierte damit eine ähnliche Entwicklung.

Vergleich zu Myspace hinkt

Allerdings dürfte der Grund dafür nicht in der sinkenden Popularität des Netzwerks liegen. Vielmehr verzeichnet Facebook schon seit Langem eine Abwanderung von Desktop zu Mobile. Nutzer gelangen dadurch hauptsächlich via App in das Netzwerk und nicht mehr über die Internetseite, die viele durch die Google-Suche ansteuern.

Hinzu kommt, dass Facebook über die Funktionen eines sozialen Netzwerks, wie es Myspace war, hinausgeht. So hat Myspace von Beginn an seinen Fokus auf die Musikszene gelegt und sich auch dementsprechend entwickelt. Facebook hingegen startete als Netzwerk für Studenten, hat sich jedoch sehr bald für die Öffentlichkeit geöffnet und gehört mittlerweile auch für Unternehmen zu einem Muss.

Zudem hat Facebook die Vermarktung seiner Werbeplätze selber in die Hand genommen. Inzwischen vermarktet das Unternehmen über das Audience Network auch externe Inventare und verschafft sich einen ständig wachsenden Pool an Nutzerdaten.

Facebook schafft es bisher sich immer wieder weiterzuentwickeln. Dabei helfen auch die Projekte des Unternehmens. Mit dem Kauf des Virtual-Reality-Entwicklers Oculus will Zuckerberg auch die Funktionen seines sozialen Netzwerks erweitern. Es wäre dadurch möglich, dass Nutzer über VR berühmte Orte aufsuchen, Sportereignisse sehen oder an Lehrveranstaltungen teilnehmen können. Auch mit dem Projekt internet.org verfolgt Facebook nicht nur uneigennützige Zwecke. Mit der Bereitstellung von sogenannten Free Basics möchte Facebook grundlegende Funktionen des Internets auch in Ländern bereitstellen, die sonst über keine Verbindung zum WWW verfügen. Dazu gehört natürlich auch der Zugang zum Netzwerk selbst und zum Messenger.

Berühmte Irrtümer der Tech-Branche

Facebook ist jedoch nur ein Beispiel für verpatzte Prognosen. Die Wissenschaftler aus Princeton befinden sich in guter Gesellschaft. So proklamierte David Pogue, Tech-Kolumnist bei der New York Times, ein Jahr vor Erscheinen des iPhones: „Everyone's always asking me when Apple will come out with a cell phone. My answer is, 'Probably never.'“ Und auch Ex-Microsoft-Chef Steve Balmer prophezeite, vielleicht auch etwas aus Verdruss, 2007: „There’s no chance that the iPhone is going to get any significant market share.”

Sensationell falsch lag auch Robert Metcalfe, Erfinder des Ethernets, als er 1995 sagte: „I predict the Internet will soon go spectacularly supernova and in 1996 catastrophically collapse." Nur zwei Jahre später soll er auf der World Wide Web Conference eine Kopie seiner Kolumne aus 1995 mit Wasser gemischt und gegessen haben.

Im Nachhinein sind fehlgeschlagene Prognosen unterhaltsamer Gesprächsstoff. Sie zeigen jedoch auch, mit welcher Vorsicht Aussagen zu genießen sind, die sich auf die etwas entfernte Zukunft beziehen. Es wird zum Beispiel spannend zu erleben, wie hoch der Anteil von programmatisch gehandelter Werbung 2020 wirklich ist.

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