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DISPLAY ADVERTISING

Interpretation der Trackingdaten als Grundlage jeder Optimierung

Stefan Götz, 6. November 2013

Das Mediennutzungsverhalten der Konsumenten hat sich in den letzten Jahren radikal verändert. Für Werbungtreibende gilt es, die eigene Zielgruppen nicht aus den Augen zu verlieren und das Zusammenspiel der Medienkanäle und Screens für die passende werbliche Ansprache zu verstehen. Gleichzeitig sind die Einflüsse und Abhängigkeiten der einzelnen Werbemaßmaßnahmen nach ihren Zielsetzungen aufeinander abzustimmen. Im Rahmen der Vorberichterstattung zum TRACKS-Multichannel Advertising Summit in Hamburg, sprachen wir mit Danuta Florczyk, Geschäftsführerin von Tectumedia.

Danuta Florczyk führt gemeinsam mit Marie-Claire Raden, Florian Heinemann und Pablo Moto Rodriguez die Geschäfte von Tectumedia. Das Berliner Unternehmen Tectumedia vereint IT- und BI-Expertise für eine neues, datengetriebenes Marketing bei dem Branding- und Performance-Ziele Hand in Hand gehen. **: Frau Florczyk, warum ist das Thema Multichannel Advertising gerade so aktuell und was ist hier überhaupt neu?

Danuta Florczyk

Danuta Florczyk: Multichannel Advertising an sich ist nichts Neues. Große Advertiser, gerade im Performance-Bereich nutzen schon seit Jahren Multichannel-Tracking und analysieren die Abhängigkeiten und Effekte der Marketingkanäle aufeinander.

Das Besondere bei den Unternehmen, die ihr Multichannel-Advertising im Detail analysieren, ist oft, dass solche Deep-Dive-Analysen primär von BI-Bereichen vorangetrieben werden und die BI-Bereiche sind Bestandteil vom Marketing oder sollten es zu mindestens sein.

Dienstleister werben nun sehr stark mit Customer-Journey-Analysen und Attributionslösungen und dieses Thema wird nun 'zugänglich' für alle. Die Tracking-Dienstleister haben mittlerweile verschiedene Standardattributionsmodelle erarbeitet und Advertiser können nun auch ohne Deep-Dive-Untersuchungen von Klickketten sehen, welche Einflüsse auf dem Marketingmix die verschiedenen Attributionsmodelle haben.
 
Adzine: Es geht also in erster Linie um technische Verfahren zur Messung und Optimierung mehrkanaliger Werbeaktivitäten?

Danuta Florczyk: Es ist grundsätzlich ein technisches Verfahren, um jeden Werbekontakt über mehrere Kanäle mit einem User zu speichern. Die Optimierung mehrkanaliger Werbeaktivitäten sollte nicht gleich darauf folgen. Viel wichtiger ist die Dateninterpretation der gemessenen Customer Journeys. Wir sind überrascht zu sehen, wie viele Advertiser Multichannel-Tracking-Systeme einsetzen, aber nach wie vor ein klassisches Last Cookie Count auf einer 30-Tage-Cookie-Lifetime verwenden. Der erste Schritt beim Einsatz von einem Multichannel-Tracking-System sollte die Analyse der Klickketten sein. Verstehen, wie eine typische Customer Journey aussieht, ob der Nutzer zwei Werbekontakte oder 20 bis zur Conversion benötigt. Sind es zwei oder 20 Tage, die der Nutzer zur Conversion braucht, ist meine Unternehmensstrategie auf Neukundenakquisition oder Bestandskunden gerichtet etc.? All diese Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entscheidung eines adäquaten Attributionsmodells. Was sagt uns das? Selbst wenn wir alle uns zur Verfügung stehenden Verfahren im Einsatz haben, wird man nicht erfolgreich aussteuern können, wenn man seine Zahlen nicht versteht. Es gibt nämlich nicht das eine Attributionsmodell.
 
Adzine: Was sind die wichtigsten digitalen Kanäle, die man besonders gut analysieren und auch schon aufeinander abstimmen kann?

Danuta Florczyk: Jeder Kanal ist Bestandteil vom Multichannel-Tracking und lässt sich daher grundsätzlich sehr gut analysieren. Die Frage ist eher, welche Kanäle im Marketingmix die größten Volumina generieren. Je mehr Daten generiert werden, desto schneller sind die Daten statistisch relevant. Die Effekte von Kanälen aufeinander hängen stark von den jeweiligen Kampagnen und der Volumina ab. Branding-Kampagnen mit großer Reichweite haben z. B. einen Effekt auf SEM/SEO-Brand sowie SEM/SEO-Nonbrand. Gerade Pull Channels haben Effekte auf Push-Kanäle. Solche Effekte lassen sich besonders gut analysieren, wenn ausreichend Volumina in den Pull Channels investiert werden.
 
Adzine: Nun haben wir ja nicht nur zahlreiche Werbekanäle wie z. B. Search, Display und E-Mail, sondern auch immer mehr Screens, die dem Nutzer dafür zur Verfügung stehen. Potenziert sich die Herausforderung des Trackings und der Kampagnensteuerung dadurch noch einmal?

Danuta Florczyk: Das Multichannel-Advertising für Desktop-Traffic steckt noch in den Kinderschuhen. Die technische Komplexität einer Customer Journey mit Cross-Devices wird für die Tracking-Dienstleister größer. Die Herangehensweise wiederum für Advertiser, wie sie Werbekontaktketten analysieren sollten, bleibt die gleiche. Die Frage ist eher, wo sich der User innerhalb des AIDA-Kaufprozesses gerade befindet? Wenn ein User sich im Awareness-Stadium auf einem mobilen Device befindet, ist die Generierung eines Sales sicherlich nicht die optimale KPI. Im Rahmen von Customer-Journey-Analysen sollten Micro-KPIs untersucht werden. Diese sind für die operative Optimierung von einigen Channels insbesondere Pull Channels beim Desktop-Marketing sehr wichtig. Bei Multiscreen-Advertising stellen wir fest, dass die Definition von Micro-KPIs eine wesentliche Rolle spielt. Viele Tracking-Anbieter arbeiten an einer technischen Lösung und wir dürfen gespannt sein.
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Adzine: Was ist mit Offline-Medien wie TV, Print, Radio? Wie kann man diese in eine Multichannel-/Multiscreen-Betrachtung einbeziehen?

Danuta Florczyk: Das ist eine Herausforderung und momentan arbeiten viele mit Zwischenlösungen, weil es das ultimative Cross-Channel-Tracking so noch nicht gibt. So werden zum Beispiel bei TV-Schaltungen Trafficanstöße gemessen und analysiert oder bei Printkampagnen mit Gutscheincodes gearbeitet. Auf jeden Fall muss es das Ziel sein, alle Channels sowohl im Tracking als auch in der Betrachtung und Auswertung mit einzubeziehen.
 
Adzine: Müssen neben einem technischen Tracking nicht auch Umfragen und andere Nutzungserhebungen in die Multichannel-/Multiscreen-Werbesteuerung einfließen, um einen validen Gesamtüberblick zu gewinnen?

Danuta Florczyk: Das Multichannel-Advertising ist momentan ein noch fast reines quantitatives System und hier sehen wir die größten Probleme im Verständnis. Wer die Pflicht nicht beherrscht, kann nicht mit der Kür beginnen.
 
Adzine: Welche Werbungtreibenden können aus Ihrer Sicht am schnellsten von Multichannel- und Multiscreen-Erkenntnissen profitieren? Sind das eher die unmittelbar verkaufsorientierten Unternehmen wie Online-Shops oder sehen Sie auch einen klaren Nutzen für Unternehmen, die in erster Linie Markenkommunikation betreiben?

Danut Florczyka: Zurzeit nutzen sicher die meisten verkaufsorientierten Unternehmen Multichannel-Trackingsysteme und bewerten dann nach einer Last-Click-Logik. Das ist aber oft nicht sinnvoll. Wer sich aber mit der Analyse von der Customer Journey auseinandersetzt, wird feststellen, dass die Klickketten den AIDA-Kaufprozess widerspiegeln und somit auch für Branding geeignet sind. Allerdings muss man auch hier den Unterschied der Zielstellung beachten. Eine Brandingkampagne hat den Auftrag Awareness und Interest zu erreichen, eine Performance-Kampagne sollte dagegen für Desire und Action eingesetzt werden. Es ist doch erstaunlich, wie präsent das Multichannel-Tracking ist und dabei sind noch so viele Themen noch nicht mal angedacht worden. Warum zum Beispiel orientieren wir uns nur am Klick, was ist denn mit der Impression?

Treffen Sie Danuta Florczyk auf dem TRACKS-Summit am 14.November in Hamburg. Bleiben Sie zum Thema Multichannel-Advertising stets informiert und folgen Sie dem TRACKS auf Facebook und unter @Tracks_Summit auf Twitter.

Bild Stefan Götz Über den Autor/die Autorin:

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