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PROGRAMMATIC - Adtrader 2014

Die Daten der Publisher

Frank Puscher, 22. April 2014

Um die eigenen Umfelder zu veredeln, bieten immer mehr Publisher nicht nur Behavioral-Daten fürs Targeting an, sondern auch harte Daten, wie Soziodemografie oder Adressdaten. Während die Publisher das nur auf den eigenen Websites eingesetzt wissen wollen, möchten die Agenturen am liebsten die Daten alleine kaufen.

Im Rahmen der diesjährigen AdTrader Conference in Berlin trafen sich zwei Publisher mit zwei Agenturen und einem Technologieanbieter zur Podiumsdiskussion, um die Anreicherung von Kampagnen mit First-Party-Daten zu diskutieren. Vor allem das Datenangebot von eBay sorgte für viel Gesprächsstoff.

Adzine: Wenn wir über einen Markt für Publisherdaten sprechen, müssen wir zunächst die Frage nach der Qualität dieser Daten stellen. AdAudience testet das seit drei Monaten. Wie sind eure Erfahrungen?

Stefan Krötz, Geschäftsführer AdAudience: Wir sind Ende letzten Jahres gestartet, das Thema anzugehen, und zwar mit unserem gesamten Portfolio. Wir verlängern unsere Kampagnen im programmatischen Bereich. Das funktioniert sehr gut. Es gibt eine Bereitschaft, für Daten zu bezahlen. Das gilt übrigens auch auf großformatige Werbeformen. Das haben im letzten Jahr auch die Agenturen an uns herangetragen. Das Ganze gewinnt an Fahrt.

Mike Klinkhammer, Managing Director eBay Advertising: Bei uns bilden die Nutzerdaten die Basis für alle Targeting-Produkte. Dabei können wir im Wesentlichen auf zwei Datenpools zugreifen. Das eine sind unsere Registrierungsdaten. Die befähigen uns, demografisches Targeting und Regionaltargeting abzubilden. Und das zweite Set sind die Behavioral-Daten. Bei uns sind das echte Transaktionsdaten, nicht vorhergesagte. Wir wissen, welche Produkte sich ein Nutzer anschaut, nach welchen Marken er sucht und was er kauft. Das können wir zum Beschreiben unserer Audiences verwenden, aber eben nur auf eBay und eBay-Kleinanzeigen.

Ein Beispiel: Unsere Regionaldaten sind Schufa-geprüft. Wir haben hier also eine sehr genaue Trefferquote. Das ermöglicht uns ein Targeting auf die letzte Postleitzahlenstelle hin. Zum anderen können wir mithilfe anderer Datenanbieter auch Offline- und Online-Daten miteinander matchen. Dadurch sind wir auch in der Lage, CRM-Daten von Werbekunden mit unseren Daten abzugleichen. Was bedeutet, dass die Unternehmen ihre Bestandskunden und Prospects unterschiedlich ansprechen können.

Adzine: Herr Sültmann, gibt es unter ihren Advertisern noch welche, die Vorbehalte gegen das Umfeld eBay haben?**

Frank Sültmann

Frank Sültmann, Managing Director Amnet: Es gibt in unserem Portfolio auch Werbekunden, die sagen, mit den Daten von eBay würde ich gerne werben, aber nicht auf eBay. Das Thema CRM-Daten ist sehr spannend, geht für mich aber in die falsche Richtung. Hin zu eBay ist für uns eigentlich kein gangbarer Weg. Die Frage ist ja: Wo werden die Daten verknüpft. Und das müsste aus unserer Sicht ja aufseiten der Agentur passieren.

Adzine: Sieht das aus Sicht der Performance-Agenturen genauso aus?

Andreas Rau, Head of Performance Intelligence bei uniquedigital: Ja, die Performance-Agenturen warten auch auf solche Daten. Da sind spannende Ansätze dabei. Ich würde mir nur wünschen, dass ich diese Daten eben nicht nur auf eBay, sondern auf dem gesamten Markt nutzen kann. Gibt es da Ansätze und Geschäftsmodelle?

Stefan Krötz: Es ist schlicht nicht unser Auftrag, die Publisher dazu zu bringen, die Daten separat zu verkaufen. Wir verkaufen unsere Daten in Zusammenhang mit unserer Medialeistung. Das hat natürlich auch etwas mit unserer Eigentümerstruktur zu tun.

Mike Klinkhammer: Unser Mantra ist es: Wir verwenden unsere Userdaten zur Anreicherung unser eigenen Services und Produkte und nicht, um sie in Hände Dritter zu legen, die letztlich außerhalb unserer Kontrolle und außerhalb unserer Reichweite sind.

Dimo Velev

Dimo Velev, Regional Director OpenX: Das ganze Datenthema wurde im letzten Jahr extrem stark diskutiert. Firmen wie eBay oder Amazon haben da einen ganz anderen Ansatz, die sammeln Daten ja qua Geschäftsmodell und übertragen das jetzt aufs Advertising. Warum sollte eBay diese Daten an andere Websites verkaufen? Viele Advertiser sind doch heute technisch schon so weit entwickelt, dass sie die User der Publisher teilweise besser kennen als der Publisher selbst. 

Frank Sültmann: Natürlich verstehe ich die Bedenken, dass Daten, die man an den Markt gibt, erst mal weg sind. Aber wenn man das Geschäftsmodell stringent durchdekliniert, dann könnte man doch von einem Datentrading sprechen.

Andreas Rau: Wir sprechen doch über Datenklau, seit es Real-Time-Werbung gibt. Technisch ist das nicht zu verhindern. Die Cookie-Informationen kann man immer wegschreiben und für späteres Retargeting nutzen. Der Datenhandel erzeugt keine größere Gefahr, denn jeder, der einmal eine Kampagne bucht, kann auch die Daten wegschreiben, auch die von eBay.

Ein weiterer moderierender Faktor ist die Cookie-Sterblichkeit. Je nach Umfeld sterben zwischen 40 und 70 Prozent der Cookies im Monat. Da kann man technologisch dagegenarbeiten, aber letztlich macht das keinen so großen Unterschied aus. An Vertrauen und Verträgen geht also nichts vorbei.

Adzine: Wie könnten denn solche Verträge aussehen?

Andreas Rau: Für einige Publisher stellt sich doch heute vermutlich die Frage, was mehr wert ist, die Daten oder die Medialeistung. Da fehlt es auch tatsächlich an Transparenz. Ein möglicher Deal sieht aus unserer Sicht natürlich vor, dass der Publisher auch genügend Mediaplatzierungen bekommt, uns im Gegenzug aber die Weiternutzung der Daten ermöglicht.

Stefan Krötz: Da muss man auch sehen, mit wem arbeitet man zusammen. Ich glaube, das wird nur in einer Art Closed Shop von vertrauensvollen Marken passieren. Die Publisher wollen die Daten nicht mit der gesamten Welt teilen.

Ich würde mir wünschen, dass Unternehmen wie eBay das Vertrauen zu Agenturen und Werbungtreibenden finden, dass man denen die Daten zur einmaligen Nutzung überlassen kann, die diese nicht mitschreiben und sie zu einem spätere Zeitpunkt eben erneut kaufen.

* Dimo Velev:* Das könnte doch funktionieren, wenn eBay teil des AdAudience-Netzwerks wird.

Frank Sültmann: Natürlich gibt es Anbieter von Daten und man kann das testen. Mein Verständnis ist aber ein ganz anderes. Wie kann ich als Agentur mit den Vermarktern zusammen auf ein nächstes Level gelangen? Wir wollen mit Publishern wie eBay gemeinsam die Erkenntnis gewinnen, ob es mehr an den Daten liegt, wenn eine Kampagne funktioniert, oder mehr an der Plattform eBay. Dazu müssten wir die Daten aber auch in anderen Umfeldern testen. Und dann wären wir auch bereit, den jeweiligen Partner in unsere Strategie und Zielbewertung gucken zu lassen. Für den sind die Erkenntnisse doch genauso spannend.**

Panel: Bedeutung von Audience-Daten der Publisher für den programmatischen Mediaeinkauf

Adzine: Von welchen Daten sprechen wir an dieser Stelle? Herr Krötz, wonach zeigt sich laut ihren Tests die Nachfrage?

Stefan Krötz: Das meiste läuft über soziodemografische Daten. Gerade im Branding-Bereich ist das das beherrschende Thema. Aber wir wollen natürlich mehr. Bisher liefern die Publisher ja vor allem eher weiche Predective-Behavioral-Daten. Das wollen wir mit harten Daten ergänzen.

Andreas Rau: Harte Daten bieten wunderbare Uplifts für Performance-Kampagnen, keine Frage. Ein Problem ist häufig der gewünschte Preis. In vielen Fällen ist es günstiger, die breite Reichweite einzukaufen. Eine Verdoppelung vom Preis kann auch die beste Conversion-Rate-Steigerung wohl nicht abbilden. Aber dass sich die Anreicherung mit Daten an sich lohnt, steht außer Frage. Das Ziel für uns als Agentur wäre es, ein Modell mit den Publishern zu finden, dass man über die Breite der Branche anwenden kann.

Adzine: Viele Publisher haben Angst davor, die Daten zu verlieren, wenn sie sie dem Markt zur Verfügung stellen, weil die Agenturen das mitschreiben.

Stefan Krötz: Je mehr Datenpunkte es gibt, umso wertvoller wird doch das Produkt für den Werbetreibenden. Da sind wir auch nicht anders als andere Publisher. Woran es fehlt, ist Vertrauen. Das wird durch die Gefahr gestört, dass die Werbetreibenden und Agenturen die Daten kopieren können. Und meines Wissens gibt es kein technisches Verfahren, dass das verhindern könnte.

Frank Sültmann: Wir schreiben in den Kampagnen die Daten mit und matchen das natürlich gegen das, was wir zum Beispiel aus SEO über den User wissen. Das bleibt allerdings auf Kampagnenebene.**

Mike Klinkhammer

Mike Klinkhammer: Das Problem ist auch, dass nur ein Teil der Daten mit der Zeit an Validität verliert. Wenn zum Beispiel stabile demografische Daten einmal weg sind, sind sie weg. Bei den Transaktionsdaten ist das anders. Die drehen schneller. Allerdings gibt es auch hier recht stabile Kategorien wie Fernseher oder Automobil. Das ist also sehr produktabhängig.

Stefan Krötz: Das stimmt, es hängt vor allem davon ab, wie lange die Daten halten. Das Geschlecht hält in der Regel ziemlich lange.

Adzine: Herr Sültmann, sie beklagen aus Sicht der Advertiser einen Mangel an Transparenz.

Frank Sültmann: Als wir in diesem Bereich alle angefangen haben, ging es nur um Restplatz und Ramsch, also das, was keiner haben wollte. Natürlich wollen die Publisher heute einen möglichst hohen Preis erzielen, aber im Gegenzug muss das Angebot hier auch transparenter werden. Es kann nicht sein, dass das Angebot zeitgleich auf vier verschiedenen Sell-Side-Plattformen auftaucht. Wir wollen doch wissen, wo die Datenpunkte herkommen und was sie bewirken. Diese Forderung trifft übrigens die Agenturen genauso wie alle anderen Dienstleister. Die Advertiser wollen doch nicht blind buchen.

Stefan Krötz: Wir haben da einen ganz guten Kompromiss gefunden. Wir bieten den Werbungtreibenden die Möglichkeit, Daten vorzuselektieren. Dann können die Werber und Agenturen eigene Verfeinerungen vornehmen, sie können zum Beispiel Bestandskunden ausschließen. Das ist ein ganz pragmatischer Ansatz.

Adzine: Ist es denn gesicherte Erkenntnis, dass die Datenanreicherung die Wirkung der Werbung verbessert? Was darf das kosten?

Stefan Krötz: Im Performance-Segment lässt sich das einfach rechnen. Da entspricht der Preis für Daten dem, was sie an Uplifts generieren können. Beim Branding sind die Basiswerte nicht immer so transparent, aber man kommt nicht drumherum, das in zyklischen Abständen zu messen.

Andreas Rau: Datenanreicherung ist für Performance- und Branding-Kampagnen gleichermaßen spannend. Performance muss ich schließlich immer bringen, nur die Parameter sind andere.

  • Die Zitate stellen eine Zusammenfassung der Podiumsdiskussion „Bedeutung von Audience-Daten der Publisher für den programmatischen Mediaeinkauf“ auf der diesjährigen AdTrader Conference dar. Die Diskussion in voller Länge finden Sie hier.**
Bild Frank Puscher Über den Autor/die Autorin:

Frank Puscher arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist in der Online-Branche. Er schreibt regelmäßig für Publikationen wie ADZINE, InternetWorld Business, Ct, Internet-Magazin oder die Absatzwirtschaft. Seine Lieblingsthemen sind Usability, E-Commerce und Online-Marketing. Seit 12 Jahren arbeitet Puscher außerdem als Moderator auf Online-Veranstaltungen. Außerdem berät er Unternehmen und öffentliche Institutionen im Umgang mit Online-Marketing und Social Media.

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