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PERFORMANCE

Datenintegration über alle Kanäle

Roland Markowski, 8. April 2009

Multi-Channel-Marketing, die Verknüpfung verschiedenster Marketingkanäle, ist eine aussichtsreiche Strategie zur Gewinnung von Kunden innerhalb der Handelsbranche. Ein Verständnis der Bedürfnisse und Vorlieben der eigenen Kunden ist ein entscheidender Geschäftsfaktor. Da Kunden sich nicht länger auf den Besuch im Ladenlokal beschränken, ist besonders das Zusammenführen der Offline- und Online-Welt eine wichtige Aufgabe, mit der sich das Kundenbeziehungsmanagement (CRM) beschäftigen muss.

Heutige Kunden googlen im Internet, probieren Ware vor Ort, bestellen Produktkataloge per E-Mail etc. – kurz gesagt: Sie nutzen bereits ein großes Spektrum an Informationsmöglichkeiten, bevor sie sich für einen Kauf entscheiden. Die immense Verteilung der Kundenkontaktpunkte („Touchpoints“) aufgrund unterschiedlicher Vertriebs- und Marketingkanäle wirft für das CRM vor allem die Fragen auf: Wie werden die Daten off- und online ermittelt und wie können diese sinnvoll zu einem großen Ganzen zusammengefügt werden?

Offline-Daten ermitteln
Offline werden die Daten über Treueprogramme, Mitgliedschaften oder Auftragskennzeichnungen ermittelt. Bestes Beispiel sind die seit langem eingesetzten Kundenbindungsprogramme, z.B. Happy Digits oder Payback, mit denen Unternehmen (Kaufhäuser, Baumärkte etc.) ihren Kunden Bonusprämien oder Preisvergünstigungen bieten, wenn diese beim Kauf ihre Kundenkarten scannen lassen. Ladenbetreiber erfassen so Aufzeichnungen von eindeutigen Auftrags-IDs und Umsätzen in ihren zentralen Data-Warehouse-Lösungen. Diese werden häufig mit sogenannten externen Daten (u.a. soziografischen Daten) auf Haushaltsebene verbunden. Mithilfe von Data-Mining-Algorithmen lassen sich auf dieser Datenbasis dann Affinitäten oder Scorings ermitteln, die schließlich die Grundlage für das Database-Marketing oder Multi-Channel-Marketing bilden.

Online-Daten ermitteln
Generell werden Kundendaten an dem Touchpoint zuerst erfasst, an dem die Daten auch anfallen. So speichert man beispielsweise Umsätze zuerst in Kassensystemen, anschließend fließen diese Daten in die Lagerwirtschaft, um dann letztendlich für die Durchführung von periodisch durchgeführten Analysen in einem Data Warehouse gespeichert zu werden.
Ähnlich verhält es sich im Falle des Kaufs über einen Web-Shop: Heutzutage werden die Daten direkt an die Lagerwirtschaft weitergegeben und oft zeitgleich mithilfe einer Web-Analyse-Software erfasst und für Verhaltensanalysen gespeichert (sofern der Kunde sein Einverständnis gegeben hat). Interessanterweise haben sich Web-Analyse-Lösungen parallel zu analytischen Data-Warehouse- oder Business–Intelligence-(BI)-Lösungen etabliert. Dies liegt zum einen an der Masse der Daten zum anderen auch an der Art der Datensammlung. Während wenige Data-Warehouse-Installationen Daten in „Realtime“ speichern und analysieren, sind Web-Analyse-Lösungen darauf spezialisiert, den ständigen Datenstrom aus dem Internet ohne Verzögerung aufzunehmen und entsprechend zu verarbeiten.

Voraussetzung für die Speicherung der Webdaten ist die Integration spezieller Java Tags in allen Online-Marketing-Maßnahmen (Webseite, Werbebanner, Mini-Sites etc.), damit das Besucherverhalten und nicht nur der reine Besuch auf der Webseite analysiert wird. Um aussagekräftige Daten zu erlangen, müssen möglichst umfassende Benutzerprofile in einem zentralen Web-Analyse-Data-Warehouse erfasst werden. Solche Profile berücksichtigen in der Regel alle Benutzerinteraktionen (Klickpfade, Einstiegs- und Ausstiegsseiten, Newsletter-Bestellung, Page Impressions on- und offsite etc.) über alle Sessions, also vom ersten bis zum letzten Kundenkontakt. Die Interessen und Bedürfnisse der Kunden werden so sehr detailliert ermittelt und als Entscheidungsgrundlage für konkrete Marketingmaßnahmen eingesetzt. Auf Basis dieser Daten können dann, analog zum Offline-Database-Marketing, gezielte Online-Marketingkampagnen wie E-Mailing oder Online-Empfehlungen durchgeführt sowie Einfluss auf die Webseiten-Gestaltung genommen werden.

Offline-Online-Verknüpfung
Ein typischer Anwendungsfall der Offline-Online-Verknüpfung ist, dass Online-Daten als ergänzende Kundeninformationen in das zentrale Data Warehouse integriert werden. Dadurch wird eine erweiterte sogenannte 360°-Sicht auf den Kunden ermöglicht, die auf einer zentralen Kundentabelle basiert. Gleichzeitig werden auch die Informationen im Kundenlebenszyklus (Customer Life Cycle) auf dem aktuellsten Stand gehalten. Dazu werden meist aggregierte Verhaltens- sowie aggregierte Transaktionsdaten aus der Web-Analyse-Lösung in das zentrale Data Warehouse übertragen.

Der umgekehrte Ansatz – das Einspielen von Offline-Daten (wie Umsätze, gekaufte Produkte etc.) in die Web-Analyse-Lösung – wird seltener angewendet und ist nur empfehlenswert, wenn Handelshäuser neben dem Online-Handel einen starken Offline-Bereich betreiben. Ist dies der Fall, können die Offline-Daten innerhalb der Web-Analyse-Lösung zur Segmentierung der Online-Kunden-Daten dienen und als wichtige Entscheidungshilfe für Online-Kampagnen eingesetzt werden.

Da für die Bildung dieser umfassenden zentralen Sicht auf den Kunden die Daten aus vielen unterschiedlichen Kunden-Touchpoints bezogen werden, ist der Aufwand für die Datenintegration sowie für den Aufbau und für die Pflege eines analytischen (Offline-)Data Warehouses generell nicht zu unterschätzen.

Das richtige Matching
Um das sogenannte Matching der Offline- und Online-Daten konsistent zu bewerkstelligen, ist es unverzichtbar, den Daten aus allen Quellen eindeutige IDs zuzuweisen. Dies beinhaltet, dass der Kunde bei jedem Online-Besuch eindeutig zugeordnet wird. Die Referenzierung der Webnutzer sollte dabei ausschließlich über eine freiwillige Identifikation des Nutzers erfolgen, also z.B. im Rahmen eines vom Kunden selbstangelegten Accounts im Online-Shop oder innerhalb des Bestellvorgangs einer Ware. Sobald die Referenz für die Web-Analyse-Software bereitsteht, kann die gesamte Benutzerinteraktion in einem Datenbankeintrag geführt und zuverlässig mit den Kundendaten aus dem Offline-Geschäft gebündelt werden.

Das Multi-Channel-Marketing und der Prozess, Online- und Offline-Welt zu integrieren, muss auf allen Seiten – bei Kunden und Händlern – noch weiter voranschreiten, damit auch die technische Umsetzung den nötigen Antrieb erhält. Die Weiterentwicklung und Verfeinerung der Möglichkeiten im Online-Marketing sowie die wachsende Nutzung des Webs wird in naher Zukunft diesen Trend weiter stärken und einen größeren Bedarf schaffen. Durch die zunehmende Wahrnehmung der Online-Potenziale in den Marketingabteilungen des Einzelhandels erhöhen sich bereits jetzt der gegenseitige Austausch und die Zusammenarbeit der Online- und Offline-Marketing-Experten. Wir erwarten durch die neuen Kooperationen einen enormen Innovationsschub im Multi-Channel-Marketing. In naher Zukunft wird sich die Differenzierung Offline/Online aus der Sicht des Marketings vollständig zugunsten eines integrierten Marketings auflösen.

Über den Autor/die Autorin:

Roland Markowski ist seit mehreren Jahren im Bereich der Web Analytics und des Online-Marketings tätig. Zuvor hat er Softwareunternehmen aus dem Bereich Data Warehousing („Big Data“) und der Business Intelligence geleitet. Seine „Big Data“-Erfahrung verknüpft er nun mit dem Online-Marketing und bringt diese seit 2011 als Mitgründer und Geschäftsführer in die advertzoom GmbH sowie seit 2013 als Verantwortlicher für den Vertrieb und Strategie bei der contentmetrics GmbH ein.

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