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Bild: Daia Nepriakhina; CC0 - unsplash.com

In einem offenen Brief hat sich das britische Institute of Practitioners in Advertising (IPA), ein einflussreicher Verband werbetreibender Unternehmen, an Facebook und Google gewandt und zu mehr Zusammenarbeit mit dem ISBA – the Voice of British Advertisers – aufgefordert. Beide Unternehmen sollen die DTSG Good Practice Principles unterzeichnen und damit im Bereich Video die Brand Safety, Messbarkeit und Viewability auf ihren Plattformen „auf annehmbare Industriestandards bringen“.

In den vergangenen zwölf Monaten gerieten Facebook und Google wiederholt in die Kritik der Werbetreibenden. Während Facebook im Herbst letzten Jahres Abrechnungsfehler von Videoviews eingestehen musste, hatte Google auf Youtube mit Brand-Safety-Problemen zu kämpfen. Beide Unternehmen kündigten daraufhin Maßnahmen an. Britische Advertiser-Verbände finden jedoch, es habe sich seitdem zu wenig getan. Werbetreibende verlangen nach schneller Besserung.

Drei Baustellen

Drei Bereiche rund um das Thema Videowerbung sieht der Verfasser des offenen Briefs, IPA Director General Paul Blainsfair, als besonders wichtig an. An erster Stelle nennt er in seinem Brief die Brand Safety. Verständlich, wurde doch die große Debatte um Youtube-Werbung in extremistischen Umfeldern in Großbritannien losgetreten. Hier waren die Reaktionen von Werbetreibenden im internationalen Vergleich am stärksten.

Würden Facebook und Google dem Appell zur Unterzeichnung der DTSG Good Practice Principles nachkommen, gäben sie sich einverstanden, innerhalb von sechs Monaten ihre Brand-Safety-Richtlinien und -Methoden auch von unabhängigen Drittanbietern verifizieren zu lassen.

Ein weiteres Anliegen des Briefes dürfte die zwei Walled Gardens aufhorchen lassen. Facebook und Google werden dazu aufgerufen, durch 3rd-Party-Anbieter Audience Measurement zuzulassen Dadurch sollen Cross-Plattform-Messungen für Videowerbung ermöglicht werden. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die beiden Unternehmen einverstanden sind, ihre Walled Gardens zu öffnen. Die Bereitstellung der Daten für eine vollständige Abbildung der Customer Journey käme einer Abkehr von der bisherigen restriktiven Datenpolitik gleich.

Die dritte Baustelle betrifft die Sichtbarkeit von Werbemitteln. Gerade im Bereich Video sei es besonders wichtig, dass Werbemittel in ihrer vollständigen Größe gesehen werden. Aus diesem Grund fordert Blainsfair in seinem Brief die Auslieferung von Online- und Mobile Video Ads, die 100-prozentige Sichtbarkeit garantieren und ebenfalls unabhängig verifiziert werden.

Bisherige Lösungen – Ein Tropfen auf den heißen Stein?

Die Antwort von Facebook auf den offenen Brief ließ nicht lange auf sich warten. Ein Sprecher gab an, dass es bereits Gespräche mit dem IPA und seinen Mitgliedern zu diesen Themen gäbe. Tatsächlich hat Facebook über die vergangenen Monat immer wieder durch Ankündigungen im Bereich Ad Verification von sich reden gemacht. Immerhin seien 24 externe Messanbieter als Verifizierungspartner an die Plattform angeschlossen.

Google hat sich derweil noch nicht zu dem Brief geäußert. Aber auch Youtube hat neue Regelungen eingeführt, die für mehr Brand Safety sorgen sollen. Google setzt bei dem Thema auf die Verbesserung seiner künstlichen Intelligenz, um insbesondere extremistische Videos schneller zu erkennen. Zudem sollen zum Ende des Jahres neue Ad-Filter eingebaut werden, die Inhalte mit Gewalt, Nacktheit sowie politischer Satire blocken. Damit will das Unternehmen Advertisern mehr Möglichkeiten bieten, zu regeln, in welchem Umfeld sie erscheinen. Facebook hingegen hat in Großbritannien nach eigenen Angaben mehr als 3000 neue Mitarbeiter die Inhalte auf der Plattform kontrollieren.

Großbritannien ist einer der größten digitalen Werbemärkte und für beide Unternehmen eine signifikante Einnahmequelle. Es bleibt abzuwarten, wie viel Gewicht der offene Brief des IPA hat und ob sich große Advertiser hinter dessen Forderungen stellen werden. Facebook und Google werden die Forderungen sicherlich ernst nehmen, jedoch ist nicht sicher, wie sehr die Unternehmen, die wohl grundsätzlich an globalen Lösungen interessiert sind, sich an einen Markt anpassen.

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DATA
Die neue EU-DSGVO: Kein Grund zur Panik

Alexander von der Geest
Bild: Negativespace; CC0 - negativespace.co

Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) ist in Kraft getreten. Dank einer Übergangsregelung wird diese erst ab 25. Mai 2018 gelten und wird die EU-Datenschutzrichtlinie ersetzen. Obwohl das Ende der Frist naht und nicht weniger als Millionen-Bußgelder bei Nicht-Umsetzung drohen, vernachlässigen deutsche IT- und Digitalunternehmen das Thema bislang. Die meisten haben sich noch gar nicht mit dem Thema beschäftigt, nur wenige bereits mit ersten Maßnahmen angefangen oder diese umgesetzt.

Nach jahrelangen Verhandlungen hat die EU den Datenschutz neu gefasst: Die EU-DSGVO wird für alle Mitgliedsstaaten ab 25. Mai 2018 zur verbindlichen Regelung. Kein Grund zur Panik, aber Zeit für Unternehmen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und Vorbereitungen zu treffen. Wie sieht es in Theorie und Praxis aus?

Deutsche Unternehmen hatten schon in der Vergangenheit einen hohen datenschutzrechtlichen Standard. Die erste wichtigste Info für sie lautet: Die bisherigen Grundprinzipien „Datenvermeidung und Datensparsamkeit“, „Zweckbindung“, „Verbote mit Erlaubnisvorbehalt“ und „Transparenz“ bleiben im Kern bestehen, hier ändert sich also nicht viel.

Die Auswirkungen

Die praktischen Auswirkungen für die Online-Branche sind jedoch, zumindest auf den ersten Blick, weitreichender. Der Anwendungsbereich der neuen EU-DSGVO wird erheblich ausgeweitet. Neben den klassischen personenbezogenen Daten wird nunmehr klargestellt, dass ein Online Identifier auch und zweifelsfrei ein personenbezogenes Datum ist. Bisher fiel unter diesen Begriff ein Datum, das eine natürliche Person identifizieren konnte, zum Beispiel Vor- oder Nachname, Telefonnummer, E-Mail-Adresse etc.

Da jedoch Cookies, User-IDs, IP-Adressen, Mac-Adressen etc. aus der Sicht der Online-Branche natürliche Personen nicht ohne weiteres identifizierbar machten, wurde in der Vergangenheit vielfach die These vertreten, dass diese Daten nicht als personenbezogen einzustufen seien. Die Verarbeitung dieser Daten damit nicht dem Anwendungsbereich der Datenschutzgesetze unterliege. Hier stellt die neue EU-DSGVO unmissverständlich klar, dass zukünftig Online-Identifikatoren, wie Cookies, IP-Adressen, IDFAs (Identifier for Advertisers), Google-Ad-IDs etc., klar als personenbezogene Daten zu betrachten seien.

Dazu heißt es in der EU-DSGVO: „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck ‚personenbezogen Daten‘ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (‚betroffene Person‘) beziehen, als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind.“

Hinzukommen laut Gesetz Online-Identifikatoren, die durch ihre Geräte, Anwendungen, Tools und Protokolle bereitgestellt werden, z. B. Internet-Protokoll-Adressen, Cookie-Identifikatoren oder andere.

„Berechtigtes Interesse“ eröffnet Möglichkeiten

Was bedeutet das für die Praxis in Unternehmen? Die Verarbeitung solcher Online-Identifikatoren bedarf zukünftig der Einwilligung. Der Betroffene muss eine solche Einwilligung für genau definierte Zwecke abgeben. Doch zur Beruhigung: In vielen Fällen wird eine solche Einwilligung vermutlich gar nicht erforderlich sein, was an der neu geschaffenen „Online-Marketing-Klausel“ des Art. 6 der EU-DSGVO liegt. Denn dort sind unterschiedliche Gründe benannt, die eine einwilligungslose Verarbeitung personenbezogener Daten erlauben, „wenn und soweit mindestens einer der folgenden Punkte zutrifft“, zum Beispiel:
„Die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.“

Diese wichtige Klausel öffnet ein Fenster zur Nutzung von personenbezogenen Daten, insbesondere auch „Identifiern“, zur nutzungsbasierten und getargeteten Online-Werbung. Personenbezogene Daten können nach dieser Regelung nämlich bei einem „berechtigten Interesse“ des Datenverarbeiters genutzt werden, solange diese berechtigten Interessen nicht offensichtlich hinter den Interessen des Betroffenen zurückstehen müssen. Dass das Interesse der digitalen Werbetreibenden ein berechtigtes Interesse ist, ergibt sich aus einem Hinweis in den sog. „Erwägungsgründen“, in dem das Interesse von direkt Werbetreibenden genannt wird. Damit steht fest, dass die Interessen der Werbetreibenden laut EU-DSGVO als „berechtigte Interessen“ gelten können.

Einwilligung nicht immer nötig

Auch zukünftig werden die meisten Geschäftsmodelle der Online-Branche ohne eine Einwilligung auskommen, solange sie sich innerhalb des Anwendungsbereiches dieser „redlichen Erwartungen“ ihrer User bewegen. Wie weit der Umfang dieser „redlichen Erwartungen“ tatsächlich geht, bleibt abzuwarten. Möglicherweise macht es für Unternehmen auch Sinn, diese „redlichen Erwartungen“ in ihrer eigenen Datenschutzerklärung anzusprechen.

Darüber hinaus fordert die EU-DSGVO, dass bei der Verarbeitung von Nutzungsdaten zwingend ein Opt-out möglich sein muss. Die Informationen über das Widerspruchsrecht müssen spätestens beim ersten Kontakt mit der datenverarbeitenden Stelle, zum Beispiel Erstbesuch der Website, erstes Öffnen der App, gegeben werden. Das kann z. B. in der Datenschutzerklärung geschehen oder über das zentral gesteuerte Präferenzmanagement-Tool unter www.meine-cookies.org. Diese Plattform basiert auf der vom BVDW maßgeblich getragenen Selbstregulierung der Werbewirtschaft beim Online-Behavioral-Targeting (OBA) über den Deutschen Datenschutzrat Online Werbung (DDOW).

Ich empfehle, das konkrete Vorgehen mit einem spezialisierten Anwalt durchzugehen oder den Datenschutzbeauftragten, sofern vorhanden, zu befragen.

Wesentliche Businessmodelle nicht bedroht

Was kann die Online-Branche aus der neuen EU-DSGVO für Schlüsse ziehen? Zunächst einmal kann sie tief durchatmen, denn wesentliche Businessmodelle sind auch in Zukunft nicht bedroht. Zwar ist der Begriff „personenbezogene Daten“ erweitert bzw. konkretisiert worden, so dass sich zukünftig definitiv nicht mehr die Haltung vertreten lässt, Cookie-IDs, IP-Adressen und andere Online-Identifikatoren seien „anonym“. Dennoch: In der Praxis dürfte diese Änderung keine größeren Auswirkungen haben. Was vor allem an dem neu gefassten Art. 6 liegt, konkret der Online-Marketing-Klausel. Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Onlinewerbung wird zukünftig auf die „berechtigten Interessen“ der Unternehmen gestützt werden – diese wurden hervorgehoben und Werbeinteressen damit gestärkt. Ein Opt-out für User muss jedoch zukünftig bei der Verarbeitung von Nutzungsdaten zwingend möglich sein. Der Königsweg ist und bleibt es natürlich, die Zustimmung des Users zur Verwendung seiner Daten einzuholen. Happy Adserving!

Autor/in

Alexander von der Geest , Geschäftsführer der AddApptr GmbH, ist ein deutscher Serienunternehmer sowie Online- und Mobile-Veteran. Der gebürtige Hamburger absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften an der Hamburger Universität und gründete 2001 seine erste Firma Intent Software. Es folgten zahlreiche weitere erfolgreiche Firmengründungen in den Bereichen Online Games, Mobile Games, App-Development und Mobile AdTech. 2012 gründete von der Geest zusammen mit dem Unternehmer Patrick Kollmann das Unternehmen AddApptr.
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Dota-Turnier: The International 2015, Bild: Zilsonzxc - https://commons.wikimedia.org

Wer meint, Gaming sei nicht mit Sportarten wie Handball oder Hockey zu vergleichen, dürfte sich nach Einschätzung von Deloitte bald ziemlich wundern. In naher Zukunft sollen die Umsätze aus dem eSport nämlich mit den genannten Sportarten gleichziehen. In diesem Jahr war die Lanxess Arena in Köln während der ESL (Electronic Sports League) One Cologne mit 15.000 Zuschauern bereits täglich komplett ausverkauft. Kein Wunder also, dass sich auch große Marken wie Intel, Gillette oder Coca Cola das Potenzial für sich erkannt haben und nutzen.

Das wettbewerbsmäßige Spielen von Computer- bzw. Videogames als „digitaler Wettkampf“ erfreut sich immer größerer Beliebtheit und ist insbesondere bei den jungen Altersgruppen weit verbreitet. Deloitte schätzt die in Deutschland gemachten Umsätze aus 2016 auf über 50 Millionen Euro. Ein Großteil davon stammt aus der Werbung und Sponsorenverträgen. Bis 2020 rechnet das Unternehmen mit einem jährlichen Wachstum von 27 Prozent. Damit würden bereits in drei Jahren mit eSports bereits 130 Millionen Euro umgesetzt werden.

„Bis 2018 wird sich eSports weltweit zu einem Milliardengeschäft entwickeln. Auch in Deutschland ist diese Tendenz zu beobachten. Die ESL One in Köln war mit 15.000 Besuchern pro Tag über mehrere Tage hinweg ausverkauft. Zudem steigen namhafte Bundesliga-Clubs wie der FC Schalke 04, der VfL Wolfsburg oder zuletzt auch der VfB Stuttgart in die Szene ein. Daneben wird eSports bei den Asienspielen 2022 erstmals als eigene Sportart eingeführt“, erklärt Karsten Hollasch, Partner und Leiter der Sport Business Gruppe bei Deloitte, die aktuellen Entwicklungen im eSports.

Mehr als nur FIFA und Co.

Der Einstieg von großen Fußball-Clubs in das eSports-Geschäft bedeutet jedoch nicht gleich, dass nur Fußball- oder andere Sportspiele auf der Tagesordnung stehen. Zum eSport gehören hauptsächlich langjährige Vertreter wie League of Legends, Starcraft oder Dota. Letzteres Spiel lockt Teams zu Wettbewerben mit Preisgeldern von bis zu neun Millionen US-Dollar.

In den USA ist jedoch auch schon eine Kooperation zwischen der Profi-Liga NBA und dem Spieleentwickler Take-Two Interactive Software in Planung. Ab 2018 veranstaltet die NBA damit als erste Sportliga einen eigenen eSports-Wettbewerb.

Marken sind immer stärker involviert

Für Intel, wie auch andere Hardware-Anbieter und Shops, ist Sponsoring und Werbung im eSport quasi ein Heimspiel. Schein seit über 10 Jahren stellen die Turniere der Intel Extreme Masters die höchste Spielklasse der ESL dar.

Mittlerweile haben jedoch auch andere, dem eSport fremden, Marken wie Coca Cola oder Gillette den den elektronischen Wettkampf für sich entdeckt. Der Rasierklingenhersteller nutzt dabei eSport-Größen – wie in diesem Fall den League-of-Legends-Spieler Enrique "xPeke" Cedeño –, genau wie Fußball-Stars für seine Testimonials.

TV-Sender erkennen Potenzial

Auf der Streaming-Plattform Twitch werden standardmäßig die größten Turniere im eSports übertragen. Mittlerweile richten sich jedoch auch TV-Sender wie Sport1 und ProSieben MAXX auf das Thema ein und schaffen auf ihren Sendern Platz für entsprechende Übertragungen. Und das mit Grund: Eine Umfrage von Deloitte zeigt, dass ein Viertel der Befragten zwischen 14 und 75 Jahren an Großevents im eSport Interesse zeigt.

„eSports ist für die deutschen TV-Sender derzeit eine überaus attraktive Nische. Mit einem frühzeitigen Engagement können sich die Broadcaster bereits heute im eSports positionieren, neue Nutzergruppen erschließen und vom künftigen Wachstum profitieren“ , erläutert Klaus Böhm, Director und Leiter Medien bei Deloitte.

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