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SEARCH MARKETING - SEA

Google Instant und AdWords: Viel Lärm um nichts?

Martin Röttgerding, 28. September 2010

Google Instant hat in den letzten Wochen sehr viel Medienecho erfahren, denn es war eine der auffälligsten Neuerungen, die Google in den letzten Jahren vorgestellt hat. Dabei wartet Google jetzt mit der Anzeige der Suchergebnisse nicht mehr ab, bis man seine Suchanfrage komplett eingegeben hat. Schon während man die ersten Buchstaben tippt, zeigt Google entsprechende Ergebnisse.

Wer z. B. nach „immobilien berlin“ sucht, erhält bereits Suchergebnisse für die Suchanfrage „immobilien“, sobald dieser Teil der Suchanfrage eingetippt ist. Auch versucht Google, die finale Suchanfrage vorauszuahnen: Wenn man nur „immobilienkr“ eintippt, sieht man bereits Suchergebnisse für die Suchanfrage „immobilienkredit“, von der Google annimmt, dass es die wahrscheinliste Suchanfrage ist für  „immobilienkr“ ist.

Im Folgenden sehen wir mal von den Fragestellungen hinsichtlich der Usability ab – auch, wenn sich solche Fragen anbieten, denn Google Instant bringt schon etwas Unruhe in die Ergebnisseiten. Aber Google Instant hat eben auch das Potenzial, das Suchverhalten der Google-Nutzer zu ändern und vor allem auch die Statistiken von Google AdWords zu beeinflussen.

Blick über den Teich

Seit Google mit der Vorstellung von Instant für viel Aufsehen gesorgt hat, wird eifrig über die Auswirkungen des neuen Features spekuliert. In Deutschland blieb uns auch nichts anderes übrig, denn die Masse der Nutzer sieht derzeit noch das alte „statische“ Google. Bei Google.com dagegen ist Instant standardmäßig aktiviert, so dass man jenseits des Atlantiks bereits Erfahrungen hat sammeln können. Vor allem Nutzer von Google AdWords bekamen schnell Daten und konnten Schlüsse daraus ziehen.

Sehr schnell gab es erste Ergebnisse und größtenteils wurde von extremen Veränderungen berichtet. Schon am 14. September hat David Iwanow einen ziemlich guten Artikel im Search Marketing Journal veröffentlicht. In „Google AdWords Instant Trouble“ schildert er detailliert die Auswirkungen von Instant auf AdWords – nur um dann nebenbei zu erwähnen, dass seine Datengrundlage ein Vergleich vom 7. mit dem 8. September ist. Und da liegt das Problem.

Am 8. September wurde die Einführung von Google Instant bekannt gegeben. So ziemlich jeder Nutzer dürfte danach erst mal gestutzt und sich gefragt haben, was denn da mit den Suchergebnissen passiert. Repräsentativ für das neue Suchverhalten ist der 8. September deshalb sicher nicht. Zumal Instant erst morgens in Kalifornien vorgestellt wurde – an der US-Ostküste, wo Davids Agentur sitzt, war es da schon Mittag. Die Daten vom 8.9. spiegeln also nicht mal einen vollen Tag Instant wider. Aber auch die folgenden Tage wurden noch viele Nutzer zum ersten Mal mit Instant konfrontiert. Die Ergebnisse der ersten Tage sind also auf jeden Fall mit Vorsicht zu genießen.

Bei Search Engine Roundtable wurde eine Umfrage zu den Auswirkungen von Google Instant auf AdWords gestartet. Von 153 Teilnehmern gaben mehr als die Hälfte an, keine Veränderungen durch Instant ausgemacht zu haben. Etwas weniger als 20 % will mehr Impressionen ausgemacht haben, knapp 7 % sagen das Gegenteil. Knapp 3 % geben an, mehr Klicks zu bekommen, knapp 14 % berichten das Gegenteil.

Circa zwei Wochen nach dem Launch von Google Instant meldeten sich auch verstärkt einzelne AdWords-Spezialisten zu Wort und gaben ihre Erfahrungen weiter. Der Grundtenor dabei: keine signifikanten Änderungen. Wenige berichten zwar von leichten Verschiebungen, allerdings scheinen mir dies eher kleinere Werbetreibende zu sein. Am 20. September hat mit ClickEquations ein größerer Anbieter die Ergebnisse einer Kurzstudie für zwei Dutzend Konten bei Twitter veröffentlicht. Ergebnis: Kein wahrnehmbarer Einfluss auf Klicks, Impressionen, Klickrate oder CPC.

Auch hierbei gilt natürlich, dass es immer noch recht früh ist, um schon großartige Schlussfolgerungen zu ziehen. Ich muss aber sagen, dass die Leute, die ich persönlich kenne und deren Expertise ich vertraue, übereinstimmend sagen, dass es keine signifikanten Änderungen gibt. Ich gehe also davon aus, dass das stimmt: Google Instant ändert nicht viel bei Google AdWords.

Falsche Vorhersagen?

Im Vorfeld wurden mehrere Aspekte genannt, bei denen sich Instant auf AdWords auswirken sollte. Ändert sich aber nicht viel bei AdWords, dann müssen diese Vermutungen auch irgendwie falsch gewesen sein. Ich sehe da insbesondere drei Aspekte: Verdrängung der organischen Suchergebnisse, Zählweise von Impressionen und verändertes Suchverhalten.

Die Verdrängung der organischen Suchergebnisse ist eher ein Detail: Durch die Vergrößerung des Suchfeldes beim Tippen rücken die Ergebnisse nach unten. Das benachteiligt die organischen Suchergebnisse gegenüber den AdWords-Anzeigen. Anscheinend ist der Effekt aber nicht besonders groß.

Mehr Impressionen

Im Hinblick auf AdWords hat vor allem die Zählweise von Impressionen für Wirbel gesorgt: Schon wenn drei Sekunden keine Eingabe erfolgt, wird eine Impression gezählt. Die Befürchtung: Wenn jemand langsam genug tippt, dann werden plötzlich zusätzliche Anzeigenimpressionen gezählt, was nicht nur die Statistiken verzerrt, sondern sich auch negativ auf den Qualitätsfaktor auswirkt, was wiederum höhere Klickpreise bewirken würde.

Hier muss man zunächst mal anmerken, dass drei Sekunden Pause beim Tippen schon eine ziemlich lange Zeit bedeutet. Wenn in dieser Zeit die Suchergebnisse betrachtet werden, um dann anschließend die Suchanfrage zu verändern, so unterscheidet sich dies eigentlich nicht von einer Suche ohne Instant: So oder so finden zwei unterschiedliche Suchvorgänge statt. Und dass sich durch die zusätzlichen Impressionen eine Änderung der Qualitätsfaktoren und infolge dessen bei den Klickpreisen ergäbe beruht sowieso auf einem falschen Verständnis des Qualitätsfaktors.

Verändertes Suchverhalten

Der wichtigste Aspekt von Google Instant dürfte aber die Veränderung des Suchverhaltens sein. Die Annahme: Nutzer orientieren ihre Suchanfragen an den Vorschlägen, die Google während des Tippens anbietet. Dieser Aspekt scheint mir der unberechenbarste zu sein und er ist für SEO und SEM gleichermaßen wichtig. So hat Nathan Safran dazu einen Artikel im Conductor Blog veröffentlicht. Er hat die Länge von Suchanfragen untersucht, die 880.000 Visits vorausgingen – die eine Hälfte aus der Woche vor Instant, die andere danach. Dabei blieb die Verteilung praktisch identisch.

Vor etwas über einem Jahr haben wir mal eine Mini-Studie zu Google Suggest gemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass nur wenige Nutzer sich davon großartig beeinflussen lassen. Unser Fazit war damals, dass Suggest zwar Fehlschreibungen gut korrigiert, ansonsten aber nur wenig Einfluss auf das Suchverhalten zu nehmen schien. Nun funktioniert Google Instant etwas anders als Google Suggest und drängt sich mit seinen Suchvorschlägen auch mehr in den Vordergrund. Insgesamt liegt aber der Schluss nahe, dass sich Nutzer gar nicht so stark von solchen Vorschlägen beeinflussen lassen. Für die gegenteilige Annahme, die wie selbstverständlich vielen Artikeln zu Instant zugrunde liegt, scheint es jedenfalls überhaupt keine Basis zu geben.

Fazit: Alles halb so wild

Dass mit der Einführung von Instant Veränderungen kommen, scheint mir logisch. Ich denke, dass durch die neue Zählweise hier und da zusätzliche Impressionen zustande kommen – in der Summe vermutlich vernachlässigbar, von der Bedeutung her sowieso. Das Suchverhalten wird durch Instant sicher auch beeinflusst, aber vermutlich deutlich weniger als allgemein angenommen. Alles deutet darauf hin, dass es eher minimale Änderungen als große Umwälzungen sind, die da auf uns zukommen.**

Über den Autor/die Autorin:

Über den Autor: Martin Röttgerding ist Head of SEM bei der SEO-/SEM-Agentur Bloofusion. Er bloggt und twittert hauptsächlich zu Google AdWords und schreibt für das suchradar.

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