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Tracks Summit Toolday - Multichannel-Schaulaufen

Frank Puscher, 19. November 2013

Im Rahmen des Toolday auf dem diesjährigen Tracks Multichannel Advertising Summit priesen sieben unterschiedliche Anbieter ihre Tracking-, Attributions- und Advertising-Management-Lösungen an. Mitunter zeigten die Anbieter sehr verschiedene Ansätze für ähnliche Problemstellungen.

„Die einzelnen Anbieter kennen die Stärken und Schwächen der Tools der Wettbewerber ganz genau. Da wird keine Krähe einer anderen ein Auge aushacken“, so äußerte sich ein Teilnehmer des Multichannel Advertising Summit über den anstehenden Toolday. Die Diskrepanz zwischen werblicher Präsentation und tatsächlicher Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Werkzeuge provozierte eine skeptische Vorspannung.

Der tatsächliche Ablauf des Toolday in der fantastischen Location des 23. Stockwerks im Emporio-Tower zu Hamburg mit Blick auf Michel und Dom sah dann aber ganz anders aus. Die Referenten hatten überhaupt kein Problem damit, unterschiedliche Sichtweisen und Lösungsansätze für ähnliche Problemstellungen aufzuzeigen und auch das Modell des jeweiligen Vorredners zu kritisieren. Ein Beispiel: Das Thema TV-Tracking spielt für alle Toolanbieter derzeit eine spannende Rolle. Während AdClear-Chef Dimitrios Haratsis die Abbildung im Werbeblock mit einer Zeitspanne von fünf Minuten für ausreichend hält, gehen Mario Szirniks (Exactag) und Thomas Bindl (Refined Labs) von der Notwendigkeit einer wesentlich präziseren Festlegung des Sendezeitpunkts aus. Kein Wunder: Beide setzen dafür automatische Spoterkennungssoftware ein, die den tatsächlichen Sendezeitpunkt anhand der Tonspur des Spots feststellen und in das jeweilige Analysesystem übertragen kann.

Dimitrios Haratsis, AdClear

Den Auftakt der Veranstaltung bestritt Dimitrios Haratsis, der Geschäftsführer von AdClear. Schon am Vortag hatte er angedeutet, dass sein Fokus auf der effektiveren Bewertung von reinen Sichtkontakten mit Werbemitteln liegt. „Der Performance-Ansatz ist ausoptimiert. SEM und Affiliate wachsen in Deutschland um weniger als zehn Prozent und das vor allem durch Preissteigerungen.“

Dimitrios Haratsis

Folglich richtet sich der Blick stärker auf Display und dessen Bedeutung in der Kundenreise. Haratsis fordert von den Agenturen und Werbern, dass sie differenzierte Attributionsmodelle aufsetzen, die den individuellen Erfordernissen und Möglichkeiten des Kunden und seines Budgets konkret Rechnung tragen. Standardisierte Modelle, die zum Beispiel dem ersten und dem letzten Kontakt vor einer Konversion überproportionalen Mehrwert zuordnen, hält er für überholt. „Jahre lang haben Affiliates gut davon gelebt, dass man den letzten Klick zu stark bewertet hat“, beschreibt der Grieche, der früher selbst im Affiliate-Marketing tätig war.

Haratsis‘ Lösung sieht den Valid View vor. Das ist ein Sichtkontakt, der innerhalb eines gewissen Zeitraums auch einen Klick in einem anderen Werbekanal ausgelöst hat. Dieser Zeitraum variiert je nach Kampagnenart und Branche. Im Retail geht Haratsis schon mal von der sehr strengen Definition von einer Stunde aus. „Dadurch erübrigt sich auch die Frage, ob ein Werbemittel für den Nutzer tatsächlich sichtbar war.“

Jan Heumüller

Jan Heumüller, DataXu

Zweiter im Reigen der Toolanbieter war Jan Heumüller, der als Vice President die europäischen Verkäufe des US-Tools DataXu verwaltet. DataXu ist eine integrierte Komplettlösung für digitales Marketing. Der Kernfokus des Werkzeugs liegt in der Echtzeitverarbeitung und entsprechend schnellen Anpassung des Regelwerks zur Aussteuerung von Kampagnen. Heumüller stellte dar, dass das in Deutschland noch wenig bekannte Werkzeug in den USA inzwischen bereits ein Schwergewicht ist. 260 Mitarbeiter hat das 2007 gegründete Unternehmen heute. Keimzelle war das renommierte MIT in Boston. Soeben erhielt man einen Preis als eines der am schnellsten wachsenden Unternehmen im Bereich Online-Marketing.

Das technische Räderwerk im Hintergrund der Software ist auch die große Stärke. Nicht einer, sondern sage und schreibe 13 verschiedene Algorithmen errechnen die optimale Kampagnenplanung, je nach bevorzugten KPI und Unternehmenszielen. Ganz frisch sind die Advanced Insights. Hierbei werden die Berichte nach regionaler oder nach Zeitfenstern differenzierter Performance erstellt und das Tool macht konkrete Vorschläge zur Effizienzsteigerung.

Mario Szirniks, Exactag

Das Thema „Echtzeit“ bildete auch den Kern des Vortrags von Mario Szirniks. Der Geschäftsführer von Exactag mag ein statisches Attributionsmodell nicht gelten lassen, weil sich die Kundenreise permanent verändert und von Kunde zu Kunde unterscheidet. Er fordert ein dynamisches Attributionsmodell, das in der Lage ist, in Echtzeit die Ausspielungsregeln zu ändern. Das geht hin bis zu einer dynamischen Vergütung der Affiliates.

Mario Szirniks

Dass ein solches Modell zunächst auf Widerspruch und Kritik bei den Affiliates stoßen wird, ist Szirniks klar. Zumal es in der Zuspitzung sogar eine Gutscheinsperre enthält, damit der Affiliate nicht vergütet wird, wenn der User bereits einen gefüllten Warenkorb hat und in einem separaten Tab kurz noch einen Gutschein sucht. „Die Affiliates werden das lernen, schließlich wollen sie mehr über die wirkliche Customer Journey erfahren“, so Szirniks.

Drei Besonderheiten im Exactag-Werkzeug hob Mario Szirniks noch hervor. Zum einen kann man Kampagnen komplett simulieren, so dass man ein neues Attributionsmodell erst dann live schaltet, wenn es zu funktionieren scheint. Zweitens kann das Werkzeug Alarmmeldungen für alle KPI aussenden, sobald die Zielgrößen verfehlt werden. Und drittens gibt es einige vorgegebene Attributionsmodelle. Das soll vor allem kleineren Unternehmen den Einstig erleichtern.

Thomas Bindl

Thomas Bindl, Refined Labs

Als die beste Entscheidung seines Lebens beschreibt Thomas Bindl die Gründung von RefinedLabs. Der Bayer legte den Finger in die Wunde, als er darauf aufmerksam machte, dass man Offline-Kanäle bei der Modellierung der Customer Journey nicht vergessen dürfe. Bindl arbeitet bei Printmaterialien klassisch mit QR-Codes und speziellen URLs, wobei seinen Zahlen zufolge QR-Codes nur selten genutzt werden. Spannender ist das Modul zum TV-Tracking. Das kann mit Hilfe einer automatischen Erkennung der Tonspur den Sendezeitpunkt präzise ermitteln und dann wird der Traffic vor, während und nach dem Spot auf Veränderungen hin analysiert.

Bindl ist erstaunt darüber, wie wenig in Social Media mit dezidierten Tracking-URLs gearbeitet wird. Dabei ist eine Implementierung denkbar einfach. Für einen besonderen Kunden hat Refined Labs das Tool auch schon einmal in drei Tagen aufgesetzt. Der Durchschnitt liegt im Bereich von zehn Tagen.

Paul Skorning, NextAudience

Das Tool von NextAudience ist eines der populärsten und auch umfänglichsten am Markt. Es beinhaltet einen Adserver sowie einen Audience-Manager zur Zielgruppenverwaltung. Skorning geht davon aus, dass die Bedeutung von Daten aus und in erster Hand (1st Party) in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird. Folglich muss die Marketinglösung beim Werber beheimatet sein oder zumindest kommt das Zählpixel von dort. Das Cookie vom Werbemittel dient im Wesentlichen zur Wiedererkennung, nicht aber als Datenspeicher.

Paul Skorning

Skorning demonstrierte am Beispiel AutoScout24, wie dynamische Werbemittel funktionieren. Next Audience arbeitet mit einer individuellen Profilierungsebene, die nicht auf Zielgruppen, sondern auf den Einzelnen optimiert. Dadurch wäre man sogar in der Lage, kundenindividuelle Preise einzublenden. Skorning ist sich allerdings des Minenfelds bewusst und wird bei diesem Thema sehr vorsichtig. Aber schon eine Anpassung der Sprachversion im Werbemittel kann Wunder bewirken, weil sich die jeweilige Sprachgruppe einfach direkter angesprochen fühlt.

Lucas Frischmann

Lucas Frischmann und Christian Boss Henrichsen, IntelliAd

IntelliAd kommt aus dem Real-Time-Geschäft und daher betont die Lösung auch die beiden Grundfunktionen Bidmanagement und Real-Time Tracking. Auch für die beiden IntelliAd-Redner war die dynamische Gestaltung der Einkaufspreise für die Werbeplätze ein sehr wichtiges Thema. IntelliAd sieht die Optimierung auf alle möglichen KPI vor. Sobald eigene KPI im System hinterlegt sind, kann das Tool auch auf diese Zielgrößen ausgesteuert werden.

Christian Boss Henrichsen legte erneut großen Wert auf die Messung unterschätzter Kanäle wie Facebook und auf die Offlinemedien TV und Radio. Hier analysiert IntelliAd auch das Umfeld eines Spots und kann so konkurrierende Spots und deren Einfluss auf die eigene Kampagne erheben.

Anfang 2014 winkt IntelliAd mit einer neuen Funktion, den Userstories. Das sind Serien von Werbemitteln, die einer Kontaktkette zugeordnet werden. Erkennt das System den Nutzer, erhält er das Werbemittel, das für den Status seiner Kaufentscheidung das richtige ist. An einer Stelle, wo er vielleicht abbrechen würde, wird eventuell ein Gutschein eingeblendet.

Wolfgang Kirschner

Wolfgang Kirschner, IgnitionOne

Der letzte Redner des Tages war Wolfgang Kirschner. Sein Tool arbeite cloud-basiert und umfasst im Wesentlichen alle Prozessschritte des Online-Marketings. Kirschner war es wichtig zu betonen, dass die Daten in Europa gespeichert werden und nicht in den USA. IgnitionOne hat eine ganz besondere Funktion, nämlich das User-Scoring. Pro Tag werden 300 Millionen Nutzer markiert und ihrem Engagement nach in Klassen eingeteilt. Die Kampagne kann dann auf Scoring-Werte optimiert werden. Das funktioniert auch für Suchmaschinenmarketing. Für die Kombination aus Scoring und Bidmanagement erhielt IgnitionOne soeben einen Innovationspreis.

Kirschner macht zum Ende noch einmal deutlich, dass der Werber sich nicht unbedingt in eine elegische Attributionsplanung verlieren sollte. Stattdessen wäre es die einfachere und pragmatischere Herangehensweise, mit einem Standardmodell wie zum Beispiel der „Badewanne“ (hohe Provision – gering – gering- gering – hoch) zu starten und das dann laufend zu verfeinern - mit welchem Tool auch immer.

Bild Frank Puscher Über den Autor/die Autorin:

Frank Puscher arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist in der Online-Branche. Er schreibt regelmäßig für Publikationen wie ADZINE, InternetWorld Business, Ct, Internet-Magazin oder die Absatzwirtschaft. Seine Lieblingsthemen sind Usability, E-Commerce und Online-Marketing. Seit 12 Jahren arbeitet Puscher außerdem als Moderator auf Online-Veranstaltungen. Außerdem berät er Unternehmen und öffentliche Institutionen im Umgang mit Online-Marketing und Social Media.

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