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flixst / photocase.de

DISPLAY ADVERTISING
TKPs auf Talfahrt?

Karsten Zunke

Die Online-Display-TKPs sorgen immer wieder für Gesprächsstoff. Erträumte man sich vor zehn Jahren noch pauschal TV-TKPs für die Display-Werbung, weiß man heute: Die Sache ist komplexer. In einem Spannungsfeld aus Umfeldern, Profilen, Werbeformaten und Technologien wie Programmatic Buying entwickeln sich die TKPs heute sehr uneinheitlich. Und es wurden kürzlich sogar Stimmen laut, die von einem Preisverfall für Display-Werbung sprechen. Doch der Markt gibt Entwarnung.

Mehr Konkurrenzkampf als vor zehn Jahren

„Von einem generellen Preisverfall kann aus unserer Sicht nicht die Rede sein – zumindest nicht, wenn es um hochwertige, journalistische Premium-Umfelder geht, wie wir sie bei G+J EMS vermarkten“, sagt Stefan Schumacher, Executive Director Digital bei G+J EMS. So würden Werbungtreibende nach wie vor die Strahlkraft starker Online-Marken schätzen und seien auch bereit, einen entsprechenden TKP dafür zu bezahlen.

Manfred Klaus

Auf Agenturseite sieht man die Entwicklung ähnlich. „Pauschal von einem grundsätzlichen Preisverfall zu sprechen, ist sicherlich falsch – einzelne Bereiche verzeichnen auch nicht zuletzt dank weiterhin steigender Nachfrage höhere Preise als vor zehn Jahren“, sagt Manfred Klaus, Geschäftsführer von plan.net. Insbesondere Homepage- Tagesplatzierungen unterliegen laut Klaus „per definitionem einer gewissen Verknappung“. Im Gegensatz dazu hätten Standard-Werbeformen in den letzten Jahren deutlich an Attraktivität verloren, sagt Klaus. Der Grund: Größere und innovativere Werbeformen bieten Werbetreibenden heute deutlich bessere Möglichkeiten – „und dies schlägt sich natürlich auch auf die Preise nieder“, so der Media-Experte.

Preise weitgehend stabil

Auch bei United Internet Media schätzt man die aktuelle Preisentwicklung ähnlich ein und kann keinen Preisverfall erkennen. „Im Gegenteil, die Preise sind seit zwei Jahren stabil und teilweise steigen sie sogar“, sagt Geschäftsführer Rasmus Giese. Mit seinen aufmerksamkeitsstarken Premium-Formaten auf den Homepages und in den Logoutbereichen, Display mit Bewegtbildanteilen sowie den Mobile- Displayformaten verfüge man bei UIM über sehr gut funktionierende Werbeansätze. Im Bereich der Standards optimiert UIM seine Platzierungen permanent. „Wenn die Kampagnen gut funktionieren, stimmen auch die TKPs“, so der Vermarktungs-Chef.

Vermarkter-übergreifende Zahlen zur TKP-Preisentwicklung auf dem deutschen Markt gibt es nicht. Nur Spotlights. Zum Beispiel weist Adscale regelmäßig die Preisentwicklung auf seinem Werbe-Marktplatz aus. Im ersten Halbjahr 2014 hatte das Niveau der Werbepreise kontinuierlich angezogen: Es lag rund 34 Prozent höher als der Preisdurchschnitt im ersten Halbjahr 2013.

Blickt man auf die Nachfrageseite, lassen die Zahlen ebenfalls nicht auf einen Preisverfall schließen. Immer mehr Geld wird in Online-Werbung investiert, mehr Werbedruck aufgebaut. Es ist fraglich, ob die angebotenen Werbeflächen im gleichen Maße wachsen können, wie Budgets platziert werden wollen.

Budgets auf Wanderschaft

„Grundsätzlich werden Budgets aus allen Medienkanälen nach Online verlagert vor dem Hintergrund, dass bestimmte Zielgruppensegmente hauptsächlich oder günstiger über Online erreicht werden können“, sagt Klaus. Dies gelte für Bewegtbild genauso wie für das sich entwickelnde Audio-Medium Webradio. Print ist nach Einschätzung von Klaus von der Verlagerung der Nutzung selektiv betroffen – die Tageszeitungen besonders stark, Special Interest, Frauen und Lifestyle weniger, ebenso wie genussorientierte Spezialsegmente.

Stefan Schumacher

Insbesondere Premium-Vermarkter blicken optimistisch in die Zukunft. „Premium-Angebote mit hochwertigen Userpotenzialen sowie maßgeschneiderten Kommunikationsansätzen für Display-Werbung werden auch zukünftig gute TKPs realisieren können“, ist Schumacher überzeugt.

Auch Giese erwartet keine negativen Veränderungen: „Vermutlich gewinnen einzelne Formate sogar noch an Wertigkeit.“ Für die stabile Entwicklung macht Giese auch die steigende Relevanz von Programmatic Buying verantwortlich: „RTB ist eine Bereicherung für den Display-Werbemarkt und sorgt für steigende Preise. Vor allem durch die Möglichkeit der gezielten Nutzeransprache beim Retargeting steigt der Wert der Ad Impressions erheblich.“.

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Seit August 2014 unterstützt der Online-Vermarkterkreis (OVK) im BVDW den Leistungswert der "Viewable Ad Impression“ des Interactive Advertising Bureau (IAB), der auf einer Initiative des US-amerikanischen Media Rating Council (MRC) beruht. Eine Display-Werbeeinblendung gilt demnach als „viewable“, wenn die Hälfte des Werbemittels für eine Sekunde sichtbar war. Inzwischen gibt es einige Dienstleister, die diese Viewable Ad-Impression nach Standard des MRC nachweisen können. Die meisten von ihnen kommen aus den USA. Einzig das Berliner Unternehmen Meetrics hat sich als deutsches Unternehmen vom MRC zertifizieren lassen. Wir sprachen mit Philipp von Hilgers, Managing Director von Meetrics, über den Stand der Dinge in Sachen Viewability.

Adzine: Herr von Hilgers, mit Meetrics messen Sie die Sichtbarkeit der Display Werbemittel. Was gibt es dazu für den deutschen Markt derzeit festzustellen, wie viel Prozent der ausgelieferten Werbemittel werden gegenwärtig gar nicht von den Nutzern gesehen?

von Hilgers: Unsere aktuellen Benchmarks aus dem vierten Quartal 2014 geben hierzu einen ganz guten Überblick. Abhängig vom Format kann man sagen, dass etwa 70 % der Werbemittel gesehen werden.

Adzine: Was können Sie zur Sichtbarkeit mobiler Werbung sagen, wie viel Prozent der mobilen Werbung konnte gar nicht gesehen werden und wurde dennoch abgerechnet? Gibt es dort Unterschiede zwischen App und mobilen Websites?

Phillipp von Hilgers

von Hilgers: Die Sichtbarkeit mobiler Werbemittel liegt etwa bei 60 %. Es gibt hier folgende Unterschiede. Im Mobile Web deckt Meetrics nahezu 100 % ab, bei Apps sehen wir den Messbedarf allerdings momentan aus zwei Gründen als viel geringer an: Der Aufwand der Messung ist viel höher und die Werbung hat in der App häufig ihren festen Platz im sichtbaren Bereich.

Adzine: Auf beiden Seiten des Mediahandels überprüft Meetrics die Sichtbarkeit. Nur, welche Messung entscheidet denn nun, ob eine ausgelieferte Werbung sichtbar war und damit abrechenbar ist. Die Messung auf Publisherseite oder die auf Agenturseite?

von Hilgers: Es kommt in der Tat häufiger vor, dass sowohl Agenturen als auch Vermarkter Meetrics beauftragen, bei ein und derselben Kampagne eine Messung durchzuführen. Dahinter steht der Kundenwunsch, dass man hier bewusst einen neutralen Dienstleister beauftragen möchte, dessen Methodik und Plattform beide Seiten kennen. Meetrics alleinige Aufgabe besteht dann darin, die erbrachte Leistung für beide Seiten zu erheben. Wir führen in diesen Fällen bewusst zwei Messungen durch, damit beide Parteien ihre eigenen Daten erhalten. In der Regel sind diese dann nahezu identisch und werden wechselseitig entsprechend akzeptiert. Wenn die Messungen größere Abweichungen aufweisen, liegt es meist daran, dass unsere Messskripte nicht korrekt eingebunden wurden. Dass unsere Skripte dabei einmal von Vermarkter-Adservern und einmal von Agentur-Adservern ausgeliefert wurden, produziert für sich genommen keine relevanten Messunterschiede. So gesehen liegt es bei unseren Kunden, sich darauf zu einigen, welcher Messung sie den Vorzug geben, im Regelfall ist der Unterschied unbedeutend.

Adzine: Ist die Viewability der Werbung im automatisierten Mediahandel (Programmatic Advertising) eigentlich generell schlechter? Und wenn ja, warum ist das so?

von Hilgers: Wir sehen im Programmatic-Advertising-Bereich um die 15 bis 30 % schlechtere Performance-Werte für Viewability und View Time. Oftmals handelt es sich hier um Restplatzierungen, die zu einem sehr viel geringeren TKP angeboten werden. Die Performance verwundert nicht, da hier auch Inventar mit geringerer Sichtbarkeit angeboten wird. Interessant ist allerdings zu sehen, dass zwar im Durchschnitt schlechtere Sichtbarkeitswerte im Programmatic Advertising im Vergleich zum Direct Buy herauskommen, einzelne Domains und Platzierungen aber hervorragende Sichtbarkeitswerte aufweisen. Daran kann man ablesen, dass mehr und mehr höherwertiges Inventar im Programmatic-Bereich ankommt. Es muss aber nicht unbedingt das Inventar von Premium-Vermarktern sein, sondern es können hier auch unbekannte Special-Interest-Seiten sein, die bei ihren Nutzern sehr gut ankommen.

Adzine: Kann Meetrics eigentlich auch proaktiv die DSP-Seite und damit den Mediaeinkäufer davor bewahren, dass er auf eine einzelne Impression bietet, die im nicht sichtbaren Bereich des Users erzeugt wurde?

von Hilgers: Diesen Ansatz verfolgen wir in Zusammenarbeit mit mehreren unserer Kunden. Wir sprechen hier von der Predictive Viewable Impression, d. h., wir erheben über einen längeren Zeitraum Sichtbarkeitsdaten zu einer URL und können in dem Moment, in dem sie angeboten wird, Informationen liefern, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie sichtbar wird.

Adzine: Technologisch ist die Sichtbarkeitsmessung von Videos ja etwas anspruchsvoller. Ist das der Grund, warum insbesondere die deutschen Vermarkter nur ungern die Sichtbarkeit von Videowerbung überprüfen lassen oder hat das noch andere Ursachen?

von Hilgers: Zunächst einmal haben wir im Januar von der renommierten, Non-Profit-US-Organisation MRC als erstes europäisches Unternehmen eine Akkreditierung für Display UND Video erhalten. Mit anderen Worten, wir können nun auch Bewegtbild in vollem Umfang messen. Aber es stimmt, technologisch ist diese Messung aufwendiger, weil mit den Video-Playern noch eine weitere technische Ebene dazukommt.

Die Bereitschaft der Vermarkter, dass auch ihr Bewegtbild gemessen wird, nimmt stetig zu und wir sehen hier keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Die Vermarkter haben hier sehr attraktives Inventar, dass sie auch zeigen wollen, ohne von schwarzen Schafen, die es auch gibt, in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Dass die Dinge Zeit benötigen, liegt hier tatsächlich auch daran, dass einige Vermarkter sehr viele unterschiedliche Player in ihrem Netzwerk einsetzen. Die Tests benötigen dadurch entsprechend länger. Die Sichtbarkeitsraten bei Videoformaten sind noch stark schwankend. Bisherige Messungen zeigen Streuungen zwischen 60 und 95 %.

Adzine: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

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