Ein schnell wachsender Markt, viele Anbieter aus verschiedensten Lagern und jede Menge werbewillige Kunden: Der Status quo im Markt für Search-Engine-Marketing (SEM) ist konfus und lukrativ gleichermaßen. Doch wer am Ende das größte Stück vom Werbekuchen abbekommt, ist auch eine Frage der Differenzierung gegenüber Wettbewerbern und potenziellen Kunden. Noch läuft vieles über den Preis.
Nach Einschätzung des Online-Vermarkterkreises (OVK) wird die Suchwort-Vermarktung aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr das Segment mit der höchsten Wachstumsrate im Bereich der Online-Werbung sein. Mit einem Zuwachs von 123 Prozent hatte sich 2005 das Volumen für dieses am schnellsten wachsende Segment der Online-Werbung gegenüber 2004 mehr als verdoppelt. Die Preise für einzelne Suchbegriffe hatten sich gegenüber dem Vorjahr ebenfalls annähernd verdoppelt. Werbetreibende gaben dafür rund 245 Millionen Euro aus - das entspricht immerhin knapp 28 Prozent des Gesamtumsatzes der Online-Werbung im vergangenen Jahr.
Der lukrative Markt ist entsprechend hart umkämpft. Neben großen Media-Agenturen, Ein-Mann-Suchmaschinen-Marketern und einer Reihe von Unternehmen, die im Stile eines Gemischtwarenladens auch Suchmaschinen-Marketing anbieten, haben sich einige Unternehmen auf diese Form des Online-Marketings spezialisiert - die so genannten SEM-Agenturen. Doch für den Otto-Normal-Kunden ist eine Differenzierung schwer. Die Angebote auf dem Markt unterscheiden sich in aller Regel höchstens über den Preis. Doch ob dann auch die Leistung entsprechend ausfällt, weiß der Werbetreibende oft erst hinterher.
Zu wenig Differenzierung
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft möchte dem Markt schon lange zu mehr Transparenz verhelfen und hat eigens einen Arbeitskreis Suchmaschinen-Marketing gegründet. Der hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, den Markt jenseits von individuellen Unternehmens- und Produkt-USPs neutral aufzuklären und im Rahmen einer Selbstverpflichtung Maßstäbe für professionelles und seriöses Suchmaschinen-Marketing zu setzen. Wer in Sachen Erfahrung, Transparenz, Arbeitsweise und Engagement am Markt die Kriterien erfüllt, dem wird gegen eine einmalige und eine jährliche Gebühr seine professionelle Arbeitsweise auf hohem technologischem Niveau bescheinigt - in Form eines SEM-Zertifikats.
"Jedes Zertifikat schafft etwas mehr Entscheidungssicherheit für einen Kunden. So auch das BVDW-Zertifikat. Was aber nicht heißt, dass jede nicht zertifizierte Agentur sich nicht auch an diese Regeln hält - sie hat nur kein Zertifikat dafür", erläutert Christian Petersen, Geschäftsführer eprofessional GmbH. Sein Unternehmen gehört zu den zertifizierten SEMs. Andere Dienstleister verzichten auf eine Zertifizierung, manche Anbieter investieren dieses Geld lieber in die Aufrüstung in Sachen Preiskrieg. "Die meisten SEM-Agenturen haben heute ein sehr ähnliches Profil und sind mit ihren Leistungen nahezu austauschbar.
Das am häufigsten anzutreffende Differenzierungsmerkmal, das heute einige Agenturen auszuspielen versuchen, ist der Preis. Dies kann aber nicht im Interesse der Kunden sein, denn eine ausschließlich auf Preiswettbewerb ausgerichtete Strategie führt meist auch zu Qualitätsdefiziten", gibt Martin Stoehr, einer der beiden Geschäftsführer der Komdat GmbH, zu bedenken.
SEM-Agenturen mit Wettbewerbsvorsprung
Dass Werbekunden sehr preisbewusst denken, ist bekannt. So war zu befürchten, dass Googles Austausch der 15-prozentigen Agentur-Provision gegen ein neues Stufen-Modell potenziellen Werbekunden auf den Magen schlagen würde. Das ist jedoch nicht passiert. "Die Abschaffung der Agenturprovision ist kein Problem, sondern führt zu mehr Transparenz und Wettbewerb unter den Agenturen. Dies kommt dem Werbekunden zugute", erläutert Stoehr. Werbekunden seien bereit, für die Dienstleistung einer SEM-Agentur zu bezahlen, wenn der Nutzen für sie nachvollziehbar sei, so Stoehr. "Agenturen holen üblicherweise 20 Prozent oder mehr aus einem gegebenen Budget heraus. Dieser Effizienzgewinn, die sicherere Abwicklung und der geringere Handlingaufwand auf der Kundenseite sind dem Kunden üblicherweise schon Geld wert. Wie viel der Kunde zahlt hängt davon ab, welche Leistungen er in Anspruch nehmen möchte", ergänzt Petersen.
"Unternehmen, die einen Dienstleister für SEM suchen, sollten sich daher zuerst über ihre Zielsetzungen und Erwartungen klar sein und mehrere Agenturen einladen. Nur im direkten persönlichen Kontakt, wo auch über Referenzen und Erfahrungen gesprochen wird, bekommt ein Unternehmen einen ersten Eindruck über die Professionalität, Kompetenz und Erfahrung von SEM-Agenturen", rät Stoehr. Werbetreibende sind gut beraten, auch darauf zu achten, wie viele in SEM ausgebildete Mitarbeiter die Agentur hat, welche Ausbildung diese mitbringen, wie viele Kunden die Agentur über einen längeren Zeitraum betreut und wie die Betreuungsintensität aussieht. "Unternehmen sollten sich auch einen Einblick in die Umsatzentwicklung der Agentur geben lassen, denn diese sagt viel über die Qualität der Arbeit aus".
Gemeinsam besser
Im Wettlauf um neue Kunden befinden sich die spezialisierten SEM-Agenturen auch im Wettbewerb mit den großen Media-Agenturen. Letztere werden aber nicht im großen Stil zurückgedrängt. "Im Gegenteil, einige versuchen, massiv in diesen Markt einzusteigen. Allerdings haben die SEM-Agenturen einen vier- bis fünfjährigen Vorsprung bei der Entwicklung der Mitarbeiter und Technologien, der nicht so leicht aufzuholen ist", sagt Holger Aurich, neben Stoehr ebenfalls Komdat-Geschäftsführer. Media-Agenturen gehen das Suchmaschinen-Marketing oft auch anders als spezialisierte SEMs an. "Die großen Agenturen sind noch zu sehr im Kampagnen-Denken verhaftet", sagt Markus Schindler, Head of Sales & Marketing Hurra-Communications.
Die Suchmaschinen aber seien kein Medium, um eine zweimonatige Kampagne zu fahren und danach offline zu gehen. Suchmaschinen-Marketing sei eher vergleichbar mit dem Einrichten von Geschäften in einer Einkaufszone. Die würden schließlich auch nicht nach zwei Monaten wieder abgerissen, so Schindler. "Wir stellen in die richtige Straße das passende Schaufenster. Wenn der Kunde umherstreift, um beispielsweise Handys zu kaufen, wird er sie dank unserer Ad-Words-'Schaufenster' auch finden", sagt Schindler. SEMs wie Hurra-Communications seien eher langfristig orientiert.
Auch wenn so mancher Kunde überlegt, sich direkt an eine Agentur zu wenden, die Suchmaschinenmarketing jeden Tag betreibt und daher eventuell effizienter arbeiten kann als eine Media-Agentur, für die die Suche nur eine Maßnahme unter vielen anderen ist, muss das nicht zwangsläufig in einem schärferen Wettbewerb münden, sondern könnte beiden Seiten sogar Vorteile bieten. "Die Furcht einiger Agenturen vor den SEMs ist übertrieben und unbegründet. Ich sehe sogar zahlreiche Synergiemöglichkeiten, wenn beispielsweise ein SEM als Sublieferant an einer Agentur andockt. So macht jeder das, was er am besten kann und die Agentur würde sogar davon profitieren, weil sie sich so den Gesamtetat des Kunden sichern könnte und gleichzeitig Kostenvorteile erhält. Hier könnten einige Synergie-Effekte genutzt werden", sagt Schindler.
EVENT-TIPP ADZINE Live - Bedeutung von Curation und Sell Side Targeting für den Programmatic Markt am 10. October 2024, 11:00 Uhr - 12:30 Uhr
Das Webinar liefert eine aktuelle Bestandsaufnahme von Curation und Sell-Side Targeting sowie das Aufzeigen der Vor-und Nachteile, die es für die Beteiligten mit sich bringt. Jetzt anmelden!