Stellen Sie sich vor, ein Freund, den sie seit Jahren kennen, bietet Ihnen plötzlich erneut seine Freundschaft an und erfragt Ihre Telefonnummer. Klingt komisch? Aber das genau passiert jeden Tag in der Online-Marketing-Welt, wenn Unternehmen ihre Kundendaten nicht für Kommunikationsmaßnahmen in Marketing und Vertrieb nutzen.
Die eigenen Kundendaten sind ein wertvoller Rohstoff. Wie eine neue Studie aus den USA zeigt, sind jene Unternehmen erfolgreicher, die regelmäßig darauf zugreifen. 81 Prozent der Marketingverantwortlichen, die den stärksten ROI hinsichtlich ihrer datenbezogenen Investitionen melden, nutzen First Party Data (Econsultancy und Signal, The Promise of First Party Data, 2015).
First Party Data in Multichannel-Kampagnen überführen
Das A und O, um Kundendaten für individuelle Kommunikationsmaßnahmen auf allen Kanälen nutzbar zu machen, ist eine gepflegte Datenbank, entweder in Form eines CRMs oder – ist das Unternehmen schon weit mit der digitalen Transformation fortgeschritten – einer Marketing-Cloud. Unternehmen segmentieren direkt in der Datenbank nach den für die Kampagne relevanten Merkmalen, zum Beispiel Lead, Neukunde oder Warenkorbabbrecher. Anschließend wird ein E-Mail-Versand an die Datenbankkontakte mit Opt-in gestartet.
Durch den E-Mail-Versand erhalten Unternehmen einen Einblick in die digitale Körpersprache, also das Verhalten ihrer Kunden: geöffnet, nicht geöffnet, auf Produkt A geklickt oder Informationen angefordert etc. Unternehmen können diese Informationen nutzen, um die Empfänger im Lauf der Kampagne auf anderen Kanälen passgenau mit Display-Werbung anzusprechen. Beispielsweise auf Medienseiten, auf der Unternehmenswebsite, in der Unternehmensapp oder in Social-Media-Kanälen, eben dort, wo sich der Empfänger gerade befindet. So lassen sich Nichtöffner des Mailings beispielsweise mit einer Display-Anzeige wieder ansprechen. Oder der Konsument, der auf das Produkt A im Newsletter klickte, aber nicht kaufte, bekommt auf Facebook eine Produktanzeige zu sehen.
Zur Überführung der zusammengestellten Zielgruppen beziehungsweise E-Mail-Listen in andere Werbekanäle wird sowohl ein Cookie- als auch ein ID-basiertes Tracking eingesetzt. Durch Klicken auf die Links im Mailing und den anschließenden Besuch der Landeseiten werden die Markierungen gesetzt und eine spätere Ansprache möglich. Neben der klassischen Platzierung von Cookies wird im Social Media Advertising die Wiedererkennung mithilfe von IDs gesteuert. Diese werden unique für jeden User vergeben. Beim Klick in der E-Mail oder beim Besuch der Website werden die User-IDs durch das jeweilige soziale Netzwerk mit dem gezeigten Verhalten verknüpft.
Anwendungsfälle für B2C und B2B
Grundsätzlich lassen sich CRM-Daten für Multichannel-Kampagnen sowohl im B2C als auch im B2B sinnvoll einsetzen. Wenn Unternehmen wissen, was ihre Kunden zu welchem Zeitpunkt benötigen, können Kundendaten intensiver eingesetzt und kapitalisiert werden. Um die Bedürfnisse der Kunden zu treffen, ist nicht unbedingt immer eine Business-Intelligence-Lösung oder Recommendation Engine vonnöten. Oft reichen Informationen, wie Vertragszeitpunkte, Ferien oder das Wissen über zusätzliche oder komplementäre Produkte.
Ein Beispiel für B2C: Ein neuer Kunde hat gerade eine Fotokamera bei einem Händler gekauft und sich online für den Newsletter mit Tipps rund ums Fotografieren angemeldet. Mithilfe der CRM-Daten kann das Unternehmen dem Kunden die Tipps über mehrere Kanäle zukommen lassen und lernt auch, welche er präferiert. Aber auch das Content-Spektrum lässt sich erweitern. Neben Fotografie-Tipps kann der Kunde auch gezielt über Filialaktionen, Events oder neue Tutorials informiert werden. Auch Up- und Cross-Selling-Anzeigen bieten sich an. Da der Händler weiß, welches Kameramodell der Empfänger gekauft hat, ist es einfach, Zusatzprodukte zu bewerben.
Auch im B2B können solche Multichannel-Kampagnen kreiert werden. Wenn Unternehmen wissen, welche Konferenzen, Messen oder eigene Events auf Kundenseite interessant sind, kann beispielsweise regional, nach Qualifizierungsgrad oder Joblevel präzise eingeladen werden. Weitere Anlässe zur Kommunikation sind unter anderem Produktupdates, Weiterbildungsmaßnahmen, Webinare oder nutzwertiger Content wie Whitepaper oder Fallstudien.
Bessere Kundenkommunikation, mehr Touchpoints, mehr Wissen über Neukunden
Durch Multichannel-Kampagnen auf CRM-Basis wird der Wert der Kundenkommunikation signifikant gesteigert. Die Ansprache der Kunden wird vom klassischen Kundenbindungskanal E-Mail auf andere Kanäle ausgeweitet. Allein dadurch kann ein deutlicher Uplift der Kampagnenziele entstehen, denn Werbeanzeigen von Unternehmen, mit denen Nutzer bereits in Kontakt stehen, erzeugen eine wesentlich höhere Aufmerksamkeit. Dieser Effekt zeigt sich besonders bei Display-Anzeigen. Nur 15 Prozent von werbungtreibenden Unternehmen nutzen Online-Display-Advertising derzeit für den Dialog ihren Bestandskunden (Econsultancy, Cross Channel Report, 2014).
Hinzu kommt, dass Unternehmen mit individuellen Botschaften auf der Website, in Social-Media, der Unternehmensapp etc. die Frequenz und Anzahl der Touchpoints in der Customer Journey deutlich erhöhen können. Gleichzeitig wird die Gefahr gebannt, dass die Abmelderate des Newsletters signifikant ansteigt. Unternehmen können beispielsweise eine Multichannel-Kampagne mit E-Mail starten, anschließend via Display und Social Media verlängern und auf die genutzten Endgeräte optimieren. Kurz vor Schluss bietet sich dann wieder eine E-Mail als Reminder an.
Durch die Multichannel-Kampagnen auf CRM-Basis werden intensivere Kundenbeziehungen gefördert. Das bedeutet, dass Werbungtreibende mehr Einblicke in das Verhalten und die Interessen ihrer Kunden bekommen. Die für die Werbeansprache genutzten Daten werden von Kanal zu Kanal weitergegeben. Mit diesen Daten lassen sich statistische Zwillinge bilden, die Unternehmen für Neukundenkampagnen ansprechen können.
Bei den Konsumenten ist Multichannel schon gelebte Realität. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, um mit ihren Kunden Schritt zu halten. Oberste Prämisse bleibt bei allen Maßnahmen, den Nutzern einen Mehrwert zu bieten.
Was ist rechtlich zu beachten?
Frank Stiegler, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Stiegler Legal, erklärt: „Mit Einwilligungen lässt sich im Marketing fast alles umsetzen, aber genau diese vermeiden Unternehmen oft, weil sie hohe Drop-out-Raten fürchten. Deshalb müssen sie personenbezogene Daten im Kontakt mit Dritten, zum Beispiel Banneranbieter, weitgehend vermeiden. Stattdessen müssen sie mit pseudonymen Informationen, zum Beispiel in Form von IDs in Cookies, arbeiten. In diesem Fall reicht ein Cookie-Hinweis auf der jeweiligen Website zu Beginn der Nutzung aus; dann erfährt der Dritte nämlich nicht, welche Person ihn gerade besucht, sondern sie ist für ihn nur ‚eine Nummer‘. Das werbetreibende Unternehmen wird dennoch in aller Regel eine Einwilligung des Nutzers brauchen, um das Klickverhalten beispielsweise in der E-Mail oder auf bestimmten Websites zu tracken und zur Anpassung von Content nutzen zu dürfen. Eine solche Einwilligung lässt sich aber bequem unterbringen, zum Beispiel bei der Anmeldung zum hauseigenen Newsletter. Damit diese Erklärung später noch beweisbar ist, sollten das Double-Opt-in-Verfahren genutzt und die Kommunikation mit jedem Anmelder archiviert werden."
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