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DISPLAY ADVERTISING

Auf der Jagd nach Standards für Markenwerbung im Internet

Karim H. Attia, 24. Juni 2013

Bereits seit geraumer Zeit bestätigen Prognosen die Wachablösung der klassischen Werbung durch das Internet als Werbeumfeld Nummer eins. Dennoch hinkt es in manchen Bereichen weiterhin hinterher. Dies äußert sich speziell in Form von einheitlichen Brandingstandards. Mit dem Launch des Brand Advertising Committees des IAB Europe wurde der erste Schritt in diese Richtung getätigt. Auf der Agenda ganz oben steht nun die Frage: „Quo vadis Digital Brand Advertising?“

Ende vergangenen Jahres veröffentlichte die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers eine Studie, in der sie Online-Werbung der klassischen Werbung gegenüberstellte. Das Fazit fiel nicht wirklich überraschend aus: Nicht erst in den kommenden Jahren, sondern bereits jetzt hat die Online-Werbung der klassischen Werbung die Vormachtstellung abgelaufen. Der Studie zufolge falle der Online-Werbung mittlerweile ein Marktanteil von 23 Prozent zu, womit sie den ersten Platz im Unterhaltungs- und Medienmarkt bildet. Allein in Deutschland erreichte man erstmals ein Werbevolumen von 6,47 Milliarden Euro – für 2013 rechnet man gar mit dem Überschreiten der 7-Milliarden-Euro-Marke (vgl. OVK Online-Report 01/2013).

Was Onliner von der „Klassik“ lernen können

Solche Zahlen belegen zunächst, dass das Internet zu Recht als das Werbemedium der Zukunft angepriesen wird. Als einziger Werbeträger stagniert es nicht oder befindet sich im Rückgang. Stattdessen erweckt es den Eindruck, unaufhörlich zu wachsen. Markenorientierte Werbungtreibende finden hier alles, was sie zur erfolgreichen Kommunikation mit ihren potenziellen Kunden brauchen – Zielgruppen in nahezu beliebiger Granularität und Werbemittel, die nicht nur multimedial sind, sondern zudem auch noch Interaktivität bieten. Dennoch hinkt das digitale Medium klassischen Medien in manchen Bereichen nach wie vor hinterher. Während es Standards für TV-Spots oder Anzeigen in Printmedien gibt, fehlen diese speziell für die digitale Markenkommunikation weiterhin. Dies wird von vielen Marktteilnehmern als ein wesentlicher Hinderungsgrund für das Wachstum im Bereich des „Large Scale Digital Brand Advertising“ angesehen.

Ein einfaches Beispiel sind die Werbeformate. In den Anfängen der Fernsehwerbung verlangten TV-Sender nach Standards für Fernsehspots. Das Resultat waren Werbespots in verschiedenen Längen, à 15, 30 oder 60 Sekunden, und somit eine erste Form standardisierter Werbung. Produzenten wie auch Werbetreibende profitierten von diesen Standards gleichermaßen. Kreativagenturen waren in der Lage, ihre Prozesse auf diese Formate abzustimmen und sich effizient und gleichzeitig höchst kreativ auf die Inhalte zu konzentrieren.

Im Bereich der digitalen Werbung geht die Anzahl der genutzten Formate in die Hunderte – diese sind zum Teil sehr kreativ und spezifisch, haben aber den grundsätzlichen Nachteil, dass durch die Vielzahl der zu erstellenden Werbemittel die Produktionskosten sehr hoch sind. Die Einbuchung über automatisierte Systeme – Stichwort: Programmatic Buying – kann nur über standardisierte Werbeformen erfolgen. Einer der Gründe, warum diese Art der Buchung bislang in erster Linie für Direktmarketingmaßnahmen genutzt wird, ist die alleinige Verfügbarkeit von „alten“, eher responseorienterten Werbeformaten des „Universal Ad Package“. Eine Effizienz, wie sie der elektronische Einkauf von TV-Werbeplätzen zurzeit schon bietet, lässt sich in unserem digitalen Medium nur über die Bereitstellung eines Standards für Brandingwerbemittel erreichen.

Digitale Markenkommunikation im Großen

Um es vorwegzunehmen – es geht hier nicht um spezifische Maßnahmen wie Social-Media-Aktivitäten oder Content-Kooperationen mit bestimmten Special-Interest-Angeboten. Solchen Maßnahmen ist gemein, dass sie sehr kreativ, möglichst unter Einbindung von Redaktionen und immer sehr individuell in enger Zusammenarbeit von Agentur und Vermarkter umgesetzt werden müssen. Diese erreichen im Allgemeinen hohe Engagement-Level, aber zumeist immer nur recht begrenzte Ausschnitte der potenziellen Zielgruppe. Wenn es mir aber zum Beispiel darum geht, mehr als 300.000 Mitglieder meiner 12 Mio. großen Zielgruppe zu erreichen und ihnen meine Geschichte zu erzählen, dann sind diese Maßnahmen effektive Ergänzungen, aber für sich allein nicht ausreichend.

Wenn ich GRP-Level jenseits der 100 erreichen möchte, dann brauche ich Möglichkeiten, meine Zielgruppen effizient zu identifizieren, zu erreichen und ihnen in hoher Reichweite meine Botschaft zu vermitteln. Diese hohe Reichweite lässt sich nur mittels übergreifender Werbemittelstandards effizient realisieren – der Aufwand für Produktion und Kampagnenmanagement würde sonst kaum zu rechtfertigen sein.

Um vergleichbare, effiziente Standards auch in der Online-Werbung zu etablieren, gründete das IAB Europe – der Dachverband der europäischen digitalen Wirtschaft – im Dezember letzten Jahres das Brand Advertising Committee (BAC). Dieses besteht aus einer Allianz aus Werbevermarktern, Agenturen, Technologieanbietern, Werbetreibenden und Marktforschungsunternehmen und hat es sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Branche mit Guidelines auszustatten, die standardisierte Prozesse in der digitalen Markenkommunikation ermöglichen. Die Planung, Buchung und Aussteuerung von Markenwerbung im Internet soll so insgesamt erleichtert und vereinheitlicht werden. Für dieses übergeordnete Ziel stehen drei Komponenten im Mittelpunkt: Zielgruppen, Werbeformate und Metriken.

Dabei wird mit der Standardisierung keine grundsätzliche Einschränkung der Möglichkeiten angestrebt. Die Empfehlungen in Richtung der jeweiligen Standards sollen eher eine gemeinsame Basis bilden, mit der effizient zusammengearbeitet werden und auf der jeder Marktteilnehmer seine eigenen, spezifischen USPs kreieren kann.  

Der Prozess innerhalb der drei Taskforces ist dabei jeweils der gleiche. Zunächst wird der Umfang der Standardisierungsbemühungen durch die Mitglieder definiert. Darauf aufbauend wird im Rahmen einer europaweiten Marktforschung über alle Mitgliedsländer unter Einbeziehung aller relevanten Marktteilnehmer ein aktueller Status in dem jeweiligen Umfeld und eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklungen erhoben. Diese Ergebnisse werden im Komitee aggregiert und optimiert und nach Feedback durch die lokalen Verbände als europäischer Vorschlag kommuniziert.

Im Bereich der Werbeformate wurde der Umfang durch die Dimensionen Plattform (PC/Tablet/Mobile) und Content-Typ (InPage/InStream) festgelegt. Interessante Aspekte aus diesem Umfeld sind u. a. die sogenannte Aspekt-Ratio. Während PC-Bildschime wie TV-Bildschirme aktuell ein 16:9-Format haben, sind die meisten Websites noch in Richtung des alten 4:3-Formates aufgebaut. Dieses wiederum ist dank Apple das vorherrschende Format auf Tablet-Seite. Allerdings kann ein Tablet auch gedreht werden, so dass ein 3:4-Format entsteht. Werbespots werden heutzutage dagegen im 16:9-Format produziert, aber kein Werbemittel hat nativ dieses Format. All dies sind Dinge, die markenwirksame Werbemittel berücksichtigen sollten.

Im Rahmen der Marktforschung wurden Marktteilnehmer aus 27 Ländern befragt.

Diese Marktforschung ist noch nicht abgeschlossen, aber welche Lerneffekte ergab der bisherige Prozess? So brachial, es auch klingen mag, auch hier gilt: auf die Größe kommt es an. Wo das Content-Management-System diese größeren Werbeplätze nicht bereitstellen kann, hilft die Dynamisierung der Werbemittel. Ausgehend von kleineren Standardformaten expandieren diese neuen Werbemittel in größere Formate. Erste Ergebnisse für den Bereich InPage (PC/Tablet) werden für die DMEXCO erwartet.

Die Task Force KPIs & Metrics befindet sich noch am Anfang des Prozesses.

Im Rahmen der Strukturierung haben sich folgende Diskussionsbereiche herauskristallisiert. Zum einen benötigt die Branche verlässliche Metriken zum Thema Kontakt („Exposure“). Diese werden im Allgemeinen auch als Währungsmetriken gehandelt, da sie aktuell die Basis für die Werbeträgerleistung sind. Naheliegend für den Bereich der Markenkommunikation sind natürlich etablierte Metriken wie GRP oder Reach & Frequency – alles Metriken, die immer einen Zielgruppenbezug haben. Diese würden auch der Forderung der Werbungtreibenden nach crossmedialer Planbarkeit nachkommen. Auch qualitative Einflussfaktoren wie Sichtbarkeit, Loyalität, Clutter (Werbemittelhäufung auf einer Seite) etc. sind im Rahmen der Standardisierungsbemühungen zu betrachten und all dies selbstverständlich in enger Abstimmung mit den lokalen Verbänden und Organisationen.

Diesen eher währungsbezogenen Metriken stehen effektbasierte KPIs gegenüber. Diese lassen sich grundsätzlich in die Bereiche Einstellung („Attitudes“) wie Bekanntheit, Sympathie und Verwendungsabsicht und Handlung („Engagement“) differenzieren. Auch hier gilt, die Bereitstellung von standardisierten Metriken, wie sie im Bereich des digitalen Direktmarketings in Form von zum Beispiel Klicks und Klick-Raten schon lange existieren, ist von elementarer Bedeutung für die Unterstützung von digitaler Markenkommunikation im Großen. Nur durch eine adäquate Bewertung der Effekte der Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass zum einen die Optimierungsmöglichkeiten unseres Mediums auch für Brandingaktivitäten voll genutzt werden können und zum anderen die durch die Werbeträger bereitgestellte Kontaktleistung auch angemessen entlohnt werden kann.

Aktuelle Ergebnisse sind erst der Anfang

Wir befinden uns auf einer Reise, die noch einige Zeit andauern wird, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Diese Standards werden sicher nicht von heute auf morgen erarbeitet werden können, dazu sind die Bedürfnisse der einzelnen Märkte zu unterschiedlich und der Prozess ein langfristiger. Dennoch muss es Ziel der Branche sein, auch in diesem Feld mit klassischer Werbung vergleichbarer zu werden und die digitalspezifischen Vorteile deutlich herauszuarbeiten. Denn nur durch die neuen Standards lässt sich letztlich auch die Poleposition im Brand Advertising weiter ausbauen.

Über den Autor:
Karim H. Attia verantwortet als CEO die strategische Ausrichtung und Entwicklung von nugg.ad und ist seit über 20 Jahren in der Media-Branche aktiv. Im Zentrum seiner Arbeit stehen Produktinnovativen für die digitale Medienwelt auf Basis der nugg.ad Zielgruppentechnologie und die Stärkung der digitalen Markenwerbung. Als Chairman des Brand Advertising Committees im IAB Europe setzt er sich für einheitliche Brandingstandards wie z. B. branchenübergreifende KPIs und Metriken ein. Auf seine Initiative hin gründete der IAB Europe das Brand Advertising Committee, dessen Vorsitz er seit Mai 2013 innehat.

Bild Karim H. Attia Über den Autor/die Autorin:

Karim H. Attia verantwortet als CEO die strategische Ausrichtung und Entwicklung von nugg.ad und ist seit über 20 Jahren in der Media-Branche aktiv. Im Zentrum seiner Arbeit stehen Produktinnovativen für die digitale Medienwelt auf Basis der nugg.ad Zielgruppentechnologie und die Stärkung der digitalen Markenwerbung. Als Chairman des Brand Advertising Committees im IAB Europe setzt er sich für einheitliche Brandingstandards wie z. B. branchenübergreifende KPIs und Metriken ein. Auf seine Initiative hin gründete der IAB Europe das Brand Advertising Committee, dessen Vorsitz er seit Mai 2013 innehat.

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