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PROGRAMMATIC

Programmatic Advertising - Ein langer Weg in Deutschland

Frederik Timm, 12. Juli 2016
Bild: Rawpixel.com -Adobe Stock Rawpixel. com

Während Programmatic Advertising in Deutschland derzeit vergleichsweise zurückhaltend betrieben wird, rechnen Pubmatic, Magna Global und IDC damit, dass in den USA der automatisierte Handel mit Werbeplatzierungen bis 2020 65 Prozent des gesamten digitalen Werbeumsatzes des amerikanischen Marktes ausmacht. Auf dem hiesigen Markt werden derzeit jedoch noch kleinere Brötchen gebacken. Programmatic ist noch auf dem Weg sich zu etablieren, für viele jedoch noch nicht dort angelangt.

Programmatic in der heißen Phase?

Im jährlich erscheinenden Real Time Marketing Kompass hat sich die OMG-Tochter Resolution Media näher mit der Frage beschäftigt, in welcher Phase sich der programmatische Handel derzeit befindet. Um Antworten zu finden, bemühten sie den Gartner Hype Cycle (GHC) und Experten, um eine Einordnung in den derzeitigen Entwicklungszyklus vorzunehmen. Der GHC stellt dazu die verschiedenen Phasen der Aufmerksamkeit dar, die eine neue Technologie bei deren Einführung durchläuft.

Das Marktforschungsunternehmen Gartner unterteilt den Hype Cycle dabei in eine „Trigger Phase“ (A), eine Phase übertriebener Erwartungen (B), eine Phase der Ernüchterung (C) und eine Phase der nachhaltigen Entwicklung (D). Zuletzt folgt die Phase der Produktivität (E). Für die letzte Phase hat Gartner eine Unterteilung in eine nachhaltige Entwicklung von größerer Bedeutung (Mainstream) und untergeordneter Bedeutung (Nische) vorgenommen.

Die Einteilung von Programmatic durch die befragten Experten in den Hype Cycle fällt sehr heterogen aus. Etwa ein Viertel von ihnen sieht den programmatischen Handel noch in der ersten Phase, die sich durch übertriebene Erwartungen auszeichnet. Jeweils knapp 20 Prozent der Befragten sieht Programmatic bereits in den Phasen B (19 Prozent) und C (18 Prozent). Lediglich fünf Prozent sieht die Technologie auf dem Weg in die Nische in Phase D. Dem stehen 32 Prozent entgegen, die Programmatic in der Phase der nachhaltigen Entwicklung auf dem Weg in den Mainstream sehen. Die Phase der Produktivität, welche mit erneut wachsender Relevanz einhergeht, hat der automatische Anzeigenhandel noch nicht erreicht.

Es ist nicht alles RTB

Häufig missverstanden, stehen Programmatic und Real-Time Bidding (RTB) nicht für dieselbe Technologie. Denn während RTB immer programmatisch gehandelt wird, bedeutet dies nicht, dass Programmatic nur aus RTB besteht.

Beim RTB handelt es sich lediglich um ein Verfahren im programmatischen Handel, das jedoch den größten Anteil davon ausmacht. Im klassischen Verkauf von Inventar handeln sowohl auf Seiten der Publisher als auch seitens der Werbetreibenden Personen unter Absprache miteinander. So können Werbetreibende für ihre Kampagnen beim Vermarkter Inventar für einen festen Preis einkaufen. Das Inventar ist durch ihre Kampagne geblockt. Dieselbe Möglichkeit gibt es auch im programmatischen Handel durch Programmatic Guaranteed. Der Unterschied ist jedoch, dass die Einkäufe weitestgehend durch Maschinen abgehandelt werden. Diese Technik erlebte jedoch erst 2015 ihren Durchbruch. Den größten Anteil von Programmatic macht jedoch RTB aus. Hier bieten Werbetreibende automatisiert auf das Inventar der Vermarkter. Es gibt unterschiedliche Auktionsformen wie Preferred Deals, die eine automatisierte Verhandlung zwischen einem Werbetreibenden und Vermarkter erlauben, Private Auctions für eine ausgewählte Gruppe Werbetreibender und die Open Auctions, die jedem offenstehen.

Performance oder Branding? Beides!

Programmatic hat es mit sich gebracht, dass Kampagnen besser auslesbar sind und direkte Erfolge und Kaufabschlüsse messbar machen. Dies hat besonders das Performance Advertising in den Mittelpunkt gerückt. Der Return of Investment kann nun direkt mit der Click Through Rate und anderen Metriken in Verbindung gebracht werden. Anders als beim Branding, wo das Image der Marke gepflegt wird und sich die Kreativen der Branche austoben können, geht es bei Performance um die harten Zahlen.

In den Anfängen mag Programmatic hauptsächlich performanceorientiert gewesen sein, mittlerweile etabliert sich jedoch auch Branding im programmatischen Handel. Daran haben auch Brand-Safety und Premium-Inventar einen größeren Anteil, beide bedingt durch die voranschreitende Entwicklung von Programmatic.

Hierzulande nimmt Programmatic Branding immer mehr Fahrt auf. So hat das Adtech-Unternehmen Quantcast für seinen „Programmatic Advertising Report" herausgefunden, dass 58 Prozent der Agenturen und Werbetreibern in Deutschland bereits in Programmatic investieren. Befragt wurden 100 Marketingentscheider zu ihren Programmatic-Advertising-Strategien.

Alle Befragten sind auf dem Feld „Programmatic Branding“ aktiv. Die größte Gruppe, mit 46 Prozent, gab an, anteilig bis zu einem Fünftel ihres Programmatic-Buying-Budgets speziell für Branding auszugeben. 26 Prozent kommen auf anteilig zwischen 21 und 40 Prozent. Weitere 11 Prozent investieren sogar mehr als 61 Prozent ihrer Programmatic-Budgets ins Branding. Tendenz steigend, denn bis 2017 wollen gut zwei Drittel der Befragten noch mehr Budget für Programmatic Branding aufwenden.

Die Befragung zeigt, dass zwischen Performance und Branding im programmatischen Handel gar kein Konflikt herrschen muss. Stattdessen hat auch Branding im Programmatic Advertising seinen Platz. Man stelle sich vor, dass die Branding-Kampagne immer die richtigen Zuschauer erreicht, die auch wirklich Interesse an dem Produkt beziehungsweise der Marke haben. Demnach würde Programmatic die klassischen Branding-Kampagnen nicht verdrängen, sondern nur kosteneffizienter, weil gezielter, gestalten.

Ein langer Weg in Deutschland

Dass Programmatic auf dem richtigen Weg in den Mainstream ist, zeigen Befragungen, Einschätzungen von Experten und tatsächliche Zahlen – bisher hauptsächlich aus den USA. Der Entwicklungsstand des programmatischen Handels im englischsprachigen Raum liegt für den deutschen Markt jedoch noch in weiter Ferne. Einerseits hält man hier an bewährten Methoden fest und andererseits bieten die Direktverkäufe der Publisher immer noch die höchsten Viewability-Raten.

Bild: Resolution Media Presse Stefan Hezel

Dass Programmatic über kurz oder lang den Markt dominieren wird, glaubt auch Stefan Hezel, Managing Partner bei Resolution Media: „Programmatic wird in Zukunft ohne Zweifel die vorherrschende Einkaufs- und Planungsart darstellen: Echtzeitabwicklung, Skalierbarkeit und Targeting-Möglichkeiten sowie insbesondere der audience-zentrierte und nicht mehr inventarbezogene Ansatz bieten wesentlich mehr Möglichkeiten als die klassische Planung. Wir gehen aber davon aus, dass Platzierungen insbesondere an sehr strategischen Stellen, bspw. zur Besetzung von Themen und mit Leuchtturmfunktion, noch einige Jahre im Direktvertrieb verbleiben werden“

Hezel sieht jedoch für die Zukunft von Programmatic besonders bei den Vermarktern noch Nachholbedarf: „Ungenutztes Potenzial sehen wir derzeit insbesondere auf der Publisher-Seite. Gerade die Datenqualität der angebotenen Inventare kann noch vielfach verbessert werden: So werden unserer Einschätzung zufolge bei Daten zum verfügbaren Werbeplatz sehr häufig Informationen zur tatsächlichen Ad Position (above the fold? below the fold?) gar nicht mitgeliefert, bei vielen Bewegtbildwerbeplätzen fehlt der wichtige Hinweis zur Video-Player-Größe. Eine Verbesserung dieser Basisdaten auf Anbieterseite würde die Bereitschaft zur Abnahme deutlich erhöhen und die Preisbereitschaft steigern, weil damit auch die Kampagnenergebnisse optimierbar sind.“

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