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PROGRAMMATIC - EDITORIAL

EditorialProgrammatic bleibt!

Arne Schulze-Geißler, 4. Mai 2016
Adobe Stock Bild: Egyptian Studio - Adobe Stock

In den letzten Jahren haben wir versucht den Wandel im digitalen Mediageschäft in wenig geeigneten Begriffen zu verpacken. Wir mussten immer wieder feststellen, dass jeder dieser Begriffe gerade gepasst hat, um genau ein Phänomen in der Gesamtentwicklung zu beschreiben. So haben sich zum Beispiel Adtrading, Real-Time-Bidding, Audience Buying oder auch Realtime Advertsing als Gesamtbeschreibung einer automatisierten, vernetzten, regelbasierten, standardisierten, nicht unbedingt in Echzeit stattfindenden Bewegung als völlig unzureichend erwiesen.

Der letze Versuch, dem Thema einen begrifflichen Rahmen zu geben, war "Programmatic Advertising". Ein guter Versuch, wie ich fand und immer noch finde. Programmatic Advertising ist konkret genug, um sich abzugrenzen und gleichzeitig ausreichend schwammig für eine inhaltliche Weiterentwicklung und praktische Ausgestaltung. Genau diese Dehnbarkeit und Interpretationsfähigkeit macht dieses Wort so viel besser als alles, was die Player der Branche sich vorher auf die Fahnen geschrieben hatten. Der Begriff hat sich mittlerweile weit über die Media- und Adtech-Szene hinaus gesetzt. Regelmäßig können Sie nicht nur bei Adzine, sondern mittlerweile auch bei Horizont, Absatzwirtschaft, WuV etc. über das Thema lesen. Der Begriff "Programmatic" ist in Medien- und Marketingkreisen angekommen. Sicher sind die Vorstellungen, was Programmatic ausmacht, sehr unterschiedlich und diffus, aber insgesamt wird es als Thema wahrgenommen, mit dem irgendwann ernsthaft zu rechnen ist. Vielleicht nicht zuletzt, weil auch die klassischen Massenkanäle TV und Radio mit dem Begriff mittlerweile in einem Atemzug genannt werden.

Gerade scheinen wir also im deutschsprachigen Raum wenigstens den begrifflichen Konsens vollbracht zu haben, da verkündet Brian O'Kelley in einem aktuellen Forbes Artikel "Programmatic Is Dead, Long Live The Programmable Age" letzten Freitag das Ende der Programmatic Ära. Nun ist O'Kelley nicht irgendwer, sondern CEO und Gründer von Appnexus, dem größten globalen Anbieter von Advertising Infrastruktur neben Google. Er hat diesen Artikel aber offenbar vielmehr als Technologievisionär denn als CEO eines Unternehmens verfasst, das Programmatic Solutions, anbietet. Die Welt, die er als Vergangenheit beschreibt, ist nach wie vor unsere Gegenwart und wird bis auf weiteres auch unsere Zukunft sein. Zudem würde ich all das, was O'Kelley als neues "Programmable Age" bezeichnet auch locker in meiner Begriffswelt von "Programmatic" unterbringen können. Daher möchte ich an dieser Stelle Entwarnung geben, lassen wir uns nicht verwirren, Programmatic ist nicht tot, Programmatic bleibt!

Vielmehr, als neue Worthülsen zu kreieren, gilt es jetzt die Versprechungen und Erwartungen zu erfüllen, die rund um das Thema Programmatic gemacht werden. Wir verfügen mittlerweile über eine technologische Infrastruktur zwischen Sender und Empfänger, die den Advertiser näher und schneller an den Kunden bringt als jemals zuvor. Es fehlen im Grunde nur die Intelligenz und der Werbecontent, um diese Infrastruktur adäquat nutzen zu können. Ach ja und ein Regelwerk, das den Systemen übersetzt, was zu tun ist. Bei Konzept und Werbecontent ist es längst überfällig, die Kreativen stärker für dieses Thema zu begeistern und in die Pflicht zu nehmen. Bei der Intelligenz, also der eigentlichen Grundlage für die Entscheidung, wen man wann mit welcher Botschaft anspricht, scheint es noch etwas zu stocken. Naheliegend ist es, die vorhanden Datenpools und Insights des eigenen Marketings für das Advertising nutzbar zu machen. An dieser Stelle wird Programmatic zu einem Thema für das gesamte Marketing und da gehört es vermutlich auch hin, da hier in Zukunft die Insights über den Consumer und User zentral zusammenlaufen sollten. Die Kommunikationsdisziplinen wie Advertising und Dialog Marketing werden sich in diesem Zuge weiter annähern und ähnliche Ansätze nutzen, wobei das Advertising natürlich weiterhin mit anonymen Daten operieren muss.

Mehr zum Thema auf dem deutschen Programmatic Advertising Event des Jahres, der Adtrader Conference.