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Im Gespräch mit Ari Paparo von AppNexus über RTB

Jens von Rauchhaupt, 17. November 2011

Das US-amerikanische Unternehmen AppNexus gibt noch immer einige Rätsel auf. Obwohl Microsoft als Investor mit knapp 50 Mio. US-Dollar in das New Yorker Unternehmen um den charismatischen Gründer Brian O’Kelley eingestiegen ist, weiß man hierzulande noch sehr wenig über das Unternehmen. Auch wenn der Name in Deutschland beim Thema Realtime Bidding immer häufiger fällt. Im Vorfeld des hauseigenen AppNexus Summit in New York konnten wir mit Ari Paparo, Senior Vice President Product, sprechen.

Als Senior Vice President Product ist Ari Paparo für die strategische Entwicklung und die Produktentwicklung der RTB-Plattform AppNexus verantwortlich. Der Betriebswirt Paparo (MBA) ist bereits seit zehn Jahren im Online-Advertising-Geschäft, unter anderem für Nielsen Online, Google und DoubleClick, wo er die Produkte wie DART for Advertisers (DFA), DoubleClick Rich Media, DoubleClick Video verantwortete.

Adzine: Herr Paparo, was bietet AppNexus, eine Sell-Side-Plattform (SSP) oder eine Einkaufsplattform (DSP)?

Paparo: AppNexus entwickelt Technologien, die sowohl der Einkaufsseite als auch der Verkaufsseite Realtime Bidding ermöglichen. Wir sind das zurzeit einzige unabhängige Unternehmen, das eine Werbeplattform anbietet und sich dabei gleichermaßen auf die Bedürfnisse beider Parteien fokussiert.

Adzine: Ist das denn überhaupt glaubwürdig für beide Parteien (Sell und Buy) gleichzeitig die beste Technologien anbieten zu wollen?

Ari Paparo

Paparo: Ich glaube schon, dass es möglich ist, beiden Seiten die beste Technologie gleichermaßen anzubieten. Schon heute gibt es anspruchsvolle Advertiser wie eBay oder Agenturennetzwerke wie WPP auf der Einkaufsseite sowie große Netzwerke wie Microsoft Advertising Exchange, Collective oder Publisher wie Technorati auf der Verkaufsseite, die auf die AppNexus-Lösung setzen. Gerade weil sie die gleiche Plattform nutzen, vereinfacht das ihren gegenseitigen Einkauf bzw. Verkauf deutlich. AppNexus kontrolliert dabei die Werbemittel und die Umfelder, sodass sie einander vertrauen können. Genau das hilft ihrem Geschäft. Es ist eine Win-win-Situation.

Adzine: Aber was unterscheidet denn AppNexus dann noch von einer Ad Exchange?

Paparo: Online-Advertising ist weit mehr, als einfach nur Webseiten zu buchen. Unser Ziel ist, eine Plattform zu entwickeln, über die alle Marktteilnehmer miteinander interagieren können – also ein Online-Advertising-Ökosystem. Mithilfe von offenen Schnittstellen können unsere Partner und Kunden von unserer Infrastruktur und Realtime-Technologie profitieren und ihre eigenen Advertising-Lösungen entwickeln. Ganz gleich ob Ad-Verification-, Rich-Media-Anbieter oder externe Profilhändler, alle können sich mit der AppNexus-Plattform verbinden. Das geht weit über die Idee einer Exchange hinaus. Wir entwickeln die Werkzeuge und Technologien, um das Geschäft zu vereinfachen und effizienter zu gestalten, für alle Marktteilnehmer in der Online-Display-Werbung.

Adzine: Microsoft hat 49 Millionen US-Dollar in AppNexus investiert. Wie unabhängig ist AppNexus wirklich?

Paparo: Microsoft ist ein Investor mit einer Minderheitsbeteiligung. Sie kontrollieren nicht unsere Zielsetzungen. Das AppNexus-Management ist sich in seinem Ziel einig, ein globales Unternehmen aufbauen zu wollen. Realtime-Werbung gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Unser Umsatz wird sich dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr vervierfachen. Microsoft ist ein wertvoller Partner und Investor mit dem wir – wie mit allen unseren Partnern – auf Augenhöhe arbeiten.

Adzine: Wie wird sich aus Ihrer Sicht der RTB-Markt in Europa und insbesondere in Deutschland entwickeln?

Paparo: Die Entwicklung in Europa und Deutschland wird genauso vonstattengehen wie wir sie bereits in den USA erlebt haben. Zunächst werden die Agenturen an die Trading Desks kommen. Dazu müssen sie sich entscheiden, ob sie eigenes Realtime-Bidding-Know-how aufbauen oder dieses durch einen Dienstleister oder eben AppNexus realisieren wollen. Die Publisher werden die neue Nachfragequelle ebenfalls erschließen und RTB adaptieren, um so Mehrerlöse zu erzielen. Dazu müssen sich die Publisher entscheiden, wie sie ihr Inventar am Markt anbieten wollen – entweder indem sie auf eine SSP (Sell Side Platform) setzen oder über eine Technologielizenz eine eigene ‚Private Exchange‘ aufbauen. Die Ad Networks werden ihr Geschäftsmodell ebenfalls an RTB anpassen, indem sie Realtime-Nachfrage und einen Zugang an das Realtime-Angebot in ihr Werbenetzwerk einbinden. Ein Mix aus globalen, aber auch lokalen Anbietern wird in Deutschland diese Marktveränderung vorantreiben. Ob nun Microsoft Advertising durch die Freigabe ihres Inventars für RTB, Agenturennetzwerke wie WPP oder eben lokale Anbieter, alle werden zu dieser Entwicklung einen Beitrag leisten.

Adzine: Ist AppNexus überhaupt schon auf dem deutschen Markt aktiv?

Paparo: Wir kooperieren schon seit Langem mit mexad, dem RTB-Trading-Spezialisten aus Köln. Mexad nutzt die AppNexus-Plattform. Der deutsche Markt hat großes Potenzial für uns.

Adzine: Handelt es sich beim Realtime-Bidding-Angebot eigentlich immer nur um Restinventar der Publisher?

Paparo: 2011 konnten wir beobachten, wie die großen Publisher ‚Private Exchanges‘ aufgebaut haben, um die Kontrolle und den Wert ihres Inventars zu erhöhen und ihren ausgesuchten Partnern anzubieten. Im nächsten Jahr werden Werbungtreibende und Agenturen RTB auch für das Branding nutzen. Denn RTB gibt ihnen die Möglichkeit, nur ihre relevante Zielgruppe über das ganze Internet hinweg direkt anzusprechen. Ein Kunde von uns, der Media-Trading-Spezialist Infectious in Großbritannien, hat bereits für einen seiner größten Kunden unter Beweis gestellt, wie erfolgreich RTB für Branding-Kampagnen sein kann. Die Nutzung von RTB-Traffic für Branding-Kampagnen findet also bereits statt.

Adzine: Was ist nach Ihrer Ansicht der Erfolgsfaktor von Realtime Bidding für den Mediahandel?

Paparo: Es sind die Ausmaße. Charakteristisch für RTB sind die riesigen Volumina der Transaktionen, die in Millisekunden bewegt werden. Keine andere Lösung kann in so kurzer Zeit ein so großes Volumen zur Verfügung stellen. Wäre ich ein Mediaeinkäufer oder -verkäufer, wären die Volumina der Grund, um auf RTB zu setzen, da bin ich mir sicher.

Adzine: Lässt sich RTB auch sinnvoll einsetzen, wenn der Einkaufsseite keine Retargeting- bzw. Nutzerprofile zur Verfügung stehen?

Paparo: Schon heute kaufen viele Mediaeinkäufer über die AppNexus-Plattform Inventar nach Content-Kategorien ein. So werden die Ads mit einer passenden Botschaft zum Inhalt ausgeliefert. Audience und Kontext sind entscheidend für den Erfolg der Werbung, nicht die Kanäle. Wir haben bereits eine Menge 3rd-Party-Data-Anbieter integriert. Diese geben unseren Kunden Zugang zu kontextuellen Datensegmenten, mit denen sich die Kampagnen noch genauer zum relevanten Inhalt ausliefern lassen.

Adzine: Ist die RTB-Konsole von AppNexus eigentlich auch auf die mobile Werbung und sogar mobile In-App-Werbung einsetzbar?

Paparo: AppNexus bietet derzeit einen Zugang zu mobilem Inventar. Advertiser können Nutzer ansprechen, die Webseiten mit einem iPhone-, iPad-, Android- oder Blackberry-Browser ansteuern. Zudem ist AppNexus die einzige Quelle für App-Inventar von Windows Phone 7 Apps.

Adzine: Herr Paparo, vielen Dank für das Gespräch.

Bild Jens v. Rauchhaupt Über den Autor/die Autorin:

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