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MARTECH

KI transformiert das digitale Marketing von Versicherungen

Roger Gatti, 30. April 2024
Bild: Bing KI Generiert mit Bing KI

Das Thema „Künstliche Intelligenz im Arbeitsalltag“ geht oft mit Sorgen vor Kontrollverlust oder gar vor dem Wegfall des Arbeitsplatzes einher. Dabei können die Algorithmen Marketingabteilungen befähigen, komplexe Werbekampagnen mit einer großen Zahl digitaler Kanäle optimal zu steuern und dadurch das bestmögliche Ergebnis aus den Budgets herauszuholen. Professionell eingesetzt, steigern die Algorithmen Performance und Effizienz im Marketing, entlasten Mitarbeitende und machen Versicherer wettbewerbsfähig. Die Menschen werden dabei nicht ersetzt – die Technologie steht ihnen vielmehr wie ein Assistent zur Seite.

Versicherungsunternehmen haben sich lange auf Werbung in traditionellen Kanälen wie Radio, Fernsehen oder gedruckten Medien verlassen. Das Direktmarketing erfolgt häufig noch über den klassischen Postweg. Doch die stark zunehmende Nutzung von mobilen Endgeräten wie Smartphones, Tablets oder Smartwatches in allen Altersgruppen verändert die Anforderungen an Versicherer dramatisch. Hinzu kommt die wachsende Konkurrenz durch neue Geschäftsmodelle, mit denen gut finanzierte Insure-Tech Start-ups auf den deutschen Markt drängen. Werbebudgets werden in dieser Situation eher gekürzt als aufgestockt. Gleichzeitig steigen die Erwartungen des Managements an die Ergebnisse – der Druck in den Marketingabteilungen wächst.

Strategie und Kanäle auf dem Prüfstand

Um Kunden zu binden und neue zu gewinnen, überdenken Marketingverantwortliche in Versicherungsunternehmen ihre Vorgehensweise genauso wie die eingesetzten Instrumente und bespielten Kanäle. In der Branche zeigt sich ein heterogenes Bild: Die einen Versicherer begnügen sich damit, für analoge Werbeträger entwickelte Inhalte auch digital als PDF-Dokument anzubieten. Andere tüfteln an digitalen Strategien, entwickeln personalisierten Content, nehmen neue digitale Kanäle in ihr Portfolio auf, testen User Experience und innovative Technologien. Einige wenige haben bereits Technologien wie KI in ihre Prozesse integriert: Sie beantworten mithilfe von Chatbots rund um die Uhr in Echtzeit Fragen der Nutzer oder ermöglichen den Abschluss neuer Verträge automatisiert über die Website. Einige nutzen KI bereits dazu, ihre digitalen Marketingaktivitäten zu optimieren. Aber alle verfolgen dasselbe Ziel: eine moderne Marke zu etablieren, die das bestehende konservative Image verändern und innovativen Wettbewerbern die Stirn bieten kann.

Denn der digitale Werbemarkt wächst schnell und wird immer dynamischer. Diese Entwicklung eröffnet Werbetreibenden ständig neue Chancen, zum Beispiel in Form weiterer Kanäle, die sie in ihre Kampagnen integrieren können.

Digitalisierung bringt neue Herausforderungen

Die zunehmende Digitalisierung der Werbeaktivitäten führt zu einer Reihe spezifischer Herausforderungen: Je mehr Kanäle bespielt werden, desto anspruchsvoller wird das Management der digitalen Multi-Channel-Kampagnen. Wegen der hohen Komplexität der Daten und ihrer fehlenden Harmonisierung beanspruchen Analyse und manuelle Kampagnenoptimierung viel Zeit und sind anfällig für Fehler. Eine weitere Herausforderung ist die Verwaltung der Budgets, wenn diese über immer mehr Kanäle gestreut werden. Das manuelle Tracking der Performance über Kanäle und Produkte hinweg, unterschiedliche Conversion-Werte für Produkte oder manuelle Anpassungen von Budgets in Kampagnen und Top- versus Low-Funnel-Kampagnen verursachen enormen Aufwand. Denn das Marketing benötigt eine Abdeckung des gesamten Funnel-Spektrums: Zum Beispiel Top-Funnel-Kampagnen mit Fokus auf „Produktseite angeschaut“, genauso wie Low-Funnel-Kampagnen mit Fokus auf „Prämienrechner Start“.

Oft erweist sich die wiederholende Anwendung von Budgetvorschlägen bei der regelmäßigen Optimierung einer großen Anzahl von Kanälen und Anzeigen-Sets als große Belastung für die Ressourcen in den Marketingabteilungen. Auf dieser Basis können die Verantwortlichen lediglich eingeschränkte Entscheidungen darüber treffen, wo sie die Ressourcen am besten einsetzen. Zu viele Entscheidungen fallen aufgrund von Annahmen und nicht auf Basis von verlässlichen Daten. Die Folgen sind ein begrenzter Einblick in die Leistung der einzelnen Kampagnen und deren Auswirkung auf den Gesamtumsatz, oft nicht zielgenaue Budgetzuweisungen, verpasste Möglichkeiten, nicht optimal eingesetzte Ressourcen und ein nicht ausgeschöpftes Potenzial.

KI als Co-Pilot für komplexe Prozesse

Gefragt ist in dieser Situation eine smarte Lösung, die die Performance von Kampagnen optimiert und einen höheren Return on Investment über mehrere Kanäle hinweg erzielen kann. Das Marketing muss dynamischer werden und sich kontinuierlich an sich verändernde Bedingungen des Publishing-Markts anpassen. Viel Potenzial bieten in dieser Situation Lösungen, die auf KI basieren. Sie können das Marketing wie ein Co-Pilot bei hochkomplexen Prozessen unterstützen. Die Algorithmen können viele Daten – auch historische – in kurzer Zeit analysieren, Muster erkennen, Vorhersagen berechnen und helfen, Transparenz zu fördern und datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Der größtmögliche Nutzen liegt dabei in der kanalübergreifenden Budgetallokation auf Kampagnenebene. Denn eine gute Leistung scheitert häufig daran, dass die Budgets zu statisch sind. Zudem macht eine Channel-orientierte Budgetverteilung es unmöglich, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren.

Wichtig ist, dass die KI-Algorithmen die Daten aus allen Werbekanälen integrieren, sie laufend auf Kampagnenebene untersuchen und vergleichbar machen. Dabei sollte auch die Sättigung in den verschiedenen Kampagnen und Kanälen erkannt und verglichen werden. Das ist wichtig, da Kampagnen gewisse Sättigungseffekte zeigen. Unendlich mehr Budget bringt nicht automatisch eine unendlich gute Performance. Am Ende eines solchen Prozesses sollte das Marketingteam idealerweise detaillierte Vorschläge für konkrete Budgetallokationen und Ziele erhalten, wie erwartete Kosten-pro-Prämienrechnerstart oder Kosten-pro-Offerte für jede einzelne Kampagne. Das Ergebnis sind verwertbare Einblicke in die optimale Budgetzuweisung über alle Trichterstufen hinweg. Eine automatisierte Budgetzuweisung ermöglicht es, das Budget für alle Werbekampagnen automatisch anzupassen. Dies reduziert die Fehlerquote. So lässt sich vermeiden, dass Teile des knappen Marketingbudgets in unwirksame Aktivitäten fließen.

Der Mensch bleibt wichtig und seine Daten geschützt

Beim Einsatz der Technologie steht spätestens mit der Ankündigung des Artificial Intelligence Act (AIA), eines Gesetzes der EU-Kommission zur KI, die Aggregation und Anonymisierung von Daten hoch im Kurs. Moderne Technologien wie anonymisierte Aggregationsmodelle und andere Analysen ermöglichen eine präzise Bewertung von Kampagnen, ohne die Privatsphäre der Nutzer zu beeinträchtigen. Dieser Paradigmenwechsel erfordert strategische Kalibrierung und drängt Werbetreibende dazu, transparente und vertrauenswürdige Analyse-Tools einzusetzen. Bei der Nutzung von KI sollten beispielsweise einzelne IDs keine Rolle spielen, da keine Endkundendaten ausgelesen und auch keinen Trackingpixel benötigt werden.

Und der Mensch? Die neuen Technologien machen Mitarbeitende im Marketing von Versicherern in absehbarer Zeit keinesfalls überflüssig. Spätestens wenn Kreativität gefragt ist, kommt die KI an ihre Grenzen und der Mensch ist gefordert. Er trifft zudem die Entscheidung, und zwar auf Basis der Informationen, die die KI ihm zuarbeitet, und mit all seiner Erfahrung. Mitarbeitende werden sich daher in die strategische Richtung entwickeln. Es geht darum, mit Unterstützung der KI Einsichten zu gewinnen und Opportunitäten zu erkennen. Die Aufgabe der Marketing-Teams wird es sein, diese Erkenntnisse kreativ einzusetzen, um strategische Entscheidungen zu treffen.

Tech Finder Unternehmen im Artikel

Bild Roger Gatti Über den Autor/die Autorin:

Der Produktstratege Roger Gatti ist seit Juni 2023 als Head of Product bei der Nexoya AG in Zürich tätig. Zuvor leitete er als Chief Product Officer im Unternehmen 1plusx den Aufbau der KI-basierten Data-Management-Plattform und war im Produktmanagement beim Schweizer Finanztechnologie-Anbieter Crealogix sowie bei Google und Swisscom tätig.

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