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Trennung ohne Krach

Alexander Hüsing, 11. May 2006

Die Tomorrow Focus AG und der Microsoft-Ableger MSN Deutschland gehen nach fünf Jahren Zusammenarbeit wieder getrennte Wege. Ab 2007 werden beide Partner ihre Inhalte und Dienste wieder separat vermarkten. MSN baut dazu ein eigenes Vermarktungsteam auf.

Immer, wenn große Unternehmen ein Joint Venture oder eine Kooperation auflösen, geschieht dies aus guten Gründen. Manchmal wurden die Vorgaben nicht erfüllt, manchmal wächst ein Partner schneller als der andere und manchmal ändern sich die Ziele der Partner grundlegend. Letzteres trifft auf Tomorrow Focus und MSN Deutschland zu. Beide Unternehmen wollen mit der Trennung "auf die rapide Entwicklung des Online-Marktes flexibler reagieren".

Seit Sommer 2002 waren die beiden Internet-Riesen liiert. Ziel der Zweckgemeinschaft war "die Stärkung und der weitere Ausbau der Angebote beider Unternehmen in einem gemeinsamen Netzwerk". Im Zuge der Partnerschaft bestückte Tomorrow Focus "MSN Deutschland" (www.msn.de) mit Inhalten. Ein "wesentlicher Bestandteil der Kooperation" war zudem die Bündelung der Vermarktung. Der damalige Tomorrow-Focus-Chef Jörg Bueroße bezeichnete die exklusive und langfristige strategische Verbindung der beiden Unternehmen als "Idealkonstellation". Die Kooperation schaffe die Grundlage für ein massives Reichweitenwachstum, zusätzliche Erlöse und den kräftigen Ausbau der gemeinsamen Dienste.

In der damaligen Situation, kurz nach dem Platzen der New Economy-Blase und einer unsicheren Werbezukunft, eine sinnvolle Maßnahme, inzwischen sind beide Partner aber stärker im Werbemarkt etabliert und brauchen den anderen nicht mehr. Deswegen ist die Traumehe 2007 vorbei. Online-Werbung ist inzwischen fest im Mediamix vieler Unternehmen verankert. Außerdem wird der Web-Werbekuchen jedes Jahr größer und größer. Beide Partner wollen künftig mit "individuellen Strategien auf das starke Online-Marktwachstum in Deutschland reagieren". Die Trennung erfolgt aber nicht abrupt, sondern in kleinen Schritten. In der Pressemitteilung liest sich dies wie folgt: "Die langjährige Zusammenarbeit zwischen Microsoft MSN und der Tomorrow Focus AG wird auf eine neue Basis gestellt und vorzeitig verlängert".

Vor der Trennung wartet auf die Mannschaft von Tomorrow Focus somit erst einmal mehr Arbeit: Im laufenden Jahr vermarkten die Münchner "zusätzlich exklusiv" Teile des neuen Microsoft-Angebots "Windows Live". Außerdem ist MSN Deutschland auch künftig auf Inhalte der Burda-Beteiligung angewiesen. Microsoft hat deswegen bei Tomorrow Focus bis Ende 2008 Media- und Contentpakete in Höhe von 4 Mio. Euro erworben.

"Daneben wird MSN zusätzliche Content-Channels aufbauen und das Angebot um weitere Bereiche ergänzen", sagt Dorothee Ritz, Country Manager MSN Deutschland. In der Vermarktung gehen beide Partner dagegen getrennte Wege. MSN baut dazu eine eigene Vermarktungsmannschaft auf. Ritz will dazu im Laufe des Jahres "ein spezialisiertes Team aufbauen". Erste Stellenanzeigen sind bereits in diversen Fachzeitschriften zu sehen.

Schmutzige Wäsche will Ritz nicht waschen: Die Trennung sei keine Entscheidung für oder gegen Tomorrow Focus. Bei MSN hinge die Trennung mit einem weltweiten Strategiewechsel zusammen. "Die Zukunft von MSN liegt auf den zwei strategischen Säulen Windows Live und dem Portal msn.de", sagt Ritz. Mit dem Start der personalisierbaren Online-Plattform "Windows Live" will Mircosoft seine Werbeerfolge offenbar nicht mehr teilen.

Ein weiterer wichtiger Baustein in der neuen Microsoft-Online-Strategie ist der Service "AdCenter". Werbekunden sollen damit Kampagnen besser überwachen und durch die präzise Zielgruppenauswahl bessere Platzierungen tätigen können. Bisher vertraute Microsoft in solchen Fällen auf die Yahoo-Tochter Overture. Im Juni soll "AdCenter" in Großbritannien testweise in Betrieb gehen.

Die neue Online-Offensive lässt sich das Redmonder Unternehmen einiges kosten: Die Ausgaben für das Online-Anzeigengeschäft, das MSN-Portal und neue Suchtechnologien werden laut Mircosoft-Chef Steve Ballmer in dem im Juli startenden Geschäftsjahr um 60 % auf 1,6 Milliarden Dollar aufgestockt. Von dem Geld gehen 1,1 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung.

Über die Trennung von Tomorrow Focus und MSN freuen sich auch viele Analysten. Denn die Kooperation verhagelte Tomorrow Focus schon sehr lange die Rohertragsmarge - schließlich mussten die Vermarktungseinkünfte alle mit MSN geteilt werden. Durch die exklusive Bindung ließen sich darüber hinaus viele Dinge - beispielsweise Kooperationen und Sponsoring - nicht bzw. erst nach Absprache mit MSN umsetzten. Die Trennung ist für Tomorrow Focus daher auch ein Stück wiedergewonnene Freiheit.

Auffälligste Erscheinung nach außen: Alle Webangebote des Unternehmens bekommen bereits in diesem Jahr ihre Stamm-URL wieder: So ist "Focus Online" künftig wieder nur unter www.focus.de zu Hause. Nach dem Ende der Beziehung wollen die Münchner ihr Vermarktungsportfolio ausbauen und durch Akquisitionen wachsen. Derzeit versorgt Tomorrow Focus Sales neben "Focus Online", "TV Spielfilm Online" und "Yam.de" auch Angebote wie "Lufthansa FlyNet", und "o2 Active-Portal" mit Werbung aller Art.

Zu guter Letzt erhoffen sich die Münchner durch die Trennung von MSN einen besseren Stand bei "Google". Die Tomorrow-Focus-Angebote tauchen bei vielen Suchbegriffen bislang auffällig weit unten in den Ergebnislisten auf. Suchmaschinen-Kenner vermuten, dass dies am Kürzel "MSN" in der URL liegt.

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