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DIGITAL MARKETING
So sehen Brancheninsider das Jahr 2018

Frederik Timm
Bild: Nordwood Themes; CC0 - unsplash.com

2018 wird ein aufregendes Jahr für die digitale Werbebranche. Die technologische Umrüstung auf die DSGVO-konforme Arbeitsweise sollte spätestens bis zum Stichtag am 25. Mai abgeschlossen sein. Der Umgang mit Daten verändert sich, denn die ePrivacy-Verordnung wirft schon ihre Schatten voraus. Auf Agenturseite werden sich Kundenbeziehungen durch zunehmende Inhouse-Technologisierung bei den Marken verändern. ADZINE hat sich bei einigen Branchenvertretern umgehört und nachgefragt, welche Themen bei ihnen 2018 besonders im Fokus stehen und welche Veränderungen in diesem Jahr zu erwarten sind.

Entscheidungsjahr für Datenqualität und Reichweite

Bild: Emetriq Presse

Die dominierende Rolle der Walled Gardens im Online-Werbemarkt wird auch 2018 nicht geringer – im Gegenteil. Gleichzeitig steigt die Zahl der Datenkooperationen am deutschen Markt. Es gibt allerdings noch zu wenig übergreifende Projekte, die schon eine echte Alternative darstellen. Der kollaborative Ansatz, Daten zu teilen und voneinander zu profitieren, gewinnt an Popularität. Auch die Herausforderungen im Cross-Device-Targeting hierzulande werden sich nur über ein Data-Sharing-Modell lösen lassen. Um diese Herausforderungen anzunehmen, laufen unterschiedlichste Projekte zur Bündelung von Log-in-Daten und Cross-Device-Mapping-Ansätzen. Es wird sich 2018 entscheiden, wer genügend Qualität und Reichweite gleichermaßen bietet. Die Bündelung von Daten wird in jedem Fall den einzelnen Akteuren wieder mehr Handlungsmacht verleihen sowie die Fähigkeit stärken, Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Darüber hinaus müssen weitere Akteure den Schritt gehen, ihre Daten branchenübergreifend zu teilen. – Branchenexperte Daniel Neuhaus, CEO & Co-Founder Emetriq

Wer erlangt die Datenhoheit?

Bild: IP Deutschland Presse

Datengetriebene Geschäftsmodelle werden immer wichtiger und daher wird Data das Thema im nächsten Jahr sein, das alle umtreibt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass das EU-Parlament jüngst seine Verhandlungsposition zur ePrivacy-Verordnung beschlossen hat. Unserer Meinung nach mit einem Entwurf, der ein fatales Signal für die gesamte deutsche Digitalwirtschaft darstellt: So wird die Kluft zwischen den europäischen Unternehmen und den US-Giganten noch größer. Jetzt gilt es, mit dieser Situation umzugehen und den Markt mitzugestalten. Weil wir frühzeitig erkannt haben, dass es beim Thema Daten nicht ohne Allianzen geht, haben wir gemeinsam mit ProSiebenSat.1 und United Internet Media die Log-in-Allianz ins Leben gerufen. Sie ist unser Ansatz für eine marktorientierte und datenschutzkonforme Lösung mit einem Single-Sign-on und einem transparenten Privacy Center für die Verwaltung von Opt-ins. – Branchenexperte Paul Mudter, Geschäftsleiter IP Deutschland

„Mobile Web triumphiert über Mobile App”

Bild: 1plusX Presse

Während Mobile App als eleganter und omnipräsenter Weg in die Wahrnehmung der Nutzer gefeiert wird, konnte ich 2017 feststellen, dass viele Publisher sowie Werbetreibende Mobile Web präferieren. Das liegt zum einen daran, dass die Messung von Daten im Bereich Werbeplatzierung bei Mobile App sehr viel komplizierter ist, und zum anderen daran, dass alle Akteure am Markt nach mehr Flexibilität und Transparenz streben, die die “Insellösungen” der App-Anbieter größtenteils nicht hergeben. Hinzu kommt, dass die durchschnittliche Anzahl an Anwendungen, die Nutzer wirklich verwenden, tatsächlich mehr oder weniger konstant bleibt und Publisher nur dann Traffic generieren können, wenn sie wirklich starke mobile Web-Angebote aufbauen, die der Nutzer barrierefrei konsumieren kann. – Branchenexperte Jürgen Galler, CEO und Co-Founder 1plusX

Mobile Video verantwortlich für Wachstumsimpulse

Bild: Taboola Presse

Die Zukunft des Internets heißt ‚Mobile-First’, für manche Nutzer nur ‚Mobile-Only’. Ein Trend, der dabei zu beobachten ist, zeigt, dass das Internet meist nur noch in geschlossenen Umgebungen wahrgenommen wird, zum Beispiel in Apps wie Facebook oder Snapchat. Dies bewirkt wiederum, dass die Macht von ‚Walled Gardens’ weiter zunehmen wird. Zu den Verlierern wird das traditionelle Display-Geschäft zählen; eine heute noch überaus wichtige Einnahmequelle für Publisher wird signifikant schrumpfen. Für 2018 ist daher Video, und im besonderen Mobile Video, für die entscheidenden Wachstumsimpulse im Open Web verantwortlich. Eine Empfehlung lautet daher, in Video zu investieren, denn Publisher und Werbetreibende, die ihr Mobile-Video- und In-App-Engagement ausdehnen, werden durch die Erschließung von relevanten User-Daten und Reichweite bestimmte Zielgruppen effizienter erreichen können.
- BranchenexperteAdam Singolda, Founder und CEO von Taboola

Oldschool Medien bleiben relevant

Bild: Mediacom Presse

Nachdem 2017 eine sehr technologische Debatte über die Machbarkeit von Digitalmarketing geführt wurde, werden 2018 die Themen Relevanz und Wirkung von Werbekontakten aus Sicht der Empfänger – speziell im programmatischen Bereich – dominieren. Ein Trend, den man 2018 definitiv nicht unterschätzen sollte, ist das Outernet, also die Betrachtung von Werbekontakten im realen Leben durch vermeintliche oldschool Medien wie OoH und auch Print.

Nachdem wir uns mental schon von QR-Codes und 3D verabschiedet haben, wird meiner Meinung nach 2018 auch Virtual Reality – zumindest in der Werbewirtschaft – versanden. Potential sehe ich in der Augmented Reality – dann, wenn die Schnittstellen, also die Devices, userfreundlicher werden. – Branchenexperte Arvid Boström, Chief Transformation Officer Mediacom

Agenturbeziehungen verändern sich weiter

Bild: Mercury Media Presse

2017 ist durch die Transparenzdebatte viel in Bewegung geraten im Gefüge von Werbetreibenden, Agenturen und weiteren Dienstleistern. Die Diskussion wird zum Jahresende zielführender in Richtung neuer Modelle der Zusammenarbeit und weniger Problem geladen geführt. Werbetreibende werden 2018 stärker in die eigenen Ressourcen investieren, um Informationen mit Agenturen und Dienstleistern offen, auf Augenhöhe und in Echtzeit auszutauschen. Die Steuerungs- und Datenhoheit im Digital Marketing wird zunehmend aufseiten der Unternehmen liegen. Heißt das, dass Agenturen an Bedeutung verlieren? Nein – tatsächlich dürfte der Austausch enger werden denn je: Die Beratungskompetenz der Agenturen wird in einem solchen Gefüge immer wichtiger, auch im Zusammenspiel mit Technologieanbietern. Partnerschaftliche Modelle, so wie sie früher vielleicht gar nicht denkbar waren, sind ein wichtiger Schlüssel, um Transparenz zu fördern. Vernetzung und Offenheit statt Silodenken – dafür werden wir 2018 zahlreiche neue Lösungen sehen, von Software zu ganz neuen Ventures. – Branchenexperte Kristian Meinken, Geschäftsführer Mercury Media Technology

Adtech verstärkt Rolle von Smartphone im E-Commerce

Bild: Tectumedia Presse

Die mobile Optimierung von Shopwebseiten hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht, allerdings stellen Customer Journeys cross-device noch für viele eine Herausforderung dar: sowohl Onsite für die Conversion-Rate-Optimierung des Shops – Stichwort Recherche über ein mobiles Endgerät, Kauf über Desktop – als auch für die Bewertung der Marketingmaßnahmen. Durch Adtech-Lösungen auf dem Markt, die eine bessere Bewertung der gesamten Customer Journeys über cross-device ermöglichen, werden Mobile Devices in den Marketingstrategien im E-Commerce 2018 deutlich an Bedeutung zunehmen. – Branchenexpertin Marie-Claire Raden, Gründerin und Geschäftsführerin Tectumedia

Sprachassistenten verändern Content-Marketing

Bild: D.Tales Presse

Marken müssen sich 2018 darauf einstellen, dass sich durch Voice Search das Suchverhalten der User radikal wandelt. Eine von fünf Suchanfragen erfolgt heute über die Sprachsuche. Weil wir über die gesprochene Sprache bequem Suchergebnisse erhalten, setzen immer mehr Anwender nicht mehr auf die textbasierte Suche, sondern lieber auf digitale Assistenten. Darauf muss das Content-Marketing reagieren und Inhalte so gestalten, dass sie bei Alexa, Cortana, Siri & Co gut wahrgenommen und gefunden werden. Einzelne Keywords werden bei der Suche unwichtiger. An ihre Stelle treten eher ganze gesprochene Sätze. Somit rückt die Content-Qualität noch mehr ins Zentrum. Im Content-Marketing geht es dabei neben der Lesbarkeit und dem Storytelling zunehmend auch um die Vorlesbarkeit eines Textes. – Branchenexperte Klaus Eck, Geschäftsführer D.Tales

Digital out of Home und Cross-Device

Bild: Adform Presse

In 2018 werden wir einen Schub für Digital out of Home (DooH) erleben. Mediaplaner und Werbetreibende werden erkennen, dass sich mit DooH enorme Reichweiten erzielen lassen, die dank dreier Faktoren mehr Wirkung entfalten: Interaktivität, Personalisierung und kreativerem Umgang mit dem Medium. In der Kampagnensteuerung werden DooH und Programmatic zusammenfinden.

Werbetreibende müssen weiter nach Lösungen suchen, wie sie ihre Zielgruppen kanalübergreifend über die genutzten Endgeräte hinweg erreichen können. Und das, ohne sich noch weiter von den Walled Gardens abhängig zu machen. Denn diese lösen die Cross-Device-Problematik innerhalb ihrer Plattformen nur für die Delivery, jedoch nicht für Analyse und Weiterentwicklung des holistischen Graphen. Doch nur wer die Auswertung beherrscht, wird seine Werbegelder gezielt und effizient einsetzen können. - Branchenexperte Holger Mews, SVP Continental Europe & MENA bei Adform

Smartphone-Nutzung als aktiver Teil der Experience

Bild. Groundtruth Presse

Für die Konsumenten wird 2018 die Experience im Vordergrund vor materiellen Dingen stehen. Dazu werden auch die Fußball-WM und die Olympischen Spiele beitragen. Der Einzelhandel muss den YOLO-Trend (you only live once) weiter aufnehmen, um besonders die jungen Käufer anzusprechen. Markenunternehmen werden 2018 ihren Teil beitragen und noch mehr auf Pop-up-Stores, In-Store-Erlebnisse und ungewöhnliche Verpackungen setzen. Denn aufregende und unkonventionelle Einkaufsabenteuer werden die Konsumenten in ihren Bann ziehen. Die gezielte Ansprache über Smartphones wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Erstens, um Zielgruppen anhand ihrer Aktivitäten noch besser zu verstehen und die Aktionen auf diesen Interessen auszurichten. Zweitens können Konsumenten in der Nähe auf die entsprechende Events hingewiesen werden. Und drittens ermöglicht das Smartphone der Zielgruppe, ein aktiver Teil der Experience zu werden, um die Lücke zwischen Online- und Offline zu schießen und den Konsumenten innerhalb der Customer Journey optimal abzuholen und zur Handlung zu aktivieren. - Branchenexperte Johannes Paysen, Country Manager Germany, Groundtruth

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zapp2photo, Adobe Stock

Unzuverlässige Brand Safety in digitalen Werbeumfeldern, Ad Fraud, schlechte Viewability, undurchsichtige Preis- und Produktzusammensetzung und eine intransparente Wertschöpfungskette im wachsenden Programmatic Media Segment hat aufseiten der Advertiser zu einem Vertrauensverlust in digitale Werbeprodukte geführt. Werbungtreibende Unternehmen haben auch gegenüber ihren Technologiepartnern klare Forderungen für 2018 formuliert. Die Botschaft scheint angekommen zu sein.

Bisher ist der programmatische Mediaeinkauf von Kompromissen zwischen Transparenz, Kontrolle und Performance geprägt. Bedenken über intransparente Kampagnenkosten und beschränkten Datenzugriff wurden lange Zeit zugunsten der leistungsfähigeren automatisierten Lösungen hingenommen. Damit wird 2018 allerdings Schluss sein. Ob in einer großangelegten Umfrage der World Federation of Advertisers (WFA) oder bei der Jahresumfrage der OWM in Deutschland: Viele Werbetreibenden äußern ihre Unzufriedenheit über den derzeitigen Status Quo im Programmatic Advertising und wollen ihren programmatischen Einkauf überprüfen und gezielt nach Anbietern suchen, die mehr Transparenz bieten.

2017 war ein Weckruf

Nicolas Poppitz, Teads Presse

Nicolas Poppitz, Managing Director Deutschland vom Outstream Videovermarkter Teads sieht daher 2017 als einen „Weckruf“ für die digitale Werbebranche. Kernthemen wie Transparenz, Brand Safety und Fraud-Bekämpfung würden von den Entscheidern inzwischen mit der nötigen Ernsthaftigkeit adressiert. „Dieses Jahr wird sich zeigen, wie ernst die Branche es wirklich meint. Erste Anzeichen stimmen mich sehr positiv, wie die rasant steigende Verbreitung von Ads.txt. Doch es bleibt noch viel zu tun. Beispielsweise sollte zum Ende des Jahres kein Advertiser mehr für eine Anzeige bezahlen, die nicht nachweislich sichtbar war. Zudem müssen alle Dienstleister, die mehr Transparenz versprechen, diese auch liefern. 2018 räumt die Branche auf und „Clean Advertising“ wird der neue Standard für alle“.

Bedarfsgerechte Lösungen

Marius Rausch, AppNexus Presse

Die Botschaft der Werbetreibenden scheint bei vielen Technologieanbietern angekommen zu sein. Hinsichtlich der Kostentransparenz sagt Marius Rausch, Senior Market Director Central Europe von Plattformanbieter AppNexus in seinem Jahresausblick: „Transparenz und Verantwortung sind die beiden Kernthemen der Werbebranche in 2018. Der Fokus wird dabei vor allem auf den Gebühren (Fees) liegen, die von den einzelnen Partnern im digitalen Ökosystem erhoben werden. Marketer und Publisher werden zunehmend mit Technologiepartnern zusammenarbeiten, die einen klaren Mehrwert bei vollständiger Transparenz liefern.“

Frank Sültmann, Yieldlab Presse

Auch Frank Sültmann, Vorstand Yieldlab AG, sieht sich als Technologiedienstleister für die programmatische Mediavermarktung in der Pflicht. Neben Qualität sind vor allem Transparenz und Effizienz die wichtigsten Eckpfeiler: „Transparenz im Hinblick auf Umfelder, Kosten sowie Leistungen stehen bei Werbungtreibenden nach wie vor ganz oben auf der Anforderungsliste und damit auch in unserer Verantwortung. Technologieanbieter sind das Marktpartner vernetzende Bindeglied und haben als Enabler die Aufgabe, Angebot und Nachfrage erfolgreich zusammenzubringen. Dazu sind die Aktivierung von Daten, effizienzsteigernde und lösungsorientierte Anwendungen sowie eine partnerschaftliche Zusammenarbeit nötig. Jegliche Ansätze wie First- oder Second-Price-Auktionstypen, Traffic-Shaping oder AI-basierte Optimierungsansätze sind dabei nur so relevant und gut, wie sie echte Nachfrage und echten Bedarf im Markt treffen und letztlich tatsächlich in der strategischen Planung und operativen Umsetzung eingesetzt werden“, so Sültmann von Yieldlab.

Neue Technologien wie AI oder Machine Learning werden künftig den Mediaeinkauf dabei unterstützen, Programmatic einfacher zu gestalten. Das gaubt man beispielseweise bei AppNexus: „Immer mehr Einkäufer (DSPs) werden Machine Learning einsetzen, um die Komplexität des automatisierten Anzeigenhandels zu reduzieren, Ad Fraud zu minimieren und automatisch den effizientesten Weg zum richtigen Werbeinventar zu finden“, so Rausch.

Fokus auf Programmatic Video

Außerdem erwartet der AppNexus-Mann, dass 2018 das Jahr von Programmatic Video wird. „Einkäufer und Verkäufer von Video-Werbeflächen werden die Komplexität und Ineffizienzen von Programmatic Video endlich auflösen können, indem sie die Vorteile von Header Bidding nutzen.“ Ob Header Bidding wirklich auch ein Videothema wird, ist jetzt noch nicht abzusehen, da es in Deutschland eine klare Trennung zwischen Instream Premium Video und InPage Angeboten gibt. Nur in letztgenannten Angeboten macht Header Bidding erst einmal Sinn, weil der Instream Bereich über Private Marketplaces (PMP) abgewickelt wird. Und in diesem Video-Segment ist vor allem Brand Safety ein Dauerbrenner.

Marco Dohmen, Freewheel Presse

Marco Dohmen, Commercial Director DACH bei FreeWheel sieht die Zukunft von Programmatic Video im „Publisher Direct“-Modell. „Auf diese Weise erhalten Werbetreibende ein Plus an Sicherheit, weil das Modell auf Kooperationen zwischen Käufern und Publishern basiert und damit für mehr Kontrolle und Struktur sorgt.“ Gerade in der aktuellen Debatte um den Schutz von Werbeinventar und Angebotstransparenz wird sich laut Dohmen zeigen, wie wertvoll Premium Video für Werbetreibende ist. „Premium Video liefert über alle Screens hinweg hohes Engagement und garantiert, dass Inventar in markenkonformen Umfeldern ausgespielt wird. Publisher werden vermehrt auf Programmatic-Direct-Vermarktung setzen, denn auf diese Weise können sie Transparenz in der digitalen Angebotskette gewährleisten und dabei den sich ändernden Nutzerbedürfnissen Rechnung tragen.“

Brand Safety: Auch im Social Advertising ein Muss

Der Ruf nach mehr Markensicherheit erfasst auch mehr und mehr das Social Media Advertising. „Das Jahr 2017 hat an vielen Stellen, angefangen von der fragwürdigen Unterstützung der Trump-Kampagne durch sogenannte „Trolle“ bis hin zur Ausspielung in rechtsgerichteten Umfeldern, gezeigt und, zwischen rechtsgerichteten Inhalten, klargemacht, dass das Thema „Brand Safety“ für große Marken wichtiger ist denn je“, so Falk Bielesch, Managing Director von der Social Advertising Plattform esome Advertising.

Falk Bielesch, esome Presse

Bielisch weiter: "Bereits heute sehen wir erste Maßnahmen auf fast allen Plattformen, die solchen Gefahren entgegenwirken. Bei der Ausweitung von Social-Media-Werbeinventar auf Plattformen Dritter ist die Qualitätssicherung für Werbetreibende genauso wichtig wie bei der Ausspielung auf sozialen Netzwerken selbst. Das Umfeld, in dem werbliche Inhalte gezeigt werden, kann positive wie negative Assoziationen mit der Marke oder dem Produkt bewirken. Negative Assoziationen wollen Werbetreibende um jeden Preis vermeiden, daher wird für Plattformen und Werbenetzwerke das Thema Brand Safety auch 2018 wichtig sein.“

Ad-Fraud bleibt bei Mobile der Dauerbrenner

Ad Fraud kann viele Formen annehmen. Gemeinhin versteht man darunter das manuelle oder automatische Vortäuschen von falsch oder nicht erbrachter Werbeleistung. Während die stationäre Vermarktung in Deutschland davon weitestgehend verschont wird, bleibt Mobile Ad Fraud auch hierzulande ein Dauerbrenner. Dem Thema Mobile Fraud hat sich eine Reihe von App-Vermarktern mit der „Coalition against Ad Fraud“ (CAAF) gewidmet. Hierbei soll eine aus Betrug entstandene Installation durch Filtertechnologie erkannt und eine entsprechende Attribuierung an den bezahlten Werbepartner verhindert werden. Doch längst nicht alle Mobile Plattformanbieter sind hier mit im Boot. Das Thema ist somit noch lange nicht aus der Welt. Laut einer jüngeren Studie des Vermarkters InMobi sehen noch immer 74% der befragten Marketingverantwortlichen in Mobile Ad Fraud eine Bedrohung.

Restrukturierung der Standards

Nicht nur wegen Mobile Ad Fraud könnte 2018 das Jahr für zahlreiche Änderungen und Neuerungen bei den Standards werden. Die Qualitätsoffensive hatte der IAB ja bereits mit dem Programmatic Standard Ads.txt im vergangenen Jahr eingeläutet. „Ads.txt ist bereits ein Standard und ein wichtiger Baustein für eine saubere Supply Chain“, sagt Viktor Zawadzki, Region Manager DACH, Nordics, Central/Eastern Europe von der Demand Side Platform (DSP) MediaMath.

Lars Hense, Bild: Inskin Presse

Auf internationalem Parkett sind bereits weitere Initiativen, die sich einheitlichen Qualitätsstandards im Mediaeinkauf verpflichtet haben, entstanden. Zu nennen wäre da beispielsweise Coalition for Better Ads, IAB Gold Standard oder auch JICWEBS. Lars Hense, Sales Director Inskin Media, sieht gerade im deutschsprachigen Raum bei der tatsächlichen Umsetzung noch reichlich Luft nach oben. „Der Realisierung dieser Initiativen liegt ein partnerschaftlicher Gedanke und der Wille zu mehr Agilität zugrunde, der hoffentlich alle Akteure der deutschen Online-Marketingbranche dazu bewegen kann, sich hinter eine fundierte Qualitätsoffensive zu stellen. Hier geht es weniger um den Vorteil eines einzelnen Anbieters, sondern mehr um eine Restrukturierung der bisher geltenden Standards, von denen am Ende jedes einzelne Glied der Wertschöpfungskette profitiert.“

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PROGRAMMATIC
Programmatic erreicht Wendepunkt

Torben Heimann
Bild: Stihl024 - Adobe Stock

Wir blicken nun schon auf ein Jahrzehnt programmatischer Werbung zurück. Das letzte Jahr war besonders spannend: Wir sahen, wie die Branche mit althergebrachten Problemen rund um Nachhaltigkeit kämpfte, die im Jahr 2017 besonders zu Tage getreten sind. Dieses Jahr war inspirierend, da wir sahen: wenn diese Probleme gemeinsam angepackt werden, können wir den Weg für künftiges Wachstum in unserer Branche ebnen. Mit dem Jahr 2018 erreichen wir einen Wendepunkt, an dem eine langfristige Nachhaltigkeit endlich Hand in Hand mit kurzfristigen Geschäftszielen gehen kann.

Eine reifere, nachhaltige Industrie

Ein Jahrzehnt Adtech ist eine lange Zeit - lang genug für uns, um die steigenden Erwartungen einer strahlend glänzenden programmatischen Zukunft zu sehen, aber auch die Tiefen der Desillusionierung in einer Branche, die immer noch mit dem alten Restplatzvermarktungs-Image und betrügerischen Praktiken zu kämpfen hat. Dies sind alles natürliche Ups und Downs eines jeden Tech-Produkt-Lebenszyklus, und nun erleben wir endlich den Beginn einer Bewegung hin zu einer stabilen, reifen Industrie.

Viele große Akteure in unserer Branche, von Supply über die Demand-Seite bis hin zur Regierungen, haben dies erkannt - von der US-Regierung, die Twitter und Facebook wegen gefälschter Nachrichten zur Verantwortung zieht, bis hin zu Procter & Gamble's Budget-Challenge für das gesamte digitale Ökosystem. Ebenso die harte Linie der GroupM hinsichtlich der Viewability, die Klage von The Guardian gegen einen großen Programmatic Player - die Message ist deutlich: Dinge müssen sich ändern, und sie müssen sich schnell ändern. Viele Akteure haben bereits mit der Umsetzung von Maßnahmen begonnen, die die Branche in eine nachhaltigere Zukunft führen. Dazu gehören die Offenlegung von Black Boxes, die Forderung nach Sichtbarkeitsmesswerten, Erstellung von MRC-zertifizierten Berichten, Fraud-Bekämpfung, Kontrolle über das Inventar sowie die Überarbeitung von Prozessen und Vorschriften.

In dieser chaotischen Welt der Vorwürfe, Vorschläge und Lösungen sehen wir Transparenz und Konsolidierung als die beiden größten Treiber echter Nachhaltigkeit in der programmatischen Werbung.

Wenn Transparenz mehr Umsatz bedeutet

Ein Trend, der zu mehr Nachhaltigkeit beitragen wird, ist das Bewusstwerden, dass transparente Geschäftsmodelle positiven Einfluss auf die Branche haben. Zwei interessante Beispiele der Idee, dass mehr Transparenz gleichzeitig mehr Umsatz bedeutet, sind die Umsetzung von Ads.txt und die Einführung der First Price Auction.

Im Fall von Ads.txt sehen wir, dass Käufer und Verkäufer klar darüber entscheiden möchten, mit wem sie weiter handeln werden. Der Zusammenhang zwischen Transparenz und Umsatz könnte nicht klarer sein: Anbieter von Inhalten, die sich weigern, Betrugsabwehrmechanismen einzuführen, werden dies auf eigene Kosten tun. Wenn wir davon ausgehen können, dass der aktuelle Markt immer noch mit betrügerischem Inventar durchsetzt ist, dann werden Programme zur Fraud-Bekämpfung, Sichtbarkeit und Offenlegung von Daten einen bedeutenden Teil des Gesamtmarktes eliminieren und die Dollars zu den verbleibenden transparenten und verantwortungsbewussten Inventarbesitzern drängen.

Ein anderes Beispiel, das eine direkte Verbindung zwischen Transparenz und Umsatz zeigt, ist die Einführung der First-Price-Auction. Hier wird der höchste Gebotspreis, ähnlich wie bei einem klassischen IO-Kauf, vom Werbetreibenden festgelegt. Dies erhöht die Chancen des Werbetreibenden, die Impression zu gewinnen (insbesondere beim Header Bidding), während es gleichzeitig technischen Partnern weniger Spielraum für versteckte Margen lässt. Das liegt daran, dass sowohl der Werbetreibende als auch der Publisher am Ende den höchsten Gebotspreis kennen, sodass sie die Gebühren für die Vermittlungspartner leicht einsehen können.

Wenn Werbetreibende mehr Impressions für einen berechenbareren und transparenteren Preis erhalten, wird Programmatic zu einem attraktiveren Kaufmechanismus. Das bedeutet, dass Publisher, die Erstpreis-Auktionen anbieten, neue oder größere Budgets bekommen werden.

An beiden Beispielen sehen wir, dass in einer sicheren Handelszone zwischen Käufer und Verkäufer die Ausgabenvolumina steigen werden.

Eine abgespeckte Wertschöpfungskette: weniger Parteien, mehr Vertrauen

Die Konsolidierung ist auch ein Zeichen dafür, dass die Branche reifer wird und sich einer Struktur annähert, die mehr Vertrauen und damit höhere Budgets für die Programmplanung bietet. Im letzten Jahr haben wir eine Zunahme von Fusionen und Übernahmen sowohl bei Adtech-Anbietern als auch bei Inhaltsanbietern verzeichnet, und dieser Trend wird sich 2018 fortsetzen. Es gibt drei Gründe, warum die Konsolidierung in unserer Branche in Zukunft mehr Programmatic unterstützen wird.

Erstens bedeuten weniger Parteien in der Adtech-Wertschöpfungskette, dass weniger Mittelsmänner ein Stück vom Kuchen nehmen. Für Publisher bedeutet dies einen besseren Überblick über den exakten Wert, den jeder Player auf dem Markt für sich beansprucht. Für die Industrie bedeutet dies, dass weniger Budgets in Gebühren fließen und mehr Liquidität im gesamten Ökosystem herrscht. Durch die Erhöhung des Anteils an Media-Budgets, die letztlich an Publisher gelangen, steigt auch der Wert, den Werbetreibende von ihren Kampagnen erhalten.

Zweitens vereinfacht sich mit der zunehmenden Anzahl von Medienallianzen auch der Markt. Vereinfachung ist der Schlüssel, und die Konsolidierung erleichtert dies offensichtlich. Publisher-Allianzen bieten Werbetreibenden großartige Alternativen zum digitalen Duopol. Das stärkt die Position jedes Einzelnen und fördert die Integrität in der Branche, denn für diejenigen, die im Wettbewerb stehen, steht viel auf dem Spiel. Verantwortung für das zu übernehmen, was man kauft oder verkauft, wird immer wichtiger, um seine Position am Markt zu behalten.

Letztendlich werden weniger Parteien, die in das Ad-Ökosystem involviert sind, auch Integrationen vereinfachen und eine stärkere Automatisierung zwischen verschiedenen Akteuren ermöglichen. Mehrere Studien haben bereits gezeigt: Es ist nicht effizient, hunderte Partner zu integrieren. Sich auf eine kleine, ausgewählte Anzahl zu beschränken, die nicht so klein ist, dass ein einzelner Spieler den Markt dominieren und diktieren kann, wird einen großen Beitrag dazu leisten, tiefe und vertrauenswürdige Verbindungen effizient aufzubauen.

Alles in allem wird die Konsolidierung Qualität, Verantwortung, Liquidität und Automatisierung im programmatischen Handel stimulieren.

The Future is now

Die Kräfte erhöhter Transparenz und Konsolidierung arbeiten zusammen, um das Ende der Praktiken der Restplatz-Ära zu erreichen, die vor über einem Jahrzehnt begonnen haben. Ihre Auswirkungen werden letztendlich zu nachhaltigeren Praktiken führen, die eine großartige programmatische Performance in einer sicheren Handelszone unterstützen. Sobald dies gewährleistet ist, bekommen Werbetreibende die Sicherheit, größere Budgets in den programmatischen Handel zu verlagern. Aber Zugang zu diesen Budgets werden nicht alle bekommen. Wenn man in unserer Branche tätig ist, muss man sich spätestens jetzt um ein nachhaltiges Business bemühen oder man wird bald ganz aus dem Geschäft sein.

Bild Torben Heimann

Autor/in

Torben Heimann ist erfahrener Online- und Programmatic Experte mit mehr als 15 Jahren Erfahrung in Digital Marketing, Sales und Management. Seit Oktober 2012 ist Torben Heimann Managing Director DACH von Improve Digital, Europas führendem Anbieter von Monetarisierungstechnologie für Premium Publisher. Er verantwortet die enge Zusammenarbeit mit Publishern, Agenturen und Technologie Partnern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vor Improve Digital war er über sechs Jahre bei Tradedoubler u.a. als Market Unit Leader für DACH-BENELUX sowie für Payback, AOL/CompuServe und die Deutsche Bank tätig. Er ist in der Branche ausgezeichnet vernetzt, aktiv gestaltend im BVDW und pflegt langjährige Geschäftskontakte zu Publishern und Agenturen.
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