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Cookieloses Targeting: Google zieht FLoC den Stecker – und stellt Topics vor

25. Januar 2022 (apr)
Bild: Kelly Sikkema – Unsplash

Google ist fest entschlossen, Third-Party-Cookies auch aus seinem Universum zu verbannen. Um Advertisern weiterhin zielgerichtete Werbung in Chrome zu ermöglichen, hatte der Konzern eine Alternative für Audience-basiertes Targeting ins Rennen geschickt: Federated Learning of Cohorts, kurz FLoC, sollte eine datenschutzkonforme Targeting-Lösung werden und User aufgrund ihres Surfverhaltens in Gruppen einteilen. Die ersten Test-Ergebnisse waren jedoch wenig überzeugend und hinzu kamen auch noch Probleme mit der DSGVO, weshalb die Tests in Europa gar nicht erst anliefen. Nun hat Google das FLoC-Prinzip aus seiner Privacy-Sandbox-Initiative ad acta gelegt und präsentiert mit Topics eine neue potenzielle Lösung für die “Post-Cookie-Welt”.

Die mageren Origin Trials von FLoC riefen bereits Skepsis in der Werbewirtschaft hervor. Kurz danach machte eine inoffizielle Äußerung eines Chef-Entwicklers aus dem Sandbox-Team die Runde, dass die Einteilung von Websites in Themen sinnvoller sein könnte als das Bilden von Kohorten aus Nutzern. Der Entwickler sollte recht behalten, denn Google vollzieht jetzt eine Kehrtwende in seinem Sandkasten. “Chrome wird in 2022 mit der Topics API experimentieren und FLoC nicht weiterentwickeln”, heißt es im Blogpost auf der unternehmenseigenen Website.

Topics – Website-Themen statt Nutzer-Kohorten

Topics soll das neue Zugpferd des interessenbasierten Advertising im Google-Kosmos werden. Dahinter verbirgt sich eine Technologie, die es dem Chrome-Browser ermöglicht, Websites Themen zuzuordnen. Eine Yoga-Seite fällt beispielsweise in das Themenfeld “Fitness”, weitere könnten “Autos”, “Literatur” oder “Rock-Musik” sein. Bis hierhin befinden wir uns im klassischen Kontext-Targeting. Da Google jedoch Website-übergreifend Seitenbesuche registrieren kann, speichert Chrome im nächsten Schritt eine handvoll dieser Kategorien, die ein User innerhalb einer Woche öfter aufruft. Auf jene Label kann dann Werbung geschaltet werden.

Der Konzern aus Mountain View verspricht dabei Transparenz für die Benutzer. Sie sollen “ihre” Themen angezeigt, einzelne wieder löschen oder das Topics-Verfahren ganz im Browser deaktivieren können. Die Berechnungen finden komplett innerhalb des Browsers statt, sodass keine Daten mit externen Servern geteilt werden, heißt es. Außerdem würde Chrome die Zuordnungen nach drei Wochen regelmäßig löschen. Es sei allerdings möglich, dass Websites, welche die API nutzen, Themen verknüpfen oder mit anderen Datenpunkten in Zusammenhang bringen. Dieses Risiko will Chrome ebenso wie die Zuordnung zu sensiblen Kategorien (sexuelle Orientierung, Religion, etc.) minimieren.

Viele Fragezeichen bei der Technologie

Damit Topics aber überhaupt funktionieren kann, müssen Websites die Topics API nutzen. Ein Opt-out aus dem Programm für Website-Betreiber ist schließlich möglich. Zudem müssen natürlich die Advertiser mit der Genauigkeit des Targetings zufrieden sein. Bei der Vorstellung von FLoC sprach Google anfangs noch davon, dass Werbetreibende “mindestens 95 Prozent der Conversions pro ausgegebenem Dollar im Vergleich zu Cookie-basierter Werbung erwarten können”. Jetzt ist es um die Erwartungshaltung still geworden.

Dass Google seinen hochgepriesenen Kohorten-Ansatz den Rücken zukehrt, ist eine Enttäuschung für die Advertiser. Nicht wenige hegten große Hoffnungen, mit dem Kohorten-Targeting eine zukunftsfähige Alternative gefunden zu haben, auch wenn die Deadline-Verschiebung bereits ein böses Omen war. Eine Timeline gibt es indes für die neue Lösung noch nicht. Jedenfalls soll Topics im Gegensatz zu FLoC auch in Europa ausgerollt werden, wenn die Experimente Früchte tragen. Das wäre immerhin ein Fortschritt gegenüber FLoC.

Derweil in Brüssel – Beschwerde bei der Europäischen Kommission

Die Werbewirtschaft sieht Googles Suche nach einer alternativen Targeting-Lösung jedoch nicht unkritisch. Während viele Advertiser nur die Treffgenauigkeit ihrer Online-Werbung in der Zukunft sicherstellen wollen, schlägt ein Bündnis aus der deutschen Medien- und Kommunikationswirtschaft in Brüssel Alarm. Sie bezeichnen den Abschied der Third-Party-Cookies aus Chrome als Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht.

Die Argumente dafür sind in ihrer Logik nicht von der Hand zu weisen. Wenn Google das Targeting künftig komplett selbst in die Hand nimmt, schließt es damit andere Marktteilnehmer aus seinem Universum aus. Den betroffenen Unternehmen werde “der Zugriff auf legale Datennutzungsmöglichkeiten in unzulässiger Weise verwehrt”, heißt es in einer offiziellen Meldung des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Third-Party-Cookies seien eine wichtige Grundlage für das werbefinanzierte Ökosystem und würden nach den aktuellen Plänen auch trotz einer möglichen Nutzereinwilligung blockiert werden. Google selbst sei durch die technischen Änderungen nicht beeinträchtigt und würde den Datenschutz als Deckmantel nutzen, um den freien Wettbewerb zu verzerren.

Zu den Beschwerdeführern zählen Medienanbieter, Vermarkter, Media- und Werbeagenturen, Werbungtreibende und Institutionen neutraler Sozial- und Marktforschung. Wegen ähnlicher Vorwürfe eröffnete die Europäische Kommission im Juni 2021 bereits ein Wettbewerbsverfahren gegen Google, um die Praktiken des Unternehmens im Bereich der Online-Werbetechnologie zu untersuchen. Die Verbände unterstützen dieses Verfahren.

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