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Ed Gregory, CC0, Bild: stokpic.com

In den vergangenen Wochen und Monaten kannten viele Meldungen nur ein Thema: Cross-Device-Targeting. Immer mehr Adtech-Plattformen kooperieren mit entsprechenden Spezialanbietern. Ziel ist es, die geräteübergreifende Werbeansprache zu verbessern. Was im „Walled Garden“ problemlos möglich ist, soll auch in den Weiten des restlichen Webs etabliert werden. Doch der Weg ist steinig.

„Cross-Device-Partnerschaft“, „Drei deutsche Adtech-Unternehmen geben Zusammenarbeit im Bereich Cross-Device-Advertising bekannt“, „Einführung einer eigenen Cross-Device-ID“, „Cross-Device-Kooperation verkündet“ … Die Schlagzeilen der vergangenen Wochen zeigen, dass Cross-Device-Targeting die Branche stark bewegt. In Zeiten einer immer stärker fragmentierten Mediennutzung wird es wichtiger, die Nutzer zu erreichen und sie geräteübergreifend anzusprechen. Das Ideal wäre, diese geräteübergreifenden Kampagnen exakt auf die Nutzer auszusteuern, inklusive einem geräteübergreifenden Frequency Capping. Spezialanbieter tüfteln an solchen Lösungen.

Ein Matching der verschiedenen Geräte ist kompliziert, aber machbar. In den Cross-Device-Technologien spielen verschiedene Daten eine Rolle, um Informationen über den User und das benutzte Gerät zu erhalten, beispielsweise Cookies und Werbe-IDs. Auch Seitenbesuche und Surfverhalten fließen bei manchen Anbietern in die Datenerhebung ein. Mit Hilfe ihrer Technologien matchen die Anbieter die gesammelten Informationen, erkennen Muster und ordnen Geräte und Personen zu. Um die Daten zu validieren, werden login-basierte Daten hinzugezogen.

Harte Zahlen und Magie

Dirk Nögel, Bild: Crossmedia - Dirk Nögel

„In Bezug auf die Datengrundlage vermissen wir als Agentur bei den Cross-Device-Lösungen am Markt häufig die Transparenz. Es ist nie klar, wie viel Prozent harte Login-Daten und wie viel Hochrechnung in einer Lösung stecken“, sagt Dirk Nögel, Director Digital Products & Innovation bei Crossmedia. Vieles sei unklar, eine gesunde Portion Skepsis angebracht. Vor allem, wenn große Reichweiten geräteübergreifend benötigt werden. Gute Erfahrungen hat man bei Crossmedia mit Cross-Device-Kampagnen auf Facebook gemacht. „Auch auf Daten von Zalando oder Otto lassen sich Kampagnen sehr gut geräteübergreifend aussteuern“, so Nögel. Doch diese Daten basieren ebenfalls auf einem Login.

Auch für die GroupM ist Cross Device ein wichtiges Thema. Kürzlich hat sie den weltweiten Start ihrer [m]Platform verkündet, einer Technologiesuite mit Medienplanungsanwendungen, Datenanalysen und digitalen Dienstleistungen. Die Lösung soll die Datenquellen der Konzernmutter WPP ebenso erschließen, wie Daten von Drittanbietern. Damit sei künftig die Erstellung der komplettesten Verbraucherprofile innerhalb der Zielgruppe einer Marke möglich, so die Ankündigung. Um Analysen, Attributionen und Optimierungen zu ermöglichen, werden die Daten auf einen eigenen Identifyer gematcht, der sogenannten [m]ID. Die Agenturgruppe hebt damit den eigenen Datenschatz.

Ein klares „es kommt darauf an“

Fest steht: Cross-Device-Technologien werden immer besser, die Datengrundlagen fundierter. Doch können Kampagnen auch ohne Login des Nutzers zufriedenstellend geräteübergreifend im richtigen Frequency Cap ausgesteuert werden? Das lässt sich wohl eher mit einem „Jein“ oder „es kommt darauf an“ beantworten. Über die Advertising ID können Kampagnen beispielsweise über Tablets und Smartphones hinweg sehr gut ausgesteuert werden. Ein Grund dafür ist, dass Nutzer Cookies schnell löschen, aber die Ad-IDs nur vergleichsweise selten zurücksetzen.

Sascha Jansen, Bild: Omnicon Media Group - Sascha Jansen

„Sobald Desktop-PCs in eine solche geräteübergreifende Ansprache hinzugenommen werden, wird es deutlich komplizierter“, sagt Sascha Jansen. Zwar können einige IDs mit Cookies gematcht werden, doch die Schnittmenge hätte eine vergleichsweise geringe Reichweite. „Für spezielle, kleine Zielgruppen kann das funktionieren. Aber es ist nie so gut, wie über ein Login zu matchen. Das Login ist nach wie vor das härteste Kriterium für ein Cross-Device-Targeting“, sagt Jansen. Eine möglichst exakte geräteübergreifende Ansprache in großer Skalierung ist am besten über die Big3 möglich – Amazon, Facebook und Google. Zwar agieren diese jeweils als „Walled Garden“, was diverse Limitierungen mit sich bringt, haben aber die engsten und häufigsten direkten Kontakte zu mehreren Millionen Nutzern. Amazon hat seine Stärke in Bezug auf Produktinteresse und -verwendung, Facebook liefert mit seiner sozialen Komponente Themeninteressen und Google kann mit höchsten Reichweiten und der breiten Palette von Touchpoints punkten, von den Suchanfragen bis... „Die Arbeit mit den Großen aus den USA ist wegen der limitierten Offenheit nicht immer einfach, aber sie schaffen die besten geräteübergreifenden Verbindungen mit der nötigen Reichweite“, sagt Jansen. Auch er beobachtet den aktuellen Hype um Cross-Device-Targeting-Lösungen. „Der Technologiemarkt ist momentan stark sales-getrieben“, sagt Jansen. Hoffnungen auf Genauigkeit und Reichweite würden bei genauerem Nachfragen aber oft einer Ernüchterung weichen. Der Weg ist aus Sicht Jansens jedoch positiv: „Bei technischen Limitierungen muss hochgerechnet werden. Die Ergebnisse sind heute jedoch weit besser als noch vor einigen Jahren, als sich lediglich ein Überlappungspotenzial identifizieren ließ.“

Kosten und Mehrwert müssen stimmen

Doch bessere Ergebnisse allein überzeugen nicht. „Agenturen müssen auch stets abwägen, in welchem Verhältnis Kosten und Mehrwert stehen“, sagt Nögel. Noch lasse sich außerhalb geschlossener Vermarktungsplattformen ein eventueller Uplift auch nur schwer verifizieren.

René Kassner, Bild: Universal McCann Deutschland - René Kassner

René Kassner, Director Digital bei Universal McCann Deutschland, sieht das ähnlich: „Die Überschneidung und damit die Frequenz nehmen mit Kampagnengröße zu. Die aktuell aufgerufenen Kosten lassen sich nicht mit dem potenziellen Effizienzgewinn rechtfertigen.“ Insbesondere Kampagnen geräteübergreifend im richtigen Frequency Cap auszusteuern, bleibt eine Herausforderung für die Zukunft. „Bisher gibt es keine validen Cases in Deutschland, die die Einhaltung einer bestimmten Frequenz auf Nutzerebene ohne Login-Daten demonstrieren“, sagt Kassner. Dies liege zum einen an den Datenschutzbestimmungen und der Messkomplexität (In-App vs. browserbasiert), zum anderen an dem erheblichen Mehraufwand, dies über einen anderen, verlässlichen Datenanbieter zu validieren. Aus UM-Sicht ist das Frequency Capping auch nur ein Aspekt in der Cross-Device-Problematik. „Wichtig ist der Single-User-View – vor allem im Bereich der Attribution, um Kanäle besser bewerten zu können“, sagt Kassner. „Dieses Cross-Device-Conversion-Tracking ist aus unserer Sicht viel wichtiger als die frequenzbasierte Cross-Device-Ausspielung.“

Wie weit sollte man gehen?

Doch mit dem zukunftsträchtigen Cross-Device-Thema ist eine zentrale Frage verbunden, die sich die gesamte Branche stellen muss: Wie weit in Richtung „gläserner Konsument“ sollte das Marketing überhaupt gehen? Ist eine 100%ige geräteübergreifende Customer Journey überhaupt erstrebenswert? Wenn ein Nutzer auf einem Gerät Werbung für ein Produkt erhält, dass er sich ausschließlich auf einem anderen Gerät angeschaut hat, könnte es passieren, dass sich dieser User nicht relevant angesprochen, sondern beobachtet fühlt. Ebenso könnte eine geräteübergreifende Story nicht als interessant, sondern als spooky empfunden werden.

„Agenturen sollten eine optimale Schnittmenge aus dem generieren, was der Werbekunde wünscht und was der Konsument möchte. Wenn wir diese Balance nicht halten, zeigen uns Konsumenten die rote Karte“, sagt Jansen und spricht damit den Einsatz der Adblocker an. Die Quote ist laut OVK jüngst leicht gesunken, aber mit gut 19% im Q3 2016 immer noch sehr hoch und für bestimmte Medien und Publisher eine enorme Belastung. „Der Preis für eine 100%ige Customer Journey wäre ein sehr kleines Potenzial an ansprechbaren Nutzern“, ist Jansen überzeugt. Somit ist für das digitale Marketing der Zukunft nicht nur Hochtechnologie gefragt, sondern auch Fingerspitzengefühl.

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Bild: Olivier Le Moal, Adobe Stock

Die digitale Werbebranche scheint technologisch besser gerüstet denn je. Sowohl die Einkaufs- wie auch die Verkaufsseite hat sich mit den nötigen Plattformen eingedeckt. Programmatic ist daher für dieses Jahr gesetzt. Doch 2017 wird es nicht nur darum gehen, den Mediaeinkauf für den Werbetreibenden effektiver und vor allem transparenter zu gestalten, sondern auch darum, mehr aus den eigenen Daten zu machen. ADZINE hat sich bei einigen Branchenvertretern umgehört und danach gefragt, welche Themen bei ihnen 2017 besonders im Fokus stehen werden.

"Echte" Cross-Channel-Kampagnen werden kommen

Nachdem das Buzzword Cross-Channel-Marketing schon länger in der Szene herumgeistert, fangen Unternehmen jetzt endlich richtig an, ihre technische Marketinginfrastruktur und ihre Marketingorganisationen darauf auszurichten. Als technische Basis benötigen die Unternehmen dafür mehrere Tools. Zum einen zur Datenkonsolidierung, z.B. DMP, Customer Data Platform (CDP), sowie zur kanalübergreifenden Entscheidung, welcher Nutzer welche Marketingkampagne über welchen Kanal erhalten soll, beispielsweise CDP, Digital Marketing Hub. Zudem werden Tools zur Auslieferung der Nachrichten benötigt, z.B. E-Mail, DSP, die sich gut in die aus den vorher genannten Bereichen integrieren lassen. Auf der organisatorischen Seite müssen die Kanalsilos aufgebrochen werden, indem beispielsweise Zielgruppenselektionen kanalübergreifend stattfinden und der „Kampf der Kanäle“ um Conversions durch eine wirkliche Cross-Channel-KPI-Betrachtung abgelöst wird. - Branchenexperte Manuel Hinz, Gründer und Geschäftsführer, CrossEngage.

Mehr Daten für eine personalisierte Marken-Kommunikation

Markenhersteller werden ihren Ansatz von zielgruppengerechtem Marketing dramatisch ändern. Anstatt sich auf statische, einmalig definierte und generierte Zielgruppensegmente zu verlassen mit statisch definierten User-IDs, die nur einen limitierten Teil des Gesamtpotenzials abdecken, werden Markenhersteller komplexe Profile nutzen, die ihnen Insights über individuelle Customer Journeys, personalisierte Kommunikation zwischen Marke und Konsument geräteübergreifend liefern, mit denen sie ihren Mediaeinkauf dynamisch über alle programmatischen Kanäle optimieren können, um einen maximalen Werbeeffekt zu erreichen. Der Bedarf von Markenherstellern an komplexer Zielgruppensegmentierung wird weiter steigen, was zu einem intensivierten und verbesserten Datenangebot seitens Vermarktern, Retailern und Telekommunikationsunternehmen führen wird. Der Einsatz des verbesserten Datenangebots für zielgruppenspezifisches Marketing wird einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung von Werbeanzeigen und deren Werbewirkung haben und somit nicht nur die finanzielle Effizienz von Marketingmaßnahmen, sondern auch die Kundenakzeptanz und -zufriedenheit mit dem Content von Markenherstellern verbessern. - Branchenexperte Viktor Zawadzki, Region Manager DACH, Nordics and Central/Eastern Europe bei MediaMath.

Jeder Touchpoint kann der entscheidende sein

In den letzten Jahren hat die Digitalbranche noch immer vorrangig auf „Last Touch Attribution“ gesetzt. Das heißt, sie hat lediglich den letzten Touchpoint eines Leads vor der Konversion für eben jene verantwortlich gemacht. Eigentlich ist allen Akteuren im Markt klar, dass dieses Modell längst hinfällig ist, da es nicht mehr der vielschichtigen und komplexen Natur der Customer Journey folgt. Eine gute Kampagne wird 2017 sowohl über unterschiedliche Kanäle als auch über mehrere Endgeräte gespielt, um den Kunden am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt zu erreichen. Das „Last Touch Attribution“-Modell bildet die Beziehung zwischen einer Marke und einem Kunden daher nur unvollständig und oberflächlich ab. 2017 wird die Branche mithilfe verbesserter Technologien und effektiveren Modellings die ersten Testläufe von Attributionsmodellen durchführen können, die in der Lage sind, diese neue Komplexität hinreichend abzubilden. Wenn Marketingverantwortliche dieses Werkzeug an die Hand bekommen, wird sich automatisch auch die Art und Weise ändern, mit der sie ihren ROI messen und ihre Kampagnen planen. - Branchenexperte Oliver Hülse, Geschäftsführer DACH, Rocket Fuel.

Optimale Monetarisierung der eigenen Daten

Datenmonetarisierung ist DAS Schlagwort im letzten Jahr gewesen. Doch bedeutet es für viele Unternehmen schlicht, ihre Daten zu verkaufen, was sehr kurzfristig gedacht ist. Wenn Daten jedoch genutzt und ausgewertet werden, können sie als ein wesentlicher Treibstoff für neue Produkte und Innovationen sowie Unternehmensentscheidungen dienen. Dabei geht es nicht nur darum, Daten gewinnbringend einzusetzen, sondern sich den eigenen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Allerdings braucht es Technologie, Know-how und eine Strategie, um dies langfristig gewinnbringend umzusetzen. Die optimale Monetarisierung von Daten steht daher bei vielen Unternehmen auf der Agenda für 2017. - Branchenexperte Daniel Neuhaus, CO-Founder & CEO, emetriq.

Werbetreibende schenken Video-Metriken mehr Beachtung

Video wird als Werbemittel immer beliebter. Je mehr Budget in dieses Format fließt, desto sorgfältiger sollte auch dessen Effektivität ausgewertet werden. 2016 wurden die Messmethodiken – auch innerhalb der klassischen "Walled Gardens" – schon wesentlich präziser. Auch im kommenden Jahr wird das Bewusstsein für Metriken wie Viewability, Brand Safety & Ad Fraud im Videobereich weiter steigen. Werbetreibende sichern ihre Ausgaben zunehmend gegen Betrug und riskante Werbeumfelder ab. - Branchenexperte Jonathan Nerbe, Sales Director DACH, Integral Ad Science.

Programmatic TV wächst langsam

Im Zuge des weiteren Wachstums von Videowerbung im Digitalbereich wird in 2017 die Branche verstärkt versuchen auch den klassischen TV Ein- und Verkauf programmatisch abzubilden. Die Hürden sind immer noch hoch, da sich eine gemeinsame Währung noch nicht finden ließ und auch technologisch sich der fragmentierte Technologiemarkt im TV Business mit den Online Medien nicht so wirklich anfreunden mag. Es gibt aber Player auf dem Markt, die fähige und fertige Lösungen produziert haben oder die aktuell dabei sind vollständige Lösungen zu entwickeln. Sehen wir hier die Anstrengungen von RTL, ProSiebenSat1, die verstärkt in den Advertising Technologie wie SpotX, SmartClip oder Virtual Minds investiert haben. Weitere Anbieter wie HoneycombTV, StickyAds (Freewheel) oder die Big Player wie Google und AppNexus belegen diesen Trend durch verstärkte Investitionen.- Branchenexperte Christian Hildebrandt, Hildebrandt IT- und Business Development.

Mobile Display wird dank Targeting und Programmatic zulegen

Der Trend weg vom Desktop hin zu Mobile wird 2017 noch an Schub zulegen. Am Markt etablieren sich kreativere und userfreundlichere mobile Werbemittel und Mobile Programmatic Advertising entwächst endgültig seinen Kinderschuhen. Innovative Möglichkeiten für einen immer intelligenteren Dateneinsatz befeuern diese Entwicklung. Nutzer werden verstärkt mittels Hyperlocal-Targeting sowie einer Werbemittelauslieferung rund um Points of Interest im passenden Micro-Moment mit dem richtigen Creative erreicht. Auch das Thema Branding über mobile Endgeräte wird in 2017 stark wachsen. - Branchenexperte Jan Heumüller, Managing Director DACH TabMo.

Höhere Datenqualität für die Mobile Attribution

Wenn es um User Acquisition bzw. Performance-Marketing geht, verlagert sich bei Mobile Marketingmanagern der Fokus mehr und mehr auf Qualität. Dabei ist Datengranularität für die Traffic-Qualitäts-Analyse elementar. Tiefe API-Integrationen und automatisiertes „Scrapen“ von E-Mail-Reports und Dashboards ermöglichen es effektiven Marketingteams, aus der Datenflut relevante Informationen zu bekommen, um ROI-bezogene Einblicke zu erhalten und somit verwertbare Marketingentscheidungen zu treffen. - Branchenexperte Julian Schroll, General Manager EMEA bei Singular.

Personalisierte Werbung und Native Advertising als Antwort auf die Adblocker-Debatte

Die Adblocker-Debatte dreht sich im Wesentlichen um die Tatsache, dass Werbung vom User oftmals als störend empfunden wird. 2017 wird die personalisierte Werbung jedoch weiter an Relevanz gewinnen. User werden zunehmend auf allen Kanälen für sie maßgeschneiderten Content erhalten. Native Ads runden die zu vermittelnde Markenidentität ideal ab. Auch wenn es an einigen Stellen noch Optimierungsbedarf gibt, werden personalisierte Werbung und Native Advertising die Relevanz und Akzeptanz der User für Werbung im Allgemeinen stark erhöhen. Ziel von Performance-Marketern sollte es also sein, Konsumenten nur noch Werbung für sie interessante Produkte zu zeigen, um so die Adblocker-Debatte zu beenden. - Branchenexperte Holger Brandt, Managing Partner, The Reach Group.

Contentempfehlungen statt Mobile-Banner

Neben Search und Social etabliert sich Content Discovery als dritter Pfeiler im Online-Marketingmix. Diese Art von Native Ads ermöglichen es Marketern, nun auch auf mobilen Kanälen eine große Zielgruppe zu erreichen, ohne diese mit Overlays zu nerven. Nativ eingebundene Content-Empfehlungen mit skalierbarer Reichweite auf Premiumseiten bieten zudem Targeting-Möglichkeiten, die auf individuellen und passiven Content-Vorlieben der User basieren. Diese Form der Ansprache hat sich durch den gesamten Sales-Funnel als besonders effektiv erwiesen. Schließlich entsteht ein Kaufanreiz nicht erst im Suchfeld. - Branchenexperte Alexander Erlmeier, Managing Director Central Europe, Outbrain.

Mehr Personalisierung im E-Commerce

Es war das Modewort des Jahres 2016 – und es wird die E-Commerce-Branche auch im Jahr 2017 auf Trab halten: Personalisierung. Im Marketingmix spielt die Personalisierung eine entscheidende Rolle. Besonders wichtig wird Personalisierung an der Stelle, wo die absolut getargeten Zielkunden durch personalisierte Werbung auf eine komplett unpersonalisierte Website treffen. Gerade in Deutschland ist dies noch viel zu häufig der Fall und leider Alltag. Die Aufgabe der Personalisierung besteht darin, „One-size-fits-all-Websites“ mit den gesammelten Daten in individuelle Einkaufs- und Leseerlebnisse zu verwandeln, die individuell an Zielgruppen angepasst werden. Artificial-Intelligence-Systeme arbeiten immer besser und werden in Zukunft eine größere Rolle spielen. Firmen versuchen, mithilfe von algorithmischen Produkten automatische Antworten für ihre Probleme zu finden – vor allem auch im Bereich der Personalisierung. Auch Technologien, die sich mehr damit beschäftigen, wie die Absichten der Kunden, mit der diese auf die Seite gekommen sind, erfasst werden können, erleben einen Aufschwung. - Branchenexperte Frank Piotraschke, Head of Sales DACH bei Optimizely.

Der Influencer-Markt wird sich weiter professionalisieren

Neue Influencer und neue Influencer-Marketingagenturen werden auf den Markt strömen. Die Herausforderung für Marken wird es sein, hier noch gezielter auszuwählen, welcher Influencer zum eigenen Image und den eigenen Zielen passt. Glaubwürdigkeit und Authentizität sind das A und O. Hier werden die sogenannten Micro-Influencer an Bedeutung gewinnen, mit denen Marken enge Verbindungen eingehen können. Anders als bei berühmten Mega-Influencern mit Millionen Followern liegt ihr Potenzial genau darin, ein ausgewähltes Publikum anzusprechen, das sich durch starkes Engagement auszeichnet. Reichweite bedeutet hier nicht immer gleich Qualität. Auch in puncto Messbarkeit dürfen wir uns 2017 auf verbesserte und neue Tools freuen. - Branchenexpertin Vanessa Bouwman, Managing Director von We Are Social, München.

SEA wird vor allem mobil

Das rapide Wachstum der mobilen Internetnutzung macht das Umdenken einer ganzen Branche nötig – Für das Search Engine Advertising (SEA) ist der mobile Hype nicht irgendein Trend, er revolutioniert die Suche an sich. Auf dem Smartphone ist wenig Platz und Scrollen ist umständlich. Der sichtbare Bildschirmbereich ist oft komplett mit bezahlten Anzeigen ausgefüllt und viele Nutzer begnügen sich damit und scrollen nicht zu den organischen Ergebnissen. Damit steigt die Bedeutung der Anzeigen im oberen Bereich und SEA rückt in den Fokus – während die Bedeutung von SEO überdacht werden muss. - Branchenexperte Wolfgang Schilling, Managing Director von der Agentur ad agents.

Marketer holen sich die Kontrolle zurück

2017 werden einige Marketer aufwachen und feststellen, daß sie die wirkliche Ausgabenstruktur ihres Mediabudgets nicht mehr verstehen und analysieren können, da zu viele Kanäle, zu viele Daten mit zu wenig Wissen verbunden sind. Im Zuge des allgemeinen Digitalisierungshypes werden vermehrt auch mit Hilfe der erstarkenden Consulting-Agenturen Prozesse überprüft und wieder ins Haus zurückgeholt oder elementar geändert. Diese sich verändernde “digitale” Unternehmenskultur und die damit verbundene Lernkurve wird Unternehmensverantwortliche in die Lage versetzen auch Einkaufsprozesse, Budgetierung und Mediaplanung zu verstehen und momentane Vergabetechniken in Frage zu stellen. Die Unternehmen werden sich damit die Technologieführerschaft und die Datenhoheit zurückholen. Am Anfang langsam, aber dann stetig Geschwindigkeit aufnehmen. Sie werden verstehen, dass ihre Daten, ihre Technologie und ihr Wissen die Differenzierung zu ihren Mitbewerbern ausmacht. - Branchenexperte Christian Hildebrandt, Hildebrandt IT- und Business Development.

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Bild: lassedesignen, Adobe Stock

Manch einer hofft, dass die Omnipräsenz des vermeintlichen Buzzwords „Transformation“ in 2017 abebbt. Das wird nicht der Fall sein. Es festigt sich der Eindruck, dass manch Markenverantwortlicher die zeitliche Dimension im Bereich der Marketingkommunikation signifikant unterschätzt. Die Entwicklungslücke zwischen der medialen Realität der Menschen und der Realität der Markenwerbung könnte derzeit kaum drastischer sein. Wieder einmal.

Das „Desktop-Revolutiönchen“ der Jahrtausendwende betraf einen elitären, kleinen Teil der deutschen Bevölkerung. Dennoch verschoben sich massiv Marktanteile von Marken und Dienstleistern. Klangvolle Marken wurden letztendlich von trägen Unternehmensgebäuden entfernt, dynamische Player bauten aus. Die Geschichte wiederholt sich. Denn das mobile Web betrifft nahezu alle Menschen im Land, von jung bis alt, durch alle Schichten und rund um die Uhr. 2016 wurde viel debattiert, geblufft, polemisiert. Es wurde ein bisschen probiert, doch wenig maßgerecht gehandelt. Smartphones haben die Rechner bereits als Hauptzugangskanal ins Internet abgelöst. Die Menschen sind der Werbung überdrüssig, zahlen sogar dafür sie nicht sehen zu müssen. Der Kommunikationsfaden zahlreicher Marken zu ihren Verbrauchern ist bis zum Reißen überspannt. Denn in den Kommunikationsplänen der wenigsten Unternehmen ist dem Rechnung getragen.

Wie viel Zeit bleibt Marken noch den Menschen in die mobile Medienrealität hinterherzueilen? Die dort geltenden „physikalischen Grundgesetze“ der persönlichen Relevanz und höflichen Distanz zu verstehen? Sie zu verstehen, wo und wie sie kommunizieren und Botschaften akzeptieren? Zu lernen echtes Interesse zu wecken, wo Daumen weiter wischen und skippen. Der Realität ins Auge zu sehen, dass das Kino die letzte Bühne der Unterbrecherwerbung ist und Ad-Blocker ein Hilferuf der Konsumenten nach relevanter Markenwerbung sind? Bleiben vierundzwanzig Monate? Vielleicht 36 Monate? Bis es beginnt richtig zu schmerzen? Bis die in allen Segmenten aufpoppende neue Art agiler und kommunikationsstarker Alternativmarken richtig Volumen machen? Weniger vielleicht, mehr sicher nicht.

2017 und 2018 läuft das große Entscheidungsspiel für dieses Kapitel der Transformation. Herausragende, relevante Kommunikation. Passende Botschaften für die richtige Anzahl an Zielgruppensegmenten. Für den Einzelnen sinnvolle Abfolgen von Markenbotschaften, die den einzelnen Menschen weiterbringen. Zum Markenbild. Zum Kauf. Zur Markenbindung. Am Menschen orientiert, nicht an Geräten und Kanälen. Auf den Galas der Kreativ-Awards wird diese neue Qualität kundenorientierter, datenoptimierter Big Ideas 2017 noch nicht zu sehen sein. Zu groß ist noch das Gap, der neue Typus an Agenturen noch zu jung im Markt. Deutlicher zu sehen sein wird der Wandel in Media-Pitches und -plänen. Werbetreibende suchen nach Agenturpartnern mit passenden Antworten auf die medialen Fragen. Nach vertrauenswerter Orientierung für mutige Schritte. Um Relevanz und Nähe zum Kunden wiederherzustellen ist für Marken weder optional noch aufschiebbar. 2017 wird ein spannendes Marketingjahr. Mutig. Und kreativ.

Bild Oliver Busch

Autor/in

Seit 15 Jahren ist Oliver Busch im crossmedialen Marketing in verschiedenen Führungspositionen auf Kunden-, Agentur- und Medienseite tätig. Als Head of Agency bei Facebook verantwortet er heute die Geschäftsentwicklung gemeinsam mit Agenturen im DACH-Raum. In Brancheninitiativen von OVK über AGOF bis Arbeitskreis Targeting sowie nun der Fokusgruppe Realtime Advertising im BVDW engagierte er sich für eine marktgerechte Adaption digitaler Trendthemen am qualitätsorientierten deutschen Markt. Sein Buch jüngst veröffentlichtes Buch „Realtime Advertising“ erscheint im SpringerGabler Verlag.
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